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Heidelberger Zeitung — 1886 (Juli bis Dezember)

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https://doi.org/10.11588/diglit.52470#0470

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die Ehre, Ew. Majeſtät meine Beglaubigungsſchreiben als Vot-
ſchafter der franzöſiſchen Republik zu überreichen.“
Auf dieſe Anſprache antwortete der Kaiſer:
„Herr Botſchafter! Sie haben meinen Gedanken ausgeſprochen,
indem Sie ſagen, daß Deutſchland und Frankreich zahlreiche ge-
meinſame Jntereſſen haben, und daß Sie in dieſen den Boden
für eine beiden benachbarten Nationen vortheilhafte Verſtändigung
werden finden können. Dank Ihrer großen Geſchäftserfahrung
und Ihrer liefen Kenntniß der Intereſſen, welche Frankreich mit
Deutſchland gemeinſam hat, vereinigen Sie in ſich alle nothwen-
digen Eigenſchaften, um mit meiner Regierung an der Aufrecht-
erhaltung der guten Beziehungen zwiſchen den beiden Ländern
zuſammen zu arbeiten. Ich beglückwünſche mich aufrichtig zu der
Wahl, welche der Herr Präſident der Republik getroffen hat, in-
dem er Ihnen die hohen Funktionen übertrug, welche Sie erfüllen
werden. Seien Sie überzengt, Herr Botſchafter, daß meine Mit-
wirkung Ihnen niemals fehlen wird, um jede Maßregel zu unter-
ſtützen, welche das von Ihnen bezeichnete, verſöhnliche und fried-
liche Ziel zu erreichen bezweckt.“
Der Kaiſer hat ſich heute um 1 Uhr 20 Min. mit-
tels Extrazugs nach Blankenburg zur Jagd begeben.
Oeſterreichiſche Monarchie.
Wien, 23. Oct. In Trieſt erkrankten 3 und ſtarb 1,
in Peſt erkrankteu 25 und ſtarben 11 Perſonen an der
Cholera.
Wien, 24. Oct. Der ehemalige öſterreichiſche Reichs-
kanzler Graf Friedrich Beuſt iſt heute Nacht auf ſeinem
Gute Altenberg unweit Wien geſtorben. — Schon ſeit
zwei Tagen iſt hier das Gerücht verbreitet, daß der Czar
ſeinen Adjutanten Graf Reuttern durch einen Revolver-
ſchuß getödtet habe. Der ſtets aufgeregte Czar habe
geglaubt, ſein Adjutant beabſichtige ein Attentat gegen ihn,
was ihn zu dieſem Schritte veranlaßt habe (2)
Budapeſt, 24. Oct. Die Delegationen werden trotz
der Cholerafurcht der öſterreichiſchen Delegirten hier tagen.
Das Finanzexvoſé Szapary's kommt am Freitag zur Vorlage.

QAusland.
Paris, 23. Oct. Mehrere hieſige Blätter veröffent-
lichen heute einen Brief, den der Leibarzt des deutſchen
Kaiſers, Dr. v. Lauer, an einen Berichterſtatter des
„New⸗York Herald“ gerichtet haben ſoll. Dieſe Erklärung

lautet wie folgt:
Baden⸗Baden, 19. October.
Geehrter Herr! Der körperliche wie geiſtige Geſundheits-
zuſtand des Kaiſers iſt im allgemeinen vorzüglich. Die
körperliche Kraft hat den Kaiſer bei der Erledigung aller nöthi-
gen und der Erledigung bedürftigen Geſchäfte noch niemals im
Stiche gelaſſen. Das Begriffsvermögen, die Klarheit des Ver-
ſtandes, der Urtheils⸗ und der Willenskraft ſind durchaus unge-
ſtört. Das Gedächtniß iſt bewundernswerth, die Arbeitsluſt und
die Arbeitskraft ſind unerſchöpflich. Das Allgemeinbefinden des
Kaiſers iſt munter, freundlich und wohlwollend. Selbſtverſtänd-
lich treten bei einem ſo hohen Alter zuweilen Schwächeerſcheinungen
auf, doch haben dieſelben bis jetzt keine ernſthafte Bedeutung und
geben zu Befürchtungen keinen Anlaß. Im ganzen iſt der Ge-
ſundheitszuſtand des Kaiſers ein ſolcher, daß er, wenn nicht un-
vorhergeſehene Zufälle eintreten, hoffen läßt, daß Se. Majeſtät
ſich, ſo Gott will, noch eine Reihe von Jahren einer lebensfriſchen
Thatkraft erfreuen wird. Mit größter Hochachtung habe ich die
Ehre zu ſein, ihr ergebenſter r. v. Lauer.
(Ob dieſer Brief echt iſt, muß ſtark bezweifelt werden.)
Paris, 23. Octbr. Der junge bayeriſche Ge-
lehrte Dr. Sandler, der ſo ungerechtfertigt am 4.
October in Lannilis (Finiſtere) wegen des Verdachts der
Spionage verhaftet worden war, iſt jetzt endlich auf
Grund der nachdrücklichſten deutſchen Vorſtellungen von der
franzöſiſchen Regierung freigegeben worden. Wie ſehr
dieſe ſich übrigens gegen dieſe Maßregel geſträubt hat,
folgt am beſten daraus, daß der bayeriſche Geſchäftsträger
v. Reither, an den ſich Dr. Sandler um die Wahr-
nehmung ſeiner Rechte gewandt hatte, ſowohl am 6. wie
am 12. October dem franzöſiſchen Miniſterium dringende
aber erfolgloſe Vorſtellungen unterbreitet hatte. Erſt als
Herr v. Reither ſich am 20. October an den deutſchen
Botſchafter Grafen Münſter um Unterſtützung ge-
wandt hatte und dieſer ſofort eingeſchritten war, erfolgte
am 22. October die Freilaſſung ſelbſt.
Petersburg, 24. Oct. Anläßlich der heutigen Ent-
hüllung des Denkmals für die in dem Kriege 1877/78
Gefallenen wirft der ruſſiſche „Invalide“ einen hiſtoriſchen
Rückblick auf die von der ruſſiſchen Armee in dieſem Kriege
erfochtenen Siege und gedenkt hierbei der zahlreichen Opfer
an Menſchen, die er auf ca. 100 000 angibt. Der „In-

»vbalide“ ſchließt mit den Worten: Durch den ſtandhaften

Widerſtand des Gegners kam der Sieg uns theuer zu ſtehen.
Das durch die großen Verluſte in den Truppentheilen her-

Alt⸗ und Neu⸗Heidelberg zugleich führt uns der hiſtoriſche Rück-
blick von Dr. Lobſtein vor, der die Gründung und Geſchichte
des Muſeums, eines für geiſtige Unterhaltung und geſelliges Ver-
gnügen ins Leben gerufenen Inſtitutes ſchildert. Einen intereſ-
ſanten Beitrag liefert Guſtab Scheidel über den Urſprung der
akademiſchen Freiheit. Der hierauf folgende Feſtbericht ſchildert
zunächſt den zweiten Feſttag und zwar zuerſt den Feſtact in der
Heiliggeiſtkirche und giebt einen mit Geſchick von Wolfg. Alex.
Meyer gefertigten Auszug aus der Feſtrede Kuno Fiſchers.
Eine Schilderung des Feſtmahls im Muſeum mit allen dabei ge-
haltenen Reden bringt Arthur Kleinſchmidt, und den Fackel-
Zug, der den Schluß des dritten Feſttages bildet, ſchildert ſchön
und ſtimmungsvoll Robert Davidſohn, der auch über die
Ehrenpromotionen, welche am 3. Feſttage ſtattfanden, eingehend
berichtet, während den am Abend desſelben Tages ſtattgehabten
Empfang im Großh. Schloſſe zu Karlsruhe wiederum Arthur
Kleinſchmidt ſchildert. Daran reiht ſich eine Beſprechung der
Medaillen der früheren Jubiläen von Auguſt Thorbecke und
des großen Faſſes durch Karl Pfaff. Ein reizendes Gedicht:
„Zwei Schlöſſer“, von Edmund Henou mont und ein lateiniſcher
Feſtgruß von dem K. Ruſſiſchen Geheimerath v. Walther bilden
Die poetiſchen Beigaben dieſer Nummer. Eine beſondere Zierde
dieſer neunten Nummer ſind die trefflichen Illuſtrationen. So iſt

—— Dr erſten Aufſatz ein äußerſt gelungenes Bildniß Karl Friedrich

ubs, der biogr. Skizze des Paul Melliſſus ein Portrait des
Dichters mit intereſſantem Autograph beigegeben. Den Heidel-
bergern wird der Anblick ihres Muſeums Freude bereiten und
das große Faß des Kurfürſten Karl Ludwig wird in gelungener
Weiſe illuſtrirt. Der Fackelzug vor dem Rathhauſe und die Ehren-
buorndie tr⸗ in der Heiliggeiſtkirche werden auf das lebendigſte
urch die trefſlichen Iünſtrationen des eigentlichen Künſtlers der
„Ruperto⸗Carola“, H. Kley, veranſchaulicht und auch die Wieder-
gabe der früheren Jubiläums⸗Medaillen iſt vorzüglich gelungen.

vorgerufene allgemeine Bedauern fand den wärmſten Wieder-

hall in dem großfühlenden Herzen des verewigten Kaiſers.
Derſelbe benahm ſich den Truppen gegenüber wie ein lieben
der Vater und verbarg ſeine Thränen nicht bei den Nach-
richten von den ſchweren Verluſten. Möge das heute zu
enthüllende Denkmal die Truppen nicht nur an die Müh-
ſeligkeiten und Errungenſchaften des letzten Krieges erinnern,
ſondern auch an die Liebe ihres in Gott ruhenden oberſten
Führers, ebenſo an die heilige Pflicht aller ruſſiſchen
Krieger, dem erhabenen Sohne ebenſo treu zu dienen, wie
ſie dem Vater gedient haben.
Sofia, 23. Oct. Die Regentſchaft und die Mi-
niſter ſind heute nach Tirnowa abgereiſt. — Die bul-
gariſche Regier ung erſuchte bei der Beantwortung der
Note des Generals v. Kaulbars, in welcher der-
ſelbe gegen die ſchlechte Behandlung der ruſſiſchen, in Bul-
garien anſäſſigen Unterthanen Einſpruch erhob, um die ge-
naueren Angaben wegen der behaupteten Gewaltthätigkeiten,
um, falls die Thatſachen ſich als begründet erwieſen, deren
Urheber beſtrafen zu können.
Niſch, 23. Oct. Die Skupſchtina erklärte ſämmt-
liche nenen Abgordnetenwahlen für giltig.

Aus Stadt und Land.
T hridelberg, 25. Oct. Geſtern Abend 7 Uhr kam Se. Großh.
Hoheit Prinz Ludwig von Baden hier au und nahm ſein Ab-
ſteigequartier im Großh. Palais.
§§ Heidelberg, 25. Octbr. Soeben Vormittags 11 Uhr hat die
feierliche Einweihung des neuen Schul hauſes im
Rohrbacher Baubezirk ſtattgefunden. Zu Ehren des für die
künftige Entwickelung dieſes Stadttheils ſo bedentſamen Ereig-
niſſes erſchien eine Anzahl Häuſer in den dortigen Straßen be-
flaggt. Das neue Schulhaus ſelbſt war reichlich mit Fahnen ge-
ziert, die Treppen⸗Aufgänge waren mit Topfpflanzen beſtellt,
und der geräumige Schulſaal im 3. Stock, in welchem die
einfache aber erhebende Feierlichkeit abgehalten wurde, er-
ſchien ebenfalls im Schmucke friſchen Grüns, aus deſſen
Mitte die mit einem Lorbeerkranze gezierte Büſte unſeres allge-
liebten Landesherrn hervorleuchtete. Zu Beginn der Feier, wel-
cher außer zahlreichen Vertretern der ſtädtiſchen Behörden und
Corporationen, Vertreter der Staatsbehörden, der Univerſität,
Geiſtliche aller Confeſſionen u. ſ. w. anwohnten, wurde von
der Lehrerſchaft unter der Leitung des Herrn Hauptlehrers
Neininger ein vierſtimmiger Männerchor von Zwyſſig
„Laßt Jehova hoch erheben“ wirkungsvoll vorgetragen. So-
dann ergriff Herr Kircheubauinſpector Behaghel, welcher
die Pläne zu dem Schulhaus ausgearbeitet und die Bau-
leitung übernommen hatte, das Wort, um den Bau der Ob-
hut und Verwaltung der ſtädtiſchen Behörde zu übergeben. Die
Stadt habe mit der Errichtung desſelben einen neuen Beweis
der großen Sorgfalt und Fürſorge gegeben, welche ſie dem Schul-
weſen entgegenbringe. Redner wünſcht, daß der Bau nicht nur
änßerlich der Schule zum Nutzen gereicht, ſondern daß auch von
hier aus Anregung zur Erfüllung der ethiſchen und moraliſchen
Aufgabe der Schule, tüchtige Bürger heranzubilden, gegeben werde.
Es folgten hierauf Anſprachen des Herrn Oberbürgermeiſter Dr.
Wilckens, ſowie des Orn. Kreisſchulrath Sträbe, des letzteren
in ſeiner zweifachen Eigenſchaft als Vertreters der Großh. Ober-
ſchulbehörde und Rectors der hieſigen Volksſchule. Auf beide
Reden kommen wir noch eingehender zurück. Den Schluß der
Feſtlichkeit bildete der Vortrag eines Schülerchors „Großer Gott
wir loben dich“, der unter der Leitung des Herrn Hauplehrer
Keller ſauber und präcis geſungen wurde. Hieran reihte ſich
unter Führung des Hrn. Kirchenbauinſpector Behaghel eine
Beſichtigung des Hauſes, der die Feſttheilnehmer mit ſichtlichem
Jutereſſe folgten. Das Haus iſt aufs ſchönſte u. zweckmäßigſte erbaut
und eingerichtet und macht auf jeden Beſucher den beſten Eindruck.
Breite geräumige Gänge, durch Abſchlüſſe getheilt mit beſonderen
Treppenaufgängen, große Schulzimmer mit vortrefflicher Venti-
lation und reichlichem Licht, zweckmäßige Einrichtung der Schul-
bänke und Tiſche machen den Aufenthalt in dem Hauſe
angenehm und laſſen erkennen, daß nichts verſäumt wurde,
um hier ein wahrhaft muſtergiltiges Schulhaus zu errich-
ten. Im Ganzen zählt das Haus 26 Lehrräume, wovon
jedoch ein Drittel etwa vorlänfig noch nicht zur Verwen-
dung gelangt, ſondern mit Berückſichtigßung der zunehmenden
Entwicklung des Stadttheils errichtet wurde. Ferner enthält der
Bau eine geräumige Hauptlehrer⸗Wohnung im 3. Stockwerk, 3
Zimmer für die Unterlehrer, je 1 Zimmer für die Lehrer und
die Lehrerinnen, 1 Zimmer für den Rector und ein Sammlungs-
und Bibliothekzimmer und außerdem noch eine Dienerwohnung.
Unter dem Hauſe zieht ein Luftkanal, der mit zu regulirenden
Ventilationsöffnungen in allen Zimmern in Verbindung ſteht.
Die Abtritte befinden ſich in einem geſonderten Bau im Hofe;
ebenſo die Turnhalle, die noch nicht ganz fertiggeſtellt iſt. Morgen
beginnt der Unterricht in dem neuen Hauſe. Mögen ſich alle an
dasſelbe geknüpften Erwartungen in reichem Maße erfüllen.
*gidelberg, 23. Oct. Da die militäriſchen Herbſteontrol-

verſammlungen für das laufende Jahr unmittelbar bevor-

ſtehen, ſo ſei bemerkt, daß beſondere Einberufungsbefehle in der
Regel nicht ergehen, die zum Erſcheinen Verpflichteten alſo auf die
deshalb erlaſſenen Veröffentlichungen zu achten haben, wenn ſie
ſich nicht der vorſchriftsmäßigen Beſtrafung ausſetzen wollen.
Dieſen Verſammlungen haben die zum Landſturm übertretenden
Landwehrleute, d. h. diejenigen, welche in der Zeit vom 1. April
bis 30. September 1874 eingetreten ſind, die Reſerviſten, die zur
Verfügung der Erſatzbehörden und die zur Verfügung ihrer
Truppentheile entlaſſenen Mannſchaften aller Waffengattungen
beizuwohnen. Nur in ganz beſonders dringenden Fällen tritt eine
Befreiung von dem Erſcheinen auf dieſen Controlberſammlungen
ein, z. B. wegen eigener Krankheit, wegen Krankheiten oder Todes-
fällen in der Familie des Pflichtigen. Derartige Geſuche ſind
durch ärztliche Zeugniſſe, durch Beſcheinigungen von Orts⸗ und
Polizeibehörden zu begründen, und, falls das möglich iſt, acht
Tage vor der Verſammlung bei dem Bezirksfeldwebel anzubringen.
Die Mannſchaften, welche bei der Controlverſammlung ohne ge-
nügende Entſchuldigung ausbleiben, werden nach der Streuge des
Geſetzes beſtraft.
— heidelberg, 25. Oct. Dieſer Tage wurde einem Dienſtmädchen
dahier aus einem Metzgerladen, wo es Fleiſch holte, der ſeidene
Regenſchirm entwendet. Die Thäterin iſt eine Köchin, welche
mit der Beſtohlenen zu gleicher Zeit im Laden auweſend war und
beim Weggehen den Schirm mitgehen hieß. — Geſtern Abend
verlor ein Mädchen beim Tanze in einem hieſigen Lokale ſeine
ſilberne Cylinderuhr. Dieſelbe ſoll von einem andern Mädchen
gefunden worden ſein, welches es jedoch bis jetzt nicht für nöthig
gehalten hat, den Fund an die Eigenthümerin abzuliefern.
bridelberz, 25. Oct. Ein Knabe von 11 Jahren aus Neuen-
heim ſchaute geſtern Nachmittag auf dem Bismarckplatze dem

dortigen Kaſperletheater zu. Als die herumgehende „Kaſſendame“

von dem Knaben nichts erhielt, beging ſie die Unverſchämtheit,
dem Knaben derart mit dem Teller auf den Kopf zu ſchlagen,
daß derſelbe eine nicht unerhebliche Kopfwunde davontrug. — In
einer Wirthſchaft in der Bahnhofſtraße kamen geſtern Abend zwei
Gäſte beim Singen mit einander in Streit, der zu einer
„Holzerei“ ausartete. Dabei ſchlug der eine Sangesbruder dem
andern mit einem Glas auf den Kopf, ſo datz' dieſer zwei
Verletzungen erhielt. Man darf alſo nicht gar zu vertrauensſelig
aund die Worte bauen: „Wo man ſingt, da laß Dich ruhig
nieder“. ů —

dehlbrrz. 25. Ock. (Theater.) Bei ausverkauftem Hauſe
ging geſtern die reizende Operette von Rich. Gense „Ranon ur
unſere Bühne. Die äußere Anzſtattung war eine recht geſchmei
volle, und verdient die Direction alle Anerkennung. Au ie
mitwirkenden Künſtler ſowie das Orcheſter trugen dazu bei, d
Vorſtellung zu einer im Ganzen recht gelungenen zu geſtalten,
und zollte das Publikum bei jeder Gelegenheit reichen
Namentlich war die Titelrolle durch Fräulein Möbus vortrefflich
dertreten und gelang es ihr durch Spiel und Geſang die Gun

der Zuhörer zu gewinnen, ebenſo zeichnete ſich Herr Päts als

Marquis d' Aubign6 aus. Wir kommen ausführlicher auf die

Vorſtellung zurück.
Raunhen, 22. Oetbr. (Strafkammer.) Der ſchon öfters

wegen Diebſtahls beſtrafte, 46 Jahre alte Michael Rückert von

Beifall.

Göllheim, der den Mangel an dem nöthigen Kleingeld immer
ſehr ſchwer empfand, faßte den Entſchluß, dieſem Uebelſtande ab-

zuhelfen, ſtahl ca. 1½¼ Centner Aepfel und ſuchte dieſe an den
Mann zu bringen. Die Polizei erwiſchte ihn aber hiebei.
erhält heute 1 Jahr Gefängniß,

abzüglich einer einmonatlichen

Unterſuchungshaft; auch werden ihm die bürgerlichen Ehrenrechte

auf 2 Jahre aberkannt. — Der 44 Jahre alte Karl Friedrich
Schiemer, ein vielbeſtrafter Landſtreicher von Potsdam, von:
Heidelberger Schöffengericht wegen Landſtreicherei zu 10 Tagen
Haft verurtheilt, wird mit der gegen dieſes Urtheil eingelegten
Berufung koſtenpflichtig abgewieſen. — Die Verhandlung gegen

den 26 Jahre alten Camill Feldis von Mühlhauſen wegen

Diebſtahls konnte nicht ſtatifinden wegen Ausbleibens eines Zeu

gen, gegen welchen auf 20 ¾ Geldſtrafe und Tragung der Koſten

des heutigen Termins erkannt wird. — Der 63 Jahre alte Bier

brauer Friedrich Kiſſel von Heidelberg wird, nachdem er 0
dem Wieslocher Schöffengericht wegen Jagdfrebels zu 24 Geld

ſtrafe eventuell 7 Tagen Haft verurtheilt wurde, in 2. Inſtauz

koſtenlos freigeſprochen. — Wegen einer ganz niederträchtigen ⸗

rohen Handlungsweiſe haben ſich die beiden Dielheimer Burſchen,

Maurer Franz Roth und der Steinhauer Franz Lanzer zu

verantworten. Sie mißhandelten den 81 Jahre alten Herbold.

einen ſchwachen Greis. den ſie mit Stockhieben traktirten un
über eine beinahe 2 Meter hohe Mauer warfen und ihn in einen
Brunnen zu werfen drohten. Roth, als der Hauptmiſſethäter,
erhält eine Geſammtſtrafe von 12 Monaten, Lanzer eine ſol
von 2 Monaten und 4 Wochen. Zugleich wird gegen Beide we-
gen Fluchtverdachts Verhaftung verfügt. — Hanptlehrer Andreas
Ehret in Dielheim, gebürtig aus Ottenhöfen und deſſen 16jähr.
Tochter, Lina Ehret, nehmen die Anklagebank unter der An-
ſchuldigung ein, aus dem Schulhauskeller in Dielheim der Ge-

meinde gehörendes Holz und Kohlen entnommen und zur Heizung

ihrer Wohnung verwendet zu haben. Der Angeklagte Ehret er-
hält eine Geldſtrafe von 20 , ſeine Tochter 5 Tage Gefängnit.
— Johann Konrad Villhauer von Sandhauſen, wegen Kör-
perverletzung vom Haderengr 556 Serufung 30 ewieſen. Ge-
ängni theilt, wird mit ſeiner Bernfung abgewieſen.
fängniß verurthei i Gach Mannh. Bl).

Mannhrim, 23. Oet. Geſtern Abend erſtattete Herr Landtags-

Abgeordneter Anton Baſſermaunn in einer Verſammlung de.
nationalliberalen Partei, welche im kleinen Saale des Saalbaues

ſtatifand, Bericht über die letzte Seſſion des badiſchen Landtags.

Nachdem der Vorſitzende, Herr Bankdirector Eckhard, die An-

weſenden begrüßt, begann Herr Baſſermann ſeinen Vortrag un

zwar mit der Entwickelung des landſtändiſchen Weſens in Deutſch-

land überhaupt, insbeſondere in Baden, deſſen conſtitutionelle
Verfaſſung vom 22 Auguſt 1818 datirt. Redner gab nach der
Rhein⸗ u. Neckar⸗Zig. ein genaues Bild der früheren Landtage,
welche für unſer Verfaſſungsleben von Bedeutung waren: er ge-
dachte der hervorragenden Abgeordneten und der Stellung der
Kammer zu den jeweiligen geſchichtlichen Ereigniſſen von größerer
Bedeutung bis auf die neueſte Zeit.
Landtags übergehend, betont Reduer die hauptſächlichſten Auf-
gaben, welche demſelben geſtellt waren; ſo u. A. die Schaffung
eines neuen Geſetzes durch Einführung der Einkommenſteuer; die
Erweiterung der bürgermeiſteramtlichen Zuſtändigkeit; die ſtaat-
liche Fürſorge für die Erziehung verwahrloster jugendlicher Per-

Auf die jüngſte Seſſion des

ſonen, die Aenderung des Jagd⸗ und Fiſchereigeſetzes u. ſ. w.

Ferner gedachte Redner der großen Zahl von Petitionen, worunter
namentlich jene für Schaffung von Landescreditkaſſen, für geiſt-

liche Miſſionen, Sonntagsruhe ꝛc. hervorzuheben ſind. Auch über

den badiſchen Finanzhaushalt verbreitete ſich Redner ausführlich
und bezeichnete denſelben als einen muſterhaften. Sehr intereſſant

waren die Mittheilungen über das Eiſenbahubudget, wobei Red

ner auf die Concurrenz hinwies, die unſere Staatsbahuen gegen
über andern Bahnen zu beſtehen haben ꝛc. Zum Schluſſe kam
Redner auf die pöͤlitiſche Stellung der Parteien im Landtag zu
ſprechen, und betonte namentlich die Spaltungen innerhalb der
ultramontanen Partei, welche ihren Höhepunkt in der Erklärung

Lenders mit ſeinen 9 Parteigenoſſen fand. Der hochintereſſante

Vortrag währte nahezu eine Stunde und wurde am Schluſſe derr
ſelben dem Herrn Redner reicher Beifall zu Theil. —. Heit
Handelskammerpräſident Diffené ſprach über die Thätigke

des Herrn Abgeordneten Baſſermann auf dem letzten Landtage ö

in der anerkennendſten Weiſe und brachte demſelben ein dreifaches
Hoch. in welches die Anweſenden ſtürmiſch einſtimmten.
Mannheim, 23. Oktbr. Die hieſigen Buchdruckere!

Beſitzer hatten fich Donnerstag im Hotel „Neckarthal“ —
ſammelt, um gemeinſame Schritte gegen das Herabdrücken der

Preiſe für Druckarbeiten zu berathen. Ju erſter Linie wurd
der N. B. L. zufolge, der Beſchluß gefaßt, für die Arbeiten de
Stadtgemeinde einen gemeinſamen Preis aufzuſtellen und es 4*
Stadtrathe anheim zu geben, die ſämmtlichen Druckarbeiten
einer gewiſſen Reiheufolge den hieſigen Geſchäften zu übertrage
In zweiter Linie wurde beſchloſſen, für ſämmtliche Druckarbeite.
einen gemeinſamen Tarif aufzuſtellen, um auf dieſe Weiſe de
Schmutz⸗Concurrenz entgegenzuwirken.
Karlsrahe, 22. Octbr. Ein Gaunerſtreich, der in vergangene
Woche hier verübt wurde und der viel von ſich reden machte,
wird ſeine gerechte Strafe finden. Vorige Woche erſchien bei dem
Pferdeverleiher Herrn R. ein angeblicher Reſerveoffizier un
miethete ſich ein Pferd, um nach Mühlburg zu reiten. Derſelbe
vergaß aber das Wiederkommen. Jetzt lieſt man im Bruchſale-
B. Boten Folgendes: Der Thäter iſt zu der fraglichen Zeit hier
her geritten, hat im „Grünen Hof“ Abſteigequartier genommen
gezecht und bemerkt, ſein Herr, der nachkomme, bezahle, und t⸗
wieder davon. Er wurde erkannt als ein ſ. Zt. hier als Taba

ſteueraufſeher in Dienſten geſtaͤndener und entlaſſener ꝛc. Wörner.

Es wird nunmehr ein Leichtes ſein, den Herrn Reſerveoffizier zu
dem richtigen Bataillon zurück zu bringen, zu dem er gehört.
Rarleruhr, 22. Oct. Herr Seminardireckor Leutz verdffemilich
folgende Erklärung: Die „Neue Bad. Schulzeitung“, für deré

Mittheilnngen aus dem Schulleben Hr. Bensheimer (Eigenthümer

der demokratiſchen „N. Bad. Landeszig.“ und verſchmähter Reichs

tagscandidat. D. R.) von Mannheim verautwortlicher Redactenn
iſt, bringt ſeit einiger Zeit Angriffe mit Bezug auf Aeußerunge!
von mir, die theils aus der Vorrede zum 2. Theil meiner Päde,
gogit, theils dem letzten Jahresbericht des Seminars I., thei
meinem Berichte in der Generalſynode der proteſtantiſchen Kirch-
und aus einem Vortrage aus der vorjährigen Verſammlung Dueſe
ſcher Seminarlehrer in Karlsruhe entnommen ſind. Da dient
Aeußerungen einem großen Theile der badiſchen Lehrer bekan-
ſind und durch den Druck jedem zu Gebote ſtehen, z. B. der Vor-
trag auf dem Seminarlehrertag, gegen welchen ſich der le6te 20
griff richtet, in der „Bad. Schulzeitung“ 1885 Nr. 46 und 47, ͤ
mir ferner eine langjährige Wirkſamkeit zur Seite ſteht, ſo dar
ich wohl das Urtheil über die Richtigkeit jener An riffe. ſod.
über die Wahrheitsliebe und das päͤdagogiſche Verſtändniß de

Verfaſſer der Einſicht des badiſchen Lehrerſtandes überlaſſen. Ren

ſelbe wird es auch begreiflich finden, daß ich ſolchen Angriff
gegenüber auf jede Gegenäußerung verzichtet habe

NRL
ö und dies auch
ſerner zu thun Willens bin. Wenn in dem letzten Artikel ein
 
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