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Galerie Flechtheim [Contr.]
Der Querschnitt — 14.1934

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Heft 2 - Querschnitt durch den Spiesser
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Renard, Jules: Der Bürger
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https://doi.org/10.11588/diglit.62258#0126

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E. Wollwage

Der Bürger
von
Jules Renard
Das ist ein heute schon ungebräuchliches, man könnte sagen,
veraltetes Wort. Morgen wird es ganz vergessen sein oder
einen ganz anderen Sinn haben. Vielleicht weil es zu viel aus-
drücken sollte, sagt es uns gar nichts mehr. Früher einmal legte
man ihm ein Dutzend Bedeutungen bei. Aber heute versteht man
keine einzige mehr.
Indes, so sehr das Wort auch ausgestorben scheint, der Begriff
ist geblieben. Aber wie soll man ihn nun zukünftig bezeichnen,
diesen Begriff, diesen Herrn, diese Dame, die vorübergehen und
uns streifen? Es nützt nichts, daß wir uns dünn machen und mit
angezogenen Beinen gegen die Mauer drücken, sie haben trotz-
dem Fühlung mit uns. Lassen Sie sich ja nicht etwa einfallen, mit
leicht überheblicher Miene zu sagen: „Ich pfeife darauf, ich bin
frei, ich bin ein Künstler!“ — Übertreibungen eines Schwätzers!
Denn sofern Sie Familie haben, gehört auch dieser Herr dazu,
gehört auch diese Dame dazu. Wenn Sie Luft schnappen, gibt es
einen Austausch zwischen Ihren und ihren Nasenlöchern, außer,
Sie hätten das Glück, taub, blind und ewig verschnupft zu sein;
dann bestünde eine gewisse Aussicht, dem allem zu entgehen. Ist
das aber nicht der Fall, müssen Sie sehen, hören und riechen —
(Welchen Horizont! Welche Geräusche! Welche Gerüche!)

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