außerhalb des Schulbetriebes zu einer
lebendigen Sprache zu erwecken: die
vor einiger Zeit erfolgte Gründung
einer „Societas latina“ in München,
deren Mitglieder keineswegs nur Phi-
lologen, sondern durchaus Menschen
sind, die im praktischen Leben stehen,
zeugt davon. Vor allem sind auch
Bestrebungen großer polnischer Histo-
riker, die auf Wiedererweckung des
Lateinischen als Weltsprache hinzielen,
zu erwähnen.
Die Schwierigkeit liegt, wenn man
die nötige Bereitschaft zum Lernen vor-
aussetzt, natürlich im Mangel der geeig-
neten Mittel. Man wird kaum einem
erwachsenen modernen Menschen zu-
muten können, wieder zur alten
Grammatik zu greifen. Eine 1000-
Worte-Methode gibt es bisher für das
Lateinische nicht, und die neulateinische
Literatur ist äußerst klein — wenn
man von einigen amüsanten Kuriosi-
täten absieht (wie z. B. Max et Mo-
ritz, facinora puerilia septem dolis
fraudibusque peracta, ex inventione
Guilielmi Busch, poetae pictorisque, in
sermonem latinum conversa a versi-
ficatore sereno [Dr. G. Merten].
Apud Braun & Schneider, Monachium
MCMXXXII). Zu empfehlen sind vor
allem Werke des Tusculum-Verlages,
die antikes Latein durch geschicktes
Gegenüberstellen einer guten deutschen
Übersetzung dem modernen Menschen
näher bringen. Die einzigen Werke
aber, die modernstes Latein in unter-
haltsamster Weise bringen, erschienen
seit einiger Zeit im Verlage Ferd.
Dümmler, Berlin und Bonn. Vor allem
ist zu nennen: Sprechen Sie lateinisch?
Moderne Konversation in lateinischer
Sprache, von Dr. phil. Georg Capella-
nus, ii. Auflage, besorgt von Prof.
Dr. Hans Kramer, 1933. — Dieses
Büchlein, ursprünglich als ein geist-
reicher Scherz gedacht, ist wirklich das
ideale Mittel für heutige Menschen, die
ein „Ümgangslatein“ lernen wollen.
Fern von jeder schulmännischen Dok-
trin und jenen grotesken Sprachunge-
heuern, wie sie Klapphorn in Deinem
Septemberheft, lieber Querschnitt, zi-
tiert, bringt es wirklich witzige unge-
zwungene moderne Dialoge und im
Kapitel „Recentissima“ die jüngsten
Redewendungen aus den Gebieten des
Auto- und Flugverkehrs, des Rund-
funks und des Sports. Hier erweist
sich am ehesten die Eleganz. Schmieg-
samkeit und Schönheit des gesproche-
nen Lateins, von seiner Nützlichkeit
ganz zu schweigen. (Eine englische
Ausgabe erschien vor einigen Jahren
unter dem Titel: Modern Latin Con-
versation, translated from the german
of George Capeilanus, Ph. D., by Ber-
trand F. Kraus, M. A., Bruce Publi-
shing Company, New York, Mil-
waukee, Chicago, 1930.)
Ebenfalls im Verlage Ferd. Dümmler
erschien ein lateinischer Briefsteller:
Scrihisne litterulos latinos? Kleine
moderne Korrespondenz in lateinischer
Sprache. Von Karl Thieme. 4. Aufl.
Besorgt von Ob.-Stud.-Dir. Dr. Isleib.
Auch hier modernste Umgangssprache,
aber längst nicht von der Frische, die
Capellanus’ Buch aufweist. Vor allem
das Deutsche der Übersetzungen ist
gezwungen und, trotz neuzeitlichster
Ausdrücke, leicht angestaubt.
Natürlich setzen diese Werke eine
gewisse Vorkenntnis voraus. Fehlt
selbst die, dann, lieber Querschnitt-
Leser, hilft nur eines: Sie wenden sich
an Ihren Sohn oder Ihre Tochter, oder
an sonst einen jungen Freund, und
leihen sich von ihm sein lateinisches
Lehrbuch (z. B. das ziemlich angenehme
Ludus Latinus). Schlimmstenfalls wer-
den einige Nachhilfestunden durch ihn
nötig sein.
Zunächst müssen die Menschen da
sein, die bereit zur Auferweckung des
Lateinischen sind. Die Mittel werden
schon nachkommen und Wege sich
finden lassen.
Arnold H., Rotterdam
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lebendigen Sprache zu erwecken: die
vor einiger Zeit erfolgte Gründung
einer „Societas latina“ in München,
deren Mitglieder keineswegs nur Phi-
lologen, sondern durchaus Menschen
sind, die im praktischen Leben stehen,
zeugt davon. Vor allem sind auch
Bestrebungen großer polnischer Histo-
riker, die auf Wiedererweckung des
Lateinischen als Weltsprache hinzielen,
zu erwähnen.
Die Schwierigkeit liegt, wenn man
die nötige Bereitschaft zum Lernen vor-
aussetzt, natürlich im Mangel der geeig-
neten Mittel. Man wird kaum einem
erwachsenen modernen Menschen zu-
muten können, wieder zur alten
Grammatik zu greifen. Eine 1000-
Worte-Methode gibt es bisher für das
Lateinische nicht, und die neulateinische
Literatur ist äußerst klein — wenn
man von einigen amüsanten Kuriosi-
täten absieht (wie z. B. Max et Mo-
ritz, facinora puerilia septem dolis
fraudibusque peracta, ex inventione
Guilielmi Busch, poetae pictorisque, in
sermonem latinum conversa a versi-
ficatore sereno [Dr. G. Merten].
Apud Braun & Schneider, Monachium
MCMXXXII). Zu empfehlen sind vor
allem Werke des Tusculum-Verlages,
die antikes Latein durch geschicktes
Gegenüberstellen einer guten deutschen
Übersetzung dem modernen Menschen
näher bringen. Die einzigen Werke
aber, die modernstes Latein in unter-
haltsamster Weise bringen, erschienen
seit einiger Zeit im Verlage Ferd.
Dümmler, Berlin und Bonn. Vor allem
ist zu nennen: Sprechen Sie lateinisch?
Moderne Konversation in lateinischer
Sprache, von Dr. phil. Georg Capella-
nus, ii. Auflage, besorgt von Prof.
Dr. Hans Kramer, 1933. — Dieses
Büchlein, ursprünglich als ein geist-
reicher Scherz gedacht, ist wirklich das
ideale Mittel für heutige Menschen, die
ein „Ümgangslatein“ lernen wollen.
Fern von jeder schulmännischen Dok-
trin und jenen grotesken Sprachunge-
heuern, wie sie Klapphorn in Deinem
Septemberheft, lieber Querschnitt, zi-
tiert, bringt es wirklich witzige unge-
zwungene moderne Dialoge und im
Kapitel „Recentissima“ die jüngsten
Redewendungen aus den Gebieten des
Auto- und Flugverkehrs, des Rund-
funks und des Sports. Hier erweist
sich am ehesten die Eleganz. Schmieg-
samkeit und Schönheit des gesproche-
nen Lateins, von seiner Nützlichkeit
ganz zu schweigen. (Eine englische
Ausgabe erschien vor einigen Jahren
unter dem Titel: Modern Latin Con-
versation, translated from the german
of George Capeilanus, Ph. D., by Ber-
trand F. Kraus, M. A., Bruce Publi-
shing Company, New York, Mil-
waukee, Chicago, 1930.)
Ebenfalls im Verlage Ferd. Dümmler
erschien ein lateinischer Briefsteller:
Scrihisne litterulos latinos? Kleine
moderne Korrespondenz in lateinischer
Sprache. Von Karl Thieme. 4. Aufl.
Besorgt von Ob.-Stud.-Dir. Dr. Isleib.
Auch hier modernste Umgangssprache,
aber längst nicht von der Frische, die
Capellanus’ Buch aufweist. Vor allem
das Deutsche der Übersetzungen ist
gezwungen und, trotz neuzeitlichster
Ausdrücke, leicht angestaubt.
Natürlich setzen diese Werke eine
gewisse Vorkenntnis voraus. Fehlt
selbst die, dann, lieber Querschnitt-
Leser, hilft nur eines: Sie wenden sich
an Ihren Sohn oder Ihre Tochter, oder
an sonst einen jungen Freund, und
leihen sich von ihm sein lateinisches
Lehrbuch (z. B. das ziemlich angenehme
Ludus Latinus). Schlimmstenfalls wer-
den einige Nachhilfestunden durch ihn
nötig sein.
Zunächst müssen die Menschen da
sein, die bereit zur Auferweckung des
Lateinischen sind. Die Mittel werden
schon nachkommen und Wege sich
finden lassen.
Arnold H., Rotterdam
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