Galerie Flechtheim [Contr.]: Der Querschnitt (14.1934)

3eititngöannonce unb

Sbealift, ^ünftlernatur, fucf)t glettfj-
gefinnte Seele. Vur ernftgemeinte 3u=
fünften finben Beachtung, fonft Sßapier-
korb.

Tlotto: „Loue par ceux-ci,
blame par ceux-lä,
me moquant des sots,
bravant les mechants,
je me presse de rire de toiit..
de peur d’etre obige d ’ e n
[p 1 eur e r.“
(Figaro, Beaumarchais.)
Sehr geehrter $>err! (91.29)
„3m Veutfdjen lügt man, wenn man
höflid) ift“, besljalb fielje oben. — 3m
übrigen fdjließen Sie nictjt auf einen
/Biauftrumpf', roenn id) mich anbers
einführe, roie bie große Tlenge ber
gasreichen Beantroorterinnen 3hrer
nicht alltäglichen ülngeige im (B.=2l. —
Ss ift nicEjt leidjt für mich, biefen 5Beg
bes Sid)=Sud)ens gu befdjreiten, ba be-
kanntlich ,viel Unfug’ barunter läuft
unb ber trabitionelle 3)rill guter $>er-
kunft unb Srgiehung einem anhaftet
unb oor .^ongeffionen roarnt. — Ülker
ich Tütlt einmal Vorurteile ad acta
legen unb unbefangen 3ßuen mitteilen,
baß 3ßre Ülngeige großes 3ntereffe für
mid) hat, ba viele Berührungspunkte
oorfjanben. — 3ch fache bas, roas Sie
barin roörtlid) ausgefprodjen haben,
ebenfofeßr roie bas, roas für ben auf-
merkfamen Sefer groifcljen ben 3ßilßn
gu lefen ift. —- 2Iud) id) bin, faft möchte
ich fagen „leiber“, im 3unern 3bealiftin,
roenngleid) bie Schule bes Sehens mich
gum giemlidjen „Verftanbskaften“ ge-
formt hat, ferner alleinftehßnb unb
unabhängig roie ich oermute, nur
nicht gefchieben, fonbern nad) allgu-
kurger glücklichfter (£l)e vor groei
3ahren ÜBitroe geroorben. — £>abe mid)
aus Bot unb Xrübfal herausgearbeitet

gu einem felbftänbigen Beruf, ber mit
bem 3f)rigen feljr leicht gu oerbinben
roäre, ba genug 3eit, Steigung unb —
on dit •— eine geroiffe Veranlagung
oorhanben. — Ülnbererfeits leibe id)
fahr unter mißlichen SBohnungsverhält-
niffen unb roürbe es feljr begrüßen, ben
paffenben gärtner gu finben, ber mir
biefe Sorgen, bie bem ülusbau meiner
Sjcifteng gurgeit hinbernb im 2Bege
fteßen, gerftreuen könnte. — Sonft bin
id) nid)t auf ber 3agb nach irbifdjen
(Bütern unb oerftelje mid) jebem Vahmen
angupaffen, rooljl aber leibe id), roie
gefagt, fehr unter meinem gerftörten
$eim unb verlorenem fiebensglück, als
foldjes betrachte id) jebes 3ufammen-
leben mobern (im guten Sinne) unb
großgügig benkenber Vtenfcßen, bie gu-
fammen harmonieren. — 3ch erblicke in
ber heute allein möglichen She eine
volle ^amerabfdjaft, gegrünbet auf
gegenfeitige SSertfdjäßung unb eine
geroiffe (BIeid)bered)tigung unb Selbft-
oerantroortung jebes eingelnen. —
Vorüber hinaus erfehne ich mir in
langen einfamen Stunben nod) einmal
ben Vtenfdjen gu finben, ber roie ein
forgfamer (Bärtner bie lange im
Schatten fchmadjtenbe ißflange mit
forglidjer $anb roieber an ein fonniges
glläßdjen gu rücken vermöchte, ihr fo
gum eigentlichen Selbftgroeck verljelfenb:
einem (Beben aus vollem unerfdjöpften
Bronnen, nid)t fragenb, ob aud) ber
anbere gu geben bereit ift. — $aum
roag’ id) gu hoffen, bann nod) ein
groeites CBIück finben gu können, kaum
roag’ idj’s gu fud)en auf bem großen
3ahrmarkt, roeil mir ber £ärm barin
gu groß ift. — ®aum roage id) gu
hoffen, baß auf fo banale Ülrt, roie bie
unferige, groei 9Jlenfd)en, bie gueinanber*
ftreben, fid) finben könnten, unb bes-
halb fällt mir bie Ülnbahnung fo fdjroer
unb ftelle id) fo große Ülnfprüche an
Xakt, Planieren, überhaupt innere
SSerte bes geroünfd)ten (Befährten. —

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