Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

DOI chapter:
Nr. 257-282 November
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2828#0439

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Eine runde Anlwort auf das „Mene Wort"
an die katholischen Mitbürger.

Jn den lctzten Augenblicken vor dsr Wahl des kathol. Orts-
schulrath wird hier sin jesuitischcs Machwerk verbreitst, das den
Zweck hat, die kathob Bewohner Hsidelbergs von der Betheiligung
an der Wahl abzuziehsn. Der Augenblick ist schlau gswählt:
Man hoffte zu überraschsn und die Zeit zur Antwort abzuschneidsn;
doch das soll nicht gelingen. Wir geben Punkt für Punkt fol-
gsnde runde Entgegnung und hoffen, daß Wahrheit und Ver-
nunft siegen wird.

1) Es ist jesuitisch, wenn „das offene Wort" klagt, daß keine
allgemeine Wahlversammlung abgchalten worden sei, während ihre
alleinige Absicht ist, jede Wahl zu hintertrciben.

S'' Es ist jesuitisch, wsnn sich das „offens Wort" überall auf das
Rechtberufh währsndsein ausgesprochener Zweck ist, gegen die Aus-
führung einss in aller Form Rechtens zu Stands gekommenen Ge-
setzes aufzuhetzen.

3) Es ist jesuitisch, wenn das „offene Wort" im Namen des
Gewiffens klagt, daß der Kirche der Antheil an der Schullsitung
entzogeu werds, während sie gewiffenlos gsnug ist, den angebotenen
Antheil zurückzuweisen.

4) Es ist arrogant, sich des Antheils an der Wahl zu ent-
halten und zugleich über den bevorstehendeu Ausfall dsr Wahl
zu schimpfen.

5) Es ist arrogant, wenn eine Klike, alle die ihr nicht ge-
fallen, als schlechte Katholiken darstellen will.

6) Das offene Wort heuchelt Furcht vor dem Zustandekommen-
einer Parteischule, während es nur eine ultramontane (Pfaffen-)
Schule zu Stande bringeu möchte.

7) Es ist Heuchelei, wenn man sich dsn Schein gibt zu glaubeu,
daß den vom Staate geleiteten Schulen nicht zu traueu sei; nicht
das Gewiffen der Katholiken, sondern die Herrschsucht der Ultra-
montanen fühlt sich verletzt.

8) Die Furcht, als ob das Vermögsn der katholischen Schulsn
seinen Zwecken könnte entfremdet werden, ist erlogen. Dis gelchr-
ten Berfaffer des „offenen Wortes" wiffen wohl, daß der Staat
nicht nur diese Fonds, sondern Zuschüsse aus Staatsmitteln auf
diese Schulsn seither verwendet hat und auch in Zukunft im
Juterefse einer wahren Volksbildung verwenden wird. —

9) Es ist lächerlich, wenn das Pamphlet sich gebaret zu glauben,
es sei die Strafbestimmung des Schulgesetzss gegen solche, welche
ohne genügsnde Gründe das Amt eines Ortsschulraths abweisen,
deßhalb gegeben, um dem Gewissen frommer Katholiken Zwang
anzuthun. Jsdermann weiß, daß damit nur dis Trägheit öffent-
lichen Pfiichten gegenüber gestraft sein soll, und es werden solche,

die sich aus Gewiffensscrupel der Annahme der Wahl weigern,
sicherlich nicht gewählt werden. —

10. Die Forderungen, welche der 2. Theil des „offenen Wor-
tes" stellt, sind die bekanntsn der ultramontansn Partei; sie sind -
längst und gründlichst geprüst, und sowohl von der öffentlichen
Msinuug, als von dsr Ständekammer, welche aus ^/s Kathoiiken
besteht, als unbegründet zurückgewiesen worden.

11. Das Verlangen, daß für die katholischsn Schulen nur
katholische Kreisschulräths (nicht Orts-) gewählt werdsn svllsn,
ist für Baden, wo Katholiken und Protestanten frisdlich durchein-
ander wohnen,ein unausführbares; das wiffen die Pamphlstisten, —
sie wollen nur hetzen.

12. Herr Kreisschulrath Leutz ist von dem Tage an, wo er
zum Kreisschulrath ernannt ist, Kreisschulrath und nicht mehr,
protest. Pfarrer. Die evang. Geistlichen haben keinen Karakter in-
ckolkbilio. Er war schon seither Diaconus, d. h. Lehrer au der
höhsrsn Bürgerschule zu Emmendingsn und ist geprüfter Philologe,
d. h. Schulmann.

12. Wenn das offene Wort Schulfreiheit verlangt, so möchte
es gerne Zustände wie in Belgien herbeiführen; es möchtc die
Volksschule in die Hände der llltramontanen (dcr Psaffen und
Römlinge) spielen, um unnützen Hader und Zwietracht zu ver-
swigen.

13. Das Verlangen, daß der Staat die Fonds der katholi-
schen Schulen den gewiffenhaftcn Verfaffsrn des offsnen Wortes
zur Verfügung stelle, ist der Pferdefuß, der unter dsm frommen
Gsrede von Gewiffen und Religion heraussisht. Sie wollen nur
Geld und Herrschaft für dis Ultramontanen.

14. Wenn das „offene Wort" eine religiöse Basis der Schule
und zwar in allen Fächern verlangt, io verlangt sie einen
hellen Unsinn, denn was hsißt religiöse Basis des Schreib-, Rech-
nen-, Gcographie-Unterrichts rc. auch kann man dabei an OaMoo
Oalilsi und Aehnliches denken.

Summa: So bleibt dsnn an dem ganzen Machwerk nichts,
als daß es ein Zeugniß ist, von der unvsrbssserlichen Hartnäckig-
keit, Heuchslei und Herrschsucht einer kleinen bekannten Partei,
die das Recht im Munde fllhrt, während sis mit allen Mitteln die zu
Recht bsstehenden Gesetze zu untergraben sucht; die das Gewiffen
im Munde führt, während sie vonHerrschsucht geblähtist. Diekathol.
Bürger Hsidelbergs ksnnen den Vogel am Gesang und werden fich
nicht irre leiten laffen. Sie werden nach bestem Wiffen wiihlen,
und so eine Gewissenspflicht gegen ihre Kinder, gegsn die Gemeinde,
gegen die Gcsellschaft erfüllen.

Auch getmssenhaste Katholiken
 
Annotationen