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Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

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Nr. 257-282 November
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https://doi.org/10.11588/diglit.2828#0513

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Wie», 19. Nov. Da« HandelSministerium
wird im Rcichsrath rinen Gcsetzentwurf ein-
bringen, welcher, Wechsclseitigkeiten vorausge-
setzt, ausländischen Firmen in Oesterreich den-
selbcn Markenschutz gewährt, wie einheimischen.

Wien, 20. Nov. Der auS Venedig hier
eingctrvstcne Feldmarschalllicutenant von Ale-
mann hat iber die Unruhen im Friaul rcferirt.
Dieselbeu werden jctzt als beendet betrachtct;
die in lctzterer Zeil ergristenen Vorsichtsmast-
regeln bleiben jcdoch ausrecht.

Wien. Ueber das Deficit fir 1865 stellt
die „Ncue freie Presse" eine Berechnung an,
wonach es ansehnlich höher ist, als der Finanz-
nlinister bcrechnet. Danach hat Oesterreich
nicht, wie Hr. v. Plener darstellt, einc Aus-
gabe »on 048,705.412 fl. u»d Einnahme von
518,227,816 fl., also Deficit 30,477,596 fl.,
sondern cine AuSgabe von 548,705,412 fl.
und Einnahme von 471,087,215 fl, aljo Dc-
ficit 77,618,197 fl.

Aus Mecklenburg-Schwerin, 18 Nov.
Der fcudale Landtag ist gestern unter den
üblichen mittelalterliche» Feicrlichkciten in Mal-
chin eröstnet worden. Mit Sachcn von allge-
nieinem Znteresse scheint cr sich nicht viel be-
schäftigcn zu wolle». Jm Musterstaat Meck-
lcnburg ist ja Alles in guter Ordnung. Doch
den Thieren wird cinige Aufmerksamkeit ge-
jchenkt werdcn. Eine landesherrliche Verord-
nung wegcn Gcwähr der Mängcl bei der Ber-
Lußermig von Thicren ist zur Berathung vor-
gclegt, austerdem eine solche, belr. die Bestra-
fung der Thierquälerei. Ueber dic Absicht der
Regierung, das Prügelgesetz aufzuheben und die
Mcnschenquälerei zu bestrafen, hat bisher Nichls
verlautbart. Dagegen hat, waS Ancrkennung
verdient, das rittcrschaftliche Ami Neustadt
die Rücknahme deS Prügelgesetzes beantragt.
Die Laudschaft wird sich dem Vernehmen nach
diesen, Antrage anschlieficn. Hr. Manccke hat
seinen Antrag auf Anschlnß dcr Großherzog-
thümer an den rcconstituirten Zollverei» wie-
dcrholt, derselbc wird aber mit dem „altherge-
brachten" Hohn und Shott mit grvßer Majo-
rität abgelchnt werden. (Berl. Volksz.)

F r a n k r e i ch

Paris, 21. Nov. Die italicnische Regie-
rung soll hiesher niitgetheilt haben, sie Ivürde,
falls zwischen Oesterreich uud Frankrcich ein
Handelsvertrag zu Staude kommt, demjelben
nach ersolgter Ancrkcnnung durch Oesterreich
beitreten. — Aus Rom wird gemcldet, die
Päpstliche Regierung wcrde auS ihrer Passivität
nicht heraustretcn, da sie Frankrcich umzustim-
mcn hofft.

E n g l a n d

London, 21. Nov. Das von Dr. Juch
herausgegebene deutsche Wochenblalt Hermaun,
das bisher daS Organ des deutschen Rechts-
schutzvereins gewesen war und an der Ueber-
zeugung von Müller's Unschuld festgehalten
hatte, erklärt jetzt, „seinem bisherigen Glauben
an vollstandige Unschuld sich nicht mehr voll-
ständig überlassen zu können." Dabei räumt
eS jetzt nachträglich selbst ein, was namentlich

deln eines tief Verwundeten, Unheilbaren seht, .
so bin iär besrtedigt. Jch habe das Schwerste ge- !
duldig ertrage«, ich habe nicht gezittert. Der Tod ^
nach dem Siege der Unschuld wird keiner Miß-
deutung unterliegen.

Vergebt mtr denn! Zch möchte gern Euer Aller

geschchen. Lebt wobl, Zhr theuren Eltern! Lebt
wohl, geliebte Brüder! Lebt wohl, treue Freunde!
Möget Zhr Kraft finden, die Nachricht zu ertragen
und Euch nickt krLnken zu lassen! Erhaltet Euch,
geliebte Eltern, für meine Brüder, die Eurer so
sehr bedürfen. Denkt in Liebe Eures Hermann.

14. Nov. 1864. MittagS.

So eben in Bulle angelangt, füge ick noch eintge
iilnige Grüße bei. Wtr haben diesen Tag gewtn-
nen zu müssen geglaubt, nock einmal glücklich zu
sein, ehe wir scheiden. Der Ort, an welchem
wir den letzten Sckritt gethan, wird Euch,
nur durch den Poststempel bekannt werden.
Zck baltc den Brtef bereit. Ein inniges Lebewohl!
Vergebt! Vergebt den Unglücklichen!

Lausanne.

Wir sind nach Lausanne gekommen und wenden

der Sohn des Ermordeten dcm Rechtsschutz-
vereiu vorgeworfen hat, daß nämlich Müller
von Anfaug an das Alibi, auf welches sich
die Vcrtheidiguug des Rechtsschutzvereins stützte,
selbst vcrworfen und bis zum letzten Augen-
blicke auf sciner eigenen, damit gar nicht stim-
menden Zeitangabe beharrt habe; HLtte der
Verein diese Thatsache früher veröffentlicht. so
wäre die Beurtheilung des Falls von Anfang
weit einfacher gewesen.

T ch ,v e i z.

Basel, 21. Nvv. Vor einiger Zcit hatte
man den hiestgen Bahnhosinspcctor der Cen-
tralbahn wegen Äntcrschlagungcn angeklagt und
gefänglich cingczogcn; derselbe >st »orgestern
vvn dcm Criminalgericht vollkommen sreige-
sprochcn worden; dagcgen erhielt cin Unler-
beamtcr dcrselben Bahn, dcn nian thatsächlicher
Unterschleife überweiscn konnte, 1>/, Jahre Ge-
fängniß. (S. M.)

Bern, 23. Nov. Ueder die Vcranlassung
zu dem plötzlichen Verschwinden des Dr. Denime
theilt jetzt die „N. F. Z." Folgendes mit, was
genLnnteS Blatt aber ausdrikcklich vorcrst noch
alS Gerücht bezeichnet: Die Lösung der Dem-
me'schcn Tragödie ijt noch nicht da. Ein ganz
anderes Motiv von Demme's Selbstmvrd ist in
Umlauf gejetzt, als die vernichtete wissenschast-
liche Ehre. Eine englische Familie, heißt es,
habe, durch die GerichlSverhandlungen über
den Trümpy'jchen Fall ausmcrksam geworden,
hiesigen Gerichten die Anzeige zugesandt, vor
etlichen Jahren sei ihr, bei einein Aufenthalt
in Bern, auS dem Zimmer im Hotel cin kost-
barer Diamanlring abhande» gekommcn, wäh-
rend keinc andere fremde Person als ihr Arzt,
Hcrmann Dcmmc, Sohn, in dieses Zimmer
gckommen sei; sie hältcn damalS nicht gcwagt,
cincn crnftlichcn Verdacht anf ihn zu werfcn,
nun aber scheine es ihnen chcr möglich, daß
der Ring nicht durch eincn uncrklärlichen Zu-
fall vcrlorcn, jondern durch Dcmme entwendet
wvrden. Man ersährt, daß Dcmme seiner Ver-
lobten eincn Brillantring, man sagt im Werthc
von 1200 Fr., gcschenkl habe, nnd veranlaßte
Fräulein Trümpy, denselben vorzuzeigen. Es
crgibt sich, daß cr nicht idcntlsch mit dem srüher
hier abhanden gekomnlcnen ist, aber man ver-
muthet, Dcmme möchte für den gcstohlcnen
Ring denjenigcn, welchen er scincr Braut ge-
schcnkt, cingetauscht haben. Die Spnrcn sollen
nach Berliu geführt, nnd der Untcrsuchnngs-
richter Bircher, der zu diescm Zwecke nach Ber-
lin reistc, soll heute die vollste Bestätignng des
Dicbstahls von da mitgebracht habcn. Lo sagt
die Fama, und Sie können sich vorstellen, welche
Senjation diese mil aller Znversicht behauptete
neue Ankläge in der Stadt erregt. Ob jic je
vollkoinnicn aufgckiärt wird, ist zweiselhast; ist
Dcmme's Tod crwiescn, so hätle ja die Unter-
suchung kciu Object mehr.

Z t «i l i e »

Turin, 23. Nov. Die Senatscommission
zur Begulachtung der Fragc der Verlegung der
Hauptstadt ist für den betreffenden Gesetzent-
wurf. — Die Deputirtenkammer hat den Ge-

uns nach Genf, unserer letzten Station. Die Aus-
führung drs letzte» Schrittes ist folgende: Wir
machcn einen Spazicrgang und fahren mit einem

so daß man unsere Leicken nicht finden wird. Es
scheint uns dies praktiscker. L^bt wobl, Zbr Theu-
ren! Dies werden die letzten Worte sein. Bewahrt
uns ein liebevolles Andenken! Verqebt!

An meine theuern Schwiegereltern!*)

Dank, heißcn Dank, für Allcs Liebe und Gute,
das Jhr an dem armen verlassenen Kinve gethan
habt!

Jch kann es Euch wahrscheinlich nicht mehr ver-
gelten, denn ich bin entschloss n, mit Hermann aus
dcr Welt zu gehen. Das Glück, welches ich durch
Jbn genossen babe, ist cin ganzes Leben wertb und
läßt mich keine Reue empfinden. Verzeiht das Un-
gli'ick, das mcine armen Eltern über Euck gebracht,
verzeiht Zhncn um meinetwillen, die gerne jede
bittere Stunde mit doppelter Liebe und Verebrung
vergolten hätte; ich kar.n es nickt mehr. Lebt wohl,
Jbr treuen, lieven Eltcrn! Der allmäcktige, gütige
Gott, an den wir ja AUe glauben, wird Euch nie
vergrssen und Euch Alles, AUes lohnen. Eure
dankbare Lochter — Flora.

*) Dieser Brief wurde am 21. November im
Bureau von Flora vorgefunven.

setzentwurf über Abzüge an den Beamtenge-
halten angenommen.

T p a » i o »

Madrid,-22. Nov. Ucberall hat cs den
Anjchein, daß die allgcmcinen Wahlen sehr
ruhiq vorübergehen werden. Die Majorilät
der Bnreanx in Madrid ist ministeriell.

Madrid, 23. Nvv. Die Zahl der Stim-
menden in der Hauptstadt betrug 1952. Von
den scchs gewählten Deputirten sind fünf mi-
nistericll.

Neueste Nachrichte».

Berlin, 24. Nov. General v. Canstein
ist zum Commandenr bcr prcnßischen Divijion
in den Herzogthümern, General v. Bentheim
zum Commanocur der erslen, Oberst v. Korth
znm Commandeur der zwcilen Znsanteriebri-
gadc, Generaimajor v. Fließ zum Commandcur
dcr Cavalleriebrigadc ernannt. Zum Comman-
dcur der zehnten Division ist der Gcneralmajor
v. Göben ernannl.

Wien, 24. Rov. Jn dcr heuligen Sitzung
des Ilnterhanses erklärte der Staatsminister v.
Schmeriing in Beanlwortung einer knrziich an
ihn gerichteten Jnterpellalion: Es sci nicht die
Abjicht der Regicrnng, während der Dauer der
gegenwärtigcn Sejston eiuen Gesetzcseutwurs
nbcr Ministerverantworllichkcit einzubringen.
Der geeignete Zeitpunkt hierzn werde erst vor-
handen sein, weun die Rcichsverfassung iu allen
Theiien dcs Reiches lhatsächiich znr Geltung
gelangt sein werde. Der Staalsministcr teug-
net, daß, nachdem die Bcrantworliichkeit bereiis
grnndjätzlich sanctionirt sei, das Verfassungs-
ieben durch dcn Mangei eines jolchcn GesetzeS
bceinträchtigt werdc, und er legl dar, daß in
den nieisten anderen Verfassungsstaaten solche
Gesetze ebenfalls erft lange nach Einsührung
der Verfassnng criasseu worden, nnd daß in
»ieien Slaalen gar kein wcjentiiches Verant-
wortlichkeitsgesetz bestche.

Paris, 24. Nov., Atittags. H-rr Mires
verzichtct aus Errichtnng seiner Lnllqne <Ies
Ltats, weii er gewisse» Schwicrigkeiten bcgeg-
nct ist.

M Hcideluerg, 24. Nov. Bei der vor-
gesirigen Gedächtmtzfeier in der akademischen
Auia, wie bci bem durch Heitcrleit, fröhliche
Uiilcrhaltung, pasjende Anjprachen und Loaste
gewürzten Fcstmayt im badijchen Hosc war anch
Herr Landescominissär Fecht, früyer Oder-
amtSvorsland dahier, anwejend. Auf einhei-
mische und fremde Zuhörer, anf ätlere und
jüngere Leule hat diejcs jchöne Fcst, wclchcs
die hiesige Hochjchnie in würoiger Wcijc jähr-
lich degcht, anch dicSmal einen erhedenoen und
nachhailigen Eindrnck gemacht. Von dem Herrn
Prorector wnrde in jeinee Acstrede untcr an-
dercm auch Karl Friedrich's ächte und wahre
Tolcranz in reiigiöjcn nnd conjcssionellcn Ber-
HLitnisjen rühmend hervorgehobcn. So war cr
der kalholljchcn Geniemde in Kartsruhe, dic
unter s-iner Regiernng von Jahr zu Zahr an
Zahl angehöriger Mitgiicder zunahm, zu einer

* Vom Neckar, 22. Nvv. Vvr einigir Zeit
ist dtr letzle pie,crung deS 2. BauvcS bcr IZeschichee
der Ullioersitäl Heidclverg von Hautz u. Neichtln-
Mcldegg crjchieueu. Diisclbc hal dl, Pcriodl vvm
Ausange ve« vvrige» ZahrdunvertS bis auf ven
Ausall dcr Pjalz an das Grvsherzdgthum Baden
zum Gczenstan»-. Viel Tiojlttchr» Ist au« der -rslcu
Zeil s-tncr Pciiode nichi zu b-richlcn, indem der
damallge ztnrsuijt Karl Philipp slch um bic llui-
versilil Hctdclvcrg nur wentg annahm und mlt
sllnem Hose im Zabr 1721), wo die Jesuitcn den
Ton angadcn swegen kirchlicher Streltlgkeiten) soaar
nach Piannhenn übersieocllc. Scln Rachsolger Karl
Tbcodor nahm s,ch zwar elwa« Mlhr um die allc
Psälzcr Hochschule an, doch war auch untcr ihm
b-1 deisclbcu oer Lmfluß dcr Z-sult-n borherr-
schend. — Eist unler Mar Zosiph svon der Zwel-
biück-r Linil) t7W, wuroe der Zarücksetzung dcr
Prol-Ilaiilen ei» Hicl g-ntzr, die Pialz jcvoch datv
baraus stv02) MII Bao-N oereintgt. Zn bem da-
mallgen, ourch fetnc RegenlruMgcnbeil auSgczeich-

bell vcrehrt dlc Uiuverslläl, wclchc In Folg" ^er
Verrinigung o,s lintcn RH-inuferS mil Frankrcich
ihre melllen, VVII corthcr dezogciien ülukuiifte ver-
toren hauc, ihrcn zwcileu Gründcr und Sljfkei
(Seüi LrinncrungSfeii ist bekanntiich, wie alljähr^
lich, an dem heuligcn akademischen Tagr vvn der
Univirsilät feierlich degangcii worven.)
 
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