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Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

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Nr. 257-282 November
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tadelt man in diesem Sinne auch die Verjänm-
niß der liberalen Rälhe eeS HerzezS Friedrich.
Denn eS lag in ihrer Hanv, ans einc Bcr-
ständigung mit Preußen energijch hinzuar-
beiten und sic würee» ihr Ziel sicher crrcicht
habcn. Daß sie Nichis gethan haben. läßt sich
nnr auj ein Motiv zurücksnhrc», ans die Be-
jorgniß, die Gnnst OestcrreichS oder der Mil-
tclstaaten zu verscherzen, und eine jolche Bc-
sorgniß zu hegen, dcutct weder aus Klugyeit
nvch aus Kühnheit. Durch klarcS und entlchie-
dencS Strcben nach dem Ziel der Berständigung
mit Preußcn hitten sie gleichzcilig ein andereS
Ziel crreicht, nämlich die Sicherstellung frei-
sinniger Grundsätze sür die inncre Berwaltnng
deS LandeS. Indcm ste eS durch ihr Zögern
verschuldet haben, daß man sich a» ihrer Ltclle
nach Männern umsicht, die sich einem Arran-
gement mit Preußen gcneigter zeigen, kann eS
leicht dahin kommen, daß man nebenbei auch
stch bemüht, an die Stclle der liberalen MLn-
ner, der Hcrren Franke und L-amwer, reac-
tionäre Perjönlichkeiten zu schieben, wclche in
den Augen deS Herrn Ministerpräsidentcn v.
BiSmarck Gunst und Gnade gesunden haben.

Eisencrch, 28. Oct. Gestern und hcute
Racht kamen vom Ausschuß des Nationalver-
cinS hier an: v. Bcnnigscn, Bratcr, Lorenz,
Metz, Miquel und WiggerS. Die übrigen
AuSschußmitglieder werde» heute Morgen und
im Laufe deS Nachnnttags erwartet.

Eisennck, 28. Oct. Hcuie Morgcn jand
dic erste Vorberathung des AuSjchusseS des
Nationalvcrcins stalt. Änwesend sind: Schulze-
Dclitzjch, Lüning, Duuckcr, Cetto aus Preußen;
Bennigsen, Miqucl aus Hannover; Brater aus
Bayern; Frics, Ilreit auS Thüringen; Metz
auS Darmftadt; Müller auS Frankfurt; Rvchau,
Ladenburg aus Baden; Wiggers aus Mccklen-
burg; Eraf Rcventlow und Wiggers anS
SchlcSwig-Holstcin, und Götte a»S Hamburg.
Prosessor Eckardt aus KarlSruhe (der hundert
Betten im „Thüriuger Hos" bestcllt hatte)
rückte heute Rachmittag mit etwa zehn Ge-
nossen hier ein. VorauS ging ihm ein KreiS-
auSschreiben, worin er u. A. sagte: „Gclingt
eS unS, den Nationalverein im Sinnc dcr bei-
liegcnden Rcformvorschlägc zu ersrischen, jo ist
die Spaltung der nationalen Partei noch fnr
einmal vermieden; weist inan unS zurück, so
waren wir c» wenigstenS nicht, welche dic
Trennung gerufen habcn." Weiter spricht Hr.
Eckardt auch noch von eincr „kleinen L-chaar
entschicdener MLnner, die daS Freihcitsbanner
bis jetzt in der Hand festgehalten haben." So-
viel wir wissen, datirt die nationalc Bewegung
in Deutschland seit dem Zahre 18d9 und wirkt
Herr Eckardt in Deutschland rcsp. Karlsruhc
seit zwei Jahren. Auf jeden Fall gibt es heiße
KLmpfe, die wir indcssen sür recht nützlich
haltcn, wenn auch manche zu sehr auf ideale
Anjchauuugen gegründcte, Lsthetijch romanlische
Joeen nicht imuier den Anklang der Versamm-
lung stndcn möchten. Die „entschieden libera-
leu" Männer wcrden sich in Eisenach auch
dieSmal einigen mit odcr ohne einen Mann,
der in seinem KreiSauSjchreibcn Jeden für die
Trcnnung verantwortlich machen will, der ge-

' Mufikalisches.

wird, entnchmeu wic folgeiidcn Artlkel aus dcm
„Pfälzer Lourter":

Neustadt. Marie Trautmann, welche gewissen
VorurthkUcu, dte sick gkgcn das Ktavierspicl an
mancheii Orten bildeten, mit Bänden von Krltiken
aus d-n meiften Städten Suropa's, Paris, Lon-
don, dem schlüpirigsten Boden für Concrrtgeber,
-nlg-gcntreten kann, übertraf durch thrc großen
Leistungcn die großen Erwartnngcn der hlestgen
Kunstfreunde. Btoße Ktngerscitigkeit ist hier -ine
Waare, für die Nicmand eiiicn Deut auSgibt,
allcin wenn fie eincm GeniuS dicnstbar wtrd, der
dcn kalten Töncn des ZnstrumcntS dle ganze Scala
drr mcnschlichcn Empfivungen, von der zartcn Sehn-
sucht -is zur wtldcn, dämonischrn Lcidcnschaft cin.
zuhauchcn wciß, muß sie Entzöcken und Bewundc-
rung crrcgen. DicS war auch hlcr der Fall. Maric
Trautmann ift wirktich cine Künstlcrln im wahren
Sinne dcs WorteS. Sie spiclte hier ln einer Prt-

radc nicht so denkt, wie er. Noch könncn wir
mitthcilen, daß bis heutc Nachmittag dcr tiuS-
schuß den ersten Theil dcr Anträge, dic dcutschc
Fragc und SchleSwig - Hvlstein betr., bcrieth,
da auch in ihm diffculirende Meinungen auj-
einauder sticßcn. Morgen früh joll die von
Hru Eckardt cinberusene Vcrtammlung tagen.

E.setlnck, 30. Ocl. Heutc Morgc» sand
dic von Eckardt cinbcrufeiie Deijammlung dcr
jogenannten Volkspartei im „Thüringcr Hose"
stalt. Anwescnd sind einigc 40 Personen. Da
jedoch die Bcröfsentlichung der Vcrhandlungcn
nur dem Vorsitzendeu gestattet sein soll, so
bleibt uns ehrenhalber nichtS übrig, als zu
schwcigcn. Herr Eckardt scheint überhaupk daS
Gcheimnißvolle zu lieben, da er sich seither nur
unter einem kleinen Häuflein Getrener in ab-
gejchlossenen Localrn prvducirte. Warten wir
ab, was er morgen öffcntlich vorträgt. Jm Au-
genblick beräth der AuSschuß deS Nationalver-
eins noch immer den erstcn Theil der Anträge.
Nach gewissen Anzeichen zu schließen, platzen
auch hier die Anstchten stark aufeinander.

(F- I)

Eisenach, 30. Okt. Die Anträge, welche
der Ausschuß des Nationalvereins in der deut-
schen Frage der Generalversammlung vorzulegen
beschlossen hat, lauten:

„Der Nationalverein, durchdrungen von der
gleichmäßigen Nothwendigkeit eines deutschen
Parlaments und einer einheitlichen Centralge-
walt, hält fest an seinem Beschlusse vom 6.
Oktober 1862, durch welchen die Reichsver-
fassung sammt Wahlgesetz und Grundrechten
als der Rechtsboden der Nation anerkannt
wnrde.

Ueber den Träger der Centralge-
walt hat die imParlament vertretene
gesammteNation zuentscheiden. Die-
ser hvchsten Entscheidung haben sich
alle Parteien, Stämme und Staaten
zu unterwerfen.

So lange die freiheitsfeindliche u. undeutsche
Nichtung der Regierungen in den Einzelstaaten,
namentlich in Preußen, fortdauert, ist die Durch-
jührung der Reichsverfassung unmögtich.

Ohne das höchste Ziel der nationalen Be-
wcgung auch nur einen Moment aus den Augen
zu verlieren, ist es daher eine dringendc Auf-
gabe des Vereins und die Pflicht der Vereins-
genossen, die freiheitliche Entwickelung in den
Einzelstaaten mit thatkräftiger Benutzung aller
verfassungsmäßigen Mittel zu erkämpfen und
die in den particularistischen Tendenzen der
Regierung und der Gesetzgcbung der Einzel-
staaten begründeten Hindernisse einer nationa-
len Entwickelung wegznräumen.

Hier ist das Feld, anf welchem die gemein-
same Arbeit an dem großen nationalen Werk
angegriffen werden muß und mit sicherer Aus-
sicht aus Ersolg durchgeführt werden kann."

Bis hente Abend sind etwa 180 Mitglieder
angekommen. Prof. Eckardt von Karlsruhe
hielt heute Mittag noch eine engere Versamm-
lung seiner näheren Freunde. (Fr. I )

Eisenach, 31. Ocl. Die Generalversamm-
lung des Nationalvercins nahm den Antrag
des Ausschusses in der deutschen Frage mit

schiedenen Schulen gegenwärtig waren, wo berritS
jeder seine Falle gestellt hatte, um einige Schwächen
diefer Künstlerin listig zu fangen. Sie spielte die
schwierige Don Iuan Fantasie von Lißt und er-
regte allgemeine Bewunderung, allein ein Bachia-

vorigrn Jahrhundrrts sich für bksiegt erklärte. Eben
so wurden alle Wünsche in Bezug auf Haydn, Mo-
zart, Weber, Mendelssohn, Hummel, Chopin ab-
grfcrtigt. Man wünschte eine Sonate von Beet-
hovrn; — welche wollen Sie? war die Antwort.
Sie spielte einige derselben — D-moll- und die
große F-moll-Sonate — mit einer tecknischen Voll-
enr-ung, einer poetischen Auffassnng, mit einer
sckwärmerischen Innigkeit, einer Wärme und cinem
Schwung hoher Begeisterung, taß ich jetzt erst
weiß, waS aus riner Sonate von Beethoven ge-
macht werden kann und nun eine doppelte Vereh-

245 gegen 5 Snmmen an, nachdcm der An-
trag oer Demokralen uno der von Leipzig ge-
siellte zurnckgezogen worden war. Beide hatte
namcntlich Schulze-Delitzsch bckämpst.

Berlin, 30. Octbe. Hr. v. BiSmarck ist
gestern Abend hier eingctroffcn und soforl vom
Bahnhofe znm Kriegsministcr gesahren. Heute
empfängt Herr von BiSmarck die Minisler.
Später hat cr eine Unterrednng mit dem Fürsten
Gortschakoff nnd Mittags Vorlrag bcim Könige,
worauf er mit dem Fürsten Gortschakoff zu
Tafel bleibt.

Hamburg, 27. Octbr. Die Bürgerschaft
hat gestern mit 100 gegen 60 Stimmen die
Einführung der Gewerbesreiheit beschlossen.
Dieselbe soll mit dem 1. Januar 1865 in Kraft
treten.

Wien, 29. Oct., Abends. Sicherm Ver-
nehmen nach steht die Vervollständigung des
Cabinets durch Ernennung eines Handelsmini-
sters unmittelbar bevor.

Wien, 30. Oktbr. Rechberg tritt morgen
eine mehrwöchentliche Erholungsreise an.

Z t a l i e n

Der Jnhalt der im italienischen Parlamente
am 24. Okt. mitgetheilten Aktenstücke ist im
Wesentlichen folgender. Es sind vorzüglich drei
Depeschen, zwei des frühern Minifters dcs Aus-
wärtigen, Herr Viscontl-Venosta, an den ita-
lienischen Gesandten in Paris, datirt die crfte
vom 9. Jnli 1863, die zweite vom 17. Juni
1864, und endlich die Depesche, womit der
französische Gesandte in Paris, Ritter Nigra,
am 15. September letzthin die Uebersendung
der an demselben Tage abgeschlossenen Conven-
tion an Hrn. Visconti-Venosta begleitet hat.
Zn der Note vom 9. Jnli 1863 beauftragte der
Minifter des Auswärtigen den Gesandten in
Paris, die Verhandlungen bezüglich der römr-
schen Frage wieder an dem Punkte aufzuneh-
men, wo sie durch den Tod des Grafen Cavour
unterbrochen worden waren. Jn der That hatte
dieser leider zu früh verstorbene Staatsmann
der sranz. Regierung den Entwurf ciner Ver-
einbarung bezüglich der römischen Frage vor-
gelegt, welcher vier Hauptpunkte enthielt: die
Räumung Roms durch die Franzosen, die Ver-
pflichtung Jtaliens zur Unterlassnng jedes ge-
waltsamen Angriffs auf das päpftliche Gebict,
die Gestattung oer Bildung einer päpstlichen
Armee, die eventuelle Uebernahme eines Theils
der päpstlichen Schuld von Seiten Jtaliens.
Der Tod des Grafen Cavonr unterbrach die
über diese vier Punkte zwischen Frankreich u.
Jtalien begonnenen Verhandlungen, und seit
jener Zeit weigerte sich Frankreich, dieselben
wieder auszunehmen, indem es behauptete, die
Zeit sei nicht dafür geeignet. Erst im Juni
des lausenden Jahres antwortete Drouyn de
Lhuys anf die Note vom 9. Jllli 1863, und
darauf hin überschickte der italienische Minister
an denXGesandten in PariS einen neuen Ent-
wurf,^r aber wescntlich dem alten Cavour'-
schen gleichlautete, zugleich mit einer vom 17.
Juni datirten Depesche, worin er den Gesandten
von der günstigeren Disposition dcr franz.
Regier-mg, wie sie sich in der Drouyn'schen

rung für dtesen großrn Meister in meinem Herzen
trage. Dtefes junge Mädchen, obwohl in etner
französischen Provinz geboren, wird mehr Propa-
ganda für die deutschc Musik machen, als Hun-
derte unsercr ZukunftSvirtuosen cs im Stande sind.
Marie Trautmann wird sich auch in Heidelberg
hören lassen, worauf wir die verehrten Kunst-
freunde aufmerksam machen.

(DaS Eldorado der Frömmtgkeit.) Die
„Münch. Neuesten Nachr." melven auö der baye-
rischen Gemeinde EnSheim: „Zur Erbanung un-
serer Leser erlauben Sie unS zu constatiren, welcheS
Intexesse der Herr Pfarrer Golling iu Ensheim
an dem Vereinswesen nimmt. In der Pfarrei, die
auS 1567 Seelen besteht, sind außer den allgemein
eingeführten sacramentalischen und Mariä-Bruder-
schaften noch ein Iungfernbund, ein AloisiuS-
Verein, ein Kindheit Iesu-Verein, ein MisfionS-,
ein Scapulir-, ein lebendiger Rosenkranz-Verein,
ein Orden vom heil. FranziSkus, ein Herz Iesu-
BruderschoftS-Verein, eine englische Grußbruder-
schaft und ein IosephS-Verein."
 
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