dcr gleichen Miniatur in das Bild der Petersburger
„Kreuzigung“ (vergl. Seite 359). Dies.e Tatsache, die
bereits bei der Rekonstruktion des Altares, vermerkt
wurde, muß erst recht für die Deutung seines Stiles
und die Datierung herangezogen werden.
Den besten Ausgangspunkt bieten die Forschun-
gen Durrieus.11) Er wies überzeugend nach, daß
Hinflüsse der Miniaturkunst, die wir auch sonst in Tafel-
bildern der van Eyck spüren, am stärksten in den Peters-
burger Werken auftreten, und daß sich der Zusammen-
hang zwischen der „Miniatur“ und diesen Werken auf
al'le Darstellungsgebiete: Menschen, Landschaft und
Architektur erstreckt. Er deckte ferner ganz bestimmte
Beziehungen zwischen ihnen und der Gruppe der Eyck-
Abb. 3. Jan van Eyck, Landschaft mit Figuren aus dem Bilde
der „Heil. Barbara“, Antwerpener Galerie
schen Miniaturen in den „Heures de Tur'in“ und den
„Heures de Milan“12) auf. BeideGruppen von Miniaturen
gehören zu den vor 1417 für den Herzog von Berry ge-
schaffenen „Tres belles Heures de Notre Dame“. Auf
dieser Grundlage kam Durrieu zu einer Datierung
für die Petersburger Bilder und stellte fest, daß
ihre Entstehung in das erste oder zweite Jahrzehnt des
15. Jahrhunderts fällt.
Wenden wir Durrieus12a) Methode und Beweisfüh-
rurig auf das Bild der „Kreuztragung“ an, so ergeben
1X) P. Durrieu, „Lcs debuts des van Eyck“, Gazette des beaux
arts, Paris 1903, und „Les van Eyck et le duc Jean de Berry“, a. a. 0.
12) „Heures de Milan, troisieme partie des Tres bclles
Heures dc notre Dame, avec une introduction liistorique pa-r
Gcorgcs H. (Hulin) de Loo“, Paris et Bruxelles, 1911.
12a) Hicr sci bericlitigt (vergl. Seitc 259), daß Durrieu die
Miuiatur „Gebet zum Scliutz gegen die Räuber“ nocli nicht für ein
Eycksches Original liielt, obwolil sie in der Anlage der Komposition
der „Laudung des Herzogs Wilhelm“ selir ähnlich ist und Einzel-
sie ein entsprechendes Resultat. Mit anderen Worten:
Die Durchdringung hocharchais.cher Anschaungsweisen
und -formen mit genrehaft-naturalistischen Elementen
rückt die „K r e u z t r a g u n g“ im Werk der van
Eyck a n e i n e n g a n z f r ü h e n P 1 a t z. Sie stellt
sie auch stilistisch — motivisch und rechnerisch wurde
der Zusammenhang schon erwies.en — neben die
Petersburger Werke.
Somit ist der „P e t e r s b u r g e r A11 a r“ d a s
ä 11 e s t e b i s h e r b e k a n n t g e w o r d e n e
A 11 a r w e r k d e r B r ü d e r v a n E y c k. Die
Ausführung selber dürfte mehrere Jahre13) in Anspruch
genommen haben; erithält er doch mehr als zweihun-
dert bis in alle Einzelheiten ausgeführte Figuren und
Abb. 4. Jan van Eyck, Landschaft mit Figuren aus dem Bilde
der „Heil. Barbara“, Antwerpener Galerie
unter ihnen zahlreiche Porträts! Genau läßt sich sein
Alter nicht bestimmen, seine Entstehung liegt aber be-
stimmt weit vor der Vollendung des Genter Altares.
Er ist, soweit unsere Kenntnis heute reicht, das e r s t c
g r ö ß e r e W e r k d e r n e u e r e n M a 1 e r e i u n d
v i e 11 e i c h t d a s e r s t e 0 e 1 g e m ä 1 d e.
Die Datierung des in seiner Gesamtheit neuen Wer-
kes bietet heute keine besonderen Schwierigkeiten mehr.
hciten, wic das Pferd, aufweist, dic sich so nur in Eyckschen
Werken finden. Bei den geschilderten Beziehungen dieser Miniatur
einerseits zur Petersburger „Kreuzigung“, andererseits zur Eyck-
sclien „Kreuztragung“ (Typus des Aachener Bildes) stelit fiir uns,
ungeachtet der primitiveren Landschaft, die Eycksche Herkunft
außer Frage.
13) Die Ausführung des Genter Altares, au dem beidc Brüder
arbeiteten, beanspruchte mehr als sechs Jalire. Hubert starb 1426,
das Werk wurde 1432 vollendet. Wir möchten, schon wegen der
engen Bezielmngen des Werkes zu gewissen Miniaturen der Turin-
Mailänder Gruppe, annehmen, daß die Arbeit am Genter Altar, mit
Unterbrechungen, fünfzehn bis zwanzig Jahre gedauert hat.
417
„Kreuzigung“ (vergl. Seite 359). Dies.e Tatsache, die
bereits bei der Rekonstruktion des Altares, vermerkt
wurde, muß erst recht für die Deutung seines Stiles
und die Datierung herangezogen werden.
Den besten Ausgangspunkt bieten die Forschun-
gen Durrieus.11) Er wies überzeugend nach, daß
Hinflüsse der Miniaturkunst, die wir auch sonst in Tafel-
bildern der van Eyck spüren, am stärksten in den Peters-
burger Werken auftreten, und daß sich der Zusammen-
hang zwischen der „Miniatur“ und diesen Werken auf
al'le Darstellungsgebiete: Menschen, Landschaft und
Architektur erstreckt. Er deckte ferner ganz bestimmte
Beziehungen zwischen ihnen und der Gruppe der Eyck-
Abb. 3. Jan van Eyck, Landschaft mit Figuren aus dem Bilde
der „Heil. Barbara“, Antwerpener Galerie
schen Miniaturen in den „Heures de Tur'in“ und den
„Heures de Milan“12) auf. BeideGruppen von Miniaturen
gehören zu den vor 1417 für den Herzog von Berry ge-
schaffenen „Tres belles Heures de Notre Dame“. Auf
dieser Grundlage kam Durrieu zu einer Datierung
für die Petersburger Bilder und stellte fest, daß
ihre Entstehung in das erste oder zweite Jahrzehnt des
15. Jahrhunderts fällt.
Wenden wir Durrieus12a) Methode und Beweisfüh-
rurig auf das Bild der „Kreuztragung“ an, so ergeben
1X) P. Durrieu, „Lcs debuts des van Eyck“, Gazette des beaux
arts, Paris 1903, und „Les van Eyck et le duc Jean de Berry“, a. a. 0.
12) „Heures de Milan, troisieme partie des Tres bclles
Heures dc notre Dame, avec une introduction liistorique pa-r
Gcorgcs H. (Hulin) de Loo“, Paris et Bruxelles, 1911.
12a) Hicr sci bericlitigt (vergl. Seitc 259), daß Durrieu die
Miuiatur „Gebet zum Scliutz gegen die Räuber“ nocli nicht für ein
Eycksches Original liielt, obwolil sie in der Anlage der Komposition
der „Laudung des Herzogs Wilhelm“ selir ähnlich ist und Einzel-
sie ein entsprechendes Resultat. Mit anderen Worten:
Die Durchdringung hocharchais.cher Anschaungsweisen
und -formen mit genrehaft-naturalistischen Elementen
rückt die „K r e u z t r a g u n g“ im Werk der van
Eyck a n e i n e n g a n z f r ü h e n P 1 a t z. Sie stellt
sie auch stilistisch — motivisch und rechnerisch wurde
der Zusammenhang schon erwies.en — neben die
Petersburger Werke.
Somit ist der „P e t e r s b u r g e r A11 a r“ d a s
ä 11 e s t e b i s h e r b e k a n n t g e w o r d e n e
A 11 a r w e r k d e r B r ü d e r v a n E y c k. Die
Ausführung selber dürfte mehrere Jahre13) in Anspruch
genommen haben; erithält er doch mehr als zweihun-
dert bis in alle Einzelheiten ausgeführte Figuren und
Abb. 4. Jan van Eyck, Landschaft mit Figuren aus dem Bilde
der „Heil. Barbara“, Antwerpener Galerie
unter ihnen zahlreiche Porträts! Genau läßt sich sein
Alter nicht bestimmen, seine Entstehung liegt aber be-
stimmt weit vor der Vollendung des Genter Altares.
Er ist, soweit unsere Kenntnis heute reicht, das e r s t c
g r ö ß e r e W e r k d e r n e u e r e n M a 1 e r e i u n d
v i e 11 e i c h t d a s e r s t e 0 e 1 g e m ä 1 d e.
Die Datierung des in seiner Gesamtheit neuen Wer-
kes bietet heute keine besonderen Schwierigkeiten mehr.
hciten, wic das Pferd, aufweist, dic sich so nur in Eyckschen
Werken finden. Bei den geschilderten Beziehungen dieser Miniatur
einerseits zur Petersburger „Kreuzigung“, andererseits zur Eyck-
sclien „Kreuztragung“ (Typus des Aachener Bildes) stelit fiir uns,
ungeachtet der primitiveren Landschaft, die Eycksche Herkunft
außer Frage.
13) Die Ausführung des Genter Altares, au dem beidc Brüder
arbeiteten, beanspruchte mehr als sechs Jalire. Hubert starb 1426,
das Werk wurde 1432 vollendet. Wir möchten, schon wegen der
engen Bezielmngen des Werkes zu gewissen Miniaturen der Turin-
Mailänder Gruppe, annehmen, daß die Arbeit am Genter Altar, mit
Unterbrechungen, fünfzehn bis zwanzig Jahre gedauert hat.
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