Galerie Flechtheim [Mitarb.]
Der Querschnitt
— 14.1934
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https://doi.org/10.11588/diglit.62258#0161
DOI Heft:
Heft 2 - Querschnitt durch den Spiesser
DOI Artikel:Zwei Monographien von Blaustümpfen
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tät hervor, zuerst 1825 mit der Erzählung „Claudia ‘. Seitdem
erwies sie sich äußerst produktiv, ja sie tat im Schnellschreiben
des Guten zu viel und hielt sich nicht frei von Wiederholungen.
Ihre „sämtlichen Schriften“ umfassen nicht weniger als 108
Bände. Die beliebtesten sind vor allen die „Perlen“, „Der
Braut Tagebuch“, „Der Frau Tagebuch“, „Die Schwägerinnen“,
„Die Schwiegermutter“, „Die Schwestern“, „Bilder des Her-
zens und der Welt“, „Der letzte Wille“, „Vergeltung“ sowie
„Eine schlesische Gutsfrau“. Nicht ganz mit Unrecht ist Hen-
riette Hanke mehrfach die deutsche Bremer genannt worden.
Beide sind — um alles mit einem Worte zu sagen — spezifisch
weiblich, womit die Mängel und die Vorzüge ihrer Erzählungs-
weise zugleich angedeutet sind. Für den männlichen Leser
würde sich die Lektüre der Hankeschen Romane, wie sie deut-
lich der Verfasserin einfachen Bildungsgang offenbaren und
über den beschränkten Horizont weiblicher, hausfraulicher
Begriffe und Ansichten nicht hinausreichen, kaum als eine
lohnende erweisen, während die Angehörigen ihres Geschlech-
tes selber von der Autorin vollständig, in geistiger wie in ge-
mütlicher Hinsicht, befriedigt zu werden vermögen. Was der
Kritiker an den Schriften der Henriette Hanke stets lohnend
zu erwähnen haben wird, das ist ihr Freisein von der modernen
jungdeutschen Phraseologie und von all den sublimen, verkehr-
ten und unweiblichen Tendenzen der Emanzipierten. Der Sucht
nach Geistreichtum und Bizarrerien geht die schlichtverstän-
dige Autorin ebenso aus dem Wege, wie ihr warm, aber ruhig
empfindendes Herz sich nicht auf die Jagd nach Emotionen
und leidenschaftlichen, darum auch fast immer abnormen
Seelenzuständen begibt. Ihrer streng moralischen Haltung
wegen können ihre Werke auch jüngeren Mädchen ohne Gefahr
in die Hand gegeben werden; im Gegenteil, diese werden, wenn
sie mit Aufmerksamkeit darin lesen, an Bildung ihres Inneren
nur gedeihlich zunehmen. (1862)
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erwies sie sich äußerst produktiv, ja sie tat im Schnellschreiben
des Guten zu viel und hielt sich nicht frei von Wiederholungen.
Ihre „sämtlichen Schriften“ umfassen nicht weniger als 108
Bände. Die beliebtesten sind vor allen die „Perlen“, „Der
Braut Tagebuch“, „Der Frau Tagebuch“, „Die Schwägerinnen“,
„Die Schwiegermutter“, „Die Schwestern“, „Bilder des Her-
zens und der Welt“, „Der letzte Wille“, „Vergeltung“ sowie
„Eine schlesische Gutsfrau“. Nicht ganz mit Unrecht ist Hen-
riette Hanke mehrfach die deutsche Bremer genannt worden.
Beide sind — um alles mit einem Worte zu sagen — spezifisch
weiblich, womit die Mängel und die Vorzüge ihrer Erzählungs-
weise zugleich angedeutet sind. Für den männlichen Leser
würde sich die Lektüre der Hankeschen Romane, wie sie deut-
lich der Verfasserin einfachen Bildungsgang offenbaren und
über den beschränkten Horizont weiblicher, hausfraulicher
Begriffe und Ansichten nicht hinausreichen, kaum als eine
lohnende erweisen, während die Angehörigen ihres Geschlech-
tes selber von der Autorin vollständig, in geistiger wie in ge-
mütlicher Hinsicht, befriedigt zu werden vermögen. Was der
Kritiker an den Schriften der Henriette Hanke stets lohnend
zu erwähnen haben wird, das ist ihr Freisein von der modernen
jungdeutschen Phraseologie und von all den sublimen, verkehr-
ten und unweiblichen Tendenzen der Emanzipierten. Der Sucht
nach Geistreichtum und Bizarrerien geht die schlichtverstän-
dige Autorin ebenso aus dem Wege, wie ihr warm, aber ruhig
empfindendes Herz sich nicht auf die Jagd nach Emotionen
und leidenschaftlichen, darum auch fast immer abnormen
Seelenzuständen begibt. Ihrer streng moralischen Haltung
wegen können ihre Werke auch jüngeren Mädchen ohne Gefahr
in die Hand gegeben werden; im Gegenteil, diese werden, wenn
sie mit Aufmerksamkeit darin lesen, an Bildung ihres Inneren
nur gedeihlich zunehmen. (1862)
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