Galerie Flechtheim [Mitarb.]
Der Querschnitt
— 14.1934
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https://doi.org/10.11588/diglit.62258#0252
DOI Heft:
Heft 3 - Querschnitt durch den Frühling
DOI Artikel:Zwei Tagebücher
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Qöeil bie Statut? Wie nichts anher ©ott — ift er niä)t bie Statur? —
gewaltig ift, ftellt fie baS ©ute unb baS Q3öfe nebeneinander vor uns pin.
©a fipt ein alter Q3auer, ©reis fcpon, anf einer Q3anl, mitten in den Fiepten,
(fr fipt nnd fonnt fiel). Gr Wartet anf den Sob. Sd)on ift er zuweilen mit
ipm vereinigt, er grüfjt fiep fcpon mit ipm, bald ftept er mit ipm anf dn nnd
du. OaS ift eine gute Grfcpeinnng. Gine zweite gute Grfcheinung ift jener
SJtann, der, gleichfalls mitten in den Richten, feine Wh ljiltet. Gr gleicht
Sofef auf der flucht. ®ie 5>äfcher verfolgen, er aber raftet ohne furcht,
SJtaria, ben Waben auf bem Stüden, fud)t im fyichteUvalb nach QSeeren.
drittens gefeilt fiep jene Fvau, die, im gefüllten Qlbteil ber Kleinbahn, um-
geben von rnilb erftaunten dauern unb 2lrbeifern, laut in ihrem ©ebet-
buep lieft. Oie großen 2öorte, bie guten unb bie böfen, träufeln in unfer
aller 5>erzen. 23öfe aber fcl>eijit bie alte Stox*bf(cd)4'ei’tn zu fein, die in ber
&it$e viele Heine Wrbe trägt. So lieblich bie geflochtenen ©efäfje auch
fchintmern, Weih unb grün unb rot, ihre *23erläuferin begegnet hoch Ivie
eine 5>eje: gelrümmt, neunzigjährig, Ivie fie erzählt, raunend, unfauber,
gequält, hungrig, habgierig.
21m SJtain, angelangt. 21n ber OneUe beS ioeifsen. SJtan fyat baS un-
fcpulbige Qöaffer nicht frei entfprubeln laffen, man hat es in ein fteinerneS
Onabrat gezwängt, gefaxt.
Qöie ich bem 2lnfang beS SJtalnlaufS entlang gehe, Werbe ich rafch mübe.
Stafcp ift ber Weihe SJtain, foioeit er durchs Fichtelgebirge flieht, ab-
gefchritten. Q3alb führen Kopien über ben 23acp, feine erften 23rüden.
Wimbach. Gin gläferner Qöürfel hebt fich aus bem 93at>nbofSgelänbe,
eine Febril. Sch ftreife burdj bie alten ©affen. Gine Sttrd)c läutet. GS
ift, als läute ganz Wimbach, Sorbögen, Käufer, Weihen, Sürme, ber Heine
FreilichtzirluS, bie „^onffierrutfehe" (ber abendliche QSummel auf ber
^jauptftrahe). 2litS allen Fuhßängern, hindern, Flauen unb SJtännern,
fchlagen gleich bunlelroten Feuern bie Sone heraus. Gine Stabt glaubt.
hinter Wimbach» Qöeifjer unb roter SJtain vereinigen fiel). OaS eine
linbe, friedliche Qöaffer rinnt in baS andere linbe, friedliche Qöaffer. Seht
erft hebt ber SJiain an. ®a zieht ber erfte Wpn, in ihm ein SJtann, vielleicht
ein Fifdjer. Seht verbreitert fich ber SJtain, zum Fluh geivorben, umS
doppelte.
Sch ffapfe burch bie Q3infen, viele Stunden bureb QMufen, einen QSinfen--
tvalb. GS ift peih» ®ie Sonne trifft mich fenlrecpt. Sch bin von ben Strafen
abgetrieben. Sd) tviU ben SRenfcpen entweichen, bin zur Gandfcpaft» ®a
frifjt fie mich» 23alb linls, halb rechts flieht ber SJtain, er gleicht ber Sticfen-
fdjlange. Sein ßauf ift ihr ©erüft, bie QSinfen ihre Schuppen. Stoch leine
23rüden über ben Fluh» Sch muh burch ben Hrtoalb ber 23infen gehen,
bis ich 23rüde, Strafje, SJtenfdjen unb 2lnfieblung erreiche. Q3iS zu ben
Linien toächft baS ©ras, eS fepeint, eS tvaepfe zufepenbS nacp. S)ie SJtüden
plagen mich»
2luS Felbtvegen unb ßanbftrahen empfängt ber SJtain bie erften Stege
unb 23rüden. Suioeilen 1)<xt man ipn eingefafjt, zuioeilen flieht er in einem
93eft. Grfter Ort, ber feinen Stamen vom SJtain ableitet: SJtainleuS. Sn
Sapfenborf verwertet man zum erftenmal ben SJtain inbuftrieU: ein £lnter-
nepmer gewinnt unb verlauft SJtainlieS.
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gewaltig ift, ftellt fie baS ©ute unb baS Q3öfe nebeneinander vor uns pin.
©a fipt ein alter Q3auer, ©reis fcpon, anf einer Q3anl, mitten in den Fiepten,
(fr fipt nnd fonnt fiel). Gr Wartet anf den Sob. Sd)on ift er zuweilen mit
ipm vereinigt, er grüfjt fiep fcpon mit ipm, bald ftept er mit ipm anf dn nnd
du. OaS ift eine gute Grfcpeinnng. Gine zweite gute Grfcheinung ift jener
SJtann, der, gleichfalls mitten in den Richten, feine Wh ljiltet. Gr gleicht
Sofef auf der flucht. ®ie 5>äfcher verfolgen, er aber raftet ohne furcht,
SJtaria, ben Waben auf bem Stüden, fud)t im fyichteUvalb nach QSeeren.
drittens gefeilt fiep jene Fvau, die, im gefüllten Qlbteil ber Kleinbahn, um-
geben von rnilb erftaunten dauern unb 2lrbeifern, laut in ihrem ©ebet-
buep lieft. Oie großen 2öorte, bie guten unb bie böfen, träufeln in unfer
aller 5>erzen. 23öfe aber fcl>eijit bie alte Stox*bf(cd)4'ei’tn zu fein, die in ber
&it$e viele Heine Wrbe trägt. So lieblich bie geflochtenen ©efäfje auch
fchintmern, Weih unb grün unb rot, ihre *23erläuferin begegnet hoch Ivie
eine 5>eje: gelrümmt, neunzigjährig, Ivie fie erzählt, raunend, unfauber,
gequält, hungrig, habgierig.
21m SJtain, angelangt. 21n ber OneUe beS ioeifsen. SJtan fyat baS un-
fcpulbige Qöaffer nicht frei entfprubeln laffen, man hat es in ein fteinerneS
Onabrat gezwängt, gefaxt.
Qöie ich bem 2lnfang beS SJtalnlaufS entlang gehe, Werbe ich rafch mübe.
Stafcp ift ber Weihe SJtain, foioeit er durchs Fichtelgebirge flieht, ab-
gefchritten. Q3alb führen Kopien über ben 23acp, feine erften 23rüden.
Wimbach. Gin gläferner Qöürfel hebt fich aus bem 93at>nbofSgelänbe,
eine Febril. Sch ftreife burdj bie alten ©affen. Gine Sttrd)c läutet. GS
ift, als läute ganz Wimbach, Sorbögen, Käufer, Weihen, Sürme, ber Heine
FreilichtzirluS, bie „^onffierrutfehe" (ber abendliche QSummel auf ber
^jauptftrahe). 2litS allen Fuhßängern, hindern, Flauen unb SJtännern,
fchlagen gleich bunlelroten Feuern bie Sone heraus. Gine Stabt glaubt.
hinter Wimbach» Qöeifjer unb roter SJtain vereinigen fiel). OaS eine
linbe, friedliche Qöaffer rinnt in baS andere linbe, friedliche Qöaffer. Seht
erft hebt ber SJiain an. ®a zieht ber erfte Wpn, in ihm ein SJtann, vielleicht
ein Fifdjer. Seht verbreitert fich ber SJtain, zum Fluh geivorben, umS
doppelte.
Sch ffapfe burch bie Q3infen, viele Stunden bureb QMufen, einen QSinfen--
tvalb. GS ift peih» ®ie Sonne trifft mich fenlrecpt. Sch bin von ben Strafen
abgetrieben. Sd) tviU ben SRenfcpen entweichen, bin zur Gandfcpaft» ®a
frifjt fie mich» 23alb linls, halb rechts flieht ber SJtain, er gleicht ber Sticfen-
fdjlange. Sein ßauf ift ihr ©erüft, bie QSinfen ihre Schuppen. Stoch leine
23rüden über ben Fluh» Sch muh burch ben Hrtoalb ber 23infen gehen,
bis ich 23rüde, Strafje, SJtenfdjen unb 2lnfieblung erreiche. Q3iS zu ben
Linien toächft baS ©ras, eS fepeint, eS tvaepfe zufepenbS nacp. S)ie SJtüden
plagen mich»
2luS Felbtvegen unb ßanbftrahen empfängt ber SJtain bie erften Stege
unb 23rüden. Suioeilen 1)<xt man ipn eingefafjt, zuioeilen flieht er in einem
93eft. Grfter Ort, ber feinen Stamen vom SJtain ableitet: SJtainleuS. Sn
Sapfenborf verwertet man zum erftenmal ben SJtain inbuftrieU: ein £lnter-
nepmer gewinnt unb verlauft SJtainlieS.
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