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Heidelberger Zeitung — 1863 (Juli bis Dezember)

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Juli
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gen Zeit, der Schluß, zu dem die Csmmisston
kam, und so manchcr!« Erwäqnngen dazu
führen würden, dnß das ganze Haus Lem
Antrag mit Freude ziisttmmc. Daß wir cs
hier nicht mit eincr Sache zu lhun haben, die
mit langsam stch bcwegender diplomatischer
Kluqheit üi die Hand genommen werden soll,
wird Jedermann einleuchten. Der Zustand ist
so, daß man sagen kann, ras Haus fängt an
zu brennen, und so müffen wir uns auch
aussprechen.

Er frhe hier nicht nur eine Berfassungssrage,
sondern die Frage eines deutschen Nothstandes.
Wir können in nächster Bälde daran erinnert
werden, daß auch wir am Rheine liegcn und
daß nicht blos Preußen eine Rheingrenze hat.
Wir sind deshalb verpflichtet, nachdem die
Sache einmal zur Sprache kam, uns iri der
bestimmtesten Weise und so auszusprecheu, wie
die Commisston vorschlägt. Er lege nament-
lich aus diesen Umstand Werth, denn es würde
in der That nach außen hin den Eindruck
machen, als wäre die Kammer gleichgiltig
gegen die Sache, 'ivenn sie zur Tagesordnung
überginge.

Man werde nicht nach den Motiven fragen,
sondern nur dcn Beschluß ansehen und sagen,
die badische zweite Kammcr ist über diese
-Frage zur Tagesordnnng übergegangen.

Abg. Stigler: Er pflichte in der Haupt-
sache ven Ausführungen der Vorredncr bei.
Der -Ausspruch eines Zeugnisses von Seiten
einer politischen Corporation könne nicht als
etwas Anderes betr'achtet werdcn, denn als
die Erfüllung einer großen Pflichk; und diese
Erwägung dürste abhalten, zu fragen, ob der
Aussprpch eines solchen Zeugniffes eine wirk-
same Folge haben könne. Er stimme voll-
ständig mit dem Commisstonsantrag überein.

Abg. Lamep (von Psorzheim): Der Aus-
Lruck „Phrase" habe ihn hier, wo es sich um
die Anerkennung eines Verfassungsbruchs
handle, am meisteu überrascht. Wenn man
hier von „Phrase" spreche, so sei wvhl auch
der Versassungsbruch und am Ende bie Ver-
faffung selbst nur Phrase.

Berichterstatter Kusel: Dic Kammcr yat
den Anlaß zu Besprechung der «preußischen
Verhäliniffe nicht gesucht. Es ist keine Mo-
tion unb keine Jiiterpellatioii in ncucster Zeit
angekündigt und auögesührt wordcn, ungc-
achiet die Sache selbst bedeutsam gcnug war.
Der Anlaß kam ungesucht durch eine Petition,
und die Cvmmission, die geschäftsorduungs-
mäßig verpflichtet ist, über allc solche Ei'ngaben
zu berichten, konnte stch ihrer Aufgabe nicht
entziehen. Es wäre bei dem nahen Schluß
des Landtags möglich gewesen, sie auf die
Seitc zu legen, mau bätte aus formcllen Grün-
Len auch zur Tagesordnung übergkheii könneu,
indem sich sagen licße, die Petiiionscominission
sei durch die Versaffung an bestimmte Grenzen
gewiesen und sie hade sich mit politischen Fra-
gen des Tages nicht zu beschäftigen. Es war
aber den Mitglicdern der Commission Ge-
wiffenssache, hier ganz reiflich zu prüse», was
sie zu thun habe. Wärc der Autrag in der
Petition gestellt gewesen, wie der Herr Abg.

mit Artillerie- und Gewehrfeucr begonnen. . Rach i
drcistündigem Kampfc wich er abcr zurück und ^
räumtc das Schlachtfcld. Fast gleichzeitig mit der i
Eröffnung dcS Angriffs auf die Linke cntdcckte man
abcr auf dcr Rechtcn Bewegungen, die andcutetcii,
daß ein Versuch gcmacht wurdc, dic Bnndesposition !
zu flankircn. Vor Allcm hatte Las 11. Corps dicscn ^
Rngriff auszuhaltrn und wies ihn eben so ent- i
schloffrn zurück,,als es während dcr drei S.chlacht-
tage fest im hcchestcn Feuer gestanden hatte, ohnc
von seiner Energie einzubüßen. Nach dicscm An-
griff paufirtcn dtc Conföderirtcn bis 1 Uhr Mit-
tags, w« fie anfingen, dje Position dcr llnions-
truppen LUS 100 Geschützen zu bcschikßen. Drei
Stnndcn dauerte diescs Höllenfeuer, dem die Bun-
desartillcric nichts schuldig blieb. Die ganze Reserve-
Artillerik kam ins Fcuer. Die Confödcrirten schoffen
jedoch dicSmal fchr säilccht und machten wenig Ein-
druck. Als Lce glaubte, die Meadeschcn Truppcn
gchörig erschüttert zu haben, cröffncte scine Jnfan-
terie den Hauptangriff gegen bas Lentrum und
den ltnken Flügel des BundcshecreS. Zwcimal
stürztcn sich die Feinde Unter Heulcn und mit To-
desverachtmrg aus dasselbe, aber sic »ermochten i

i Dahmen mei'nt, wke eS aber in der That nicht
der Fall kst, daß man sich nämlich an den
Bundestag wenden solle, so hätten wir wahr-
scheinlich einstimmig aaf Tagesordnung ange-
traqen. Di'eser Antrag ist aber nicht gestrllt,
sondern ein andercr, wie i'ch ihn verlesen habe.
Es bleibt nichts Anderes übrig, als entwedcr,
wie der Hr. Abg. Knies sagt, durch den Ueber-
gang zur Tagesordnung vor der öffentlichen
Meinung gewiffermaßen das Berfahren der
preußischen Regi'erung zu bestäti'gen, oder abcr
unsere entgegengesetzte Uebcrzeugung auszu-
sprechen. Jch glaube, Jedermann, der unbe-
fangen di'e Sache prüft, wird sich überzeugen,
daß dies die Lage der Sache war, und die
Commission mei'nte Das, was fle sagen zu
müffen glaubte, in einer Form zu ihun, die
wenigstens zu heftiger Anfechiung kcinen An-
laß gebe. Der CommisstonSantrag hat schon
so beredte Vertheidiger gesunden, daß i'ch über
die Sache selbst nichtS weiter zu sagcn habe.
Nur iil einem Punkt weiche ich von der An-
sicht ei'iiiger mciner Freunde ab. Es ist mir
— und ich habe Aehnliches schon bei der
Adreßdebatte gesagt — viel li'eber, wenn die
Parteien, deren es auch hier gibt, anseiiiander-
gehen, alS wenn sie in eine scheinbare Ein-
stimmigkeit sich verlieren. Zch ziehe vor, daß
Jeder frei nach seiner Ansicht und Ueberzeu-
gung stimmt, und ich ehre und achte Diejcni«
gen, die auL, wenn sie allein stehen, gauz
»ach ihrer Meinung sti'mmcn und sich nicht
mit eincr Klauscl in die Elnsti'mmigkkit hinei'n-
schieben. Deshalb ist es gut, wenn abgestimmt
wird. Man weiß ja im Bolk, daß in Dingen
der Gesetzgebung und inneren Angelegenheitcn
fast in der Regcl Ei'nstimmigkeit vorhanden ist;
allein in poiitischen Dingen gibt es verschie-
dene Anstchten, und diese sollcn sich ausspre-
'chen. Nur eine Thatsache möchte ,'ch noch
constati'ren, weil ste so auffalleub ist, daß sie
vieUeicht zur Aufkläriing für weitere Krrise
'dient, dic unsere Verhältniffc nicht so genau
kennen. Dic Abstimmung wird das eigen-
lhnmliche Resultat haben, daß geraoe diejeni-
gen Mitglieder, die am Anfang des Landtags
bei der Adreßdebatte aiiläßlich dcr dcutscheii
Frage als entschiedene Gcgner von Preußen
aufiratcn, jetzt gewiffermaßen als Vertheidiger
deS Ml'nisteriums Bismarck erscheinen werden.

Abg. Rege nauer: Das ist ein gutcr Witz!

Berichterstatter Kusel: Jch habe-nicht einen
Witz machen wollep, wie der Herr Abg. Re»
genauer sagt, der überhaupt Unlerbrechung
liebt, sondern spreche hier meine Ueberzeugungen
aus.

Der Commisstonsaiitrag wird hierauf mit
aüen gegeii 4 Stimmeii angenomme».

Karlsruhe» 26. Juli. Die Verhand.
luugen der zwanzig Bciräthe aus dem Lehrer-
stand, dcnen der Oberschulralh seinc Thesen
über Volksschulreform zur Begutachtung vor-
gelegt hattc, stnd gestern mit der 7. Sitzung
zu Ende gcgange». Bei der (wcnn auch vor»
her nicht ausdrücklich verkündeten) Oeffentlich-
keit derselben und der Wahl dcs Locals war
auch einem größeren Zuhörerkrcis Gelcgenhet!
geboten, stch zn überzeugen, mit welcher Ein-

hei't und Gründlichkei't, MSßkgung «nd Be-
sonncnheit dic vorgelegten Fragen besprochen
wurden, so daß diese Versammlung, die be-
kanntlich größtentheils aus Volksschullehrern
bestand, ein recht wohlthnendes Bi'ld parla-
meiitarischkn Lebens bot, dem es auch an qanz
tüchtigen Rednertalenten nicht fehlte. Sehr
viel trug dazu nnn freilich auch die vortreff-
lichc Leiiung der Verhandlungen durch Hrn.
Oberschulräthsdirector Knics bei. BesondcrS
lebhaft waren di'eselben bei Thesc 5, die fer«
nerc Theilnahme des Lehrers am Religions-
unterricht betreffcnd,, die von der Versamm-
lung im Pri'ncip zwar gern zugegeben wurde,
nach ihrer Anstchk jedoch nicht auf zwangS-
weiser Verpfli'chtung beruhen, sondern überall
einer freien Verei'nbarung mit der Kirche über-
laffen bleiben sollte; ferner bei These 12, di'c
körperliche Züchtigung in der Schulc betrcffend,
gegen welch' letztere sich dic Bersammlnng
schließlich mit Sti'mmenmehrheit erklärte; so-
dann bei den Thesen 18 — 23, deren Gegen-
stand die Ortsschnlailfsicht war, welche dic
Lehrer zwar cinem Ortsschulrath, aber i'n der
Weisc übertragen wiinschten, daß kein Mit-
glied derselben zum besondcrn „Schulausseher«
ernannt, dagegcn sämmtliche Mitglieder ni'cht
nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet sein
sollten, die Schule von Zeit zu Zcit zn be-
suchen; cndlich bei These 37, das Schulgeld
betreffend, deffcn theilweises „Dispviiibelhälteii"
zur Belohnunq einzelnerLchrer vom moralischen
Standpunki aus als verderblich bezeichuet und
wosür deßhalb feste Vertheilungsnornien ver-
langt wmden.

ES ist ein Beweis für den Takt, der die
Lehrcr leitete, daß sie, als ihre Einkommens.
verhältnissk, in Betrdff dercn dcr Oberschul-
rath i'n höchst liberalcr Weise ebenfallS einc
Anzahl Thcsen in die Reihe der übrigen aus-
genommeii hatte, zur Sprache kommen sollten,
wit Stimmeneinhelllgkeit erklärtcn, auf diesc
Discussion nicht eingehen, sondcrn AlleS vcr-
traucnsvoll der großh. Regierung aiihki'mgeben
zu wollen. Nur dic bestimmte Aufforderung
des Vorsttzenden, sich auch über diesen Äegen-
staud frei und uiiumwunden zu äußern, ver-
anlaßte mehrcrc Lehrer, nach dieser Richtung
eim'ge bescheidene Wünschc kmid zu gebcn.
Schr ci'ngeheiiv wurde.n auch die von zwei
Mitgliedern dcr Vcrsammlung vorgeleglen
Wünsche nach Errichlmig von confesstonell nicht
getrennten LkhrerskMlnarien^ beziehungsweise
der Errichtung eines großen Landesseminars
bcsprochen, und erstcrer Wiinsch mit großem
Stimmenmchr gctheilt, letztcrer der Oberschul-
behörde zu wcl'terer Berathmig empfohlen. Der
Gesammteindruck, welchen die Verhandluiigcn
auf den iiiibefangenen Zuhörer machtcn, lvar
im Allgemeinen ein so entschieden günstigcr,
daß wir mit Hrn. Dicector Knics vollkommen
übereinstimmen, wenn er in seiner Schlußrcde
bcmerkte,- daß durch dieselben das Spstem dcr
„Bciräihe" stchern Boden gefunden habe.

Äffenburg, 26. Juli. Die heutige, von
Mikglikvcrn der zweiten Kammer veranlaßie
Vcrsammlung war zahlreich besucht. Dcr
Bürgcrmei'ster von Offenburg bcgrüßte die

nicht, seine Pofition zu erschüttern. Dres war Lie
Iktztc Anstrengug Lee's, dcr um ö Uhr Nachmittags
dic Schlacht endete. Dic Bundcs-Laoallerie hatte
wiihrcnd drs ganzcn TagcS die Flanken deS Fein-
des beunruhigt und ihm stark zugesetzt. Nuf beidcn
Seitcn sind zusackinen an 30,000 Mann gefallcn.
Jn der Nacht vom 3. zum 4. Zult begann Lee
seincn Rückzug an dcn Potomac. Mcade ist übri-
gcns bereits cifrig in sciner Verfolgung begriffen,
stand schon am Abcnd des ä. Auli in Lrcagers-
town und am 6. iu Frederick, um vor Lce den
Potomac zu erreichen. Dieser Fluß ist in Folge
heftiger Regengüffe so geschwollen, daß cr ohne
Brücken gar nicht passtrt werden kann. Die Elc-
mcnte scheinen Lee den Rest geben zu wollen.
Die Milizcn von Pennsplvanien und den benach-
bartcn Staaten, dic untcr General Eouch in Har-
rtsburg organiflrt sind, befinden stch auch schon auf
dcm Marsche; ein Theil davon wird von Sigel
geführt, den die Rcgierung zu dicsem Zwcckc nach
Harrisburg gesandt hat. Sigel wird gewiß nicht
zögern ünd fchnellcr als jeder andcre General das
Lumberlandthal vom Feinde säubern. Meadc lst
natürlich der popuILrste Mann im Lande; All-s

, jauchzt ihm zu; setn Verdienst ist in dcr That ein
! nicht hoch genug zu schLtzendes. M'Llcllan ist jetzt
todt für immer; die FricdcnSdemokraten dcs Nor-
^ dcns werden ihn nie wieder ins Lebcn gälvanisiren
! kö^ncn, seitdem sich endlich wirklich etn guter Ge-
ncral gefunden hat. Auch die Nachrichten von
Richmond lauten günstig; Dir soll der Stadt schon
ganz nahe sein. Wie viel odcr wie wenig aber an
diesem Gerüchte «uch scin mag, so vicl steht fest,
falls man überhaupt ofstciellen hiesigcn Depeschen
trauen darf, daß Vicksburg sich am 4. Auli vhne
Bkdingung dem Gencral ergeben hat. Das Volk
fieht jktzt ein glücklicheS Ende des Kampfes vvr
Augcn; «tc durch einen Zauberschlag ift durch diesc
Siege cin allgcmciner Enthusiasmus wach gerufen,
und die endlichc Nicderwerfung der Eonföderirten
erschcint jetzt gcwiffer, als jc vorher. Alle Lang-
samkett, Gemrinheit und Schwäche der Regicrung
find abcr nicht mchr im Stande, den Willen der
Nation zu dämpfcn — unb der heißt Wiederher.
stellung der llnion ohne Sclaverei und Vernichtnng
der südlichen Aristokratic. (K. Z.)
 
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