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Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

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Nr. 283-308 December
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D e » t s ch L a ii d.

— Mannheim, 11. Dez. Währen'd des
Schulresvrmstreiles haden die ultramontan ge-
särblcn Bläller unseres Landes, im Jnteresse
der beabsichtiglcn Gründung von Psafsenschulen,
sür eine uubedingle Freigebung des UnterrichtS
sich auSgejprochen und zur Unlerjtützung ihrer
'Ansichl sich aus Krankreich beruscn, wo kein
Lchulzwang und keine staatliche Leilung deö
Schulwesens bcstehe und dcnnoch die Cultur
oer Bcvötkcrung ebenjo hoch, wo nicht höhcr
stehe als in Deulschlanv. Lcrgebcns hat man
oagegcn nachgewiesen, daß bezüglich der Schul-
bildung jene Behauptung ganz salsch sei, daß
im Ciegcntheil mehr als die Hälsle der Ein-
wohner Frankreichö weder lesen noch schreiven
kaun, uno daß jenem gcrühmlen Cullurstaate
ebcu doch die solioe Grunolage fehle, deren die
deulschen Staalen sich rühmen können. Jetzt
erhallen wir anS Frankrcich sclbst ein beachlens-
wcrlhcs Zcugniß sür die Güle unserer dcutschen
Staalseinrrchlungen in Bezug aus das Unler-
richtswesen. Der Unlerrichlsminister Duruy,
der ohne Zweiscl zur Eiusichl in den Schaden
Jojeph's gckommcn ist und die einzige Earan-
tie sür die Dauerhasligkeil dcs Slaaiswohles
in der aus der Volksschule hervorgewachsenen
Bildung des Lolkes erkennt, beabslchtigt, wie
wir aus guler Quclle vernchmen, die Einsüh-
rung deS allgemeinen, obligalorischcn Unlerrichts
in Frankreich. Während also der „Cullurstaat"
Frankreich sich uicht schämt, uusere von ihm
sür gut erkannten Staalüeinrichtungen sich zum
Muslcr zu nehmen, wagt es in unserer Mitle
eine bekannle Parlei, die unter dcmokratischer
Fahne sür hierarchische Zwecke kämpst, mit Be-
rusung aus sranzösische Schcinbiloung den Wie-
dereiubruch einer Cieistesnacht vorbereitcn zu
helsen, in welcher freilich der von dem Psasfcn-
thum auszustreuende Samen am vortrcfslichsten
gcdcihl. Allein es wird ihnen nicht gelingen.
„Dumm machen lassen wir uns nichl; wir
wisjen, daß wir's (nach der Absicht gewisser
Leule) werden sollcn." Es isr daher die ver-
dicnslvollste Ausgabe der badischen Pressc (wir
meinen nicht die in Mannheim erscheineude),
den verkapplen Dunkelmännern die Larve ab-
zureißen.

x x Heidelberg, 12. Dez. Die vor-
gcstrige Nummer der Eazettc de France gibt
nach Bricsen aus N o m Aufschluß über dic
Gründe, welche den russischen Throusolger ver-
hindert haben, die Hauplsladl des Kirchenstaates
zu besuchen. Man kennt, so hcißl es in diesem
Schreiben, die vielfachen Bemühungen der rus-

Kohlenorydgas Erftickten (sowie auch bei scheintodt
gcborenen Kindern) einnimmt, während dieselbe

ResulHate zeigt. Das Wesentliche diescr Methode

ZwerchfeU herablaufen, und der Bewegung dieses
Haupthemm-MuSkels vorstehen, durch einen kräf-
tigen elektrischen Strom rhythmisch reizt, um so
cine künstliche Ausdehnung der Lungen und das
Einströmen atmosphärischer Luft in dieselben zu
bewirken. An Tbirren sind diese Versuche, so weit
es dem Lortragenden bckannt, noch nicht gemacht
oder wenkgstens sind die gemachten nock nicht ver-
öffentlickt worden; der zartere Organismus klei-
ncrer Thiere, wie Kaninchcn, mackt dicse Versuche
schwierig. Zu einem solchen Versuche wurde nun-
mchr gcschritten. Ein Kanincken, dem zuvor zu
beioen Seiten deS Halses die FeUhaare (als schlechte

eincu Glaskastcn gesetzt, in welchen durch rine
Kautschukröhre Kohlenorydgas einströmte. Daburch,
daß hier daS giftige Gas nicht allmälig, sondern

ziemlich schnrll zugrführt wurde, traten dte schon

fischen Regierung, damil der römische Hof, dem
Beispiel der übrigen Souveräne folgeno, die
Sache Polens ausgebe, s«wic dcn glorreichen
Wioerstand, mit welchem der evelmüthigc Päpst
Pius IX. das einzige Qrgan der Märlyrernalion
geblieben ift. Kürzlich wanoke sich nun Herr
v. Meyendors an den Cardinal Antonelli und
sogar an ven Papst, um daS Versprechen zu
erlangen, daß man zum wenigsten während der
Anwesenheit des Czarewilsch sich keincr Mani-
festation überlasse. Der heilige Vater habe aber
auch dicft zeitweilige Verläugnung seiner Hel-
denkinder in Polen verweigerl und erklärt, er
werde sich dcs verfölgtcn römisch-katholischen
Clerus in den sarmalijchen Gebieten und der
schnöde mißhandelten polnischen Nalion jeder-
zeit annchmen. Jn Folge dieser Antwort aus
die Eröfsnungen wieyencorf'S crhicll der russ.
Thronfolger den Besehl, Nom nicht zu be-
juchen. Der Czarewitjch wird vorderhand in
Lurin verbleibcn, wo er das fatale Wort
^„Poleu" nicht vernehmen wird. — Die näm-
liche Gazetle oe France berichtel, der Bischos
von Orleans, Herr Düpanlonp, jci neultch
wieder iu Paris gewesen. Er bechrte mit einem
Besuchc die Gcjellschast der „gulen jungen
Leule" der Slraße de Cajette. Er ermahnte
sle, dem wahren katholijchen Glauben lreu zu
bleiben und die gesähriichen Zerstreuungen des
moderneu Babylon zu füehen; mehrere dersel-
bcn joll er ausgesordcrl haben, sich dem päpst-
lichen Kriegsdleuste zu widmen und heloen-
mülhig wie weiland die Makkabäer sich für das
in semen Besugnissen und Gerechtsamen bc-
drohte und gekränkle Oberhaupt der Kirche
zu schlagen.

Qffenvach, 12. Dec. Jn dem benachbarten
Orle Mühlheim wurden gcstern Abeud gegen
11 Uhr zwei junge Männer von zwei hier
stationirlen Gcndarmen. aus der Slraße er-
jchossen. Der Grnnd zu dieser That ist unS
zur Zeit noch unbckannl; doch werden wir
Vtäheres oarüber berichteu. (F. I.)

^eipzig, 8. Dec. Die Zahlungsetnstellun-
gen sahreu sort, die Geschäsiswelt zu beunruhi-
geu; in Loudon haben Eyieö, EvauS u. Comp.,
Seioengeschäsl, mil 200,000 Psv. Sl. Passiven
ihre Zahlungen eingestelll; desgleiehen das ost-.
indijche Gejchäsl von Wilson, BorleS u. Comp.
mil 200,000 Pfd. Sl. Die sallüe Husebyer
Eiseuhülte in Slockholm hat 4,560,000 jchwed.
Thaler Schulden. Jn Wien hal der Leinen-
warenhändler Johann Wladislaw mil 180,000
Gulden Passiven seiue Zahlungen eingestellt
(170,000 sl. angeblichc Aellva). Zn Neichen-
berg haben die Tuchfirmen Aulon Posselt Sohn,
Jojeph Schulze Sohn und Franz Walznauer
suSpendirl. (Dljch. AÜg. Zrg.)

München, 5. Dec. Der „Schw. NLerk."
gibt folgcuben Nückblick aus die Lebensgejchichte
des Hcrrn v. d. Psordleu: Derselbe ist der
Sohn eines bayerischen LandrichlerS, wurde sehr
srühe Proscssor oer Nechtswisscnschasten in Würz-
burg, und als solcher wegen polilischer Anschau-
ungen und Aeußerungen von dem Ministerium
Abel entsernt und zum Appeürath ernaunt. Von
da wurde cr Prosessor dcs römischen Nechls an
der Universitat Leipzig. Wiewohl er hier als

zuvor geschilderten Erscheinungen auch ziemlich rasch
ein. Nach circa eiuer Minute begann das Thier
unruhig zu wcrden, bald fing eS an zu zittern,
die Ohren spitzten sich, die Pupillen erwetterten
sich, die Respirationen wurden langsam und müh-
sam, bis das Thier hinfiel und -nscheinend leblos
liegen blieb. Hirrauf aus dem Glaskasten entfernt,
gab rs keine Zeichen drs Lebens von sich, die Glir-
der hingen schlaff herab, es reagirte auf keinen
Reiz, die Athmung hatte aufgehört und die Herz-
schläge waren nicht mehr zu fühlen. Es wurdrn
hierauf zwei mit dicken Schwammpolstern versehene
Elektroden auf betden Seiten deS Halses in der
Gegend des Verlaufs ber Zwerchfellnerven angesetzt
und ein mäßig starker, schnellschlägiger, secunbärer
Jnductionsstrom durch dieselben geleitet. Die Ret-
zung vaucrte jedesmal circa 2 Secunden und wurde
dann auf einige Secunden wieder unterbrochen.
Schon nach kurzer Zeit begannen leichte, aber
noch unregelmäßige Zuckungen des Zwerchfells, von
Zuckungen der Nackenmuskeln begleitet; die Zwerch-

ger; dae Lhirrchen ftieß einen durchbringenden
Schrei aus — und war gerettet. Bald machte es

Celebrität geschtet und sonst in den glinzcnd-
stcn Verhältnisscn lebte, jo zog er es ooch vor,
dic slaalSmännischc Lausdahn zu bclretcn, und
errcichtc in Kolge desse» ciiicii Ministerhoftsn
in DreSden. Hier gerirle er sich b-sonders iin
Jahr 1848 als dcn deniokralischen Anjchauun-
gcn aujrichtig ziigelyan, und es ift nainentlich
jeine Rcde, worin er die arijlokratischen Lci-
sassungen und Regicrungcii als unzeitgemäß
bezeichnete, noch heule viclsach bekaunt. Lon
Drcsdcn kam -r als Ministcr deS Aeußern im
Zahr 1848 nach Münchcii, wo er biS zum
Mirz 18S9, dem Zeilpunkt seiner Erneiinüng
zum Lundeslagsgcjaiidlen, jeiiicn Posteii be-
hauplcte. Es war dies eiue Periode traurigcr
vieaklion im Juiicru, uud man hal Areiherrn
v. d. Psvrdlcn nainenllich dcshalb eine große
iviiljchuld bcigeincssen, wcil er den Handlungen
dcs damalige» Miiiisters des Jnnern, Grafen
v. Rcigersberg, nichl mit Eiillchiedcnheit eut-
gegcnlral, soiidcrn diesclben unlerstützte. Be-
jonderS wird ihm zum Vocwurs gemacht, daß
er Haud an dic Versafsung durch Bejeiligung
des aus dem Jahr 1848 stammciiden Landlag-
ivahlgejetzeS uno Oclroyirung eineS neucn habe
legcn wollen. Sci» Ruf alS Minister deS
Aeußerii hat haupljachlich durch die allbekannte
Aclion in Kurhessen gelillc», welche den dahe-
rijchcn Naincn befleckle. Außerdem lasten aus
ihm dic bcgrüiidetcii Anschuldigungeii, daß er
uud jeine damaligen Eollegen Slaalsuiiteriich-
umiigen ausgeführt habcn, zu wclchen vou ocn
Kammerii die Biiltcl lhcils nicht bewilligt,
IhcilS direct versagk waren. AuS dicjen Grün-
deu destehl in Bayern cin kaum uiigcrechksertig-
teS Mißlraueu gegeu oie fernere Wirlsamkeil
deS neuernannteii Ministcrs. Andererjcils ist
über die hervoragcnde Begabung dcssclben kein
Zweisel, und man darf alö wahrscheinlich an-
iichmen, daß Frhr, v. d. Psordlen dcn libcralcn
Maximcn icincr gcgeiiwLrligcii Collegcn nicht
enlgegcntrele» werde. Die Hauplltippe, an
welchcr. er früher scheiterle, scheint cinc allzu-
große Eilclkeit gewcseii zu sein, in Folge dcren
er jich iiül dcm Wuiisch, in dcr Aristokralie einc
yervorragende Stelle zu dehauplcn, zu übertrie-
dener Nachgiedigkeit gegen seineii hochadeligcii
Amlsgenosscii verleiteii ließ. Gerade die Aii
stokralie war cs aber, die ihn im Zahr 1889
als eineii Empvrkömmliiig am hcfligsten »cr-
solgte.

S ch lv e i z.

Basel, 7. Decbr. Der hiestge große Nath
hat oic gänztiche Abschaffung oer Ketlenstrase
bejchlossen, unv zwar nüt 33 gegen 24 Stim-
meu. Eben so beschtoß man, die jetzt mit
Kelten behasleten Sträftinge dersetben zu ent-
ledigen. Ferner bcstimmte man ein Maximum
der Einzelhaft auf zwei Jahre.

Z t a L i e tt

Turin, 9. Dez., Abends. (Senat.) Herr
Vaterio bemerkt, daß die Piemontessn ftets
die Ersten waren, sich allen Opfern zu unter«
werfen und die Minifter zu den Bewaffnungen
für daö Wohl Jlatiens anzutreiben. Er be-
schwert sich über oas Negierungssyftem, welches

auch Versuche, sich aufzurichten, und nach einigen
weiteren elektrischen Reizungen stand'eS wteder auf
den Beinen; es zitterte und zetgte noch eine un-
ruhtge Respiration, dte abcr ohne weiteres Zuthun
fich regette, so vaß daS Thier bald im weiteren
Verlaufe der Sitzung munter auf dem Tische um-
hersprang. Der Versuch dauerte im Ganzen elwa
fünf Minuten und war sehr instructiv, bcsonders
als erster öffcntlicher Versuch in dieser Frage; all-
gemeiner stürmisches Betfall folgte demselben.

(Schluß foigt.)

(Sport.) Wie Bell'S Life meldet, hat Herr
Iackson von Fairfield das, früher mehrmals ge-
nannte, Rennpferd „Blatr Athol" für 7500 Gui-
neen (also über 94,000 st.) gekauft — die größte
Summe, die jemals für einen Renner gezahlt
worden ist.

Wien. Die Renovirungsarbelten und die Her-
stellung der Thurmspitze an der Stephanskirche
haben bis jrht einen Kostenaufwand von mehr als
vier Millionen Gulden erfordert.
 
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