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Galerie Flechtheim [Mitarb.]
Der Querschnitt — 14.1934

DOI Heft:
Heft 8/9 - Utopie U.A.M
DOI Artikel:
Lüdecke, Heinz: Perpetuum mobile u.a.
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https://doi.org/10.11588/diglit.62258#0612

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Eingriffe von außen erforberli^. ©ie fjp&raultfcfjen ^ßaniaftemafcßinen be;
ftpen fämtlid? eine (Scßnede, bie, von ßerabfließenbem SBaffer mittete einer
gRüßlrabvorricßtung getrieben, biefe^ wieder auf ba£ Qluögang^niveau empor;
heben foll. Sie intereffantefle Per tväßrigen Gattung flammt au£ Pern reicß;
illuffrierten „Xßeatrum macßinarum novum" (1662) Pe£ G. 91. 95öcfler.
©a£ cßemifcße Perpetuum mobile, worunter j. 93. eine enbloS fcßäumenbe
ober focßenbe ^lüfftgteit begriffen wirb, geßört wofjl meßr in ba$ Gebiet her
fließende. 95emerfenötvert nur, baß Per fonft fo fortfdjrittlicße, fein ^aßrßunbert
überragenbe Q5ople (1627—1691) aucß an folgern Unfug ßerumgebaflelt ßat.
(Sine fünfte Gruppe umfaßt bie (Spperimente mit Kapillarrößren unb
Rebern, barunter bie brennenbe fraget „Sßie eine 9Rüßle burcß einen Sipßonem
ZU treiben", Kein Geringerer ate 95ernoulli (1667—1748) ßat in ber (Sr;
Meinung be£ oömotifcßen ©ructe bie €Ö?ögtict>feit be£ Perpetuum mobile
erblidt.
Spaßig unb luflfpielßaft iß ber $all beö (Srnft (£Xia£ 93eßler £)rffpreu£.
©iefer tomifcße Kauz ßatte feine „tvoßlbeflellte Saufperle", ba£ „Perpetuum
mobile Drffpreaneum", um 1715 auf bem ©cßloß 8ßeißenflein bei Kaffel
inflalliert. Sanbgraf Karl von $effen;Kaffel verließ bem SBefjIer ben Xitel
eine£ Kommerzienrate unb -förberte beffen bunfle Unternehmungen, inbem
er ber SRafcßine ein feßr lobenbe^ Zeugnte auöfcßrieb. ©aöfelbe tat ber
ßollänbifcße ^ßpftfer Gravefanbe. 93eibe ßatten ba£ innere beö 9lpparate£
niemals geprüft, gar tyeter ber Große fcßidte einen 9Rann nacß ©eutfcßlanb,
um ben Orffpreuö an feinen $of zu berufen ober ba£ Mirakel anjufaufen.
Seibniz, vom %aren um £Rat gefragt, verlangte eine Unterfucßung, unb baran
fcßeiterte baö Gefcßäft. ©er fyerr Kommerzienrat ßütete ftcß woßl, irgenbeinen
^acßmann fein Perpetuum mobile, ba£ präcßtig funktionierte, berühren zu
laffen. ©ie tvaßre „$perle" in Gewalt ber SOtagb Slnna SXoftna SDtau^berger
faß nämlicß im Nebenzimmer unb Preßte bie Kurbel — zur ffcßtlicßen (Srgöpung
gefrönter unb ungefrönter Häupter. Mundus vult decipi!
(Sngßen^ verknüpft ift ber Gebaute be£ Perpetuum mobile mit ber fcßola;
flifcßen Sßßilofopßie. (Sine Geifie^ricßtung, bie (Spperiment unb (Srfaßrung
ableßnte, bie bem Kaufalität^prinzip nicßt eben grün tvar unb ftcß in ©pefu;
lationen über bie Verbauung ber (Sngel gefiel, mußte au£ ber fRaturwibrigfeit
be£ ganzen ^5rojeftB ben eigentlichen Grnnb ßerleiten, ftcß ißm um fo leiben;
fcßaftlicßer zu tvibmen. ©ie SÖbpflif bagegen fucßte ba£ „Perpetuum mobile
naturae". Uberfcßtvellenb unb unbegrenzt im ^üßlen unb Sollen neigt ber
mpftifcße Spekulant nicßt zur „Geftängeromantif", bie bem fpißen (Scßolaftiter
vertvanbt ifl; ißm wirb baö ^erpetuum mobile z«m ©pmbol ber (Swigteit
Gottes, unb tvenn er e^ realifteren möcßte, bann bebient er ftcß magifcßer
Zauberformeln, nicßt mißverftanbener pßpftfalifcßer Gefeße.
©afür, baß bie Griecßen, Körner, 3«ber unb 9tgppter beö 9lltertum£ ftcß
bereite mit bem Perpetuum mobile befaßt ßätten, wie oft vermutet wirb,
ftnb irgenbwelcße ßiflorifcßen Urfunben nicßt vorßanben.

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