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Galerie Flechtheim [Mitarb.]
Der Querschnitt — 14.1934

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Heft 8/9 - Utopie U.A.M
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Starke, Ottomar: Himmel und Hölle
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https://doi.org/10.11588/diglit.62258#0613

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Der Mensch

Otiomar Starke

Himmel und Hölle
Von
Ottomar Starke
Der menschliche Organismus ist so eingerichtet, daß ihm das Unbekannte
Unbehagen und Furcht einflößt. Es geht ihm hierin nicht besser als dem
Tier. Und der Trieb, der dieses Daseins Weiterbestand gewährleistet, ist be-
gleitet von der Todesfurcht. Sie ist die Mutter aller Religionen.
Der Verstand kann nicht anders als spekulativ arbeiten. Auch der Glaube
enthält in seiner reinsten Sphäre noch unterbewußt die Spekulation. Vielleicht
ist Spekulation der Ausgleich zum Schicksal, denn nichts scheint denkbar ohne
dieses Phänomen des Ausgleichs. Wie das Licht den Schatten erzeugt, erzeugt
die Furcht die Hoffnung. Und Todesfurcht ist nur durch Auferstehungs-
hoffnung zu beschwören. Jeder Begriff ist gegenwendig, janusgesichtig, eine
zweier kongruenten Figuren. Aber kein Verstand vermag zu diesem jammer-
vollen, begrenzten, unvollkommenen, von Todesfurcht bestimmten Leben den
irdischen und zeitlichen Ausgleich zu ersinnen. Vollkommenheit kann nur im
überirdischen und in der Ewigkeit sein, über jeder Paradiesespforte steht
groß und flammend geschrieben: „Gerechtigkeit! Gerechtigkeit! Gerechtig-

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