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Böker, Doris [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 19): Landkreis Cuxhaven — Braunschweig, 1997

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https://doi.org/10.11588/diglit.44259#0222

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KÖHLEN

Köhlen erstreckt sich heute als Straßendorf am
Nordrand eines Geestrückens, den im Süden
die Geesteniederung und im Norden der west-
lich des Dorfes in die Geeste mündende Schei-
debach begrenzen. Als Hauptlinie durchzieht
den Ort die von der Geestensether Bahnstation
aus südlicher Richtung kommende Landes-
straße 128, die innerhalb des Dorfes nach We-
sten schwenkt, um anschließend nach Norden in
das neun Kilometer entfernte Bederkesa zu
führen. Am Ansatz dieser Biegung mündet von
Osten die Kreisstraße 39 in die Dorfstraße.

Die historische Bedeutung des Ortes steht im Zu-
sammenhang mit der Köhlener Hude, einer wohl
schon in der römischen Kaiserzeit genutzten
Schiffstelle an der Geeste, die als Gezeitenfluß
bis Köhlen schiffbar war. Aufgrund ihres weiten
Einzugsgebiets, das Bederkesa, Lintig und Hain-
mühlen einschloß, wurde die quellenkundlich seit
dem 16.Jh. nachweisbare Köhlener Hude zu ei-
nem leistungsfähigen Hafenplatz, der die Ent-
wicklung Köhlens zum größten Dorf der Börde
Ringstedt im Jahre 1753 mit 75 Wohngebäuden
begünstigte (1821 108 Wohngebäude).

Der ursprüngliche Siedlungskern des zuerst im
Jahre 1300 bezeugten Dorfes westlich der Kreu-
zung von Geestensether Straße und Dorfstraße-
West stellt einen Rundling dar, der wohl 1708
durch die Anlage der Landstraße Ringstedt-
KÖöhlen aufgebrochen wurde, aber noch heute in
seinen Konturen teilweise erkennbar ist. Vor dem
Ersten Weltkrieg war das von einer lockeren, mit
Bäumen durchsetzten Bebauung charakterisierte
Ortsbild Köhlens von zahlreichen Fachwerkbau-
ten geprägt, von denen die ältesten bis ins 17.Jh.
zurückreichten. Als einziges Baudenkmal die-
ser Zeit hat sich das Zweiständerhallenhaus

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Alfstedt, Hauptstr. 32, Woh

nwirtschaftsgebäude, u

m 1840

Geestensether Str. 39 (erb. 1684) erhalten, das
südlich der geschlossenen Ortschaft „Vorm
Moor“, d. h. am Rand des Wilden Moores, eines
Teils der Geesteniederung, liegt. An dem ur-
sprünglich mit einem Vollwalmdach gedeckten
Haus ist die originale Ausfachung mit Lehmsta-
ken zum großen Teil noch vorhanden.

Zwar ist die historische Siedlungsstruktur inner-
halb des Dorfes in weiten Teilen bestehen geblie-
ben, doch finden sich nur wenige Reste von
Fachwerkarchitektur des ausgehenden 18. und
19.Jh., da viele Wohnwirtschaftsgebäude auf
den Hofanlagen bereits um die Wende zum
20.Jh. durch Ziegelbauten ersetzt worden sind.
Während diejenigen des 19.Jh. die Art des Zwei-
ständerhallenhauses tradieren, lehnen sich die
jüngeren an Vierständerbauten an. Eines der
Jüngsten Beispiele, Dorfstr.-West 27, ein 1914
begonnenes Wohnwirtschaftsgebäude weicht
davon durch die Ausbildung eines Drempels ab,
dessen Ansatz ein Tropfenfries markiert. Zum Teil
erhaltene originale Fenster, Maueranker und das
Freigespärre des Wirtschaftsgiebels, den ebenso
wie den Wohnteilgiebel Lisenen gliedern, sind
wesentliche Details, die den Gestaltwert des Ge-
bäudes begründen. Am westlichen Ortsausgang
steht giebelständig zur Straße der unscheinbare,
teilverputzte Ziegelbau einer ehemaligen Schmie-
de (erb. um 1920), die mit dem erhaltenen Inven-
tar als technisches Kulturdenkmal einzustufen ist
(Dorfstr.-West 40).

KÜHRSTEDT - ALFSTEDT

Die Geschichte der Streusiedlung Alfstedt (zwei
Kilometer südwestlich von Bederkesa) ist eng mit
der Familie von der Lieth verbunden, die das Dorf
1356 käuflich erwarb und deren Nachkommen
hier als Gutsherren bis ins 18.Jh. ansässig wa-



ren. Außer der bis 1888 bestehenden Gutsanlage
entwickelten sich zwei Siedlungszentren: einmal
nordwestlich des Gutes um den Dorfteich und
zum zweiten an dem weiter westlich gelege-
nen Mühlenhop. Verbunden wurden sie durch
die 1878 ausgebaute, west-Östlich verlaufende
Hauptstraße. 1810 existierten neben zwei Voll-
und sechs Halbhöfen 26 Brinksitzereien, deren
Ansiedlung durch die Kultivierung von Heide-
und Moorflächen im 18.Jh. ermöglicht wurde.

Die Bausubstanz der Hofanlagen ist durchge-
hend erneuert. Lediglich das einer kleinbäuerli-
chen Schicht zuzuordanende Wohnwirtschaftsge-
bäude Hauptstr. 32 der Zeit um 1840 kann
Denkmalqualität beanspruchen. Während der
Wohngiebel des Hauses, dessen Gefache teil-
weise verputzt sind, den ursprünglichen Vollwalm
besitzt, zeigt der Wirtschaftsteil einen verbretter-
ten Steilgiebel.

LAMSTEDT

Lamstedt, größter Ort des nach ihm benannten
Geestrückens im Osten des Landkreises, ent-
stand unmittelbar nördlich des Sattels, den der
Westerberg zwischen seinem nördlichen breite-
ren und südlichen schmaleren Teil ausbildet. So-
wohl als Mittelpunkt des schon um 1100 genann-
ten Kirchspiels als auch als Verwaltungssitz des
zugehörigen Hebe- und Gerichtsbezirks, der Bör-
de, nahm Lamstedt jahrhundertelang eine auch
unter wirtschaftlichem Aspekt bedeutende Stel-
lung ein.

Hauptrückgrat des Haufendorfs bildet wie im
18.Jh., als hier 1762 zehn Voll-, fünf Halbhöfe, 35
Köter und 62 Brinksitzer gezählt wurden, die
nord-südlich orientierte Große Straße mit ihrem
zentralen Wegekreuz. Parallel dazu verläuft im



Köhlen, Dorfstr.-West 27, 1914



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