IA; 2NS. Dienstag, 20. December LL L8S4.
* Politische llmscht».
Der „Augsb. Allg. Z." wird aus Huunovcr
von eiueui schreibcu dcs juugen Köuigs vou
Bayern au dcn König von Hanncvcr Mitlhci-
lung gcmacht, welchcs kurz nach dcr vcrhäng-
nitzvollcn BnndeSlagSsitzuiig vo»i 5. d. dasclbst
ciugetrofstn sein soll Uebcr dcn Znhalt dieseS
>schreibcns erzählt man sich, dah cs hervorhcbc:
wic sehr durch die" nenestcn Vorgängc in der
schlcswig-holsteinischen Angelcgenheit den Für-
sten der dcntschcn Mittelstaatcn cin iuniges
Aneinanderschließeu an daS Herz gelegt werde
— sowohl zur Wahrnng ber gemeinsauicn
Stellung in Deutschland gegenübcr den dcut-
schcn Großmächtcn, als auch zu cincm kräjtigen
Zusammenwirken für das gute Rccht der Hcr-
zozthümcr. Mit besonderm Rachdruck Lußere
sich in scincm Schreibcn, so wird versichert, der
jungc Köuig »on Baycrn, baß er scst cnt-
schlossen sei, silles auszubictcn, IIM cine Löjung
der hochwichtigeu schleswig-hotstcinischcn Arage
im nationalen Sinn herbcizusühren, und daß
er sich in diejem Ziel vollkommen cinS wisse
mit scinem Volk! Dcr Schlnß deS Schreibens
enthält die Bittei Hannover möge gemcinsam
mit den deutschcn Fürstcn, welche znm Anjchluß
gencigt scien, dicjenigcn Schriltc, nanicntlich bci
dcr Buiidcsversauimlung, lhun, welche dcn Jn-
tcrcsseu bcr Herzvgthümcr sörderlich scien. Eiuc
im Wiscntlichen zustimmendc Antwort unscreS
Königs soll bcrcits crfolgt jein.
Zu Bayern ist das Miiiistcriuin ernstlich
damit beschäfligt, das gcsamiiitc Volksschnlwijen
einer durchgreifenden Reform zn unt rziehen.
Zunächst wird cine Resorm der zur Heran-
bildung der Volksschullchrer dcrzci! bcstchendcn
Anstaltcn uud Eiiirichtungen vorbercitet; es ist
in oiesem Bctreff vor Kiirzcm an sämmtlichc
Kreisregierungkn der Anftrag ergangen, stch
gutachtlich darübcr zn äußern.
Uebcr einc Vcrständigung der Mittclstaaten
wird auch dcr „KarlSr. Ztg." von Wicn bc-
richtet: „ES wird uns bestimmt vcrstchcrt, —
Miid dieje Versicherung wird auch durch die
ncucsten Münchciier Erkläriingeii nicht wider-
legt —, daß Baycrn ausgesprocheuer Maßen
die Abstcht habc, eine Berathuug uud cveutucll
eine Bcschlußfassung dcr nicht großmächtlichcn
Buudesstaatcn in demsclben Augciiblick zu vcr-
anlassen, wo entwcder dic Vcrhandluiigcii zwi-
schcn Oesterreich und Preiißen übcr dic schlcs-
wig-holsteinische Augelcgenheit cinc Weudung
nehmen solltcn, welche für dercn beschleunigtc
Erledigung keine Hoffnung mehr licßc, odcr wo
diese Verhandluiigen in ein Resultat auSlaufen
würden, welches als den berechtigten Forderun-
gen Deutschlands und Schleswig-HolsteinS sclbst
entsprcchend nicht erachtet wcrden könutc. llnd
darin, wird hinzugesügt, hätte stch Bayern schon
jetzt der Zustimmung Sachsens versichcrt."
Das nltramontane „Mainzer Zourn." kommt
bezüglich der Wahlresultatc in Rassau zu sol-
gcndem Schlusse: „Wir gehc» schrccklichen Zu-
ständen, wir gehen, wenn uns nicht ein gütiger
Gott ans der schweren Roth errettet, einer
wahren Schreckensherrschafl der Fortschrittsad-
vvcatcn cntgegcn."
Der Ausjchuß dcS dentschcn ReformvereinS
zeigl das Aufhören des „WochcnbiatteS" mit
Ende d. I. an, vorbehaltlich des demnächstigen
ErjcheinenS eines anderen periodischen Organes.
Zn Leipzig erjchcint von Reujahr an ci»
nencS großdeutschcs Biatt untcr dei» Titel:
„Leipziger Abendpost".
Der Termin für die Einführnng deS nrueii
preußijch-sranzösischen Handelstarjs« ift, wie die
'„H. N." berichten, definitiv auf den 1. Juli
1865 bestimmt.
Dic iiiiinstericllc CristS in Spanicu ift be>
cndet Das Ministerium Narvacz übernimint
die Vollmachten wieder ohne cinen Wcchsel in
den Personen.
Jii Toscana circuiirt einc Bittschrift an den
König, daß bei Gelegenheit der Verlegung der
italienischcn Hauplstadt die Todesstrafe im
ganzen Königreiche abgeschafft werde. Die
Bcwohner des chemaligcn HcrzogthuniS könn-
tcn sich nicht daran gcwöhnen, baß dlc vcrab-
schente Strase bci ihncn wiedcr eingesührt würde.
D e « t s ch L a tt
— Mannheim, 18. Dez. DaS erzblschöfl.
Anzeigeblatt v. 14. Dez. (s.Freiburg)briugt eine
von dem Ordinariat ausgegangene „I nst r u k-
tion sür den Ortsgeistlichcn, die kirch-
liche Leitung der religiösen Erziehung
und Bildung in den katholischen Volks-
schulen betreffend." Dieselbe bezeichnct
genau die Stellung, welche die Geistlichkcit zur
(Lchule einnehmen soll, und läßt sich in die
zwei Satze zusammensassen: dcr kathol. Geist-
liche soll von der Dolksschule als solcher und
von ihren Aufsichtsbehörden gar keine Notiz
nehmen, als ob sie nicht vorhandei^wären ; da-
gegen soll er mittelst des Religionsunterrichtes
und der Ueberwachung dcr religiösen Erziehung
einen direkteu Einfluß nicht allein auf die
Schuljugend, sondetn auch auf die Lehrer ge-
winnen und beide mögUchst abhängig von sich
machen. Die Jnstruktion weiß von keinem
Schulgesetze und fragt nichts nach einem solchen,
sonderu sie macht von der der Kirche auf dem
religiösen Gebiete zustehenden Freiheit und
Machtvollkommenheil auch der Schule gegen-
über eineu so undeschränkteu Gebrauch, als ob
die ganze Ausgabe der Volksschule sich in der
religiösen Bildung zusammenfasse. Denn nicht
allein bei der Ertheilung des Religionsunter-
richts soll der Geistliche sich an die von dem
Ordinariat vorgeschriebenen Lehrbücher halten
(an welche natürlich auch der Lehrer gebunden
ist, weun ihm der Religionsunterricht übertra-
gen wird), sondern er soll auch „auf die in dcr
Schule überhaupt gebrauchten Lehr- und Lese-
bücher ein wachsames Auge haben und wahr-
genommene Uebclstände im Bcnehmen mit den
Eltern und dem Lehrer beseitigen." Hierin
liegt ein offenbarer Eingrifs in die Rechte der
gesetzlich bestellten Aussichtsbehörden der Schule
und ein höchst bedenklicher, zu allerlei Miß-
bräuchen führender Verkehr mit Eltern und
Lehrern, der um so weniger zu dulden ist, als
die gesetzlichcn Organe dabei umgangen werden.
Daß der Religionsunterricht vorzugsweise »dem
Geistlichen übertragen, demselben jedoch für den
Fall, daß er ihn nicht ertheilen kann, gestattet
wird, den Lehrer damit zu betrauen, entsprichl
nicht nur dem Geiste des Schulgesetzes, sondern
auch der dadurch begründeten thatsächlichen
Nothwendigkeit, wxlche so lange fortdauern wird,
alö der Grnnosatz der Communalschule nicht zu
seincm Rechte gekommen und folgßrichtig dnrch-
gefnhrt ist. Wenn aber die „Jnstruktion" die
Uebertragung des Religionsunlerrichts an den
Lehrer der Bedingüng unterwirft, daß letzterem
die Ermächtigung hierzu durch das Ordinariat
extheilt sein müsse, so ist dies eine Beschränkung
der gesetzlichen Bestimmung, welche der Dnrch-
führung des Schulgesetzes hinderlich werden und
dem Lehrer ällerlei Vexationen bereiten kann,
die aber schon aus dem Grunde nicht zu ge-
statten ist, weil sie dem Gesetze gegenüber eine
Willkürherrschaft begründet und die Staats-
ordnung illusorisch macht. Von der übermäßi-
gen und zweckwidrigen Ausdehnung des reli-
giösen Unterrichtes und der kirchlichenUebungen,
von dem täglichen Besuch der h. Messe Tcitens
der Schuljugend, von der drei- oder viermali-
gen Theilnahme derselben an dem h. Bußsacra-
mente und von der Zulassung mancher Kinder
zur Communion schon nach zurückgelegtcm elsten
Jahre ixollen wir, so tadelnswerth auch dieses
AÜes ist, ans dem Grund nicht weiter sprechen,
weil es die Schuje nicht unmittelbar berührt,
obwohl einen störenden Einstuß auf dieselbe
haben kann. Wenn dagegen die Jnstruktion
Der Proceß der Vreizehn.
(Schluß.)
Präs.: Wir laffen den Saal räumen, wenn sich
Manifestationen kund geben, und, wie ich schou
gesagt habe, wenn man von Freihett spricht, muß
man vor Allem das Verfahren der Gerichte re-
spectiren. — Picard: Jn diesem Augenblicke ist
von dem Recbte die Rede. — Cremieur: Und
auf diesrm Boden müssen wir immcr einig sein.
Präst: Dcr Hof kann auf eine abgemachte Sache
nicht zurückkommen. — Picard: Der Hof wriß
ja nicht, ich wiedcrhole es Ihnen, was wir vor
ihn bringen wollen!
Präs.: Lreten Ste in der Sache Iacquet auf?
— Picard: Ich werde sogleich dartn auftreten.
Für jetzt muß ich dem Hofe Anträge stellen. Wei-
gert sich derselbe, sie anzuhören?
Präs.: Gerichtsdiener! Rufen Sie die Sache
Iacquet auf.
Der GerichtSdirn er ruft: Die Staatsbehörde
gegen Iacquet.
Iacquet: Ich habe nicht zu antworten, da
Hr. Picard das Wort hat.
Picard: Der Hof weigert sich, meine Anträge
anzuhören — ich lege fie auf seinen Ltsch nteder.
Der Gerichtsdiener nimmt die Anträge entgegen.
Der Hof wetgert sich über die Eingabe der Anträge
Akt zu ertheilen.
Vertheidiger und Verurtheilte verlafstn dcn Saal !
in höchster Aufregung. Dieselbe tbcilt sich bald >
dem zahlreichen Publikum außerhalb des Sia!cs i
mit, und sett heute Nachmittag bildet das Urtheil !
das Tagesgespräch in Paris. Man beurthcilte bas- !
sejbe unb dtejentgen, welche es erlasscn, gerade
nicht in der mildesten Weise. Den Verurtheilten
bleibt jetzt nur noch der Eassationshof übrtg. Wenn
dersrlbe das Urthell nicht aufhebt, so wird eS nicht
allein mit der Wahlfreiheit in Frankreich — und
fie war jetzt schon nicht bedeutend — vollständig
ein Ende haben,.sondern dte dreizehn Verurtheil- -
teu, die Haupt'Lhefs der Opposition, finb auch
dem Sicherheitsgesetze vcrfallen, kraft deffen man
fie jeden Tag ohne jedes wettei'e Urtheil intcrniren,
eriliren, tranSportiren und deportiren darf.
Mannheim, 15. Dec. (Schwurgericht.) Die
heutigc Verhandlung bot ein recht anschäulicheS
Bild ciner seit mehreren Iahren grundsätzlich be-
tricbencn Ausplünderung der bei der hiefigen nir-
derlänbischen Dampfschifffahrtsgesellschaft ankom-
menden und von da abgehenden Waarencollis dar.
Der Gerichtssaal glich heute einem förmlichen Waa-
renlager, welchcs nach und nach von einem Be-
diensteten der genannten DampfschifffahrtSgesellschaft
hergestellt wurde. Seit längerer Zeit nämlich kamen
mehrfache Reclamationen über abhanden gekom-
mene Güter, beziehungsweise über Gewichtsmangel
bei der hiesigen Agen'tur der Dampfschifffahrtsgesell-
schaft ein, ohne daß es gelungen wäre, die Ursache
davon zu entdecken. Erst durch einen Zufall sollte
n.an dazu gelangen. Im Laufe deS vergangenen
Sommers wurde nämlich ein hiesiger, schon wegen
Diebstahl bestrafter Trödler, Peter Müller, des
Morgens um halb 4 Uhr von der Polizei betreten
und festgenommrn, als er eben im Begrtffe stand,
einen Sack voll roher Baumwolle, die er von zwet
Arbettern der erwähnten Gesellschaft, Wendelin
Dahl und Franz Krieger, um rinen kletnen Betrag
abgekauft hatte, nach Hause zu verbringen. Bald
* Politische llmscht».
Der „Augsb. Allg. Z." wird aus Huunovcr
von eiueui schreibcu dcs juugen Köuigs vou
Bayern au dcn König von Hanncvcr Mitlhci-
lung gcmacht, welchcs kurz nach dcr vcrhäng-
nitzvollcn BnndeSlagSsitzuiig vo»i 5. d. dasclbst
ciugetrofstn sein soll Uebcr dcn Znhalt dieseS
>schreibcns erzählt man sich, dah cs hervorhcbc:
wic sehr durch die" nenestcn Vorgängc in der
schlcswig-holsteinischen Angelcgenheit den Für-
sten der dcntschcn Mittelstaatcn cin iuniges
Aneinanderschließeu an daS Herz gelegt werde
— sowohl zur Wahrnng ber gemeinsauicn
Stellung in Deutschland gegenübcr den dcut-
schcn Großmächtcn, als auch zu cincm kräjtigen
Zusammenwirken für das gute Rccht der Hcr-
zozthümcr. Mit besonderm Rachdruck Lußere
sich in scincm Schreibcn, so wird versichert, der
jungc Köuig »on Baycrn, baß er scst cnt-
schlossen sei, silles auszubictcn, IIM cine Löjung
der hochwichtigeu schleswig-hotstcinischcn Arage
im nationalen Sinn herbcizusühren, und daß
er sich in diejem Ziel vollkommen cinS wisse
mit scinem Volk! Dcr Schlnß deS Schreibens
enthält die Bittei Hannover möge gemcinsam
mit den deutschcn Fürstcn, welche znm Anjchluß
gencigt scien, dicjenigcn Schriltc, nanicntlich bci
dcr Buiidcsversauimlung, lhun, welche dcn Jn-
tcrcsseu bcr Herzvgthümcr sörderlich scien. Eiuc
im Wiscntlichen zustimmendc Antwort unscreS
Königs soll bcrcits crfolgt jein.
Zu Bayern ist das Miiiistcriuin ernstlich
damit beschäfligt, das gcsamiiitc Volksschnlwijen
einer durchgreifenden Reform zn unt rziehen.
Zunächst wird cine Resorm der zur Heran-
bildung der Volksschullchrer dcrzci! bcstchendcn
Anstaltcn uud Eiiirichtungen vorbercitet; es ist
in oiesem Bctreff vor Kiirzcm an sämmtlichc
Kreisregierungkn der Anftrag ergangen, stch
gutachtlich darübcr zn äußern.
Uebcr einc Vcrständigung der Mittclstaaten
wird auch dcr „KarlSr. Ztg." von Wicn bc-
richtet: „ES wird uns bestimmt vcrstchcrt, —
Miid dieje Versicherung wird auch durch die
ncucsten Münchciier Erkläriingeii nicht wider-
legt —, daß Baycrn ausgesprocheuer Maßen
die Abstcht habc, eine Berathuug uud cveutucll
eine Bcschlußfassung dcr nicht großmächtlichcn
Buudesstaatcn in demsclben Augciiblick zu vcr-
anlassen, wo entwcder dic Vcrhandluiigcii zwi-
schcn Oesterreich und Preiißen übcr dic schlcs-
wig-holsteinische Augelcgenheit cinc Weudung
nehmen solltcn, welche für dercn beschleunigtc
Erledigung keine Hoffnung mehr licßc, odcr wo
diese Verhandluiigen in ein Resultat auSlaufen
würden, welches als den berechtigten Forderun-
gen Deutschlands und Schleswig-HolsteinS sclbst
entsprcchend nicht erachtet wcrden könutc. llnd
darin, wird hinzugesügt, hätte stch Bayern schon
jetzt der Zustimmung Sachsens versichcrt."
Das nltramontane „Mainzer Zourn." kommt
bezüglich der Wahlresultatc in Rassau zu sol-
gcndem Schlusse: „Wir gehc» schrccklichen Zu-
ständen, wir gehen, wenn uns nicht ein gütiger
Gott ans der schweren Roth errettet, einer
wahren Schreckensherrschafl der Fortschrittsad-
vvcatcn cntgegcn."
Der Ausjchuß dcS dentschcn ReformvereinS
zeigl das Aufhören des „WochcnbiatteS" mit
Ende d. I. an, vorbehaltlich des demnächstigen
ErjcheinenS eines anderen periodischen Organes.
Zn Leipzig erjchcint von Reujahr an ci»
nencS großdeutschcs Biatt untcr dei» Titel:
„Leipziger Abendpost".
Der Termin für die Einführnng deS nrueii
preußijch-sranzösischen Handelstarjs« ift, wie die
'„H. N." berichten, definitiv auf den 1. Juli
1865 bestimmt.
Dic iiiiinstericllc CristS in Spanicu ift be>
cndet Das Ministerium Narvacz übernimint
die Vollmachten wieder ohne cinen Wcchsel in
den Personen.
Jii Toscana circuiirt einc Bittschrift an den
König, daß bei Gelegenheit der Verlegung der
italienischcn Hauplstadt die Todesstrafe im
ganzen Königreiche abgeschafft werde. Die
Bcwohner des chemaligcn HcrzogthuniS könn-
tcn sich nicht daran gcwöhnen, baß dlc vcrab-
schente Strase bci ihncn wiedcr eingesührt würde.
D e « t s ch L a tt
— Mannheim, 18. Dez. DaS erzblschöfl.
Anzeigeblatt v. 14. Dez. (s.Freiburg)briugt eine
von dem Ordinariat ausgegangene „I nst r u k-
tion sür den Ortsgeistlichcn, die kirch-
liche Leitung der religiösen Erziehung
und Bildung in den katholischen Volks-
schulen betreffend." Dieselbe bezeichnct
genau die Stellung, welche die Geistlichkcit zur
(Lchule einnehmen soll, und läßt sich in die
zwei Satze zusammensassen: dcr kathol. Geist-
liche soll von der Dolksschule als solcher und
von ihren Aufsichtsbehörden gar keine Notiz
nehmen, als ob sie nicht vorhandei^wären ; da-
gegen soll er mittelst des Religionsunterrichtes
und der Ueberwachung dcr religiösen Erziehung
einen direkteu Einfluß nicht allein auf die
Schuljugend, sondetn auch auf die Lehrer ge-
winnen und beide mögUchst abhängig von sich
machen. Die Jnstruktion weiß von keinem
Schulgesetze und fragt nichts nach einem solchen,
sonderu sie macht von der der Kirche auf dem
religiösen Gebiete zustehenden Freiheit und
Machtvollkommenheil auch der Schule gegen-
über eineu so undeschränkteu Gebrauch, als ob
die ganze Ausgabe der Volksschule sich in der
religiösen Bildung zusammenfasse. Denn nicht
allein bei der Ertheilung des Religionsunter-
richts soll der Geistliche sich an die von dem
Ordinariat vorgeschriebenen Lehrbücher halten
(an welche natürlich auch der Lehrer gebunden
ist, weun ihm der Religionsunterricht übertra-
gen wird), sondern er soll auch „auf die in dcr
Schule überhaupt gebrauchten Lehr- und Lese-
bücher ein wachsames Auge haben und wahr-
genommene Uebclstände im Bcnehmen mit den
Eltern und dem Lehrer beseitigen." Hierin
liegt ein offenbarer Eingrifs in die Rechte der
gesetzlich bestellten Aussichtsbehörden der Schule
und ein höchst bedenklicher, zu allerlei Miß-
bräuchen führender Verkehr mit Eltern und
Lehrern, der um so weniger zu dulden ist, als
die gesetzlichcn Organe dabei umgangen werden.
Daß der Religionsunterricht vorzugsweise »dem
Geistlichen übertragen, demselben jedoch für den
Fall, daß er ihn nicht ertheilen kann, gestattet
wird, den Lehrer damit zu betrauen, entsprichl
nicht nur dem Geiste des Schulgesetzes, sondern
auch der dadurch begründeten thatsächlichen
Nothwendigkeit, wxlche so lange fortdauern wird,
alö der Grnnosatz der Communalschule nicht zu
seincm Rechte gekommen und folgßrichtig dnrch-
gefnhrt ist. Wenn aber die „Jnstruktion" die
Uebertragung des Religionsunlerrichts an den
Lehrer der Bedingüng unterwirft, daß letzterem
die Ermächtigung hierzu durch das Ordinariat
extheilt sein müsse, so ist dies eine Beschränkung
der gesetzlichen Bestimmung, welche der Dnrch-
führung des Schulgesetzes hinderlich werden und
dem Lehrer ällerlei Vexationen bereiten kann,
die aber schon aus dem Grunde nicht zu ge-
statten ist, weil sie dem Gesetze gegenüber eine
Willkürherrschaft begründet und die Staats-
ordnung illusorisch macht. Von der übermäßi-
gen und zweckwidrigen Ausdehnung des reli-
giösen Unterrichtes und der kirchlichenUebungen,
von dem täglichen Besuch der h. Messe Tcitens
der Schuljugend, von der drei- oder viermali-
gen Theilnahme derselben an dem h. Bußsacra-
mente und von der Zulassung mancher Kinder
zur Communion schon nach zurückgelegtcm elsten
Jahre ixollen wir, so tadelnswerth auch dieses
AÜes ist, ans dem Grund nicht weiter sprechen,
weil es die Schuje nicht unmittelbar berührt,
obwohl einen störenden Einstuß auf dieselbe
haben kann. Wenn dagegen die Jnstruktion
Der Proceß der Vreizehn.
(Schluß.)
Präs.: Wir laffen den Saal räumen, wenn sich
Manifestationen kund geben, und, wie ich schou
gesagt habe, wenn man von Freihett spricht, muß
man vor Allem das Verfahren der Gerichte re-
spectiren. — Picard: Jn diesem Augenblicke ist
von dem Recbte die Rede. — Cremieur: Und
auf diesrm Boden müssen wir immcr einig sein.
Präst: Dcr Hof kann auf eine abgemachte Sache
nicht zurückkommen. — Picard: Der Hof wriß
ja nicht, ich wiedcrhole es Ihnen, was wir vor
ihn bringen wollen!
Präs.: Lreten Ste in der Sache Iacquet auf?
— Picard: Ich werde sogleich dartn auftreten.
Für jetzt muß ich dem Hofe Anträge stellen. Wei-
gert sich derselbe, sie anzuhören?
Präs.: Gerichtsdiener! Rufen Sie die Sache
Iacquet auf.
Der GerichtSdirn er ruft: Die Staatsbehörde
gegen Iacquet.
Iacquet: Ich habe nicht zu antworten, da
Hr. Picard das Wort hat.
Picard: Der Hof weigert sich, meine Anträge
anzuhören — ich lege fie auf seinen Ltsch nteder.
Der Gerichtsdiener nimmt die Anträge entgegen.
Der Hof wetgert sich über die Eingabe der Anträge
Akt zu ertheilen.
Vertheidiger und Verurtheilte verlafstn dcn Saal !
in höchster Aufregung. Dieselbe tbcilt sich bald >
dem zahlreichen Publikum außerhalb des Sia!cs i
mit, und sett heute Nachmittag bildet das Urtheil !
das Tagesgespräch in Paris. Man beurthcilte bas- !
sejbe unb dtejentgen, welche es erlasscn, gerade
nicht in der mildesten Weise. Den Verurtheilten
bleibt jetzt nur noch der Eassationshof übrtg. Wenn
dersrlbe das Urthell nicht aufhebt, so wird eS nicht
allein mit der Wahlfreiheit in Frankreich — und
fie war jetzt schon nicht bedeutend — vollständig
ein Ende haben,.sondern dte dreizehn Verurtheil- -
teu, die Haupt'Lhefs der Opposition, finb auch
dem Sicherheitsgesetze vcrfallen, kraft deffen man
fie jeden Tag ohne jedes wettei'e Urtheil intcrniren,
eriliren, tranSportiren und deportiren darf.
Mannheim, 15. Dec. (Schwurgericht.) Die
heutigc Verhandlung bot ein recht anschäulicheS
Bild ciner seit mehreren Iahren grundsätzlich be-
tricbencn Ausplünderung der bei der hiefigen nir-
derlänbischen Dampfschifffahrtsgesellschaft ankom-
menden und von da abgehenden Waarencollis dar.
Der Gerichtssaal glich heute einem förmlichen Waa-
renlager, welchcs nach und nach von einem Be-
diensteten der genannten DampfschifffahrtSgesellschaft
hergestellt wurde. Seit längerer Zeit nämlich kamen
mehrfache Reclamationen über abhanden gekom-
mene Güter, beziehungsweise über Gewichtsmangel
bei der hiesigen Agen'tur der Dampfschifffahrtsgesell-
schaft ein, ohne daß es gelungen wäre, die Ursache
davon zu entdecken. Erst durch einen Zufall sollte
n.an dazu gelangen. Im Laufe deS vergangenen
Sommers wurde nämlich ein hiesiger, schon wegen
Diebstahl bestrafter Trödler, Peter Müller, des
Morgens um halb 4 Uhr von der Polizei betreten
und festgenommrn, als er eben im Begrtffe stand,
einen Sack voll roher Baumwolle, die er von zwet
Arbettern der erwähnten Gesellschaft, Wendelin
Dahl und Franz Krieger, um rinen kletnen Betrag
abgekauft hatte, nach Hause zu verbringen. Bald