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Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

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Nr. 283-308 December
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https://doi.org/10.11588/diglit.2828#0629

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Hrn. Obrisi v. Holbach, scheint durch Beijeite-
lassung dieses Punktes ihrer Fassunz nach diese
Anzaden zu bestätigen. Jndksscn hat Hr. Ge-
neral Hergenhahn vor einigen Tagen an öffent-
licher Tafel wörtlich erklärr: „Jch habe als
damaliger Kriegsminister die Acten in der
Sache gegen den damaligen Generalauditeur
Werren seldcr dem Hrn. Obristcn v. Holbach
übergebcn. Es sind also Acten vorhanden, sie
inüssin »orhanden sein."

Wiesbaden, 28. Dec. Jn Limburg murde
dcr libcrale Abg. Münch iu die crste Kammer
gewählt.

Glogan, 21. Dec. Jn der Untersuchung
bezügtich der KohlendamPfgeschichte wider die
Reoaction dcs hiesigen „Niederschl. Anz " fand
gcsteru in Stettin die commissarische Verneh-
mung des Liculcnant Krause statt, welcher von
der Staatsanwaltschasl als Belastungszeuge vor-
geschlagen war. Wie wir hören, soll derselbe
gerade Dasjenige ausgesagt und beschworen
habcn, waS in dem jogenannten officiclle» Be-
richte über den Unglückssall entschieden in Ab-
rede gestellt war. (Schl-s. Z.)

Gumbinnen, 17. Dec. Den fortgesetzten
Nachsorjchungcn der Polizei ist es vorgeslcrn
gelungen, in Znsterburg ein sörmlich organi-
jirtes polnisches Nationalcomite zu entdccken
uud sowohl die Casse als die Papiere dessclben
in Bejchlag zu nchmen. Letztere jollen nber
dic rcvolutionaren Agitalionen dicjes Comitcs,
sowie über scine Berbindungen einerseits mit
dcr Emigration in PariS, andererseits mil der
Revolutionspartei im Auguslowoschen und in
Lilhauen keiuen Zweifcl übrig lassen. Zwci
Mitglieder sind veryastct, die übrigen cntflohen.

Berli», 27. Dcz. Die mehrfachen juristi-
jchen Mängel dcS UrihcilcS des StaalSgerichts-
hoss im Polenproccsse wcrden von der Volksztg.
in einem Artikel beleuchtct, dem wir solgcnde
Stelle entnehmeii: DaS Erkeniilniß tcgt den
Verurtheilten die Kosten des Processcs zur.Laft.
lltun sollcn diese sich auf mehr als cine viertel
Million Thaler betaufcii, was fast an 10,000
Thaler pro Mann bctraacn Ivürde, Ivelcb-. d»
»--»r>r>->nc» »»vermoncnd s>»d.
von den vermöne»»-» »->>-6-» werden miißtcn.

arvften dcs Prozcsses abcr sind nur zu
dcr -nvrmen Höhe geslicgen, wcil man ein
hochvcrralhcrisches Verbrcchen suchte, das sich
nicht fand, und cin Complolt voraussetzte, das
nicht epistirte, und hundert Angeklagte verhaf-
tete, die unschnldig sind, und an tausend Zeu-
gen vcrnommen hat, die NichtS von der Än-
klage bestatigt haben, und eincn GcrichtSsaal
zur ösjentlichen Verhandlung ausbaucn licß,
der überflüjsig wäre, wenn man eS nur mit
den Angeklagten zu thun gehabt HLttc, welche
jetzt verurtheilt wordcn sind. — Da cin Com-
plott nach dem AuSspruch deS Erkenntnisscs
nicht existirt hat, so stehen eigentlich die 27
Verurtheiltcn nicht einmal in ciner solidarischen
Vcrbindung; und wir begreifen eS kaum, wie
diese für einander cinstehen sollen in Tragung
dev Kosten, die der Prozeß in Bezilg auf ihrc
Pcrson vcranlaßt hat. Wic ste aber gar Kosten
dezahlen sollcn, weil die Unlersuchung huudert

Unschuldige mit in den Prozeß hincingezogen?
DaS ist unS ganz unfaßbar.

Wien, 27. Dez. Eine an das Hcrrenhaus
gelangte Zujchrift des StaatSministeriumS be-
sagt, der Kaiser habe die Adrcsse desselbcn
wohlgcfällig zur Keiiutniß genommen.

K r a u k r e > ch

Paris, 20. Dez. Der Kriegs-Minister hat
am 19. d. M. angcordnet, daß alle MilitärS,
die im Jahre 18kü zu entlassen sind und sich
gegenwärtig aus Urlaub bcfinden, bereits jetzt
definiliv cntlassen und von den Listen gestrichen
werden sollen.

Paris, 28. Dec. Dem „Monit." zufolge
wurden gestern, 27. d. M., die Verträge, welche
Frankreich mil Preußen und mit Baden wegen
Erinäßigung der Telegraphentaxen abgeschlvffen
hat, unterzeichnet. Depeschen von je 20 Worten
zwischen Frankreich einerscits und Baden, wie
Preußen, bis zur Werra und Weser, anderer-
seitS koften 3, dic zwischeu Frankreich und
Preußen jenseirs der Weser 4 Fr.

E u 0 i n « d

' London, 24. Dec. Der Generalpostmeister
hat scinen Bericht sür das vergangene Jahr
veröffentlicht. Die Zahl der Briefe des Vcr-
einigken Königreichs hat sich seit 1839, dem
Zahr, welches dcr Einsührung der Peniiypost
vorhetging, vo» 70 Millivnen auf K40 Atill.
Briefe im Jahr gehobcn. Jn der Correspon-
denz mit dem Ausland hat sich die demerkens-
wcrihestc Vermehrung bei Frankrcich heraus-
gestkllt. Zm Zahr 1854, ehe das Porto zwi-
schen England uiid-Frankreich ermäßigt worden,
belicf sich die Corresponden; der beiden LLnder
auf 3 Miill. Briefe, 18ä7 schon 4'/» Mill.,
1883 stieg sie auf 6,373,000 Brirfe. Das
Eiiinahine- und Auögabebudgct des Postamts
stcllt sich mit jedem Zahr günstiger, Irotz der
mit bcdeutenden Kosten fortwährend cinge-
führlcn Verbesserungen und Steigerungcn der
Besoldung.

^ cch »v e t z-

mahnt" die Genfcr Bürger znr Versöhnung,
Gcsctzcsachtung, Ruhe. Philippin sagt, die
Wahl Chenevierc'S sei ungjltig wegen der Listen,
die Proklamation nicht amtlich, Brun nicht
schuldig. Ruchonnet vcrlangt allgemeine Frei-
sprechung und Genugthuung für die Radikalen:
dicS sei das einzige Versöhnungsmittel.

Genf, 27. Decbr. Bonjour spricht gegen
den Einfluß der indcpendcntcn Presse, für die
Ungittigkeit ber Wahl Chenevierc's und sür
Annahmc deS Züsalls bei dem Schicßcn in der
Straße Chantepoulct. Zvllissaint spricht gegen
die Ränke in der Voruntersuchung und für die
Gesetzlichkcit dcs Widerstandcs gegen dcn Jn-
dependentcnzug. — Gendre sehr versöhnlich und
gegcn allgemeiue Freisprcchung.

Genf, 25. Decbr., Abcnds. Heute habeu
sicben Verthcidiger gesprochen, die sämmtlich
dic Cassation als bcrcchtigt, die Zndependenten
als Aufrnhrcr, daS Schicßen als unglücklichen
Zufall crklärten, dessen Schuld die Aufrührer

tragen. Raisin von Genf wirft dem Gerichts-
hof Parteilichkcit und Bcgünstigung einzelner
Zeugen vor, macht Alispielung auf die Thonvn-
Erxcdition, Perrier habe den wahreu Urheber
derselben nie genannt.

Genf, 28. Dcc., Nachmittags. Mandrot
sucht sür Pinard das Alibi nachzuweisen und
das Zeugniß deS Dr. Gosie zu entkräften.
Fauquez, Vertheidiger Degex', gesteht den Schuß
in der Rue dn Ccndrier zu, sagt aber, derselbe
sei in ungesährlicher Absicht und Stellung ge-
schehen. AlS Waadtländer, und kaum ange-
kommen, kannte Degex die Bedsutung der Pro-
klamation nicht und glaubte die Regierung zu
schützen, er handelte wie in Ncuenburg, wo er
bcim Pntsch den Staatsrath schützte und dasür
eiu Ehrendiplom erhielt.

z t a » i « n-

Turi», 24. Dez. Dcr Besuch, d-n Cardinal
Andrea in Neapel dem Prinzen Humbert ge-
macht hat, wird die Curie sehr unangenehm
berühren. Cardinal Andrea, welcher schon längst
am päpstlichen Hofe nicht mehr gcrn gesehen
ist, hat vor beiläufig einem Zahre Rom vcr-
lassen, um seine Gcsundheit in seinem GcburtS-
orte Svrrent wieder herzustellen. Seitdem lebte
dcr Cardinal in großer Zurückgezogenheit, jeden
Compromiß mit der einen oder andern Partei
vermeidend. Nun meldct ein Telegramm aus
Neapel, daß Cardinal Andrea dem Priuzen
Humbert, dem Sohue des cxcommunicirten
Königs, cinen Bcsuch abgejtattet hat. Cardinal
Andrea, der liberalc Caudidat für den heiligen
Stuhl im Falle deS Ablebens Pius IX., hat
durch diesen Schritt mit dem Vatican definitiv
gebrochcn, und wir zweifeln nicht, daß sich in'
Rom noch mancher Cardinal befindet, der nur
aus eine Gelegenheit wartct, um Andrea's Bei-
spiel zu folgen.

Turin, 27. Decbr. Die „Ztalia" erklärt
die vom „Memorial diplomatiquc" gegebenen
Einzelheiten über eine angebliche Unterredung
deS sranzösischen Miuisters, Hrn. de Malaret
mit dem General de Lamarmora, betreffs der
von dcr Monarchia Nazivnale vervsientlichten
sUV sQlscy.

Turin, 27. Decbr. Jn der letztcn Nacht
griff eine Abtheilnng sranzösischcr Truppen die
Bande Fuosco bei Veroli an. Sieben Räuber
wurdcn gefangcn genommeu, mehrere Fran-
zosen verwnndet.

Neueste Nachrichten.

Paris, 28. Dec. Daß die Kanadier die
Sonderbündler in Freiheit gesetzt haben, erregt
im Norden Jndignation. General Dik hat be-
fohlen, im Falle neuer Einfälle die Gränzen
zu überschreiten. Der Procurator von Kanada
hat neue Lerhaftungen angeordnet.

Marseille, 28. Dec. Briefe aus Kon-s
stantinopel vom 24. sagen, daß der griechische?
Patriarch in seinem Bestrcben, eine neue Ab-c
gabe in Bulgarien einzuführen, gescheitert sei. §
Der „Courrier d'Qrient" beglückwünscht die ^
Steuerzahler wegen ihreS Widerstandes, der,
sagt er,-die Patriarchen nöthigen werde, ihre

über ihre Handlungen durch eine freie Presse als
einc „unschätzbare Wohlthat" verkündigen, und
welcke, anstatt die Zeitungen alS etn leiber noth-
wendiges Uebel zu belrachten, eS auSsprechen, daß
eine durch keinerlei Sicherheitsgesetzgebung in threr >
Freiheit beschränkte Preffe einem Volke zur Ehre !
gcreiche nnd durch ihr höhereS Verständniß, sowie
durL die Größe der von ihr Sertretenen Grundsätze
dte Bewunderung der Menschheit verdienen könne!
Dort, wo eine in ihrcr Freihcit äußerst beschränkte
Preffe höchstenS geduldet wird, dort, wo man ge-
ringschätzig auf ihre Leistungen herabbltckt, welche
oft in eincm Monat mchr Geistesarbeit erfordern,
als mancher Staatsmann in einem ganzen ehren-
und ordenretchen Leben aufgewendet; dort, wo eS
vornehme Ueberlicferung, das ZeitungSwesen zu
verachten, kann man es nur unerhört, unbegretf-
lich und tief beklagenswerth finbrn, daß es in
England den ältesten, bts auf Wilhelm den Eroberer
zurückrrichenven Geschlechtern angehörige Staats-
männer gibt, welche nicht erröthen, cs öffentlich zu
erklären, daß fie lteber gar nicht, als ohne die
weiteste Fretheit der Preffe ein StaatSamt bkklet-
den möchten!

auf den rin GerichtSvollzieher fahndetc, um ihn
wegen Schulben zu verhaften, erkor ihn nämltch
von halb neun deS Morgens bis Mittags nach'
vier Uhr zu seinem Asyle. Der Gerichtsvollzieher
nahm vo'r dem Dome Posto, um den Flüchtigen
zu erwarten, weil er denselbcn nur im Freien fest-
nehmen durfte. Der Verfolgte dagegen nahm Platz
in einem Betstuhle, und wartete in aller Gemüthö-
ruhe bis zum Untergange der Sonne, zu welcher
Zeit er unbehelligt nach Hause konnte. Wie eS
dem Gerichtsvollzieher, welcher dte ganze Zrtt auf
der Lauer gestanden, bei diesem Anblicke zu Muthe
geworben sein muß, laßt sich denken. Das Publi-
kum strömte fortwährend in den Dom, um den
Mann zu sehen. Ein Arbeiter schenkle ihm setn
Butterbrod zum MtttagSmahle.

(Im Dienste gefallen.) Scbweizer Blätter
berichten: In Bern ist dcr Theaterdirector Lud-
wig KrarHer nach achtmonatltcher Krankheit ge-
storben. Setn Erkranken tm Aprtl an einer Lun-

genentzündung ward dndurch herbeigeführt, daß er
bei seinem letzten Auftreten in einer Königsrolle
in der Lebhaftigkeit des Spieles den abgelösten
Thetl seines künstlichen Bartes beim Sprechen ver-
schluckt hatte, waS einen hcftigen Hustenanfall
veranlaßte.

An die Social-Demokraten. Ihr seid gegen mich,
weil ihr Arbeiter seid? Lapitaler Unsinn! Keiner
von Euch arbettet so viel wie ich — und Ieder
von Euch arbeitet, um mich zu gewinnen, also
sein eigener Feind zu werden. Eure Aufgabe ist:

(Sonderbarer Credit.) DaS Haus eines
gänzlich credttlosen Mannes stand in Flammen.
Die Feuerspritzen arbeiteten mtt aller Macht. „Na,
mrinte ein Zuschauer, so viel wie heute ist dem
Mann tn seinem ganzen Leben noch ntcht „gepumpt"
worden."
 
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