Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen
— 8./9.1926/27
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https://doi.org/10.11588/diglit.25876#0106
DOI issue:
1/2. Novemberheft
DOI article:Voss, Hermann: Ein unbekanntes Frühwerk Correggios
DOI Page / Citation link:https://doi.org/10.11588/diglit.25876#0106
ihrein Schoße wendet sich mit starker Drehuiig zu ihr
zurück, indem es die Linke g'leichsam segnend gegen
den Beschauer liin ansstreckt. Das Kopftuch der Maria
is.t von tiefem Blau, im inheren grün gefüttert; das Ge-
wand ist in Purpurrot, Blau (Partie auf dem Schoß) und
Grün (unter dem Aermel ganz links) gehalten; ein in
starkem Orange leuchtender Vorhang schließt die linke
Bildhälfte gegen eine rechts im Hintergrunde sichtbar
werdende, in zarten grau-grünlichen Tönen gehaltene
Landschaft ab.
In seinem Thema und Format, in der kompositionel-
len und koloristischen Haltung wie in der Erfindung nnd
des dritten und vierten Fingers (Madonna in Pavia), die
großzügigen, die figürlichen Umrisse in breiter Bau-
schung einschließenden Gewandmotive (namentlich das
Kopftuch). Eine Sonderstellung unter den Madonnen
nimmt die Hellbrunner Maria durch die ausgesprochene
Profilhaltung ein, jedoch ist gerade dieses Profil mit
seiner langen geraden Nase, den feingesc'hwungenen
Augenbrauen, den mit zarter Bes.chattung sich nieder-
senkenden Lidern und dem feinen Mündchen für den
jungen Correggio sehr bezeichnend. Es genügt die
Straßburger Juditli sowie den Profilkopf der heiligen
Katharina von dem lieute in Detroit befindlichen Bilde
Abb. 2: Correggio, Anbetung der Könige — Brera, Mailand
Stimmung, den Bewegungsmotiven, linearen Rhythmen
und Typen s.chließt sich unser Gemälde aufs engste an
die bereits bekannten Jugendschöpfungen an. Für das
Große und Ganze der Kompositiön vergleiche man ins-
besondere die Madonna der Galerie Malaspina in Pavia,
die heilige Familie bei Fairfax Murray in London, die
Maria mit Christkind und Johannisknaben im Museo del
Gastello zu Mailand und die Madonna Campori der Mo-
deneser Galerie. Charakteris.tisch für den jugendlichen
Correggio ist u. a. die durch die eigentümliche Haltung
des rechten Armes und die leichte Neigung des Kopfes
gebildete Kurve, die sich in überraschender Ueberein-
stimmung in der Madonna der Anbetung der Könige
(Mailand, Brera) wiederfindet, ferner die gezierte Hal-
tung der Hand mit deni bezeichnenden Zusammenfassen
heranzuziehen, um sich von der sprechenden Aelmlich-
keit zu überzeugen. Ein unauffälliges, aber sehr be-
weiskräftiges Detail sei schließlich noch erwähnt: es ist
die nach vorn ausgestreckte Linke des Christkindes, die
in ihrer Verkürzung der vielberufenen segnenden Ge-
bärde der Madonna di S. Francesco fast wörtlicli gleicht.
Hagen widmet in seiner ausführlichen Analyse gerade
dieser Einzelheit eine längere Ausführung und verweist
auf das Vorbild, das Mantegna mit der Madonna della
Vittoria (1496) und Leonardo mit seiner Grottenma-
donna gegeben hatten. (Auch Raffaels Madonna Terra-
nuova wäre in solchem Zusammenhange anzufügen.)
Wenn er aber gerade diesen Zug anführt, um den
Schöpfer der Franziskusmadonna von dem Urheber der
übrigen Frühbilder zu trennen, so findet eine derartige
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zurück, indem es die Linke g'leichsam segnend gegen
den Beschauer liin ansstreckt. Das Kopftuch der Maria
is.t von tiefem Blau, im inheren grün gefüttert; das Ge-
wand ist in Purpurrot, Blau (Partie auf dem Schoß) und
Grün (unter dem Aermel ganz links) gehalten; ein in
starkem Orange leuchtender Vorhang schließt die linke
Bildhälfte gegen eine rechts im Hintergrunde sichtbar
werdende, in zarten grau-grünlichen Tönen gehaltene
Landschaft ab.
In seinem Thema und Format, in der kompositionel-
len und koloristischen Haltung wie in der Erfindung nnd
des dritten und vierten Fingers (Madonna in Pavia), die
großzügigen, die figürlichen Umrisse in breiter Bau-
schung einschließenden Gewandmotive (namentlich das
Kopftuch). Eine Sonderstellung unter den Madonnen
nimmt die Hellbrunner Maria durch die ausgesprochene
Profilhaltung ein, jedoch ist gerade dieses Profil mit
seiner langen geraden Nase, den feingesc'hwungenen
Augenbrauen, den mit zarter Bes.chattung sich nieder-
senkenden Lidern und dem feinen Mündchen für den
jungen Correggio sehr bezeichnend. Es genügt die
Straßburger Juditli sowie den Profilkopf der heiligen
Katharina von dem lieute in Detroit befindlichen Bilde
Abb. 2: Correggio, Anbetung der Könige — Brera, Mailand
Stimmung, den Bewegungsmotiven, linearen Rhythmen
und Typen s.chließt sich unser Gemälde aufs engste an
die bereits bekannten Jugendschöpfungen an. Für das
Große und Ganze der Kompositiön vergleiche man ins-
besondere die Madonna der Galerie Malaspina in Pavia,
die heilige Familie bei Fairfax Murray in London, die
Maria mit Christkind und Johannisknaben im Museo del
Gastello zu Mailand und die Madonna Campori der Mo-
deneser Galerie. Charakteris.tisch für den jugendlichen
Correggio ist u. a. die durch die eigentümliche Haltung
des rechten Armes und die leichte Neigung des Kopfes
gebildete Kurve, die sich in überraschender Ueberein-
stimmung in der Madonna der Anbetung der Könige
(Mailand, Brera) wiederfindet, ferner die gezierte Hal-
tung der Hand mit deni bezeichnenden Zusammenfassen
heranzuziehen, um sich von der sprechenden Aelmlich-
keit zu überzeugen. Ein unauffälliges, aber sehr be-
weiskräftiges Detail sei schließlich noch erwähnt: es ist
die nach vorn ausgestreckte Linke des Christkindes, die
in ihrer Verkürzung der vielberufenen segnenden Ge-
bärde der Madonna di S. Francesco fast wörtlicli gleicht.
Hagen widmet in seiner ausführlichen Analyse gerade
dieser Einzelheit eine längere Ausführung und verweist
auf das Vorbild, das Mantegna mit der Madonna della
Vittoria (1496) und Leonardo mit seiner Grottenma-
donna gegeben hatten. (Auch Raffaels Madonna Terra-
nuova wäre in solchem Zusammenhange anzufügen.)
Wenn er aber gerade diesen Zug anführt, um den
Schöpfer der Franziskusmadonna von dem Urheber der
übrigen Frühbilder zu trennen, so findet eine derartige
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