Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Tagblatt — 1858/​1859 (Dezember 1858 bis Juni 1859)

DOI Kapitel:
April
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3729#0441

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Mittags dic französischcn Colonnen die
Rhone bei Culoz übcrschritten hatkn und
am 26. früh die ersten Züge in Genna
ausgeschifft wordcn waren, von wo sic
a,n Abcnd dicscs Tagcs in Turin crwar-
tct wurdcn, konnten die Ocstcrrcicher nichi
jlehen blciben. Daß aber Ocsterreich liicht
ausschlicßlich diplomatisircn darf, während
die Gegncr unaufhörlich an Stärkc zu-
nehmen, liegt auf dcr Hand. Destcrrcich
hat, wie der „Schw. Mkr." sthr s.»chtig
bemerkt, mit seincr dcm picinontcsischcn
Cabinet mindestcns zwei Tage vor der
Ucbergabc bekannten «soiiimation und mit
den drei Bcdeiiktagcn bereits eine schone
^ieit »erlmen- es wird zwcifelhaft sein,

vb iebt iwch 'ei" raschcr Handstreich auf

Tur n^ auf das stratcgisch so wichtige Novi
san dcr Eisciibahn von Genua nach Alcssan-
d??a da wo sie '» die Ebenc lritt) mög-
lich sei" wird. Jndcsscn kann es sich blos
u,n kleine Abtheilungen Franzosen handcln,
welche schon bci den ersten Kämpfcn das
pl'einontesische Heer verstärken werden. Nur
Tirailleurc, ohnc Pferde, ohne Artillerierc.,
konnten so rasch befördert werden. Rasche
Schläge sind es jetzt, wclche Ocsterreich,
rhe das Gros der französischen Armee vom
Mont Cenis und Mont Genevrc nieder-
steigen wird, fiihren muß,
theile seincs energischen
sichern.

Baden, 27. April.
Einladungsschrelben hat
der badischcn 2. Kammer die Herrcn
Abgcordiieten auf 2. Mai zu ciner Vcr-
sainmlung in dcm cnglischcn Hofe hicr-
ftlbst eingcladcn. Zwcck dcrselben ist,
Angcsichts der gegcnwärtiqen Sachlage
gedachsen Politischen Körper zu einer
Kundgebiing ini vatcrländischen Sinne,
glktch versch.edencn andern dcntschen Kam-
mern, zu vcranlassen.

Baden, 24. April. Dic Vorsaison
ist mchr als todt, so weuig belebt tvie
sie noch me gewesen; Bestelliinqen für
den Mai fehlcn noch sehr, und es ist kein
Wunder, daß dic Besitzcr der Hotels und
fast noch mehr die der Hotcls garnis schr
trübe Mienen machcn.

Ettlinqen, 27. April. Eine für
unsere Geqend wichtige Entdcckung ist ii,
unscrer Nachbarschaft, l'm Waldc bei
Waldprcchtsweier gemacht worden.
Schurfversuchc haben nämlich dort auf
ein, wie es scheint, sehr ausgedehntes
Lager von Braunkohlen in geringer
Tiefe unter der Obcrfläche qeführt. Das
jetzt schon etwa 15- durchschachtete Lager
ist noch nicht durchbrochcn und, je ticfer
unten, UIN so kompaktcr, dunkler gefärbt
und heizkräftiger wird die Kohle, und es
dnrfte vielleicht die eigentliche Steinkohle
in jencm Bezirk nicht lange mehr auf sich
Warten lassen.

^rankfurt a. M., 23. April. Nach-
richten auS Pakis zufolge war dort noch

um sich die Vor-
Vorgehcns zu
(M. I.)
Laut gedrucktem
das Präsidium

vor wenigen Tagen die allgemcine Stiinme
nicht zweifelhaft darüber, daß sch4icß-
lich alle Forderungen bcwilligt
wcrden würdeu, oder daß Frcmkrcich deren

Bcwilligung leicht mit dcm Schwerte er-
zwingen wcrde. Die Unkcniitniß fremder
Zustände, die Fesselung der französischen
und die Ausschließung der ansländischen
Pressc, verbunden mit ciner unwah'.en,
dcr Nationalci'telkeit schmcichelnden Ge-
schichtsschrcibung nnd den militärischcn
und diploinatischen Erfolgen scit dcm Krim-
kricge haben dies Gefühl dcr Uebcrlegen-
heit großgezogen, welches in dcn bcloben-
dcn und zurcchtweiscndcn Artikeln des
MonitelU' seinen durchaus naiven Aus-
druck findet. Währcnd eine genauere
schichte der Revolutionsfeldzüge, z. B. wie
sie Spbel gegcbeii. nachwcist, wie dic Er-
folge der französischen Hecre wcseiitlich dcm
Zwiespalt der Vcrbündeten und der Rück-
sicht auf dic Entwicklung dcr Dinge in
Polen zuzuschreiben sind, glaubcn die
Franzostii iminer noch, dcm unwiderstch-
lichen Schwung ,'hrer jungcn Soldatcn
allein den Prcis zucrkcnncn zu müsscu.
Deutschland hat noch nie, als seit dcr
Zcit nach der Lcipziger Schlacht, den
Franzostn als ein Ganzes gegenüber-
gestanden, sondern durch die Schuld der
deutschen Staaten und auf ihre Kosten,
durch ihre Bundesgcnossenschaft ist Frank-
reich zu der furchtbaren Militärmonarchie
emporgewachsen. Es ist jctzt die Gelegcn-
heit gegebcn, daß Deutschland vor Frank-
reich nicht allein, sondern auch vor Europa
i'n militärischer uud politischer Bezichuiig
sich wieder zu Ehrcn bringe. Bcstchen
wir daher, wcnn iivthig, ehrenvoll den
Kampf gegen Frankreich, erringen wir die
deutschcn Provinzen wieder, wclche in
Frankreichs Hand eine furchtbare Offensiv-
kraft, in der unsrigen eine wichtige Ver-
theidigungöfähigkeit haben, und dercn Be-
sitz die Ruhe des europäischcn Fcstlandes
sichert.

Dresden, 27. April. (T. d. A. Z.)
Die eben erscheinendc Ausgabc dcs„Dresd.
Journ." berichtet, daß Frankreich dcn
neucsten Vorschlägen Englands seine Zu-
stimmung nicht ertheilt habe.

Berlin, 27. Apr. Die früher mit gro-
ßer Bestinimtheit verbreiteten Nachrichten
von der Aufstellung eincs Beobach-
tungskorps am Rhein sind in der
lctzten Zcit wieder gänzlich verstummt nnd
scheinen vorerst kcine thatsächliche jge-
wahrheitung erhalten zu sollen. Alle von
unserer Negicrung angcordneten militä'
rischen Maßnahmen beschränken sich ^f
eine allgemeine Vorsorge zur Sichcrunq
des Bundes gegen ktwaige von auüen
drohendc Gcfahren. — Wenn man auch
bei utts hie und da mit dem jetzigen Vor-
gehen Oesterrcichs nicht ganz cinverstan
den ist, so ist man doch meit entfernt
davon, das schon längst fgst einmiithig

gesprochene Verdammungsurtheil über die
französische Politik auch nur im geringsten
zu nn'lvern. Ganz Zuverlässiqcs über

den Buudnißvcrtraq zwischen Ruß-
land und Frankreich vcrlautet noch
.^cint so vicl festzustehen,
daß Ntußland zede Elnmi'schunq des Deut-

schen Bundes in den italienischen Streit

bindcrn bcstrebt ist.

F r a n k r e i ch.

Paris, 27. April. Es stellt sich hxuie
als unzwcifclhaft heraus, daß die Fran-
zosen früher in das sardinischc Gebiet
eingerückt sind, als die Oesterreicher. Dies
ist nicht blos in Genua gcschehen, wo bc-
kanntlich schon am 25. d. M. algkerische
Tl'railleiirc landetcn, sondern auch auf der
savopischcn Seite. — Jm Lyoncr Stadt-
hause werdeil Ziinmer fiir den Kaiser in
Stand gesetzt. — Der Gesetzgkbende Kör-
per hat den Gesetzentwurs, dic Aushebung
von 140,000 Mann bctreffcnd, einstimmig
angeiloinmen; dic äußerste Linke (Jules
Favre, Olivier, Danimon, Currt, Picard)
enthielt sich der Abstimmung.

— Heute Morgen 10 Uhr meldete eine
offiziclle Depesche von Turin, daß wäh-
rend der Nacht ein falscher Lärm am
Tessin, dcr ganz von sardinischen Trup-
pen entblößt ist, stattqefunden habe, daß
man aber kein sicheres Anzcichen davon
habe, daß die Oesterreicher diesen Fluß
wirklich überschritten hätten, und daß
man nur sage, es seicn einige recognosci-
rendc Plänkler auf dcm rechten Ufer ge-
sehen wordcn. (Steht im Widerspruche
mit der Berner Depesche.)

S ch w e » z.

Bern, 27. April. Truppenbewegungen
übcr dcn M 0 nt - Cenis sind erfolgt; sie
gehen aber unerwartet lanqsain von
Stattcn.

Bcrn, 27. April. (T. d. A. Z.) Die
österreichischc Armee unter Fcldzciigmclster
Graf Gpulai ist 120,000 Mann stark,
lctzte Nacht in drei Korps übcr den Tes-
sin gegangen; das erste von 60,000 M.

unter Feldinarschall-Licutenant Benedeck,

das zwejte, 30,000 Mann stark, unter
Graf Gpulai sclbst, cndlich das dritte,
30,000 Mann ftark, untcr Feldmarschall-
Lieutenant Zobcl. Dcr Uebergang fand
bei Buffalora nach Novi, Vigevano, Mor-
tara statt ^)- Uebergang der rdran-
zoscn übcr den Mont-Cenis findet große
Schwicrigkciten. Es sind 4000 Aebciter
anqcstcllt, um den Paß von den bcdeu-
tenven Schneemassen, welche ihn versper-
ren, z" säubern.

*) Wir vermuthen, d-ß dte Depesche undeutlich
und nur dte rechte Kvlonne bei Buffalor-, dte zweite
bct Villa nova snicht Novt), dte dritte bei Btgevaa»
übergegangen und bts Modtara avancirt tst. (Ä.Z.)
 
Annotationen