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Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

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Nr. 152-178 Juli
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https://doi.org/10.11588/diglit.2828#0009

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Vridelbkrger Zeitlmg.

N» ISL. Lonntag, 3. Zuli

Bestellungen auf die „Heidelberger
Zeitung" ncbst Beilage „Heidclber-
gcr Fniiiilienblätter" für das mit L.
Juli L8U4 be!,o„nene 3. Quartal
werden fortwäbrend angenvmme».

Die Expedition.

* Politische Umschan.

Aus Karlsbad habcn bie dort anwestnden
Minister der beiden dcutschen Groxmächle ein
Circniar an ihre diplomatijchen Bertrsler im
Auslande gerichtct, worin Angcsichls der Wie-
derausnahme der Feindseligkeiten die Stellung
dcr beiden Mächte erörtcrt wird. Die bciden
Mächtc erklärcn, daß sie fortwährend gencigt
siud, Allcs aufzubieten, um Europa dcu Fric-
den zu erhalten, gleichzeitig aber sprechen ste
ganz unumwundeu aus, daß sie allc bisher in
der Conferenz gcmachten Concessioneu zurück-
ziehen und an diesclben nicht mehr gedunden
sind.

Die Erklirungen Lord Palmerston'S im Par-
lamente ersuhren heute Adeud schon von Sciten
der französischen Prcsse die schärfstc L'erurlhei-
luug. Die „Opinion lliationale" nennk eine
solche Politik gcradezu eincu Verrath, cincn
Act der Feigheit; England allcin habe das ganze
Uuglück Däucmarks auf dem Gewisscn.

Die „N. A. Z." erklärl: „Dic üiachrichl dcr
„Köln. Ztg." von dem Abschluß cincr heiligen
Allianz ist eine Tendcnzlügc. Die „Köln.
Ztg." hak nicht bchauptcl, daß eine heilige
Allianz abgeschlossen sci, sonderu eine Triple-
allianz.

Die inucre Politik in Preußen bleibt sich
ganz conscquent. Es wird nach wie vor jede
liberale Regung als ein Verstoß gege« die
Obrigkeit angesehcn. Sogar ein Lottcriccollec-
Icur in KLnigSberg wird vernommen, weil er
mit der ForlschrittSparlci gestimmt hat, weil er
zum Verein dcr Verfassungsfreunde, zum Hand-
werkervcreiu und zum Nationalverein gehört.

Wie die „Frkf. P. Ztg." mit Bestimmtheit
vernimmt, steht, vielleicht schon in der nachsten
Buudcstagssitzung, der sormelle Anlrag des
Erbprinzen von Augustenburg bevor, jetzt un-
mitlclbar, wenn auch eventuell unlcr Vorbehalt
der etwaigen Vorzugsrechte Dritter, seine An-
erkennung als Herzog von Schleswig-Holstein
von BundeSwegen auSzusprcchen.

Gcncral Gondrecourt ift vvm Kaiser von
Oeslcrreich abgerufen wordeu.

Zn Mexiko hat der Commandanl Coureh
aui 20. Mai zwci GucrillaSbanden geschlagcn,

ihnen (angeblich) 120 Mann getödtet, 300 Ge-
fangene gemacht und 5 Kanoncn erobert.

Zur Lchleswig-Holstein'scheu
Loche.

Stockholm, 2L. Juni. Wie hier ver-
jichert wird, hat Graf Manderström auf einc
Anfrage übcr dic Bcstimmung der für die Ostsee
ausgerüfteten russischcn Kriegsflotte vvn dem
hiesigen russischcn Gesandten den Aufschluß er-
haltcn, daß die Flotte nur für den Fall dcs
ErscheinenS einer cnglischen Flotte in der Ostsee
in Bereitschasl gchalten werde.

Koblenz, 30. Jmii. Gestern Abend 9 Uhr
ist folgende Depesche Sr. Maj. des KLnigs an
die Kvnigin Auguste hier eingetrvffen:

Südaljen in unscrm Besitz. 30 Geschütze,
großes Kricgsmaterial, 2000 Gesangene ge-
nommcn; ö80 Däncn todt uud blesstrt. Unser
Verlust nichl belrächtlich. Hauptmann Graf
Maltzahn vom l>4. Jnfautericregimcnt uno Lieu-
tenant Behr vom k>3. Jnfanterieregiment todt;
Major v. Witzlcben vom 3. Zägerbataillon und
6 Offtciere biS jctzt vcrwundet. General Her-
warth Held des Tages.

Flcnsdurg, 1. Zuli. Der (hiestgeu)
„Nordd. Ztg." schreibt ihr Kriegscorrespondent,
daß am Mittwoch Niorgen der Uebergang nach
Alsen aus 120 KLHnen, jedesmal (zusammen)
mil 3000 Mann, zwischeu Schnabcg und dcr
Südspitze dcs Satrupholzes bewerkftelligt wurde.
Trotz des hcsligcii feindlichen Fcucrs wurdcn
die Strandbalterien der Jenscite genommen.
Dcr „Rolf Krake" wurde zweimal zurückgc-
schlagcn; er drannte. 2400 Dänen sind ge-
fangcn, darunter an 100 Officiere; Obcrst
Kauffmann, der dänische GeneralstabSchef, ist
schwer verwundet. Der Verlust der Dänen ist
groß. Der Vcrlust der Preußcn stellt stch anf
3 Ofsiciere todt und 17 verwundet und von
der Mannschaft 300 Todte und Verwundete.

Hamburg, 1. Juli. Der „BSrsenhalle"
wiro von gestern Abend von der Büfselkoppel
bcrichtet, daß Sonderburg theilweis zusammcn-
gcschoffen ist. Die brandenburgischen Regi-
inenter Nr. 24, 3ä, KO und 84 hatten unter
ftarkem dänischem Kartälschcnfcuer an sünf
Slellen ihren Uebergang bewerkstelligt. Die
wcstphälischen Rcgimcnter Nr. 18, 1i> uud 50
bezichen bis übermorgcn auf Alsen dic Vor-
posten.

D e u t s ch l a n d.

Karlsruhe, 30. Juni. 70. öffentliche
Sitzung der 2. Kammer. (Nachmittagssitzung.)

Der rothe Frack.

(Fortsetzung und Schluß.)

Als rr in das Amtszimmer trat, fiel den Actua-
ren und Schrcibern fast die Fedrr aus der Hand,
theils vor Lachen, theils vor Entsrtzen. Der Ge-
waltige selbst traute seinen Augen kaum, als er
die Erscheinung auf sich zutreten sah, und starrte
den Studenten eine Weile sprachlos an. Er wußte
felbst nicht, sollte auch er lachen oder seine Amts-
würde behaupten. Nach kurzem inneren Kampfe
entschied er fich für das Letztere und donnerte im
strengsten Amtstone den harmlosen Student an:
„Wie können Sie fich unterstehen, so zu mir zu
kommen." — Der Student verbeugte sich ehrerbie-
tigst vcmüthig: „Was belieben Sie so zu nennen?"
— „Diesen Aufzug!" schnaubte der hohe Herr. —
„Diesen Auszug?" wiederholte drr Student er-
staunt. „Es ist aber doch unstreitig ein Frack, und
Jhrem Verlangen ist, wie Sie sehen, auf's beste
entsprochen!" — „Einen solchen Frack meinte ich
aber nicht!" — „Sie sagten mir gar nicht," fuhr
der Student unerschütterlich fort, „was für einen
Frack Sie meinten, Sie sagten im Gegentheil, eS

sei Ihnen gleickgültig, woher ich einen Frack be-
komme. Jch habe nun einen bckommen und hier
bin ich!" —

Der Gestrenge wollte nun von dem Frack nichts
weiter wissen und ging sofort auf die Sache selbst
über, die bald abgrmacht war und vamit endigte,
daß der Student um einen Thaler gestraft wurde,
den er sogleich erlegen sollte. — „Ja, sehen Sie,
Herr Commissär, meinte der Student, da haben
wir schon wieder das Unpraktische mit dem Frack-
gesetz. In diesem Frack befindet sich kein Geld,
wohl aber tn meinem alten ehrlichen Gottfried.
Sie»müssen mir daher schon erlauben, denselben
zu holen." Der Herr Lommissär sagte gar nichts
und lteß dcn Unverbefferlichen laufen. Diesem fiel
es aber vorest nicht ein, den kürzesten Weg einzu-
schlagen, sonbern auf dem weitesten Umwege durch
unzahlige Winkel und Gassen suchte er die Heimath
seines schönen rothen Fracks zu erreichen, zum all-
gemeinen Gelächter, die ihn daherwandeln sahen.
Den wärmsten Beifall aber zollle ihm die liebe
Jugend, die eben auS der Schule kam. Von allen
Seiten umschwärmte sie ihn, ein großer Thcil zog
lärmend hinter ihm dretn und immer größcr wiude


Die allg. Discussion über das Bankgesetz
wird fortgesetzt. Noßhirt theilt die Befürch.
tungen nicht, daß es schwer scin wcrde, eine
Actiengesclljchaft zu Stande zu bringen, wenn
nicht angesehcne Bankiers der Sache sich anneh-
men, und selbst Unterzeichnungen würden schwer
zu erreichen sein, namentlich werde dics nicht
der Fall sein, wenn man den Antrag des Abg.
Walli annchme. Er wünsche, daß die Bank zu
Ttande komme, auch eine Notenbant. Wenn
die Gründervorrechte auch sallen solltcn, so sei
die Bank doch wohl gesichcrt, ob einen Monat
früher oder später, sei gleichgiltig. Ncdner be-
spricht die Uneinigkeit des Handelsstandes in
Mannheim, dem in Aussicht gcnommcnen Sitze
der Bank selbst. Hundert der angesehensten
Firmen dieser Stadt hätten sich gegen die Sta-
tuten und gegen das Gesetz selbst erklärt und
die Meisten der Träger dieser Firmen gehörten
unter die treuesten Anhänger der gegenwärligen
Regierung; eS sei also von eincr seindseligcn
Agitation gegen diejelbe nicht die Nede. Die
genannten Gcgner seien zudem auch Sachkun-
dige, gehörten der Aristokratie der Stadt an,
seien frei und unabhängig, und ein unpartei-
isches Urtheil sei von ihnen zu crwarten. Dcr
Abg. Achenbach habe gesagt, der größte Theil
der bad. Presse sei für die Vorlage und nur
ein tendenziöses Blatt dagegen. Er wolle nicht
die Gründe untersuchen, welche der größte Theil
unserer Presse habe, für die Vorlage zn käm-
psen, er vcrwerse die Meinung nicht, die er nicht
lheiie; aber aus der andern Seite gebühre der
gegnerijchen Presse auch kein Borwurf, sie habe
nicht agitirt, sondern ehrlich ihre Ansicht aus-
gcsprochcn. Bezüglich der Gründervorrechte theile
cr die Ansichten von Walli nnd Moll. ES
handle sich nur um ein Mehr oder Mindcr
solcher Vorrechte, ein gewisses Vorrecht solle den
Gründcrn zukommen. Redner bespricht nun die
Nechtssrage, ob das öffentliche Jnteresse oder
das Privatinteresse der Concessionäre in Fragc
stehe. Wie der Geschäftskreis, so gchörlen auch
die Vorrechte znr Zuständigkeit der Kammer.
Der Antrag Walli's sci chrlich gemeint, sonft
würde derselbe aus Verwersung aus ganz den-
selbcn Gründen gegangen scin. Der Nedner
sührt noch einiges übcr die Geschichte der
Banken aus, gegen welche namentlich Nebenius
sich erklärt habe. Wenn man die Gründerrechte
regeln und die Bankcrrichtung nicht hinaus-
schieben wolle, so müsse man für Walli's An-
trag stimmen. KnieS anerkennt die Entschie-
denheit des Handelsministers bezüglich der Be-
dürfnißfrage und seine Fcstigkeit, womit er daS
Ziel festhalte, ebenso die frühere Wirksamkeit

der Spektakel, bis er sich endlich im Hause des
dicken Metzgers verlor. Als die Ursache deS Straßen-
scandals bekannt wurde, was schnrll geschah, freute
sich jedermann, besonders die Studentenschaft, daß
der Gewaltige mit seinen kleinlichen Plackereien
endlich seinen Mann gefunden. Sogar die Pro-
fessoren hatten ein beisälligeS Lächeln über bas
Stückchen. Einer derselben, ein junger, getstreicher
Philosoph, machte sich dasselbe auf eigene Weise
zu Nutzen. Wollte man sich nämlich den Herrn
Negierungsrath in der Profcssorengesellschaft, wo
man ihn nie gerne sah, vom Halse schaffen, so
durfte thn der Professor nur fragen: „Warum sind
Sie so verbrießlich, Herr Regierungsrath? Ist viel-
leicht wieder etner im rothen Frack zu Ihnen ge-
kommen?" — und ber Regierungsrath machte eiu
ernstes, verdrießliches Gesicht, ergriff bald seinen
Stock und Hut und befreite die Hcrren von seiner
Gegenwart.

Beide Helden leben jetzt als alte Knaben in einer
und derselben Stadt. Trotz seines glühenden AmtS-
eifers wurden dem Herrn Regierungsrath die Se-
ligkeiten des ErcrllenzenhimmelS nicht zu Theil.
Es war ihm nur vergönnt, diese Herrltchkeiten von
 
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