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Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

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Nr. 231-256 Oktober
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https://doi.org/10.11588/diglit.2828#0334

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trcffen l'ofort eine Conferenzsitzung ftattfinden
wird, — Die „Oestcrrcichlfche constitutionelle
Zeitung' dementirt die Nachricht, nach welcher
der Graf Andrafftz um seine Enthebung vom
Posten eines -tu ox Luriue nachzcsncht hätte,
Fleiisburg, 3, Oct, Die „Nordd, Ztg,"
mcldet, daß sich in Gravenstein 7Ü Stimmcn
für Alternirung im Deutjchen und Dänischen
alS Kirchcnsprache und fnr deutsche Schul-
sprache, äO Stimmen sür bloS dänische Kirchen-
und Schulsprachc ergabeu,

Wicn, 4, Octbr, Dic dänische Erklärung
auf das preußijch-österreichische Ultimatum in
Betreff der finanziellcii Auseinanderjetzung ist
eingctroffcn und soll im Wesentlichen nachgiebig
laulen. Morgen findet zu dcren Entgcgennahme
einc Conferenzsitzuiiq statt, in dcr vorausjicht-
lich das Znstandekommen des FriedenS gesichcrt
werden wird.

D e u t s ch l a rr d.

Karlsruhe, 4. Oct. Durch Allerhöchste
Ordre vom Heutigen wird Lieutcnaut Gemehl
vom (1.) Leib-Greuadierregiment der Dienst-
leistung bei der Pionniercompagnie enlhoben
uud Lieutenant v. Laroche vom 1. Füstlierba-
taillon zur Dienstleistung bei der Pionnier-
compagnie befehligt, Lwutenant Wilh. Deißler
im 3. Jnfanterieregiment wird in den Ruhe-
stand verfetzt. Porlepecfähnrich Evuard Heinrich
Christensen im Jägcrbalaillon erhäll die unter-
thänigst nachgesuchte Entlasfung aus dem Ar-
meccorps, unlcr Erlheilung des Charaklers als
.Lieutenant.

Karlsruhe, 4. Oct. Das heute erschie-
nene Negbl. Nr. 53 cnthält:

I. Unmittelbare allerhöchste Entschließung Sr.
Königl. Hoheit des Großherzogs. Aller-
höchstlandesherrlichc Verordnung zum Vollzuge
des Gcsetzes vom 20. August d. I., die Ge-
bühren für die Geschäfte der Rechtspolizeiver-
waltung betrestend

I!. Verfügungen und Bckanntmachungen der
Ministerien. Bekanntmachungen dcs großderz.
HandelSministeriums. Verordnung: n) Die
Beaufsichtigung der Schifffahrt an dcn Zoll-
grenzen belreffend. b) Die Eiseilbahnpollzei-
ordnuug betreffend.

Karlsruhe, 30. Septbr. Es war zu er-
warten, daß die bei einigen Gemeinden einge-
tretene Theilnahmlosigkeit an den Ortsjchul-
rathswahlen bei der großh. Staatsregierung
nicht ohne Beachtung bleiben und daß, wenn
dem Gesetzc Achtung verschafft werden und die
Reform zur Einführung gelangen soll, von
ihrer Seite in vorkommenden Fällen Vorsorge
werde getroffen werden.' Dieses ist nun ge-
schchen, indem, wie wir mit Bestimmtheit er-
fahren, eine Anordnung in naher Aussicht
steht, wonach in denjenigen Gemeinden, in
welchen die Ortsschulrathswahlcn ohne Erfolg
bliebcn, die Mitglieder des Ortsschulraths durch
die großh. Negierung einstwcilig ernannt wer-
den. Es liegt hierin einc folgerichtige Anwen-
dung des Gemeindegesetzes, wie z. B. bei Er-
folglosigkeit von Bürgermeisterwahlen der Bür-
germeister bekanntlich durch die Regierung cin- ,

Lächeln ablocken. Wir geben ihn getreu dem Ori-
ginale wieder. Er lautet wörtlich: „Lui meines
Herzens. — Theurer ewigliebender Lui, ich ergretfe
die Feder, Lieber lui, ich habe lange nach rum-

die Papiere find nöthig, wo du früher gewesen bist.
Lieber lizi meines Herzens, du kannst am erschten
gleich antreten, wenn eS dtr rccht is, denn bei die

es kann nich schaden, daß du Rteme machst, wcil
du solst bei das Reitfert mit sein. Denn se haben
ein Reitfert, das is aber tm Hause mit her und
hin. Lieber lut meines Herzens; dein Lohn is
zweitaler die Woche, vor effen und trinken lass
mir sorgen, wenn du dir einrichst, kannste bestehen.-
Lieber lui, du hast auch alleSonntage einen-
Sonntag und ich werde es so einrtchten, daß
dein Sonntag auf mein Sonntag fellt. So daß
wir zusammen Sonntag haben. Es is hier um
dte Ecke bei Naumanns. Er is ein sehr guter
Mann und sieh auch. Lieber lui meineö Her-

gesetzt wird. Daß die großh. Staatsregierung
zu diescr Maßrcgel schreiten mußte, daß es
Bürger geben konnte, die so wenig von dem
kostbaren Rechte der Wahl Gebrauch machen
und sich von einer Seite bethören lassen, deren
ganzes Treiben und verwerfliche Absicht so klar
zu Tage liegt, ist sehr zu beklagen. (B. L.)

-s- Heidelberg, 2. Oct. Die Ausschuß-
sitzung des deutschen Protestantenvereins, welche
dieje Woche hier stattfindet, wird vor allem die
Frage nach einer lebendigeren Organisativn des
Vereins in's Auge fassen, nicht minver die nach
einer geordneten Glieoerung desselben im Com-
plexe seiner Landes- und Provinzialvereine,
weil einc solche zu einer energischen und er-
spricßlichen Thätigkeit des Vereins unvedingt
nothwendig ist. Schon jetzt aber sucht der Aus-
schuß die Aufmerkjamkeil der Mitgliever auf
die wichtigste aüer religiösen Tagesfragen zu
lenkcn, auf die in der bavischen Kirche durch
den Schenkel'schen Streit angeregte Frage in
Betreff der Gewissensfreiheit wie hinsichtllch der
Le hrfreiheit. Ju den ersten Decennien nach
der Reformation waren derartige theologische
Hänoel und Streitfragen an der Tagesorv-
nung, sie kamen HLufiger vor als in unserer
Zeit, sie waren, wenn sie nicht in kleinliches
unfruchtbares Gezänk übergingen, kein Nach-
theil für die evangelisch» protestantische Kirche.
Wohin aber schmählich verblendete Unduldjam-
keit und finstercr FanatiSmus führen konnen,
zeigen uns mehrere abschreckende Beispiele. Die
Fürsten, die sich in die theologischen Fehben
mischten und persönlich zu Gericht saßen, wollten
Exempel statuiren und man erlebte den ärger-
lichen Scandal protestantischer K'etzer-
gerichte. Der kursächsische Kanzler Nicolaus
Crell wollte die Concordienformel beseitigen,
weil er dieselbe für keine symbolische Schrift
hielt, und noch andere erhebliche Veränderungen
traf dieser tüchtige und charakterfefte Mann in
der sächsischen Kirche. Plötzlich ward Crell,
der viele Feinde hatte, verhaslet und wegen ver-
suchtcr Einführung des Calvinismus und un-
erwiesenen Hochverralhs über zehu Zahre iu
slrenger Gefangenschaft gehalten. Enolich wurve
cr zum Tod verurtheilt uno auf Befehl des
Kurfnrsten Christian II. am 9. Octbr. 1601
zu Dresden öffentlich enthauptet. Zwanzig
Jahre vor ihm fiel auf dem Marktplatze von
Heidelberg das blutbespritzte Haupt des Pfarrers
Zohann Sylvan von Ladenburg, den sein Lan-
deöherr, der Kurfürst von der Pfalz, als einen
unverbesserlichen Arianer dem Scharfrichter
überliefert hatte. Kürzlich ift an sämmtliche
Mitglieder des deutschen Protestantenvereins
ein'Flugblatt versandt worden, betitelt: „der
Sieg der protestautischen Lehrfrciheit in Baden."
Dasselbe enthält alle wichtigen Actenstücke: den
Protest, die Durlacher Beschlüsse, das Flugblatt
der Conferenz, den Erlaß des Oberkirchenraths;
eine eingehende gründliche Erwägung dieser
Tagesfrage soll dadnrch veranlaßt werden und
cin Lichtlein will n.an anzünden gewissen Leu-
ten, bei denen noch entsetzlich viel Unklar-
heit herrscht im Kapitel der freien Forschung
und Lehrfreiheit. Daß kein Anhänger und Für-
sprech Schenkel's den rechten Glauben und noch

zens, weil der forige Friß geheißen, werden se dir
auch Friß heißen, aber for mir bleibste
boch lui. Denn weil ich sagte, du heißt Lui, so

heißen, wollen se'dir auch Friß nennen, da muste
dir nu gewönnen, und sagte, du wärscht sehr
orntlich und daß du mein Kusäng wärfcht, wo du
must bei stehen bleiben, daß wir bei einerlei Rede
bleiben. Lieber lui meineS Herzens. Sie nehmen
dir auf mein risikoh, denn weils daß de gut bist
als Riemer, wirscht de auch gut sein als „K ein-
rtemer" nich, und wirst auch dein Brod essen
bei die Hausknechterei, also habe ich dir so sehr
empfohlen, daß du auch könntest bei das Reitfert
sein, weil du es muft im Sommer tn die Sckwemme
reiten, da sagte ich: das kann er! wo du must bei
bleiben, daß du es kannst. Jch erwarte dir diese
tage, du kannst mit die eisenbahn kommen. bei-
liegend erhelst ou 2 taler reißegeld. Jch hätte dir
gern in die ellfanten-abtheke gebracht zum stampen,
aber es ging nich, es is besetzt. Aber nu komm
noch, daß ich mir nich zum Lügner mache, denn
ick möchte nich gerne mir zum Lügner machen. —
Lieber lui meineö Herzrnö. Zch verbleibe deine dich

weniger den Kopf verlieren wird, wie der evaN-
lische Märtyer von Ladenburg, dürfcn wir
zuversichtlich erwartcn.

Heidelberg, 4. Oct. Heute morgeu pas-
sirte Jhre Majestät die Kaiseriu von Frankreich
in größtem Zucognito hier durch und setzte die
Reise nach Baden sogleich weiter fort.

Frankfurt, 3. Oct. Der „Europe" ist
heute Nachmittag auf telegraphischem Wege aus
Paris die Nachricht zugcgangeu, Napoleon Ul.
werde seiner von Schwalbach kommeudeu kaiser-
lichen Gemahlin bis Baden eutgcgenkommen.

Frankfurt, 3. Oct. Bei der heute be-
gonnenen Abftimmung über die Gleichstellung
der Bürger der Lanogemeinden und derjenigen
der jüdischen Gemeinoe mit den christlichen
Bürgern der Stadt slimmten bis Mitlags 12
Uhr in der ersten Klasse 96 Berechtigte, davon
89 mit Za und 7 mit Nein; in der zweiten
Klasse 105, davon 95 mit Ja und 10 mit
Nein; in der dritten Klasse 67, davon 37 mit
Ja und 30 mit Nein.

Berlin, 1. Oct. Ein schweizer Blatt, das
(wie die „N. A. Ztg." bemerkt) gewöhnlich gut
unterrichtet ift, gcbt den Lext eineS geheimen
Zusatzartikels zu der französisch - italienijchen
Convention vom 25. Sept., welcher lautet:

Hauplsladl uach Florenz beueffeud, lyren Ansaug ge-

Wir müssen allerdings jenem Blatte die Ver-
antwortlichkeit für biese Mittheilung überlassen,
doch scheint die telegraphische Dcpesche aus
Turin vom 30. September, in der es heißt:
„das (neue) Ministerium uimmt die mit Frank-
reich avgeschlossene Convenlion an, eben so die
Bedingung derjelben, daß die Hauptstadt Zta-
liens von Turin nach einer anocren Stadt ver-
legt wcrden soll," eine Gewähr sür die Vcr-
mulhung zu liefern, daß der Vertrag einen
derarligen Artikel enthalte. (N. Z.)

Z t a L t e u

Die „Perseveranza" schreibt über die Absich-
ten des Ministerinms Lamarmora, dessen Zu-
sammensetzung schon am 28. im Wesentlichen
seststand. „Das Minifterium ist gebildet auf
der Grundlage der Aufrechthaltung der Con-
vention mit Frankreich. Lamarmora behält sich
indessen vor, bci der französischen Negierung
Schritte zu thun, um sür die Bestimmungen
in den geheimen Artikeln bezüglich der Ver«
legung der Hauptftadt Abänderungen zu er-
langen, allein unter der ausorücklichen und un-
abänderlichenBedingung, daß deßwegen in keiner
Weise der letzte definilive Terinin sür die Räu-
mung Roms hinausgeschoben werden dürfe.
Würden jene Modificationen nicht erreicht, so
soll die Convention, wie sie ist, ausgeführt
werden. Ohne Zweifel wird, wenn einmal die
allgemcinen Wahlen vorgenommen sind, das
neue Parlament in Florenz zusammcntreten."

liebende geliebte bis ans Ende des Lebens geliebt
werdende Friderike."

Rorschach, 30. Septbr. Von dem 'vorgestern
Nachts 9 Uhr von hier näch Friedrichshafen fah-
renden württembergischen Dampfboote sprang wäh-
rend der Fahrt ein großer gutgekleideter Herr vom
Bord dcs Schiffes tn den See und ertrank. Bei
der großen Tunkelheit nno bem Umstand, daß der
Sprung nicht gleich bemerkt wurde, weil ber Be-
treffende einen unbewachten Augenblick wählte, in
welchem er den Tod suchte, war an einen Ret-
tungSversuch burch daS Schiffspersonal nicht zu
denken. Man vermuthet, der Unglückliche sei der
Revtsor W. von S'uttgart, der schon mehrere Tage
vermißt und per Telcgraph verfolgt wurde.

Der „Esterhazykeller", eine tn Wien sehr be-
kannte Niederlage von Ungarwein, hat in den
letzten Wockcn einen seiner ältesten Gäste, einkn
79jährigen Grcis, dnrch den Tod verloren. Der-
selbc besuchte feit 20 Jahren täglich 2 Mal daS
Etablissement und verzchrte 8 Seidel Wctn pro
Tag, was eine G sammtsumme von fast 365Eimern
oder 116,800 Flaschen Ungarwein beträgt.
 
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