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Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

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Nr. 205-230 September
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Karlsrilhe, 2, Sept. Wie wir vernehmen,
ist in den letzten Tagen die Entjcheidung nber
die Wahl eines Erziehers sür Se. Königliche
Hoheit den Erbgrogherzog getrofsen worden.

Es ist vielfachen Bemühungen der hohen
Eltern deS Prinzen gelungen, eine Perjönlich-
keit aufzufinden, welche Begabung und Lebens-
gang in selteneiii iLtaße zu besahigen scheineu,
den ernsten Anforderungeu dieser wichtigen Auf-
gade zu entjprechen.

Dcr Geivählte, Dr. Ernst Wagner, einer
aus Durlach stammenden Familic angehörig
und selbst in KarlSruhe geboren, hat den größ-
tcn Theil seincr Studien in Würtembcrg ge-
macht, und war zuletzt als Lehrer an dem
Gumnaflum zu Tübingen thätig, als der Ruf
in seine alte Hcimaty ihn üderraichte. Vor-
zügliche Kennlnisse, einc rciche, durch Reisen
im Auslande, besonders durch längern Ausent-
halt in England vermchrte Erfahrung, und
bewährte Charaktcrcigenschastcn geben der Be-
rufung dieses Mannes eine glückverhcißende
Vorbedeutung und verbürgen den günftigen
Erfolg einer nach geivissenhafter Prüfung ge-
trosfenen Entschließung.

Möge Gottes Segen diesem ernsten Abschnitt
im Leben des jungen Prinzen reichlich zu Theil
wcrden.

Karlsruhe, 3. Sept. Die Herbstmanöver
sollen nach dem früheren Plane nun doch in
der Gegend von Mosdach statlfinden, vbschon
auch bei Achern Aufnahinen der Gcgeud zu
Abhaltungen von größeren Uebungen staltge-
funden haben sollen. Beide Pläne sollen Sr.
Äönigl. Hoheit dem Großherzog zur Entfchei-
dung vorliegcn.

fi- Heidelderft, 1. Sept. Für die Be-
handlung, die dem dculschen Bunde vvu den
sogcnannten Vorniächten neuerdings fortwäh-
rend zu Theil wird, ist cS gewiß dezeichnend,
daß die FriedenSprämissen ihin noch nicht ein-
mal zur Einsicht, gcschwcige dcnn zur Aeuße-
.rung mitgetheill jinb. Dicjer Bund, der nach
den Adjichten sciner Stifter cin impvsantcr
Senat oder Areopag deutscher Nation scin
solltc, ivurde von dcm scligcn ültcttcrnich ab-
sichtlich gelähmt und die Epigvnen dcs Staats-
kanzlers machen cS nicht besser. Durftc doch
der Bund als oberstc Gensdarmeriebehörde die
berüchtigten Carlsbadcr Beschlüfse der deurschen
Ration publiciren l Der StaatSvertrag mit
Hamburg wegen einer Telegraphcnleitung in
Hvlstein, von dcn Hcrrcn Bundescoinmissären
adgeschlossen, wird von einer pfiffigcn preußi-
schen Zeitung eiu unzulässiger Eingriff in die
Souveränelälsrcchte dcs Hcrzogthums Holstein
genannt. Man wird uicht umhin können, den
Scharssinu, die Wachsamkeit und politische
Weisheit gewisser Leutc zu dcwundcrn.

Aus Baden, 1. Sept. Man hatte srüher
vielseitig bcfürchtet, daß in Folge der Emanzi-
pation der Zuden und wciter in Folge des
neuen Itiederlassungsgesetzes, sowic des neuen
GcwcrbegesetzeS cin hartnäckigcr Widerstand
gegen die Dvmicilirung von Zuden durch die-
jenigen Gemeinden erfolgen würde, in dcnen vor
Erscheinen jencr Gesetze kein Jsraelite sich nieder-
lassen konnte. Dicse Bcsiirchtung ist nicht cin-

der kleine Prinz bci thrir Arbeit schr wtßbegierig
zuschaule, Sitze auS Faschincn feriigen. Die vorüber-

Dcr Kaiser nahm den Hul ab und nickic herab zu
ihnen. AlS 'AUes dort passirt war, sctzte er sich
wieder zu Pferde und folgte dcm Fortgange des
GescchteS. Den kleiiien Prinzen schicktc er zur
Lantiniore seincs RegimenIS, fich dort zu ersrischen,
was von Skitcn des PublikumS mit neucm, lautcm
Vive l'Lmpsreur! ausgcnommen wurdc. Ucbrigcns
hat daffelbe unglaublich sreien Zutritt mittcn unv
in die Action hinetn — scldstyerständlich hält
es vcn vom Kaiser gewahlten Platz für den bestcn
und drängt also ssns Aene, L. h. rauchrnd, schwatzcnd,
rrinkend, dicht bis zu ihm heran.

(Eine ncue Sobbe - Putzkt-Gcschlchte.)
Der „Lolb. Ztg." wird aus Treptow l» Preußen
unterm lS. Augnst geschrlcben: „Bei dem Gast-
«irth Seydel vcrkchren bre Osficierc dcS hicr gar-
ntsvnlrenden Dragoner-Regimenls. Ein Lieutenant,
der in der Nacht vom Freitag zum Samstag vcr-
gangencr Woche dieseS Local schr spät erst verlaffen, j
kommt nach einiger Zcit znrück, macht, um wirdtr ^

getreten, u»d es ist erfreulich zu berichten, daß
die Juden überall i» den Gemeinden bei ihrer
Siiederlassung nicht auf Widerstand stoßen. Es
zcigt sich dabci. daß die Zsraeliten die Landge-
mcinden »erlassen und IN Stadlgemeinden ein-
wandern. Nnr wäre zu wünschen, daß sich jctzt
auch diesclben der Ausübung von Gewerben
nnd nicht dem Handel allein zuwenden würdcn.
Badcn zählt über 25,000 Zudcn.

Aus Badcn, 2. S-pt. Dic Vorschläge
znr Erncnnung der Krcisschnlräthe liegen dem
Mintsterium dcs Jnnern bereits vvr. Sie sind
dem Vernehmcn nach hauptsächlich ber Klasse
der Rcalschullehrer enliiommen, und wir zwei-
feln nichl, daß die Wahl in subjektiver Bezieh-
ung das Rechte getroffen. Jndcssen ivürden
wir es doch schr bcklagen, wenn die Gcistlich-
keit dei Bejetzung dieser Stellen, welche für eine
ersolgreichc Durchsührung dcr ganzen Schul-
reform von großcr Bcdcutung sind, ganz über-
gangcn würde. Wir haben unter unserem älteren
Psarrklerus noch manche bewährte und aner-
kaiint tüchtige Schulmänncr, die sich gcrne be-
reit stnden würdcn, cinem Rufe der Regicrung
znr Theilnahmc an der Lcitnng des Schulwesens
zn folgen, und deren Stellung und allgemeine
wiffenichaftliche Bildnng gewiß gerade bei der
gcgenwärtigen Lage der Dinge vor allem eine
Berücksichtkgung verdiente. Auch würde die
Erneniiuiig solcher Geistlichen auf die Stim-
mung dcs Volks sichcrlich cinen wohlthätigen
tEinfluß übcn und dic Eiitstcllungen und Aus-
wiegclungen der fanatijchen Gcgncr unserer
Schulreform thatjächlich widerlegen. Solche
Erwägungen werden auch, wie wir gutcn Grund
zur Aiinahme habcn, an entscheidendcm Ortc
nicht unbeachtct bleiben. (Schw. iLi.)

Frankfurt, 2. Sept. Die Begründungs-
jchrisl deS Herzogs von Augustenburg, weichc
iii der gestrigen Bnndestags-Sitzung übcrreicht
worden ist, soll von grötzercm Umfang (einige
40 Fvlivseitcn Manuscript) sein, als der Ent-
wurs habe crwarten lasseu Ramenllich soll die
Einlcitung gegen die des Entwurss sehr ge-
wonnen haben; auch richlei sich, wie inan sagi,
dic BkgriindiiiigSschrift mit viclcm Gcjchick ge-
gen dic' von dcm Großherzog von Oldenburg
crhobcnen Ansprüche auf die Hcrzogthümer.
Dic Schrlft wird cben gcdruckt. — Hr. v. d.
Pfordtcn ist gestcrn wicder dahier eingctroffen,
wvhntc der Bundeötags-Sitzung abcr noch nicht
bci. Dcm Bernehmen nach wird er das Re-
ferat über die Eingaben deS Herzogs von Au-
gusteiiburg nnd dcS Großherzogs vvn Old'en-
burg übernehmen.

Di' Bundesversaminlung erhielt ein Schrei-
ben von Jhrer Maj dcr Königin von Spanien,
mit der Nolification von der am 30. Mai d.
I. stattgehablcn Vermählimg der Jnfantin
Donna Maria-Jsabella, Tochter deS HcrzogS
von Montpensicr, mit Sr. königl. Hoheit dem
Grafen von Paris. — Von dem Erbprinzen
von Holstein - Soiiderbiirg - Augustenburg ward
mittelst SchreibenS vom 23. Augnst die auS-
führliche Darlegnng jciner Rechtsansprüche auf
die Succession in den Herzogthümern schles-
wig-Holstein untsr Ansügung von sünf Docu-
menten üderreicht. Sic ward an den zustän-

5 Uhr Morgcns läßt ihn der Wirih, mie ihm be-

durckl den Hcrrn Licutcnant durchgcvrügclt. Hicmit
noch nicht zufrieden, stürzt dcr Letztcre in unbe-
greiflicher Wuth in die Schlafstubc des Wsrthes
und schlägt und stößt mit scinem Säbcl nach vem
nackten htlfiosen Manne, der zwei nlcht unbedeu-
tende Armwundcn crhätt, weiteren gefährlichen Ver-
letzungen ader nur durch geschickte Seitensprünge und
durch die Flucht entgcht, während Möbel und Fcn-
ster die lhm zugedachten Hlebe in Empfang zu nch-
men haben. Der Wirth ist natürlich sofort klagbar
grworden. Das Osficlrrcorps svll ausö Acußerste
über das Bcnchmen sctncs Kamcradcn cntrüstct
scin.a Nachtragltch crfährt man, daß der Licute-
»ant „zu spät geweckt zu sein' geglaubt hatte.

Eine Wiener Localcorrespondenz erzählt folgen-
den Kall: 3m Thi-rgarten -reign-Ic es fich in ver-
gangener Woche, daß zwei Baren, «eiche zusam-

bigcn Ausschuß abgegeben. — Für Preußen
und Mecklenburg-strelitz ward angczcigt, daß
die Nürnberger Zusatzbeftimmniigen zu der
allgemeincn Wechsclvrdniing als Gesetz pnblicirt
wordeii. — Von dem am 30. Januar 1882
iiikdergesctzlen Ausschusse, die Herbciführung
eincs allgcmeinen deutjchcn Gesetzcs gegen den
Nachdruck bctreffend, ward der von der deß-
fallsigen Kommission bearbeitete Entwnrf vor-
gelcgt, um sämmtlichen Regiernngen mitgetheilt
zu werden. Nachdcm alsdaun nvch über ciuige
Privatpetitiouen nach Maßgabc der deßfallsigeu
Ausschußvorträge Beschluß gefaßi, auch der
Vcrkauf einigen Terrains iji der Festung Luxem-
bnrg zum Zweck der Anlegung einer Gasfabrik
genehmigt worden war, wurdcn die Rechnungen
der Bundeskasjcn für daS Jahr 1863 nach vor-
gegangener Reviston als richlig anerkannt.

Berlin, 31. Aug. Zn nächster Zeit wer-
den nach ber „Prov.-Corresp." Zollcoiifcrenzen
zwischen Preußcn und Oesterreich hier statt-
finden, abcr ohne Zuziehimg der nichtbeiftim-
mcnden südbcutschen Zollvereinsstaaten, von
denen vielmehr adzmvarten ist, ob dieselben die
ihnen noch verbleibcnde Frist znm Wicderein-
tritt benutzen wollen oder nicht. (Auch Wür-
temberg soll sich gcmeldet haben, die llnter-
handlmigen mit Nassau stnd zum befriedigenden
Abjchluß gediehen.)

Wien, 1. Sept. Wie in hiesigen der Re-
gierung nächststehenden Kreisen veriaulet, wäre
an eine Zusammenkunst deS Kaiscrs Napoleon
mit dem Könige von Preußen in Baden-Baden
in nächster Zcit aar ntcht zu dcnken, und zwar
cinfach auS dcm'Grunde, weil der König von
Prrußen gewisse, von französijcher Seite unter-
nommcne, und auf cine solche Zusammenkuiift
abziclendc Schritte nicht verstehcn wollte. Auch
wird nunniehr hier versichcrt, daß an der bereits
vor mehrcren Tagen vcrbreitct gewesenen Nach-
richt über cine angebiiche Bejcheidung des dies-
scitigen französischen Botschafters, Herzog von
Grammont, nach Baden-BaScn nicht cin wahres
Wvrt sei. Nun hören wir von andercr Scite,
daß allerdingS kcine Aussicht zu einer batdigcn
Begcgiuing dcr Svuveräne von Preußcn und
Frankreich vorhandcn, wohl abcr an einer sol-
chen gcarbcitcl worden, und crst dann die AuS-
sicht auf ein Ergebniß der dießfalls ergrisfencn
Znitiative von französischer Seitc gejchwniiden
sei, nachdem König Withelm von Preußen sich
wider die Wünsche und Absichten des Hrn. v,
BiSmarck zu dcr projcktirten Begegnung sehr
wenig disponirt gezeigt hat.

K r a n k r e i ch

Die Familie Murat, Vater, Mutter, Sohn
und Tochter, schisfen sich allerdings in Toulon
ein, aber nicht, um in das hcilige Land zu
pilgern, sondern um eine Spaziersahrt aus dem
Mittelmcer zu machen, so lange der italienische
Thronerbe auf französischem Boden verweilt.
Trotzdcm, daß diese Verbinoung nicht zu Stande
gekommen ist — die fromme Kaiierin Eugenie
soll sich hauptsächlich dazwischeu gelegt habcn
— behauptet heute der Temps, gestützt auf
Turiner Briefe, mit Bestimmtheit, daß Unter»
handlungen zwischen Paris und Turin über die

wandelnoe Baronin Schlechta zu, richtete sich vor
ihr auf die Hinterbeine und bedrohte sie, seine
Tatzen ausstreckend, mit ciner Umarmung. Die
muthige Frau Baronin blieb ruhig vor dem Bären
stehen und blickte ihn scharf an, worauf derselbe
schleunigst davontrabte. Es gelang, die beiden
Vären wieder einzufangen und sie in ihren Käfig
zurückzubringen.

(Aus der guten alten Zeit.) Ein Ahnherr
des Großherzogs von Weimar erließ 17il6 folgende
tntereffante Verordnnng: „Das vielfache Raison-
niren unserer Unterthanen wird hiermit bei halb-
jähriger Zuchthausstrafe verkoten, und haben die
Beamten auf'S Strengste darüber zu wachen, da
das Regiment von Uns und nicht von den Bauern
abhängt, und Wir keine Raisonneurs zu Unter-
thanen haben wollen."
 
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