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Heidelberger Tagblatt — 1858/​1859 (Dezember 1858 bis Juni 1859)

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Januar
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https://doi.org/10.11588/diglit.3729#0050

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durch einen jüngst angestellten Versuch,
indem ein Schiss unter dem fcrtigen Theile
Ler Brücke hindurchfuhr und hierbei zum
Legen dcr Masten 1 Minute und zum
Wiederaufstcllen derselben 5 Minuten Zeit
brauchte. ^

Köln, 26. Dez. Wie ächt katholisch
dic Gesiaiiung unserer meisten Bervohncr
auch feii'- »rag, es bleibt doch eine aus-
aemachte Sache, daß dic Entscheidung un-
serer Regierung gegcn dic Aufnahnie der
Schulbrüdir und Schulschwestern ei'ne
durchaus freudige Stiminung bei uns
hervorgcrufen hal.

Bonn, 26. Dez. Arndt's neunzigster
Geburtstag! Ein Festtag für allc Pa-
trioten DeutschlandS! Ein recht ftatt-
lichcr Zug bewegtc sich heutc uin die
Mittagsstunde rwm „Hotcl Werner" zu
der Wohnung dcs Gefcitrten, voran das
Musikkorps des 7. Husarcn-Rcgiments,
daun die greiscn Mitglicder des Veteranen-
Bcreins und schll'eßlich dcr Bürgervercin
zur Eintracht, sowie cine große Anzahl
andcrcr Theilnchmcr, wclche sich dcm Zuge
anschlofsen. Als man durch das Thor
des Arndt'schen Gartens schritt, spiclte
dic Mnsik „Was ist des Deutschen Vater-
land", und glcich varauf trat Vater Arndt
1n leichter Hanskleidung, mit entblößtem
Hanpte und Halie, das ächte Bild eines
jugcndlichen Greises, aus der Thür scines
Hauses und begrüßte dr'e zahlreiche Ver-
sammlung. Als die Musik schwieg, nahm
Hr. geh. Rath Profeffor I)r. Sell im
Namen dcs Bürgervercins das Wort und
sprach dic Glückwünschc deffelbcn zum
Geburtstage äus. Sodann sprach Herr
v. Savigny im Namen des Veteranen-
Vcreins. Vater Arndt erwiederte herz-
liche Dankesworte.

Wien» 24. Dez. Ueber den Fürsten
Milosch Obrenowitsch (der inzwischen von
der Skupschtina proklamirt worden ist)
äußcrt sich dcr Wandcrer: „Fürst Milosch
wird allgemei» als unbedingter Anhänger
Rußlands bczeichnct. Wciui er hcute den
serbischen Fürstenthron besteigt, so dürftc
Serbien in der sogenannten orientalischen
Frage eine Rolle spiclen, welche jene dcr
beidcn Donausürstcnthüiner wcit überragt
und nicht nur dt'e Türkei, sondcrn gan;
besonders auch Oksterrcich werdcn dem
klcincn Lande eine erhöhtc Aufmcrksamkeit
zulvenden müssen.

Wien, 27. Dez. Troh allcr Gegen-
versichcrungcn ist es doch richtig, daß dic
Garnisonen in den einzlenen Städten des
lombardisch-venctianischen KölN'greichs ver-
stärkt worden sind.

Wien, 28. Dez. Gestern wurden
zwei Regimknter nach Semlin qesandt.

(H. R.)

Wien, 28. Dez. Jn Lemberg kom-
,nen fast täglich räuberische Anfälle a»f
der Straße, wie in Häusern vor, so daß
die Bewohner der Stadt in fortwährender

Angst leben. Am 17. in der Nacht ist
sogar der Chef der Sichcrheitswache von
zwei mit Messern bewaffneten Räubern
angefallcn und tödtlich verwnndet worden.
Da die Militärwache in der Nähe war,
so gelang es, der Räuber habhaft zu
werden.

Wien, 29. Dez. Der 26. Dezember
des Iahres 1858 wird in den österrei-
chischen Annalen stcts ein geschichtlich dcnk-
würdiger Tag bleibcn. Dnrch dic heute
kundgemachte k. Verordnung von diesem
Datum, wodurch dic Bank wieder voll-
kommen solvent wird, hat stch Oesterreich
vom sinanziellen Falle erhoben, mit den
anderen Nationen des Weltthciles auf
glciche wirthschaftlichc Stufe gestellt 'und
allcn seincr Völkern eine feste Basis des
Gedeihcns und der Wohlfahrt bcreitet.

Pesth. 25. Dez. Nachdem bereits
gestcrn 10,000 Mann nach dem Süden
abmarschirten, ist für heute bedeutende
Mannschaft aus Wien angesagt, die glcich-
falls nach Temesvar gehen wird; man
spricht von 15,000 Mann.

F rankr ei ch.

Paris, 28. Dez. Die Nachricht von
außcrordentlichen Rüstungen Neapels hat
sich bestätigt. Diese Thatsache ist schr be-
deutsam, dcnn die militärischen Streitkräfte
Ncapels sind mehr als hinreichcnd zur
Aufrcchthaltung der innern Ordnung des
Landes; rüstet der König Ferdinand, so
geschieht cs demnach nur im Hinblick. auf
kriegcrische Evcntualitäten.

Paris, 29. Dez. Hr. Troplong, erstcr
Präsident des-Kassationshofes , ist zi>m
Präsidcnten des Senats pro 1859 ernannt
worden, zu Vtzcpräsidentcn: Marschall
Graf Baragucy d'Hilli'crs, General-Graf
Regnaud de St. Jean d'Angely, Marschall
Peiissicr, Herzog v. Malakoff.

Z t a l i e n.

Ncapel, k6. Dez. Als vor cinigen
Tagen der Generallicutenaiit Filangieri,
Fürst v. Satriano, im Civilkleid auf dem
Trottoir längs der Villa spazicren ging,
ward er von zwei unbekannten Elegants
niedcrgeritten. Züm Glück hat« er nur
lcichte Contusionen si'ch zugezogen. Die
Thäter sind noch ni'cht ermitteli. (A. Z.)

T ü r k e i.

Belgrad, 24. Dez. Nach der Pro-
klamirung des Fürsten Milosch Obreno-
witsch zum Fürstcn von Serbien zog das
Volk bewaffiiet, mit Musik, durch dic
Stadt, und es erschallte ein über

das andere. Wutschitsch und Garaschanin,
sowie der Scnat, sind gegcn die Ernennung
Milosch's. Beide und noch mancher An-
dere dürften sich sehr verrechnet habsti.
Wcnn auch große Aiifregung heerscht, so
ist doch die gcsehliche Ordnung und Ruhc
noch nirgends gestört worvcn. — 8.

Plötzlich allgemeiner Tumult. Das Kra-
gujewitzcr Militär soll cingerückt ftin.

Dic Skupschtina ist in oen Senat ge-
drungcn und hat ihn gebunden. (Ocst. Z.g

Belgrad, 25. Dez. Dic Rcstauration
des ehemaligen Fürsten von Serbien, M i-
losch Dbrcnowitsch, ist unter dcm Freu-
dengeschrei der Menge proklamirt worden.
Einc provisorische Regierung, bestehcnd
aus den Hciren Garaschanin, Sterka und
Ngricic ifl gebildet. Es herrscht äußere
Ruhe. Eine militärischx Gegcnbewegung
ist, wie es hdi'ßt, schon- ,m Beginne er-
stickr wordcn. Dersclben Quclle zufolge
befindet sich Fürst Alcrander „och in der
türkischen Fcstung- Der Sena, hat der
Abfttzung des Fürsten Alerander ft,ne Zu-
stimmung erthcilt. (Die „T'M svarer Zg."
von demftlben Tage fügt dieser Nachricht
noch dic fernere hinzu, daß es der Senat
gleichwohl gcgen das weitere Vorgehen
der Skupschtina, welche Milosch Obreno-
wi'tsch als crblichen Fürsten prvklamirte,
„an einer Protcstation nicht fchlen licß.")
— In dem Augenblicke, wo wir dies
schrci'beii (sagt die neueste Nummer' der
„Wiencr Zei'tung"), hätten wir also als
eine noch bestehende Thatsache anzuneh-
men, daß Fürst Alcrander sich wcigert,
die Abdikation zu unterzeichnen, die der
Senat und die Skupschtina von ihm ver-
langt baben. Bezüglich des Umstandes,
daß die letztere nun Milosch Obrenvwitsch
zum erblichen Fürsten proklaniirte, wollen
wir in Erinnerung bringen, daß Milosch
Obrenowitsch, nachdcm er in Folgc einer
Uinwälzung und kriegcrischer Ereigniffe
Czerny Georg in der Regierung deö llan-
des gefolgt war, als.Lohn für die Treue,
welche er der suzeränen Macht bcwics und
die vorzüglich während des griechischen
Freiheitskampfcs und der Erhebung der
Hetäristen unter Ipsilanti hervortrat, durch
einen Berat der Pfortc die crbliche Für
stenwürde erhielt. Bekanntlich hatte er
später, und zwar ebenfalls durch eine
Umwälzung gezwungen, der Regierung
entsagcn müfftn, und es folgte ihm auf
kurze Zeit ftin zweitgeborner Sohn Mi-
chacl, deffcn Jnftallirungs-Bcrat jcdach
auf die Erblichkeit der Fürstciiwürde kei-
nen Bczug »ahm.

— 27. Dez. Jm Jnne>» vcs Fürsten-
thums herrscht Nuhe. Borgestcrn, als
ein Theil des Militärs sich st-r den Für-
sten Alerander pro>iu»ei'rte, trat die ge-
sammte hiesiqe Bcvölkerung unter die
Waffen. Es ficl, inzwischcn kein Schuß.
Gcstern bezog bie Famiiie des Fürstei»
Alcrander cine Pn'vatwohnung.

— 30. Dcz. (T. D.) Es wurde die
Entfernung dcs Fürsten Alerander aus
der Festnng gefordert, weil man ihn der
Militärbewegiing voin Freitag l'eschuldigt.
Heute ist das Militär neu beeidigt wor-
de„. Das Gesnch wcgcn Bcstätigung Mi«
loschs ist an die Pforte abgegangen. Die
Skupschtina erhäit eine Menge von Dank-
adreffen.
 
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