Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 1.1925-1926

DOI Artikel:
Passarge, Walter; Oeser, Hans Ludwig: Neue Baukunst: Neubauten von Prof. Dr. Otto Bartning, Berlin
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13211#0335

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
rechteckigen Pfeilern getragen eine den Hauptein-
gang zugleich schützende und weithin markierende
Vorhalle deckt. Als Material sind heller Putz und
dunkle Klinker verwandt, wobei sich nicht nur
ein abwechslungsreiches Spiel lichter und dunkler
Flächen entfaltet, sondern zugleich eine innigere
Verbindung von Dachbau und Stirnblock dadurch
erreicht wird, daß auch das Sockelgeschoß des
Längsbaus in Klinkern ausgeführt ist und wie ein
fester Reif oder ein dunkleres Eisenband beide
Baukörper zusammenschweißt. Die Farbigkeit des
Außenbaues: lichtes Gelb der Putzflächen, ein
etwas dunklerer Ton der Fensterläden und das
warme, durch lockere Verteilung einzelner dunk-
ler Steine belebte Rot der Klinker geht sehr schön
mit dem Dunkelgrün und Graugelb der Landschaft
zusammen. Wie sehr in dieser Form der Charak-
ter der Landschaft wirklich zu einem architekto-
nischen Ausdruck kommt, beweist etwa ein Ver-
gleich mit jenen romanischen Dorfkirchen der
Mark, in denen eine ähnliche Verbindung eines
gestreckten Längsbaus mit einem kubischen Turm-
haus bereits vorgebildet ist. Auch an die klotzige
Stirnwand des Havelbergcr Domes könnte hier ge-
dacht werden.

Selbstverständlich sind weder historische Erinne-
rungen noch formal ästhetische Erwägungen für
die Gestaltung ausschlaggebend gewesen, sondern
in erster Linie das praktische Bauprogramm. Die
Anordnung und Verteilung der Innenräume
drückt sich in der äußeren Gruppierung der Bau-
teile aus, so daß die äußere und die innere Ord-
nung des Baues völlig ineinander aufgellen. So
enthalten der Klinkersockel und der Blockbau
die eigentlichen Arbeitsräume wie Küche, Wäsche-
rei, Heizung, Pumpstation, Bäder und das Trep-

penhaus, während der hineingehet tele und schon
in der äußeren Gestaltung als Wohnteil gekenn-
zeichnete Putzbau die nach der Sonne orientierten
und durch verstärkte Wände geschützten Kinder-
säle umschließt.

Im Inneren überrascht die kraftvolle und harmo-
nische Farbbehandlung der Räume. Treppenhaus
und Korridore sind in einem milden Grün gehal-
ten, das sich in den Türen zu einem dunkleren
Bläulichgrün abkühlt. Das Treppengeländer, das,
um ein Hindurchfallen der Kinder zu vermeiden,
aus dichtgereihten senkrechten Stäben gebildet ist,
zeigt ein kräftiges Rot. Ganz in Weiß leuchtet
das Untersuchungszimmer des Arztes. Von den
oberen Räumen sind die für die größeren Kinder
bestimmten auf eine helle, fröhliche Buntheit ge-
stellt: das Knabenzimmer blau mit roten Betten,
das der Mädchen hellrot mit dunkclroten Betten,
der Tagesraum gelb mit schwarzem Schiefersockel
zum Zeichnen und ebenfalls zweierlei Rot. Die
Glasveranda wirkt in der zarten gelbgrünen
Tönung der Wände und dem glänzenden Weiß
der Fensterrahmen — die außen rot gestrichen
sind, um sich mit der Klinkerwand zu binden —
doppelt hell und luftig. Auf ganz lichte, zarte
Töne ist der Kleinkindersaal gestimmt: Die Wände
sind verschieden gestrichen — hellgrün, hellblau,
hellgelb, hellrosa — und dann gleichsam auf die
Decke geklappt, so daß sich ein räumlich bedingtes
Spiel hellfarbiger Flächen ergibt. Darin stehen
Betten und Möbel in reinem Weiß. Der eigen-
tümlich blanke Glanz der Flächen, der die rein
kubischen Formen durch weiche Beflcxe belebt,
ist dadurch erreicht, daß die Wände vor dem Öl-
farbenanstrich abgestuckt wurden.

267
 
Annotationen