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Heidelberger Tagblatt — 1858/​1859 (Dezember 1858 bis Juni 1859)

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Juni
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https://doi.org/10.11588/diglit.3729#0623

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Karlsruhe. 21. Junr'. Dr'e Muste-
rung der großh- Felddivlstvn durch Se.
Königl. Hobcit den Prinzen Friedrich von
Wiirttcmberg, in Beisein II. KK. HH.
veö Großherzogs und der Großhcrzogin
unv eincs glänzendcn Gcneralstcibs, wo-
runtcr sich auch österreichische, württcm-
bergische und hessische Generale und Of.
fizicre befanden, hat diesen Vormittag auf
dcm Uebungsplatze stattgchabt. Um 9'/^
Uhr erschicncn dic durchlauchtigsten Kriegs-
herren daselbst, wo in 6 Treffen der bad.
Hecrkörper aufgestellt war, und zwar
1) die 1. Jnfanteriebrigade (Oberst von
Rinck) mit dcm Leib-Grciiadierrcgimcnt
zu 2 Batailloncn, dem 2. Fiisilierbataillon,
dcm 4. (Rcservk)-Fiisilierbataillon und dem
Iägerbataillon; 2) die 2. Jnfaitteriebri--
gade (Oberst Kellcr) mit dem 2. Jnfan-
tericrcgiment zn Z Batailloncn uud dcm
1. Fiisilicrbataillon; 3) die 3. Jnfantcrie-
brigade (Obcrst Waag) mit dem 4. In-
fantericregimcnt zu 3 Bataillonen und dcm
3. Fiisilicrbataillon; 4) die Nciterbrigadc
unter Generalmafor Schuler, bcstehend in
dem Lcib-Dragonerregiment, dem 2. und
3. Dragoiierregimcnt; 5) das Artillerie-
rcgiment unter Oberstlieutenant Zeroni;
6) die Pionicr-Abthcilung, Brückenzug,
Sanitätskompagnie rc. Jhre Königl. Hoh.
rittcn mit dcm Generalstabc zuerst an
sämmtlichen 6 Linien vornbcr, Ihre Kön.
Hohcit dic Großherzogin mit Gefolgc und
in Begleitung des Gcnerallieutenants v.
Porbeck, wclcher zur Seite des Wagens
ritt, folgte dem Generalstabe. Hierauf
stcllten sich die höchsten Herrschaften auf,
um die Truppen in obiger Reihcnfolge,
ble Jnfanterie zucrst in Zügen, sodann in
BataiUonskolonnen, die Reiterei in Zügcn
zucrst im Schritt, dann im Trab, die Är-
lEene ebenso in halben Battcrien, an sich
vorbelzichen z„ laffen. Das Ganze wurde
von Gcnerallieutenant Ludwig befchligt;
unter ihm hatte Gencralmajor Kuntz den
Befehl uber bie Znfanterie, Gcncralmaior
Schuler uber dic Reiterci und Oberst-
lieutenant Zcrom ubcr die Artillerie. Beim

Vorbcimarsch rttt der General unb Festungs-
gouvcrncur itt'hr. v. Gastling vcr Reiterei
voraus. Um 11 '4 *var die'Musterung

des ganzen Heerkörpers, der wohl 12 bis

14,000 Mann stark gewesen sei„ mochte,
vorüber. Wie wir hbte>l, wird morgen
vor den höchsten Herrschaften ,'m Fe„cr
manövrirt werden. _

Frankfurt, 20. Iuni. ,Der Neucr-
nannle kais. vsterr. Bundesprästbwlgcsandtc
Frhr. v. Kübcck ist heutk ftüh h>'er ein-
getroffcn.

Münckeri, 20. Iuni. (T. d. Pk'.?^-)
Der Flügeladjutant Sr. Maj. des Kdnigs,
Generalmajor Freihr. von derTa»"-
ist heutc Morgen in besonderer Misstb»
nach Berlin abgereist.

Berlin, 17. Juni. Es ist von gro-
ßem Jntereffe zu hören, wie sich die

„preußische Zeitung", ein amtliches
Dlatt, über die Mobilmachung äußert.
Sie sagt: „Es ist unnöthig,' die An-
strengungen aufzuzählen, welche die prcu-
ßischc Rcgieruug gemacht hat, den Aus-
bruch des gegc-iwärtigcn Kriegs in Jtalien
zu verhüten. Als diese Bcmühungen ge-
scheitert warcn, erklärte die Staatsregie-
ruiig den b iden Häusern dcs Landtags
in der Denkschrift vom 4. Mai: daß cs
Prcnßcns Anfgabe sei, wie frühcr zur
Grhaltung, lv jetzl zur Wiederherstcllung
des Friedcns thätig z» sein; daß es indeß
nunmehr ciucr bewaffnetcn Stcllung zur
Untcrstützung seiner diplomatischcn Äktion
nicht entbchren könne." Dic Antwort des
Landtags war dic vollständigc Billigung
der bisher eingchaltenen Politik der Re-
gierung und die einstimmige Bewilligung
der znr Mobilinachung der Armce cr-
fordcrlichcn Gcldmittcl in bciden Häuscrn.
Dic Bestlinmungcn dcs Zeitpunkts, in
welchem Prcußen für vcn Friedcn einzu-
stehcn habe, crwartetc der Landtag von
dem hohen Willen, welchcr Prenßens Ge-
schicke lenkt, mit dein vollsteu Vcrtrauen.

Nicht eine Stimme der Landcsvertretung
cmpfahl der prcußischen Regicrung, den
Weg unbedingter Neutralität zu gchcn.
Nichl eine Stimnie der Landesvertretung
muthcte Preußen zu, den Augenblick ab-
zuwarten, wo die Pflicht des Bundesvcr-
hältniffcs, der Buchstabe dcs Bundesver-
trags sein Einschrciten fordern würdc.
Jcdes Mitglicd der Landesvertretung fühlte,
daß Preußcn »icht darauf verzichten könne
und werde, seine Stimme als selbstständige
Macht in scincm Namen und im Intercsse
Deutschlands im Rathe ber europäischcn
Mächte abzngeben. Scit der Gründung
des gegcnwärtig'in Europa bcstehenden
RechtSzustandes habcn die Großmächte je-
des Zerwürfniß zwischcn Natioven als
cinen Gcgenstand ihrer geiiicinsamen Sorge
angesehen. Preußen würde sich selbst aus
derFicihe der Großmächtc streichen, wcnst
cs anf scinen Antheil bei der Ordnnng der
italienischen Verbältnisse verzichten wollte.

Auf dcr Stufc, zu wclcher die italie-
nische Frage gclangt ist, kann jcder Tag
Ercignissc briugen, welchc Preußen nicht
wehrlos findcn dürfcn. Wenn England
und Rußland in diesem Sinne mit großem
Eifer rüsten: — wie viel dringcnder liegt
Preußcn diesc Pflicht ob, welches der ge-
genwärtigen Verwicklung viel näher steht.
Jn dem Augenblicke, in welchem der in
Jtalien entbraniltc Kampf eine für die
maßgebenden Grundsätze des europäischen
Völkerrcchts und fiir die Aufrechthaltung
dcs europäischcn Gl'cichgewichts, welches
«uf diescn Grundsätzen bcruht, bedenkliche
Wcndung zu nehmen droht, konnte ^ic
^taatsregierung Preußens sich ber Er-
wagnng nicht verschließcn, daß der Augen-
blick gekvinmcn sci, für die Hcrstellung deö
Friedcns cinzutreten.

Die Politik Preußens wird in keinev
der fernerhin nothwcndig werdendcn Maß-

liahmen den Charakter vcrläugncn, wclcken
sic scit dcm Beginn der italienischcn Ver-
wicklung an sich getragen hat. Die Nich-
tung, welchc Preußen in scinem innern
Staatsleben vcrfolgt, gibt hknlängllche
Bürgschast fur die Bcstrcbunqcii seiner
auswärtigcn l olitik. menn Preußen
dic Erhaltung bei Grundlagcn dcs euro-
päischen Rcchtszustandes auf seine Fahne
geschrieben hat, so wird es Vcranlassung
habcn zu zeigeii, daß es nicht gemcint ist,
den Bestrebungcn der unterdrückung oder
dcr Vcrgewaltigung Vorzchub z„ leisten.

Die Negierung ist sich woh, bcwußt,
wic ticf dic EinbeNifung eincs Thcüs der
Lundwehr in vielc Kreise des bürgci,.chx„
Lcbens eingreift. Aber die Hccrverfass,,,,^
Prcußcns gestattet ihr keinc Wahl, wenn
Prcußen bci der Ordnung der italieiuschen
^rage mit dcmjciiigen Gcwicht auftreten
soll, welchcs auszuüben es berufcu ist,
wclches die Stellnng der deutschen Nation
in Europa crfordert. Dic Maßregcl, welche
die preußische Ncgierung ohne einc große
Verantwortung nicht länger verschicben
durfte, ist ei'ne rein defensive. Sie ver-
thcidigtdie Unabhäligigkeit Eiiropas, wclche
bedroht wäre, wcnn »cuc Ordiiuugcn in
Europa ohne dic Zustimmuttg dcr Groß-
mächtc aufgerichtel wcrden könnten. Prcu-
ßcn tritt nicht für ihm fremde Jntercffcn,
cs tritt für scin Gcwicht im Nathc Eu-
ropaö, es tritt für die Freiheit und den
Frieden Europas auf. Die Entfaltung
der prenßischcn Wehrkraft crscheiiit als
cin wirksames Mittcl, den Friedcn zu er-
reichcn, nnd Prcußen wird dicse Hoffmmg
nicht lasscn, so langc noch ein Schimmer
derselben übrig isi. Dcr Friedcn, welcheu
Prcußen crstrcbt, muß dcn Opfern ent-
sprcchen, welchc die Negicrnng dcm Lande
abzufordern gezwniigcii war. Nicht den
Wechselfällen dcs Tages dai f er entsprungen
sein; cr muß die Bcdingungen dcr Dauer
i» sich tragen. Er wird diesc nnr bcsitzen,
wenn er den rcalen Machtvcrhältnissen
dcr curopäischcn Staatcn imd den sittlichcn
Griindlagcn dcs Lcbens drr Vvlkcr ent-
spricht." .

Berlin, 18. Juni. Rach Pn'vat-
briefcn aus Wicn ist ber öster-

reichischen Hauptsta>'t bcrrfchxnde Slim-
mung eine sehr vcrstimmte. Der Haß
gcqen das Bach-Grunne fchx System sprach
sich auf den Straßcn und an allen öffcnt-
lichcn Ortcn m der unzweideutigsten Weift

aus.

ZZerlin. Die zum erstcn Aufgebot
gehörciidcn Landwehrmänner der Stadt
Berlm (dem Vernehmen nach 17,000 an
brr Zahl^ werden ain 20. m Potsdam
und Spandau eingcklcidct werden.

BZien Die in Wien erschcinende
»Ostd. Post" sagt über den in Preußeu
rrgangcneii Bcschluß sechö Armeecorps zu
 
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