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Böker, Doris [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 19): Landkreis Cuxhaven — Braunschweig, 1997

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https://doi.org/10.11588/diglit.44259#0122

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Herrenhaus errichtet (Flögelinger Straße). Die
Fassade des zweigeschossigen Putzbaus, in
dessen Gestaltung Formen des Klassizismus
und des Louis-seize-Stils einflossen, akzentuiert
ein fünfachsiger Mitteltrakt. Er wird von zwei als
Belvedere gestalteten Dachausbauten überragt.
Ein Zwischenbau mit vorgelegter Säulenveranda
leitet nach Osten zu einem ebenfalls zweige-
schossigen Gebäude über, dessen Erschei-
nungsbild mit Fächerrosetten über den Fenstern
und Staffelgiebeln auf den Dachhäuschen an
Schloßbauten der Weserrenaissance erinnert.
Die im Sinne eines Landschaftsgartens gehalte-
ne Gestaltung des Hanges, an dem beidseitig
eine Auffahrt zum säulengerahmten Eingang des
Mitteltraktes hinführt, findet als Übergang zu den
umgebenden Wiesen jenseits der Flögelinger
Straße ihre Fortsetzung bis zum Wasserlauf des
Kanals.

BELUM

Im Westen vom Hadelner Kanal begrenzt, im Sü-
den an Bülkau, im Osten an Neuhaus anschlie-



Kehdingbruch, Osterende, Kirche St. Jürgen, 1745

Bend, erstreckt sich die Gemarkung Belum im
Marschbereich der Niederelbe, an die sie mit
ihrem Außendeichsgelände heranreicht. Der auf
einer wohl schon vor der mittelalterlichen Eindei-
chung besiedelten Dorfwurt gelegene Ort Belum,
um 1150 urkundlich genannt, unterhielt bis ins
19.Jh. hinein einen kleinen Hafen. Von Bedeu-
tung für das gesamte niederelbische Gebiet war
der jährlich auf dem Außendeichsgelände statt-
findende Vitusmarkt, insbesondere ein Holz-
markt, der mit Eröffnung der Eisenbahnstrecke
Cuxhaven-Harburg 1881 erheblich an Bedeu-
tung verlor und schließlich während des Ersten
Weltkrieges erlosch.

Der Ortsgrundriß Belums hat sich gegenüber der
Kurhannoverschen Landesaufnahme von 1767
kaum verändert, sieht man von der das Dorf öst-
lich tangierenden Bundesstraße 73 ab, die, von
Süden kommend, hier nach Westen abbiegt (als
Chaussee 1843-56 ausgebaut). Die Östliche
Dorfbegrenzung bildet die Straße Hinter dem
Dorf, die im nördlichen Bereich auf die von We-
sten kommende und in nordöstliche Richtung zur
Siedlung Belumer Deich führende Deichstraße





trifft. Innerhalb der weitestgehend durch Wohn-
häuser des späten 19. und des 20.Jh. geprägten
Bausubstanz kommt allein der ev. Pfarrkirche
Denkmalaqualität zu.

Ev. Kirche St. Vitus

Auf einem der höchsten Punkte der Wurt steht im
Zentrum der um 1200 errichtete Feldsteinsaal der
ev. St.-Vitus-Kirche, die im Osten mit einem nur
leicht eingezogenen Rechteckchor, im Westen
mit einem aus der Mittelachse nach Norden
gerückten mächtigen Turm abschließt (Kirch-
platz). Während an den Längsseiten des Schiffs
mit den im letzten Viertel des 17.Jh. vergrößerten
Rundbogenfenstern das ursprüngliche Mauer-
werk gut erhalten ist, zeigen vor allem der Chor-
giebel mit den spitzbogigen Blenden und der
Turm deutliche Spuren der umfangreichen, in
Backstein ausgeführten Ausbesserungsarbeiten
der Zeit um 1500 und von 1668. Ursprüngliche
Öffnungen sind z.B. an einem vermauerten Fen-
ster der Nordseite und am vermauerten Portal an
der Chornordwand erkennbar. Trotz wiederholter
Instandsetzungen wies der Turm so starke Schä-
den auf, daß 1988 die gesamte Westwand unter
Aufnahme der vorhandenen Gestaltungsformen
neu aufgeführt werden mußte. Der Helm, zu des-
sen Pyramide leicht geschweifte Eckgrate über-
leiten, wurde in Schiefer neu eingedeckt. Durch
die Abtrennung des Chors, nun mit einer Zwi-
schendecke versehen, wurde ein Gemeindesaal
geschaffen. Die Restaurierung des Schiffs, aus-
gestattet mit West- und Nordempore, einem Kan-
zelaltar (1868) sowie einem 1783-86 gearbeite-
ten Orgelprospekt, erfolgte in Anlehnung an die
spätklassizistische Instandsetzung des Jahres
1868.

BELUM —- KEHDINGBRUCH

Während in der Feldmark um Belum noch die alte
Blockflureinteilung erkennbar ist, besitzt das bis
zu einem halben Meter niedrigere, südliche Ge-
meindegebiet, das durch die Eisenbahnlinie Cux-
haven-Harburg vom nördlichen abgetrennt wird,
noch annähernd die Marschhufenform der hoch-
mittelalterlichen Kolonisationsphase. Die Bahn-
trasse verläuft mit Ausnahme eines kleinen Ab-
schnitts im Osten auf der Linie eines Deichs, der
auf der Kurhannoverschen Landesaufnahme von
1767 als „Noth-Wall“ bezeichnet wird (eigentlich
Nordwall).

Eingespannt zwischen dem Hadelner Kanal im
Westen, der im Zuge des 1767 „Landmarke“ ge-
nannten Grenzgrabens des Amtes Neuhaus ver-
läuft, und den nord-südlich ausgerichteten Sied-
lungen Deichschlippe und Auestade im Osten,
erstreckt sich die seit 1971 nach Belum einge-
gliederte Reihensiedlung Kehdingbruch auf einer
Länge von etwa 2,5 Kilometern. Begleitet von ei-
nem Entwässerungsgraben auf der Südseite,
zieht sich die vielfach mit neueren Wohnhäusern
durchsetzte Bebauung des Osterendes als Teil-
stück der etwa in der Ortsmitte nach Süden ab-
knickenden L 144 beiderseits der teilweise
baumgesäumten Straße hin, während sich die
Höfe des Westerendes auf die Nordseite be-
schränken. Wenn auch die historische Struktur
des Dorfes, das mit Eröffnung einer Deckstation
des Celler Landgestüts 1816 zum Mittelpunkt der



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