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Galerie Flechtheim [Contr.]
Der Querschnitt — 14.1934

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Heft 2 - Querschnitt durch den Spiesser
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Schwarzwald, Eugenie: Worauf Spießer stolz sind
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https://doi.org/10.11588/diglit.62258#0145

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warf jemanb raucht unb bafj alte einen Kaffee mit §auf mit Stäuber gitrüd--
weifen, verffepf fid> von felbft. Unter biefen Umffänben begreift man, bafj
biefe Familie am Sonntag nie auSgeht. ©ßo follte fie and) bin?
£er Onfel grang aber fällt teiber gang aus bem 9lapmen. 9ftan fann
ficb mit ipm nidjt fepen taffen, benn er feinerfeifS iff ffolg barauf, bafj er bei
®anonenbonner fcplafen fann. ©afj er ein „ffarfer ©ffer" iff, erfährt jeber in
ber erffen 23iertelffunbe; biefe ©affadje nämlich fyat fein SebenSglüd begrünbet.
(SineS ©ageS paffe er auf einen Sap 36 3weffdjenfnöbel gegeffen unb baburcp
baS §erg einer jungen ©ame erobert, bie, als fie bann feine ©affin war, fo
vorgüglid) unb fo viel gu fodjen wufjfe, baff er auf feinem lepten ^ranfenlager
befriebigt feffffellen fonnfe: „©ßann i ffirb, fann i wenigffenS fagen, i hab waS
geilen." ©iefer 9)Zann iff nafürlid) ein ^effenraudjer. Stuf ber Stfabemie in
Seoben fonnfe ipn fein CDicnid) unter ben ©ifd) trinfen unb audj jepf verträgt
er, wie er ffraplenb fagt, „über ben ©urff gu trinfen". ©ern erzählt er von
feinen Seereifen unb vom ©peafer, benn auf bem Scf>iff iff er immer ber
einzige gewefen, ber nid)f feefranf war — er unb ber Kapitän — unb bie
„©räfin 9)2aripa" pat er fidj fiebgepnmal angepört.
fiefjtpin pat mir eine fleine Sdjneiberin auS ber gavoritenffrafje, bie billig
unb gefdjmadvoll arbeitet, ipr £eib geflagf. ©iefe arme grau iff jur Slnonpmi-
täf verurteilt, fein 9ftenfdj wirb je ipren 9iamen fennenlernen. Q3on ben
©amen, bie bei it>r arbeiten laffen, ergäplf nämlid) bie eine §älfte jebem, ber
eS Ijören will: „gdj geidjne meine Kleiber felbft, fdjneibe fie gu unb laffe fie von
ber §auSfd)neiberin unter meiner 2tuffid)f anfertigen"; bie anbere §älffe näpf
ftillfcpweigenb baS girmenbanb ber TZaiion Sanvin, %)ariS, hinein. ©S gibt
eben nicpfS, was fo flein iff, baff eS ben ??ienfd)cn nidjt Stnlafj gu Sfolg böte.
Q3or furgem tyxtte id) auf einem ©angfeft gugenblidjer baS ^Pccf), im ©e=
fprää) beinahe überall anguftofjen. „©ßarum fangt bu nidjt, £eter?" fragte id)
einen jungen greunb. ©r warf mir einen vorwurfsvollen ©Slict gu. „9leue
gugenb taust nicht!" 9Jian fpielfe gerabe ben fafginierenben Spimmp, ,,©ic--ti,
©ic-fa". „©ßarum fangt bu nid)f, ©retl?" fragte id) meine reigenb blonb-
begopffe Sattlerin, „©eutfcpe TWäbcpcn tanken feine 9tegertänge." Oiun er«
fönten bie unfferblidjen „9?ofen auS bem Süben". überlegen mübe lehnte an
ber ©ßanb ein bergiger Sebemann von fe^gepn 5<*bren. „©ßarum fangt bu
nidjjf, Herbert?" „international orientierte 9Kenfdjen verabfdjeuen veraltete
SluSbrudSformen." Seht traute id) midj gar nidjfö mehr gu fragen, ©ßeldje
^omplifationen auf engem 9?aum! Unb plötjticf) fiel mir ein, bafj eS noch eine
vierte ©ruppe gibt, jene, bie ffolg barauf iff, einen 9?eigentang auf grüner
©ßiefe jebem ©ang im gefd)loffenen 9laum vorgiept. Sllfo man benfe: vier
©ßelfanfchauungen aus einer fo teicfjfen unb luftigen Slngelegenheit!
Sfolg fann fogar an einem öaar hängen. QSiele grauen müffen fidj nod)
heute mit Sjaarnabeln abquälen, weil ihre ©bewänner fonfervative ©efinnung
baburd) beweifen wollen, bafj wenigffenS ihrer grau ber 3opf tunten hängt,
©ßenn biefe grauen jung unb hül’fä) finb, fo mad)t baS ja awfy nidjfS, benn eS
iff burdjauS nid)t notwenbig, bafj jeber iftenfdj fi(p ber 9Wobe guliebe mit bem
23ubifopf abfinbef. Sd)limmer iff ber Stolg, mit bem eine Spinafwadjfel (im

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