Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 283-308 December
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2828#0541

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
begann hkute die Adreßdebatte. Berichterstatter
Giskra enlwickelt die GrsichlSpunkte, von denen
die Commisston auSging, critiflrt die Lage des
ReicheS, indem er von dcr Berusung des
StaatSministers v. Schmerliug ausgeht, von
de» Hoftnungen, die man auf die Berusung
dieseS vvn der össenllichen Meinung getragenen
ManneS gesetzt hal, desjen Traditionen eine
Bürgjchast dajür boten, daß die liberale Strö-
umug gestegt habe. DaS Vertranen des Haujes
sei diescm Manne cntgegengekommen, denn von
seiner Thatkrast erwartcte man die Vollendung
deS bcgonnenen WerkeS; seither abcr sei daS
Rcich in seiner Machtstcllnng nach Außen
ivicder gcsunkcn. DaS VcrfassungSleben habe.
zwar durch den Einlritt der Siebenbürgcr
einige Krästigung crfahren, damit seien aber
auch alle Schritte erschöpst, die zur Durchsüh-
rung der Reichsvcrfasjung untcrnommen wur-
den. Die Hälste des RcicheS crsreue sich keincS
VersassungSlebenS, sür daS Unterrichtswesen
sci noch wenig gcschehen; in coufcssioncllen
Angelegenheitcn seien jene Aenderungen noch
nicht eingeführt, die schon seit drei Jahren alS
nolhwendig bezeichnet werden; man lönne sagen,
daß daS staatsschifs nicht vorwärts gekommen
sei, eS drehe sich im Krcije. Der AuSschuß
glaudte daher ossen und wahr, bcrichtigend und
mahnend die Thronrede beantworten zu müssen.
Rrdner «erliest hierauf den Wortlaut des Ent-
wurfes, dcssen Annahme er dcm Hauje cm-
psiehll. (Während der Rcde deS Berichtcrstat-
terS haben Minister Graf Menödorf in Beglei-
tung dcS Ministerialrathes v. Biegelebcn, fcrner
Minister Burger am Minisiertisch Platz genom-
men.) — Für die Gencraldcbatte sind cinge-
zcichnet: Gegen den Enlwurs: Abg. Mendc.
Für dcn Entwurf: Graf KinSky, Dr. Bcrger,
Skene, Obert, Sadil. Abg. Mende will die
Krciheit, aber nicht die Ueberstürzung. Vieles
müsse nvch in Oesterrcich geschchen und die
Thronrede biete einc tröjtliche Gcwähr, daß die
Regiernng nicht die Häude in den «-chooß legen
werbe. Er könne sich die Vcrsajsung nicht au-
der« dnrchgcsührt denken, als durch die jährliche
Einderujuug dcS engcren ReichSrathS wie dcS
ungarischen Landtages, dem daun der Zusam-
mentritl dcS GcsammlreichSrathS folgen und
nicht, wie seithcr, vorauSgehen müffe. Es
machtcn sich Stimmen dahin gcltend, daß diese
Scparirung der Einbcriisung alS Concession
sür Ungarn zu betrachtcn sei. Dagegcn habe
er Nichts, denn seit Jahren habe er keincn
innigeren Wunsch, als dic friedliche Löjung der
ungarischcn Frage. Aber die chisyer gemachten
Schritle jeien für die Einigung doch weitauS
nnzureichend, und er ivüujche, daß auSgicbigere
Schritte iinternommcn werdcn, nämlich die
Aushcbung der Militärgerichte, die Freigebung
der Presje, Einberufung dcs Landlages auf
Grnnd des derzeitigcn WahlgesetzeS und die
Vordcrcitung bcsriedigender Borlagen. Dabei
möge man die Wahlen nicht bceinflussen.
(Bravol) Man bedenke, daß man mit einem
Volke zu thnn habe, welches durch 16 Jahre
dem übrigcn Ocsterreich enlsremdet war, mil
eincm Volke, das an srjnen altehrwürdigen
Znstitutionen hält nnd mit treucr Liebe an

aufgegeben worden. Dte Darstellung dcr übrigen
Verhältntsse soll alSdann später durch baS statistische
Bureau deS großh. HandetSministerinmS bearbritet
werden.

Zur fichern nnd leichten AuSscheidnng der hierbet
ntcht zn berucksichtigenden Abwesenden tst nach dcm

Die Spalte 10 dagegen, in welcher die unter
14 Jahrc altcn zu bezeichnen sind, ist nur zum
Bebufe der Darstellung der ZollberechnungS-Be-
völkerung eingesügt, indem aus der Spalte dcS
GeburtSjahreS nicht gcnau dir läjährigen zu er-
mitteln sind. Es sehlrn nämlick, wenn man mtt
dem Zahre 1851 dte Grenze wähien wollre, dic
vom 3. bis 31. December 1850 Gebornen.

Um derartige Lücken zu vcrmckden oder mögiickst
zu mindern, wird in einigen Ländcrn gcnau am
31. December gezäblt; in andercn möglichst nahe
an drmselben. Die Rücksichr aus dir Thätigkcit allcr
Behörden am Jahreesckluß hat in Drukschland einen
srüheren Termin wählcn ioffcn. Daß übrrall eine -
so späte und ungünstige AahreSzcit gcwäblt wird
und ntcht etwa der Sommer, «o die Tage lang, i

seinem engern Vaterlande HLngt (Bcifall), aber
doch sich deS ZusamuienhangeS mit dem großen
Gcjammt-Vaterlanbe bewußt ist. Solle die
Enlscemoung nicht gchvbeu weroen? Dazu sei
jctzt die höchste und güustigste Zeit. Abg. Graf
HinSkh bespricht gleich EiugangS seiner Rede die
Hinanziage des Reiches. Der Zustand deS Rei-
chcS ist ein trauriger. Dem Wortc, daS man
cinmal leider von der Ministcrbank zu HSren
bekam: „Wir können wartenl" töne jetzt der
Rus entgcgcn: „So kann es nicht mehr sort-
gehcn! (Bravo!) Sehen wir unsere Finanzen
an, so können wir die eigenthkmliche Erfahrung
machen, daß Marocco billigereS Gelb' bekommt
alS Oesterreich (Heiterkeit), abcr es tretcn be-
kanntlich auch Fällc ein, in deuen'Oesterrcich
gar kein Geld erhält. Redner deutet weiter an,
daß ber Verdacht vorliege, man wolle § 62 der
Bankstatuten umgchen, wodurch die Herstellung
der Valuta auf's Aergstc couipromitlirt würde.
Znr auSwärtigen Politik übergehend, schreibt
Redner ihr einen Theil der Schuld an unjerer
traurigen Lagc zu. Die italienische Frage sei
ungelöst, kcine Aenderung wahrzuiiehmcn; man
stütze Zntercssen, die mit dem AbjolutiSmus
ziisammcnhängcn. Nach dcr disherigen Führung
unserer aliSwärtigen Politik konnten wir keinen
Crchit habcn. Wir siud immcr nur ansgezo-
gen, um oas zn Stande zu bringen, waS wir
nicht wolltcn. Wir haden unS zu dcn bekann-
ten scchS Punktcn verwenden lassen, um später
in Galizien den Belagerungsznstaiid zu procla-
mircn. Wir sind nach Franksurt gezogen, um
den DualismuS in Ocslcrreich zu bcfördern;
das BundeS-Rcformproject, das zn Stande
kommen sollte, ist glücklichcrwcijc cineS überauS
natürlichen Todes gestorben (Heiterkcit.) lliach-
dem Redner noch die Ausliesernng von Jnter-
nirten, die ohne Bewilligung oeS ReichSralhes
vorgenommcue» Maßregeln und Ausgaben
u. s. w. getadelt hat, schiießt er: Endlich ein-
mal müssen die Wortc aufhörcn und dic Thaten
beginnen! DiescS Haus muß endlich seine
iLchuloigkeit thun, indem eS an jeine Bewilli-
gungen dic entsprcchenden Bedinguiigen knüpsi!
(Lebhaster Beijall.) Abg. Berger niinmt daS
Wort, (Die Sitzung daucrt fort.)

Wien, 1. Dccdr. Zm AbgeordnctenhauS
wurde heute die Debalte forigesctzt. Der
Staatsminister v. Schmcrling erklärte bei der
Stclle dcs Adrcßcutwurss über dic Bcriifung
deS venetianijchcn, deS galizijchen und dcS un-
garijchcn LandtagcS: DaS Statut sür Lvmbardo-
Veueticn sei ausgearbeilet und könne ins Leben
lrctcn, wenn der geeigncte Zeitpunkt gekommen
sei. Jn dcm Wunjche, dic ungarijche Frage
bald auf eine besriedigcnde und friedliche Weije
gelöst zu jehen, begegneten sich das Ministerium
uud dic VoikSvcrtretung vollkommen. Die Re-
gierung müsse aus dic Wahlen in Ungarn ein-
wirken, zumal da auch die Gegner nicht un-
thätig seien. Eroßc StaatSrechtSfragen würden
nicht durch Gcfühlspolitik gelöst. Die unga-
rische Frage könne nur nach ruhiger Vorbcrei-
tung gctöst werdcn. Schon jetzt sei eine Mä-
ßigung in Ungarn eingelreten, welche in nicht
ferner Zrit die Berusung des Landtags ermög-
lichen wcrde. Die Regierung wolle Ungarn

die Wege gut sind, ist darin begründet, baß im
Winter dte Bevötkcrung am stationärsten ist, d. h.
daß alsdann die geringste Zahl von Personen aus-
wärtS in Arbeit, auf Gefchästs- und Vergnügungs-
reisen >c., sondern möglichft J-dermann an seiiiem
gewöhnlichen Wohnplatz sich befindct.

W-gen der Gebändeliste, aus d-r Titelseitc

sostcn, daß an dcn betrcffcneen Stcllcn der Natur
ber Dinge und Bcgriffe nach keine Einträge statt-
finden können. Bei bem gertngcn Ranin konnte
aber (wie so oft in Tabellenschemas) tn dem
Vordruck hicrauf nicht besonberS verwtcsen, und
sollte auf dtkse Weise irrigen Etnträgen vorgrbeugt
werden.

Di- gclungene Anssnbrnng cinrr »ollständigen
Volkszählung gehört tmmer mehr zu ben Ehren-
punkten eincs StaateS. Möge das badtscke Volk
die thm gcstrllte Aufgabe gewisscnhast erfüllcn und
zu anderen Beweiscn setner sortgeschrittenen Btldung
auch dtesen iügen. Jever Einzrinr kann srin Scherf-
lcin zu dirsem Werle bettragrn, indrm er mit Sorg.

nicht contumaciiren, sondcrn versöhnen; fle
werde dem Lanbiagc daS weiteste F-ld der De-
baltc über die Berfaffungsfrage gcstatten und
sich freuen, annehinbare Beschlüffe deS ungari-
schen Landtages entgegenzunehinen. Aber nur
aus vkrsassnngSmäßigem Wege könne cine Ver-
fassungSrevision staltfinden. — Hierauf wurbcn
die beirestenden Absätze mit einem Amendcment
Kaiserfcld's, wciches die Bestimmung deS Zeit-
punkteS der LandtagSberufungen bcseitigt, an-
geuoinmen.

Wien, 1. Decbr. Dic heute beabstchtigte
Jnterpellatiou bezkglich der Bnndcstruppen in
Holstein ist zusolge des Ersnchens und der
Mittheilungen deS Ministeriums in der Adreß-
commission untcrbiieben. DaS Standrccht in
Friaul ist aufgehoben.

Fr a n kr e i ch

Paris. Der Proceß der Dreizehn ist
wegen Erkrankllng des Advokaten Marie biS
Mittwoch vertagt worden. Wie natürlich, bildet
dcr Proceß daS allgemeine Tagesgejpräch, da
er die brennendsten Wunden deS Kaiserrcichs
berührt. Schon stnd namentlich einige Aeuße-
äungen von Garnier-Pagcs in Aller Munde,
so z. B. folgcnder Zwtjchenfall: Dcr Prästdent
sragt G.-P.: „Sie selbst smd in den Departe-
ments herumgereist?" G.-P.: „O ja, und ich
habe mich übcrzengen könneu, daß die Bcvöl-
kerung überall daS Haupk beugt uuter dem
Drucke." Der „Monileur" bringl mit grvßer
Unpartelllchkeit die vollständigen Verhand-
lungen.

Paris» 1. Dec. Nach dcm heutigen Wochen-
ausweis dcr sranzösischen Lank haben zugenom-
men der Baarvorrath nm 9 Mill., der Roten-
umlauf um 9>/z Mill., daS Gulhaben des
Slaats um 6>/z Biill. und das Conto.Corrent
sür Private um 12 Mill.; dagege» abgenom-
mcn das Pvrleseuille um 7>/« Mill. und die
Vorschüsse aus Unlerpfänder um 1 Mill.

E ii g l a u d

Loudon, 30. Novbr. Eiue Privatdepesche
vvn Rew-Hvrk jagt, daß der jranzösijche Ge-
jandte eine Unierredting mit Hcrrn Scward
belrests deS FriedeuS gchabt hat, u»d demsclbcu
den lebhafte» Wunsch des Kaiscrs ailsgesprochen
hat, dcn Frieden wieder hcrgestcllt zu sehen.
Hr. Scwarv bat den französiichcn Gejandten,
wieder zu kommen.

Lonvon, 1. Dec. Lord Zohn Russel ant-
worlete am 25. Nov. auf daS Manijest, welches
den verschicdenen Mächten von dcn Agenten der
conjödcrirten Staaten mitgelhcilt tvorocn ist. —
Dcr cngiische Minister deS Auswäriigen beginnt
damit, Len Empsang der Copie deS vom Con-
gretz der sog. consöderirien Staaten von Ame-
rika ausgegangeiien ManifestcS zu erklären,
dann sährt er in folgender Weise fort: Die
Regicrung Zhrer Majestät dedaucrt sehr dle
Verlängcrung des KampfeS zwischen den Nord-
staaten und den Südstaaten der frühcr vere;-
nigten Repubiik von Nordamerika. — Ein e
kurze Zeilperiode ausgenommen, ist Großbri-
tannien scit 1783 durch srcundschaftlichc Be-
ziehungcn ebenjowohl Mtl den Nord- als mit

falt ber kleinin Mühe der AuSsüllnng der Llste
oblicgt. _

" Literarisches.

Pharus

am Meerc dcS LebcnS
ist eine Erscheinung, dle nun schan in siebrnter Auf.
lagc bei Bädeckcr in Jserlohn dic Prcssr verlassen
hat und in Wirklichkelt cine Anthologie für Gcist
und Herz gcnannt werdcn kann. Di- stnnigften,
wahrheitvollstcn Gedankcn, Sprüche und Sentcnzen
find tn obigem Wcrkchen, welchcs fich aks einc
vorzügltche WeihnachtSgabe cignet — zusammen-
gestellt, und die äußere ElnrtchHng drS Wrrkchens
in solch praktischer Wrise auSgeführt, daß dir Ge.
genständc, über wclche überhaupt von den bcrühm-
testen Schrtststellern rin Sinnspruch von Bedcutung
zu findrn — in alphabrtischcr Reihe sich folgen.
Wir könncn dte Schrift auS voller Ueberieugung
ntcht nur als rtnes der werthvollstrn G-schenk-,
sondern drn Jnhalt drrselben auch Jedermann zur
B-Herzigung rmpfrhlen.
 
Annotationen