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Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

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Nr. 231-256 Oktober
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https://doi.org/10.11588/diglit.2828#0370

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533 kaihol. Schulen mit 66,280 Wahlberech-
ligten u. 19,652 oder über 29 Proc. Wählern,
359 evangel. ischulcn mit 45,969 Wahlberech-
tigtcn u. 17,778 oder über 38 Proc. Wählern,
20 israel. Schulen mit 859 Wahlberechtigten
und 415 oder über 50 Proc. W., im Ganzen
932 Schulen mit 113,108 Wahlberechtigten
und 37,845 oder 33,46 Procent Wählern.

Da im Ganzen ungcfähr 1800 Ortsschul-
rathswahlen vorzunehmen sind, so greisen die
vorliegenden Berichtc schon >n dje zweite Hälfte
sämmtiicher Wahlen hinüber. Daneben stnd
zur Stunde zwei Orte angemeldet, in welchen
auch im zweiten Wahlact eine Wahl nicht zu
Stande kam.

Früher genannten Beispiclen über die Er-
giedigkeit zweiter Wahle» köunen wir das wci-
terc von (kathol.) Waltersweicr anfügen, wo
von den 90 Wahlberechtigten crstmals Keiner,
iu der zweilen Wahl aber nicht weniger als 74
erschienen. (K. Z.)

Karlsruhe, 12. Oct. Seil bald 3 Mo-
naten geschicht von Seiten der Curie Alles,
um mit dem Ausgebot selbst der wenigst hei-
ligen Mittel Haß und Verachtung gegen eine
Staatsrcgierung und insbesondere gegen ein
Staatsgesctz hcrvorzurufen. Wir wählen dieje
Worte absichtlich, wcil sje dem entsprechenden
Paragraphen unjereS Sttafgesetzbuchs entnom-
men sind, somit klar darthun, zu welchen Ge-
genmitteln dic Regierung schreite» könnte, wenn
sic wollte. Was specicll die Kanzelthätigkeit
dcr von Freiburg aus inspirirten Geistlichen
betrifft, so steht der Regierung durch das cigens
auf solche Evcntualitäten bcrcchnete Gesetz über
den Amtsmißbrauch der Geistlichc» (1860) so-
gar eine sehr scharse Waffe zu Gebote. Von
diejcr letzteren könnle wohl demnächst einer der
jugendlichcu Hypcrfanatiker, die mit den Worten
„Lügengcsetz" und ähnlichcn ungewogenen AuS-
drückcn von der Kanzel hcrab um stch wcrfen,
ercilt werden. Freilich würdcn wir, so wic die
Dinge liegen, der gesunden Volksüberzeugung
allein ruhig die Lösung überlassen könncn.
Allein die staatliche Autorität hal, wic ihre
Rcchte, so auch ihre Pfiichten, sobald cine ge-
wisje Grcnze deS Erlaubten überschritten ist.
Uud diese Üeberschreitung ist längst erfolgt.

Karlsruhe, 13. Oct. Gestern fand, wie
der „S. M." berichlet, Mtorgens und Abends
Staatsministerialsitzung stakt. Es sind, bc-
stimmtei» Vcrnehmen nach, dic Ernennuugcn
der 11 KreiSschulrälhe erfolgt, wahrscheinlich
ist zugleich die Eintheilung in Kreisschulbezirke
sestgcstellt worden. Damil und mit der bereits
ersolgten Constituirung mehrcrer Ortsschulräthe
ist der endgiltige Beweis. gegeben, daß das in
den Aimalen der staatlichen Parleikämpfe kaum
erlebte Vorangehen der Curic auf die Ent-
schließungen der Regicrung ohnc allen Einfluß
geblieben ist. Die Bevölkerung im Allgemcincn
und der Lehrcrstand insbesondere können hier-
aus erjeheu, daß binnen 10 Zahren die Dinge
in Badcn andere Gcstalt gewonncn haben und
daß die Krasl ber sanctionirten Gesetze sich
allcmal erprobt, wenn ciuc gewissenhafte Ueber-
zeugungstreue stch ihrer Handhabung an-
nimmt.

derstandes von Seite de« Mädchens, daffelbe dis
aus's Hemd cntkleideten und mlt ihrcn Hänben den
Körper berührten, angeblich, um den TcuselScan-
tract zu finden. Vor Vcrwirrung und Scham stel
das Mädchen ln Ohnmacht. Als fie wicder zu fich
käm, roicderholtcn die Hcrrcn ihrc Angriffe unter
Androhnng von Tod und andern Uebcln; die Su-
periorin kam mit einem Schächtelchen voll Nadeln
hcrbei, welche angeblich auS dem Körpcr dcr G. M.
heransgrzogen wären, und zcigte noch ein BiUct
oor, wetcheS fie unter ihren Kleidern gesunden haben
wollte, woraus nnter andern schiüpsrigen Worten
gefchriebcn war: Tod dem Papstel Während dieS
im Sprechzinimer oorging, wurde die Mutter der
Gequälten ln eineni andern Ztmmer von eincr
Ronne mit Lrmahnungen befiürmt, ihre Tochter
zur Aussage zu bewegen. Doch dtcse leistrte kräf-
lige» Widcrstand, drang auf dte HerauSgabe ihrer
Tochter, wclche in Tbränen gcbadet und zitternd
«°n ihr tn das elterlichc HauS zurüitgesührt wurdc.
Als die Kunde von diescm Borgange zwei Tage
später unter die' Bevölkerung LorettvS gelangte,
war diese in einer Weise cntrüstet, daß fic am
Abende des t7. zahlreich vor dcm Kloster fich an-

Baden, 14. Oct. Se. Maj. der König
von Preußen hat heute Vvrmittag den hiesigen
Ort veclassen. Höchstderjelbe wird in Darin-
stadk zur Begrüßung der russischen Majcstäten
kurze Zeit vcrweilc» u»d morgen nach Bcrlin
zurückkehren.

Leipzig, 8. Oct. Die „Dlsch. Allg. Ztg."
jchrcibt: Die vielen Fallissements, welche neucr-
dings in England vorgekvuunen sind, haben daS
Mißtrauen der dvrtigen Banken nvch erhöht.
Diese Unfälle sind thellweise die Folge dcs
schnellcn Rückgangs der Baumwollpreise, theils
sind sie durch die schwierigen Geldverhältniffe
hervvrgerufen worde». Anßer der Leeds Ban-
king Eompany mit 660,000 Pfd. Sl. Pajsiva,
die übrigcnS wahrscheinlich voll gezahlt werden,
haben noch folgende größere Hiuser ihre Zah-
iungen eingestellt: dic Kirma Albert Saalfcld
in Leeds mit 220,000 Psd. St., das Export-
haus Early und Smith in London (in Klci-
dungsftückcn) mit 80,000 Pfd. St., das Pro-
ductengejchast Hall und JoneS >» Liverpool,
dic Baumwollgejchäfte Walker, Colersworth
u. Comp. und Brvm u. Comp. edendajeldst
mit je 500,000 Pfd. St. Passiva, und inehrere
andere. Wie zu erwarlen staud, haben diejelben
Ursachen auch auf dem Cvntinent mehrere
Zahlungseinstcllungen bewirkt. Die Zahlungs-
einstellungen in Deutschland beschränken sich
vorderhand nvch auf Ocsterreich, wo dcr Fall
der Firma Carl Eduard Prosche in Prag mit
1,085,000 fl. die Zahlungssuspension der Firma
Z. C. Hoppe in Wien mit über 1 Mill. fl.
Passiva nach sich zvg; »ic Häuser M. E. ».
Neuwall mit 886,000 fl. Passiva und Nudolf
Wiesinger u. Comp. in Wien werden wahr-
scheinlich voll dezahlcn; dieS ist aber »icht der
Fall mit der Firma Jojeph Mohr u. Söhne,
Znhaber der Spinnereien Felixdorf, Möllers-
dvrf und Neuenkirchcn, welche ihrc ZahlungS-
einstellnng mit zicmlich 500,000 fl. Passiva
angezeigt hat; außcrdcm haben in Wien noch
mehrcre klcinere gjrmen sallirt, als H. M.
Worliczek, der Buchdruckcr Z. A. Massauetz rc.
Der Fall des HauseS Siegrist und Kcnder in
Basel ist durch cincn Betrug deS Asjocie Fen-
der von 500,000 FrcS. vcrursacht. Alle biese
Borkommnisse machen selbstverständlich die Geld-
vcrhältnisse noch schwieriger, und man darf sich
übcr dic neuesten DiScontocrhöhungen iu Ber-
li», Anislerdam, Leipzig rc. nicht wundcrn. Die
neuesten Nachrichten auS London stellen jedoeh
eine Erleichterung des Gcldmarkts in Aussicht,
die auch theilweise bereits cingetreten ist.

Altona, 10. Octbr. Gestern Mittag um
12 Uhr standen die Prcußen und Hannovera-
ner zum Empfangc dcr Parole in der Palmeille
dicht nebcneinander. Rachdem der Obcrft des
preußischcn LeibrcgimentS seine Besehle crtheilt,
begab cr jich an der Spitze seiner Osficicre zu
den Hannovcranerii, hielt cine Anrcde und
stcllte die Offlcicrc cinzcln vor. Der Oberst-
Lieutenant des haunvver'schcn Bataillons ant-
wortete und nanntc die Nanien jeiner Osficiere.
Dicse kamcradschaftliche Begrüßung trug einen
hcrzlichen Charaktcr. (A. N )

Wic«, 10. Oct. Zn der Thcatcrgeschichte
WienS hat ein epochcmachendes Ereigniß statt-

sammclte, mtt dkm fcsten Vorfatze, elne gewaltige
Dcmonstration gegen dle franzöfischen Schwestern
auszusübren. Doch gelang ,S dem SpndieuS; dic
-riltlerten Gemüther zu besänftigcn; TagS daraus
bcgaben fich der Staatsanwalt und dcr Unter-
silchungsrichter >n daS Klostki; nach Krststellnng
des ThatbestandcS erließcn fic elnen VerhaftSbefehl
gcgen den Arjt und den Caplan; ,s wltide serner
constatirt, daß fich die junge G. M. sehr wohl
bcfinde; fie wurde aus dem Kloster cntlaffen. Dlc
ganzc lLomödle — mctnt dcr Tempo — fchclnt
kcinen andern Zweck gehabt zu haben, alS- glauben
zn machen, dle Gegncr der zrltltchen Gcwalt d<s
Papslcs, unter welchc ailch der Vatcr der A. G.
zil reihen sei, seien mit den Teuseln verbrüdert
und vcrbunden.

Frankfurt, 1t. Oct. Gcstern zogen dret BSuer-
lein zur Stadt, welche zusamnien Vs in der hie-
figen Lotterle splelten, daS mit 2000 st. heraui-
gekommen war, so daß etn G-winn von 2bv st.
auf fie fiel. Als fie hicrher zu ihrem Eollecteur
kamen, um daS Geld einzucasfiren, irfuhren fie

gefunden. Jn der Aufführung der „Hugenot-
ten" im Hofoperntheater am Mittwoch zum
Gedächtniß MeyerbeerS, erschienen in der Ver-
schwörungSscene zum Erstcumal auf einem
Wiener Theater die Geistlichen in vollem Or-
nat mit dem Kreuz in den Händen.

Wien, 13. Oct., Abends 8 Uhr. Mehrere
Fallimente sind auSgebrochcn. Die bcdeutend-
sten sind Rosthorn, Schwarz und Gradner. —
Man erwartct in Kürze wichtige Veränderun-
gcn in dem hiestgcn Gesandtschaftspersonale.

Ar a n kr e i ch

Paris, 13. Octbr. Dcr hcutige Wochen-
auoweis der französischen Bank zeigt eine Zu-
nahme des Porteseuilles um 1V/g Mill., der
Vorschüsse auf Unterpfänder um 2 Mill., de«
NotenumlaufS um 3 Mill., des Guthabens deS
Staats um 4>/z Mill., dagcgen cinc Abnahme
des Baarvorraths um 17 Btill. und des Conto-
Corrents dcr Privaten um 8'/, ivtillionen.

Paris, 13. Oct. Der „Moniteur" ver-
öffentlicht den Rapport dcs Generals Jolivet
übcr den am 29. und 30. Sept. bestandcncu
heldeninüthigen Kampf gegen die überlegenen
arabischen Znsurgenten. Die Vcrluste der
Araber veranschlagt der französische General
aus 400 Todte und 400 Verwundete; die Ver-
luste der Franzojen waren 82 Todte, 27 Ver-
wundete.

Paris, 13. Oct. Der „Toulounaiö" be-
richiel, der Papst habe durch den Cardinal
Bonnechose dem Kaijer filapoleon cin eigen-
hänbiges Schreiben überschickt, worin er ihm
für den Schutz banke, den derselbc der päpst-
lichen Regierung in den lctzten 15 Zahren habe
zu Theil werden lassen.

E n g l a ii d

London, 11. Octbr. Eincn wie gcwaltig
fördernden Einsluß die dem brieflichen Berkehr
zugewandten Erieichterungen, und zwar vor
Alleni dic Einführung dcs PennypostsystcmcS
gehabt haben, erweist von Jahr zu Zahr die
stelig stcigende Einnahme deS Pvstdcpartemcnts.
Die Zahl dcr zu bcsöroeriiden Briese stcigt
nachgerade inS Uuglaubliche. Birminghain mit
12 Millionen, Liverpool mit 16 Mill., Man-
chcstcr mit 19 Mill. Briesen jährlich bietcn
schon respectable Zahlen, ste verschwinden aber
gegen London; im Lause deS Jahres 1862
wurde iu der britischen Hauplstadt die unge-
hcure Zahl vou 151,619,000 Briefen durch
die Post abgeliefert.

S ch w e i z.

Bern, 11. Oct. Das Recht der Begnadi-
gung ift soeben vom großen Rathe in Zürich
in einem der schwerften Criminalfälle auSgeübl
worden. Ein Sohn vergiflele mit allem Bor-
bedacht seine Cltern und seine Schwester, letz-
tere konnte aber gerettet werden. Durch ver-
kehrte Erziehung von Seiten der geizigen El-
tern war der beschränkte >L>ohn ganz abgestumpst,
so daß er beinahe unzurechnungsfähig war.
Der Leschluß wurde mil 161 gegen 5ö Stim-
men gesaßt und ist gleichbedeutend nül Ab-
schafsung der Todesftrafe.

von demseltzen, daß wegen des langen Tages kein
Zahltag sei und fie deS andern TageS wieber kom-
men sollten. Die Leute waren ganz untröstlich
und forderten immer ihr Geld. Endlich gingen fie
fort auf die Straße und hielten Rathfitz, wie fie
heute noch zu ihrem Gelde kämen. Von einem
Nachbar drs CollecteurS ersuhren fie, daß der lange
Tag um 6 Uhr 12 Minuten zu Enve gehe und
sodann die Berührung des GeldeS dem Collecteur
wieder gestattet sei. Ein Gedanke blitzte in bem
Hirnkasten unserer 11 Stunben WegS nach Krank-
furt gekommenen Bauern auf uud einstimmig sag-
ten fie: „Wir bleibc hie und warte uf'n, bis er
wider ham kommt." Die Ranzen wurdcn abgelegt,
vor die Thüre geworfen und in fitzender Stellung
auf den Eollecteur gewartet. Endlich kommt der

wie erstaunt er, als seine Plaggeistei ihm ben Weg
verlrgen und sagen: „Unser Geld!" Der Mann
konnte nichts AndereS thun, als die Zudringlichen
befrtedigen. (Fr. A.)
 
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