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Galerie Flechtheim [Mitarb.]
Der Querschnitt — 14.1934

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Heft 6/7 - Ferien und Reisen
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Fliegen im Orient
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https://doi.org/10.11588/diglit.62258#0528

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Fliegen im Orient
F. 5L F^h» v. $oenig;A3artbaufen
rrsen vollen Sfteifc ber orientaliffhen Sanbfc^aft geniest man erff vom Fittg^
AJ jeug auS. 3eber, ber einmal eine mobammebanifche Sieblung betreten
bat, wirb baS verffebn. SBä&renb man von ben Strafen auS nur fwhe
dauern $u (eben befommt, über bie allenfalls hier unb ba ein grünenber
^almen^weig fchwingt, blidt man von oben in bie woblbebütete $öfflichfeit
ber orientalifchen ©ärten, ohne beren Kenntnis man ben orientalifchen
SNenfchen, ber fein ganzes Seben in folger märchenhaften Umgebung ver;
bringt, niemals vergehn wirb*
AIS ich bie Nofenffabt SchiraS in Werften anflog, bie Stabt ber bängenben
©arten ber SemiramiS, ba offenbarte ffch mir auS ber £uft fofort ihre be;
rütfenbe Schönheit. 3$ fei« tagelang in ben fchmufffgen ©affen herum;
fpa^iert, jwifchen Sebmmauern unb Sßänben, im bunten £5afar, aber er
unterfclffeb ffch fcblieflicb boch in nichts von jebem anbern perfffchen 35afar.
So gern man im Abenblanb auS Neugier baS ^lugjeug verlädt, um etwas
&u fichten, fo froh iff ber Orientflieger, vom ^Boben emporjuffeigen, bamit
er enblich tvieber etwas ju febn befommt.
3ch hätte in SchiraS auch ©elegenbeit, baS £auS eines ^erferS §u befuchen,
unb lernte einen £arem fennen, einen wirflichen, richtigen £arem, b. b* älfo
bie Fämilienräume mit ben Flauen unb ben Slinbern. 3« einem £anb, wo
alle ©efichter braungebrannt ftnb, entjücft eS befonberS, ben pffrffchblütenen
Seint ber funffvoll gefcbminften Samen, bie ihrem Q$ubifopf mittels £enna
einen rötlichen Schimmer verleiben, §u febn, unb ihre gepffegten, fnallrot ge;
färbten Fingernägel. £Beffeuropa braucht ffe wahrlich nicht ju bemitleiben,
wenn man bebenft, in welcher gefunben föfflichen Atmofpbäre ffe ihre Sage
verbringen. 3br Neich iff ber buftenbe ©arten mit ftlbern fprubelnben SBrünn;
lein unb flaren füblenben SNarmorfeichen, bort empfangen ffe unverfchleiert
bie Nachbarinnen, fingen, tanken unb hüten bie $inber. SaS gefellige £eben
nimmt einen breiten Naum beS SageS ein. Sie Armffe noch nennt ein bübfcheS
©ärtchen ihr eigen, wenn ffe nicht gerabe^u obbachloS iff. Sie alle tragen gar
fein Verlangen banach, in langweiligen Strafen fpafferen^ugebn. ®er ben
Orient überfliegt, ber weih, bah bie Familie beS SNobammebanerS in be;
neibenSwerten iBerbältniffen lebt.
Nur vom Flttg^eug auS fann man ben Orient geniehen. (SS iff auch
praftifcher, als $u F«h burch bie SSBüffe §u wanbern. Sluch baS „2ßüffenfchiffzz
ober ber unvermeibliche F^rb ftnb, folange eS feine Slutoffrahen im Orient
gibt, recht unangenehme ^eförberungSmittel. 93ierjebn Sage 2lutopannen
von Seberan nach ^8<xgbab lohnen ffch nicht in Anbetracht beS mageren
NefultatS. (SS iff beffer, bie Sache in ffeben Flttöffttttben abjutun. Hoffnung
auf romantifche Abenteuer im SBüffenfanb fann ffch ber Neifenbe, fei eS per
Auto ober $amel, fowiefo nicht mehr machen. 2ßem eS allerbingS um baS
Stubium primitiver Unterfünfte, fdhle^ten SßafferS, beS UngeffeferS, ber
Fliegen ober unverbaulicher Speifen §u tun iff, woju jebe orientaliffhe Stabt
unerffhöpfliehe ©elegenbeiten bietet, bem iff mit biefen geilen nicht geholfen.

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