Galerie Flechtheim [Contr.]: Der Querschnitt (14.1934)

bet Srauer, bes Seraweifelns aer-
bonnern mid). 3ct) munbere mid), baß id)
nod) leben barf. (Bott tjat midj ner-
geffen.
3<ß tjabe über 30 Sßerbe gefißrieben,
aber man fißidit mir feit 3aßren öie
(Benbarmen auf ben tfjals, benn: „21 fo
a Stotjbua ho bo hoa Scßrifftftälla fei, a
Sißrifftftälla muaß bo a (Selb ßabn, aba
ber Sepp ßot bo hoa (Selb." Sie (Bem
barmerie rät mir immer, eine nüßlicße
Arbeit au ergreifen. 2Iber id) bin hranh,
id) hann nidjt wie früßer Saftträger,
2Iusgeßer, gabriharbeiter fein. Wleine
(Bemeinbe mödjte mid) ins 3^^nßaus
ftechen. Sie fürcßtet, id) hönnte ißr eines
Sages aur Saft fallen.
(£s finb nidjt 10 Wnfcßen in Seutfcß-
lanb unb Oefterreid), bie um mid)
wiffen. Sßenn id) ßeute gana tot bin,
werbe id) fidjer als einer ber größten
Siebter „gefeiert“. Su lieber $immel,
was feiern bie Seutfcßen nidjt alles!
3d) behomme oft monatelang heinen
Srief, heine 2Infid)tsharte. Wine ßin-
famheit würgt unb fteinigt mid) jebe
Sehunbe. 2Benn icß bod) einen fcßönen
Sraum ßätte. 3d) Hege im (Spital. 23e=
tracßte bie Sage ßer mit ßilflofen $in-
ber- unb (Breifenaugen, bie grauen
SBänbe bes 3tmmers unb bie grauen

SBoIhen bes Rimmels. 3n ben (Bangen
fcßlürfen uralte Wnnlein unb SBeiblein.
(Bin $anbwerhsburfcße, ber ein paar
Sage bleiben barf, pfeift fiel) ein Sieb.
3d) mödjte ßeulen wie ein £junb. Unb
bas Seben hönnte fo fdjön fein . . .
Win Seben war unb ift bas eines
jeben Wnfdjen, ber 2lugen unb ein $era
ßat. Wn weiß, baß alles Sißöne oer-
gänglid) ift, bas Seib aber unb ber
Kummer bleiben — unb bie Seßnfudjt
oerbrennt uns. 238as mid) freut, finb ein
fpielenbes ^inb, ein füßer 2®alaer non
Strauß, eine fcßöne Krawatte, ber
$erbft, eine alte Stabt, ein bunhler
23acß, ein bummer Sluguft unb Sorftabt'
homiher. 2Bas miet) traurig madjt, ift
bas Seib ber hleinen Sabenmäbel, ber
bummen Seßrjungen, ber armen Wtter,
bas Seib aller, benen oft fo unfäglid?
fdjwer ift . . . 2lm traurigften bin id),
benh’ id) manchmal an mid) felbft.
2Sas miet) manchmal wieber ßoffen
läßt, finb bie Sterne, ber blaue tfjimmel,
ber gute SSrief eines eblen Wnfcßen.
So ift über ein Wnfcßenfcßichfal nidjts
3U fagen: baß es oft, oft reißt traurig ift
unb man, je älter man wirb, um fo
weniger läißelt. 2lber oielleidjt ift bod)
irgenbwo ein (Bott, bann ift ja alles,
alles gut.

II.

Sie Setter.
Sor einer Seiter ftanb id) ftumm:
es ging mir feßr im $opf ßerum,
fie tat’s mir woßl aum hoffen —
mit ißren (Sommer') Sproffen;
was finb bie untern benn nidjt oben?
Unb grab unten! 3^ß hönnt toben.
2Bas finb bie oben nidjt ßerunt?
Unb grab oben? 2Icß, id) hunnt
ob biefer Seiter rafenb fein —
bie Seiter ift ein bummes Sdjrein!
3d) werb mid) nidjt meßr um fie hummern,
foll fie mit ißren Sproffen oerßungern ...

Sas 23udj.
3dj las ßeut DQadjt im Sraum ein fdjönes
Sud),
unb plößlicß weißt icE) auf.
2Bo ift bas 23udj? 3<ß fucßt's mit
mandjem glucß,
natürlid) liegt wieber was brauf.
3<ß fudjt mieß hrumm, id) fueßt mid) toll,
ad) Drbnung wär fdjon reißt!
Unb wenn idfs enblicß finben foll:
ins Seben id) Drbnung fledjt.
3 eß wüßlt bis aur Staißt, id) fudjte lang ..
O! 2Ber ßat mir’s benn wieber oerräumt!!
Sa plößlidj mir’s au bämmern begann:
21 eß! Su ßaft’s ja oielleiißt bloß geträumt!

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