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Galerie Flechtheim [Mitarb.]
Der Querschnitt — 14.1934

DOI Heft:
Heft 11/12 - Zirkus und Varité
DOI Artikel:
Starke, Ottomar: Rudolf Wilke
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https://doi.org/10.11588/diglit.62258#0783

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Rudolf Wilke
Wenn wir mehr nach dem Gefühl und weniger nach dem
Kalender unserer großen Toten gedächten, würden wir
mancher Umwertung gewahr werden und erkennen, daß es in
den Ruhmeshallen der Geistigkeit von ausgewachsenen Öl-
götzen wimmelt, und daß für unsere eigentlichen Lieblinge vor
lauter ellenhohen Socken und Sockeln wenig Platz ist. Diese
unsere Lieblinge sind durchaus nicht die steifleinenen Götzen
der mehr oder weniger schönen Künste und Wissenschaften,
sondern es sind jene guten und gütigen Geister, die uns, im
Gegensatz zu den Olympiern, menschlich nahe stehn.
Man hat über Kunst sehr viel außerordentlich Geistreiches
zu sagen gewußt und das Publikum als Abcschützen vor die
gelehrten Katheder gesetzt. Aber dies Publikum hört zwar ehr-
fürchtig an, daß gewichtige Gründe dafür sprechen, daß Dürers
Apostelgewänder nur gerade diese besonderen und absolut keine
anderen Falten schlagen konnten — aber nach dem Kolleg ver-
gnügt sich dasselbe Auditorium weit mehr an dem Gekritzel des
einen Lausbuben und Spaßvogels, der obigen Professor so auf-

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