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Galerie Flechtheim [Mitarb.]
Der Querschnitt — 14.1934

DOI Heft:
Heft 11/12 - Zirkus und Varité
DOI Artikel:
Beilhack, Hans: Der Schichtl
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https://doi.org/10.11588/diglit.62258#0819

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Kölner Hänneschen Theater aus dem Jahr 1844

Der Schichtl
Von
Hans Beilh ack
Er gehörte zu München wie der Petersturm und die Bavaria, und seinen
Namen aussprechen, heißt den Zauber des Vorkriegs-Oktoberfestes in
seinem ganzen Prunke erstehen lassen. Er war der Inbegriff und die Seele dieses
Festes. Unzertrennlich ist Schichtl mit der „Wies’n“ verbunden. Sein Name
war im Munde jedes Kindes, und seine Beliebtheit war unbeschränkt und
herzlich. „Auf zum Schichtl“ hieß es, wenn man den Tag krönen wollte mit
einer Gaudi, die nicht ihresgleichen hatte.
Michael August Schichtl, oder wie man ihn kürzer und lieber nannte, „der
Vata Schichtl“, war der Urtyp des Schmierentheater-Direktors münchne-
rischster Prägung. Sein „Geister-, Zauber- und Spezialitäten-Theater“ war
die Sensation des Oktoberfestes. Wer von uns älteren hätte die weiß gestrichene
Holzbude nicht noch in Erinnerung, vor deren Eingang sich das Volk staute
wie vor einem Propheten. Wenn die kleine vier Mann starke Musikkapelle
davor aufzog, der zwergartige Tambour in seiner bunten Livree auf sein
Postament stieg und den Stab schwang, wußte man, daß sich jetzt eine köstliche
Viertelstunde nahte, die mitzumachen man nie bereute. Unter den Klängen
des „Tölzer Schützenmarsches“ zeigten sich dann die „Künstler“ des Theaters,
die Schlangenmenschen, Akrobaten, Jongleure, Ringkämpferinnen und wahr-
sagenden Feen aus dem Orient. Wenn auch umhaucht vom Zauber exotischer

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