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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 8./​9.1926/​27

DOI issue:
1./2. Aprilheft
DOI article:
Verres, Rudolf: Eine thronende Mutter Gottes aus der Frühzeit der gotischen Plastik Kölns
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.25876#0360

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Philippus im Kölner Domchor3) und den Christus der
Marienkrönung, den Philippus und den Petrus in
Marienstatt; bei der Christusfigur dort ist auch die
g'egenseitige Ueberschneidung der von rechts und links
kommenden Mantelteile unterhalb des Gürtels zu
beobachten. Das Motiv der Schüsselfalte mit dem sie
überkletternden Saumteil ist nicht nur im Kölner Dom-
chor und im Marienstatter Altar zu beobachten, sondern
geht von da aus in die übrige Plastik Kölns über, um sich
bis über die Mitte des 14. Jahrunderts zu halten.

Drapierung und Körperhaltung sind von hoher
Eleganz. Das Antlitz der Mutter ist dem Kinde zuge-
kehrt, indessen die linke Schulter graziös ein wenig
zurückweicht. Eine gelinde Seitwärtsbewegung hat den
mädchenhaft gebildeten Oberkörper vom Kinde abge-
rückt, in dieselbe Richtung ist der vorgestreckte reclite
Unterarm und ein wenig der linke Fuß, etwas stärker
der rechte Fuß gebracht. Dazu kommt die Grazie in
der Bewegung des Knaben, dessen Oberkörper nackt
ist und der mit beiden Händen einen Vogel vor die Brust
hält. Maria hält in der Rechten eine Traube (eine Kerbe
darin scheint auf die spätere Einfügung eines jetzt wie-
der fehlenden Szepters zu deuten). Der besondere Reiz
der Gruppe wird durch die alte Fassung erhöht. Die
Gewandung ist ganz vergoldet. An verschiedenen Stel-
len ist das Gold etwas abgerieben, so daß der alte rote
Untergrund zutage liegt. Das Inkarnat ist in der Barock-
zeit etwas übergangen, aber ohne daß man von einer
besonderen Beeinträchtigung der Wirkung sprechen
könnte.

Man hat eine ganze Anzahl stilistisch zusammen-
gehöriger Madonnen des in Frage stehenden Typus
nachgewiesen, von denen man annehmen darf, daß ihr
Herstellungsort Köln ist. Zusammenstellungen von
solchen Stücken finden sich im Nürnberger und im Stutt-
garter Skulpturenkatalog.4) Mehrere Stücke befinden
sich in niederrheinischen Kirchen, andere haben bezw.
hatten am Mittelrhein ihren Standort. Verschiedenc
sind, ebenso wie die Adelmann’sche Madonna,
durch dcn Kölner Kunsthandel gegangen. Ergänzend
nachzutragen sind in diesem Zusammenhange vor allerri
zwei in Kirclien der Stadt Köln sclbst befindliche Madon-
nen, die eine in der Goldenen Kammer von St. Ursula,5)
die andere in St. Sevcrin, von denen man wohl anneh-
men darf, daß sie von jeher diesen Kirchen gehörten.
Hagegen ist die Madonna der Dreikönigskapelle des Köl-
ner Donis erst im 19. Jahrhundert dorthin verbracht
Worden durch A. Schnütgen, der die Figur in Füssenich
(Kr. Düren) erworben hatte; das Stiick fügt sich außer-
dem nicht recht in die ganze Reihe ein.°) Mehrere der

:i) Abb. bei 13. H e r t e 1, Die Bildwerke des Kölner Domes, I,
Bei'lin 1923, Taf. 9 links.

ö W. J o s e p h i a. a. 0. nnter Nr. 209 nnd J. 13 a u m , Dent-
Sche Bildwerke des 10.—18. Jahrhunderts, Stuttgart und Berlin 1917,
77 ff. Vg], auch F. Back, Mittelrheinische Kunst, Frankfurt
a- M. 1910, S. 36.

") Pliot. Stödtner 86 449.

") Vgl. A. S c h n ti t g e n in Zeitschrift für christl. Kunst XXI,
19(J8> Sp. 355 ff. und F. Witte ebenda XXIII, 1910, Sp. 337 ff.

lieute vornehmlich in Museeen (in Köln, Bonn, Aachen,
Berlin etc.) befindlichen Stücke werden aus kölnischen
Kirchen stammen, ohne daß man jedoch über ihre Pro-
venienz noch etwas feststellen könnte.

Die Vereinigung der bisher namhaft gemachten
Stücke zu einer kölnischen Gruppe ist gerechtfertigt;
vor allem müssen, was bisher rioch niclit geschehen ist,
die zahlreichen, z. T. an ihrem alten Kölnischen Standort

Abb. 2

S'aramlung Graf Adelmann bei Cassirer-Helbing, Berlin

verbliebenen Reliquienbüsten zum Vergleich herange-
zogen werden, die in den Köpfen eine außerordentliche
Aehnlichkeit mit den Köpfen der Madonnen aufweisen.7)
Die Madonneu stimmen durchweg in der Größe (rund
100 cm) untereinander annähernd überein.

7) Vgl. z. B. die Büsten in St. Kunibert zu Köln, Abb. L ii b -
becke a. a. 0. Taf. VII und VIII.

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