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Heidelberger Tagblatt — 1858/​1859 (Dezember 1858 bis Juni 1859)

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April
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https://doi.org/10.11588/diglit.3729#0390

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tagssitzung der Bundesversammlung wird,
wie ebenfalls bestimmtverlautet, Prcußen
mit seiner Lrklärung hcrvortreten und mit
Oesterreich einen gemeinsainen Antrag zur
Mobilmachung cines Theils der deutschcn
Bunvesarmce stellen, welcher Antrag den
übrl'gcn Bundestagsmitgliedern bereits ver-
traulich mitgetheilt scin soll, damit die-
selben wo mvglich noch bis dahin mit den
betreffenden Instruktionen vcrsehen werdcn
können. Dieser Entschluß Preußens kam
für die Vcrtrauten der preußischen Politik
nicht uncrwartct, indem man dic Ansich-
tcn dcs Rcgenten schon längst kannte und
würdigte. Diese plötzliche Wendung er-
solgtc jcdoch, wie in diploinatischen Krci-
sen glcichlautcnd vcrsichert wird, haupt-
sächlich auf einc» dieser Tage vom Han-
delsmi'nistcr dem Rcgenten geinachten
Vortrag, worin derselbe die täglich größer
werdendcn Verlustc am Natioiialverinögen
und namentlich dic Gefahr unzähligcr Fal-
lisscments dargelcgt, wclche eine längcrc
Vcrzögcrung der Entschcidung mit sich
bringen würde.

Im Laufe dieser Woche wird anch den
Regierimgcn mitgethcilt wcrdcn, daß es
im Jntcreffe dcr allgemeiiien Lage geboten
sei, der Preffe die Mltthcilimgcn vvn
Truppenbewcgungen, Rüstungcn und dgl.
für den Momcnt zu untersagen. Unsere
Eiscnbahnvcrwaltungen sind bcrcitS angc-
wiesen, sich auf starke Truppenbcförde-
rungen eilizurichten und wcrdcn wir be-
reits in chen nächstcn Tagcn solche unsere
Stadt passiren sehe». — Diese allgeineine
Situation hat nicht verfehlt auf unsere
Borse einen tiefen Eindruck zu machen.
Häuser, die gewöhnlich gut unterrichtet
sind, haben ganz enorme Postcn österrei-
chischcr Effccten auf den Markt gebracht
und wenn Si'c m Erwägung zichcn, daß
seit gcstcrn Nachnu'ttag Ocsterreichischc
Credit, obschon die Superdividente von
4 pCt. bereits bckannt wurde, von 180
auf 167, zurückgingcn und zcitwcise noch
vicl billiger gchandelt wnrden, daß Bank-
aktien in derselben Zcit von 840 auf 780,
pCt. Metalligues fast in demselben
Verhältniffe sanken, so könncn Sie sich
hiervon überzeugen, daß wir Ml'tten l'n
Kriegskoursen leben und eine Entscheivung
bestlinmt vor der Thüre stchen muß. Schon
ln den nächsten Tagen glaube ich Jh„en
neuere, ebcn so wichtige Mittheilungcn
machcn zn können.

Frankfurt, 11. April. Die heutige
Börse cröffnete in einer vollständigen Dc-
route nnd brachte uns Kourse, ww wir
sie in Zeiten dcs Krieges kaum niedcrer
zu erwarten haben. Die Umsätze, na-
mentlich in österr. Effekten, erreichten heutc
eine sehr große Bedeutung. Auch süd'
deutsche Effekten wurdcn von der Flauheit
bcrührt und zeigten einen mehr oder
mi'nderen Rückgang gcgen dic jüngsten
Notirnngen auf. Nach der Notlrungs-

zcit zeigte sich etwas mehr Festigkeit in
Folqe der Pariser Anfarigskonrse.

Koblenz, 7. April. Es wurde vor
cinigen Tagen hicr von der Polizei auf
die ihr zugegangenen Mittheilungcn ein
Mann angchalten, welcher zwar Holländer
von Geburt, jetzt abcr Advokat in Frank-
rcich ist und Pässc für vcrschiedene Län-
der bei sich führte. Derselbe machtc sich
hier cin Geschäft daraus, die Wirths-
häuser zu besuchcn, mo er bald in der
Uilterhaltung mit den Gästcn sich über
deren Gcsinnung in Bezug auf Frankreich
Auskunft zu verschaffen suchtc, ja mit-
untcr geradezu fragte, ob die Gäste und
man im Allgcnieincn hicr nicht wünsche,
daß jc eher je licbcr die Franzosen zu
uns herüber konnnen möchtcn. Er zog
dann mitlmter ein Goldstück mit dcm Bild-
niß Napoleons 111. hcrvor und erging sich
in überschwciigli'chcn Lobrcvcn übcr dcn-
selben. Man war aber dic Sackc bald
müde, sctzte vic Polizci davon in Kennt-
niß, welche dcm Dinge dadurch cin Ende
machte, daß sie dcn Rckscnden anwieö,
sogleich am folgendcii Morgen mit der
Post nach Frankrcich zurückziikchrcn.

^ München, 11. April. (Schw. M.)
Frhr. v. d. Pfordtcn ist ziim Bnndcs-
tags-Gesandten in Frankfurt crnannt.

Berlin, 11. April. Se. kais. Hoh.
Erzherzog Albrecht von Ocsterreich
wird, von mehreren Offizi'cren bcgleitet,
lliorgen früh hier crwartct, Höchstvcrselbc
wird i'm k. Schloße Wohnung nehmcn.

' (Khr. Z.)

Wien, 8. April. Nach neiicren Be-
richtcn wird die französifchc Mili-
tärmacht in zwei Theile, in eine Alpcn-
und einc Rheinarniec, gctheilt. Zwischen
der Rhone und Norditalicn ist bercits emc
bedeutendc Truppeninacht concentrirt. Im
Elsaß habcn die Vorbereitungcn bercits
begonnen, um auch dort in Kurzem eine
ansehiiliche Armce zn conccntrircii. Daß
Kavallerie und Artillcrie dahin »larschiren,
ist bckannt, und wird bis Endc April cinc
Arince von 100,000 Mann iin Elsaß auf-
gestellt sein.

Wien, 8. April. Jn dcn höchstcii
Kreisen scheincn jctzt Dinge von der außcr-
ordcntlichsten Wichtigkcit vcrhandclt zu
werdcn. Es hat heute cine großc Rcichs-
rathsitzung unter dcm Vorsitze Sr. Majestät
des Kaiscrs stattgcfundcn, welcher alle
Reichsräthe und Minister beiwohnten.
Säuinitliche hicr weilendc Herren Er^-
herzoge wurden glcichfallS der Berathung,
die im großen Purgsaale abgchaltcn wurde,
beigezogcn. — Nach Briefen aus Tprol
sind vielc angcsehene italicnische Famili'cn,
insbcsondere ausMailand dort angekommen,
um in den ruhigen Bergcn den Gang der
^^Zn'ffe abzuwartcn.

Wien. «. April. Aus authcntischcr
Quelle erfährt man, daß Preußcn und
England sich geeinigt habcn, ein Ulti-

matum an das Pariscr Kabinet zu rich-
ten, in wclchem von Frankreich gefordert
wird, daß eö die Entwaffnung Pieinonts
bci dcm Turiner Kabi'net durchsetze. Für
den Fall, daß Frankreich aiisweichend ant-
wortcn sollte, werdcn die genannten Groß-
mächtc ihr Veto gegen dic Bcthcilignng
Frankrcichs an cincm cventiicllen öster-
reichiich-sardinischen e.ricge einlcgen, n'ach-
dcni die Kabinete von Bcrlin und London
bindcnve Zioagcn von Oesterreich iibcr die
Gränzen crhaltcn haben, welche lctzteres
im Fall cincr Besiegung Piemoiits bei
Verfolgnng scincs Sn'egs einhalten wird.
Sollte Frankrcich niigeachtet deffcn den-
noch Pieniont zu Hülfe eilen, so hat da-
nil't Prcußens und Englands Nentrali'tät
ihr Endc crreicht und die Koalition gcqen
Frankrcich wird znr Thatsache werdcn.

Wicn, 9. April. Nachdein Graf Cavour
von Paris dic Entscheidung mitgcbracht
hat, daß Picmont seine Rilstungen fort-
setzc, uiuß alle Welt klar darübcr sem,
was diese Entscheidung bcdcutet. Der
Kaiscr der Franzose» wi'II Kricg und
nur den Kricg, die sardinischen Streit-
kräfte bilden cincn Theil scines cigenen
Heercs, nnd er kann folgcrichtig nicht zu-
geben, daß, währcnd cr sclbst bis an die
Zähne sich bcwaffnet, das Vorkertrcffcn
seincr Kriegsmacht auf den Friedcnsstand
gcsetzt wird. Die Entwaffliimg Sardi-
niens hießc die Entwaffnimg Frankrcichs,
vlc Cntwaffnuna Frankrclchs hätkc rine
allgcmcme Entwaffnung zur Folge. Lktz-
teres ist der rcdliche Wunsch Oestcrreichs;
nnker diescr Bcdingung würde cs mit
Freudeii auf dem Kongrcffc crschcinen.

Llribach, 6. April. Heutc Vormitlags
u'u ) Uhr verklliidl'gten zwei Kanonen-
schüsse vom Schloßbcrg, daß in einer Vor-
stadt Fcncr ansgcbrochcn. Sluf dcm Bahn-
hof brannte das Hcizhans. Diescö imd oie
Schuiiede wurben bis Mittag vollständig
eiu Raub der Flaimncn. Bei dem noch
imincr starken Verkchr — cs fahren jctzt täg-
lich 18 bis 20 Züge hier durch — wären
Ercignissc, wclchc ci'nc Stocknng vcffclben
herbeifiihitcii, zu beklagcn. Iiioeß wnrden
die im Heizhaus zur Reparatlir besind-
lichen Maschinen hcrausgeführt, und daS
Weitergrciscn des Brandcs durch das
Hinabwcrfen des Dachstuhls in das In-
nere des Gebäuvcs verhindert. Laut Be-
fehl miisscn auf den Nuf der Allarintrom-
mel iininer allc Truppxn ciner Stadt aus-
riickcn; »"l' sgh man denn auch daS
Bataillon Grenzer, welchcs gcstern in
großcr Mittagshitze bestaubt und ermüdet
'zum Weitcrtransport nach Mantua hicr
cinriickte, mit Sack und Pack in Bercit-
schaft auf dem Bahnhof. Offizicre und
Mannschaft sind ältere oft graiihaarige
Männer von gcbrälintem Gesichte, auS
welchcm nichts von der verschrienen Croa-
tenwildheit, wohl aber ein tiefer Zug deö
ErnsteS und der Gutmüthigkcit spricht.
 
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