Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Böker, Doris [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 19): Landkreis Cuxhaven — Braunschweig, 1997

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44259#0256

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Säulchen gliedern. Die 1661/62 von Christoph
Donat (Leipzig) geschaffene Orgel wurde
1835/36 von Georg Wilhelmi (Stade) umgebaut
und mit einem neuen Prospekt versehen. Außer
dem Gemeindegestühl (z. T. von 1598) runden
mehrere Epitaphien, darunter ein reliefiertes,
1664 von Jürgen Heidtmann geschaffenes Grab-
mal, und Gemälde des 17.Jh. die Ausstattung
ab.

An der Dorfstraße vermittelt die Bebauung aus
trauf- und giebelständigen, ein- und zweige-
schossigen Wohnhäusern, die z.T. ins letzte Drit-
tel des 19.Jh. und das erste Jahrzehnt des 20.Jh.
zurückreichen, ein heterogenes, mit Neubauten
durchsetztes Bild. Einige wenige Giebeldreiecke
in Fachwerk, als Relikte in massiv erneuerte Ge-
bäude übernommen, weisen auf die einst den
Ort prägende Architektur hin. Die beiden giebel-
ständigen Häuser Dorfstr. 38 und Nr. 48 stellen
daher wirkungsvoll im Straßenraum hervortreten-
de Ausnahmen dar. Vor allem das breitlagernde
Gebäude Dorfstr. 48 (erb. wohl 2.Hälfte 18.Jh.),
mittig erschlossen durch eine pilastergerahmte
Tür unter flachem Dreieckgiebel, gibt mit der

Neuenkirchen, Kathusen 20, ehem. Backhaus, 2. Hälfte 19.Jh.

reichen Holzverwendung durch die enge Stän-
derstellung und den mehrfach, davon zweimal
über geschweiften Knaggen vortretenden Giebel
ein Beispiel repräsentativer Fachwerkarchitektur
(Traufwände und westlicher Giebel teilweise
massiv ersetzt). Einer klassizistischen Grundhal-
tung entsprechend dem Baujahr 1805 ist das
Gebäude Dorfstr. 38 verpflichtet, dessen Fas-
sade streng symmetrisch mit regelmäßiger
Gefachausbildung gestaltet ist (Fachwerk der
Traufseiten erneuert). Am rückwärtigen, in Ziegel
aufgemauerten Giebel schmücken holländische
Dreiecke den Ortgang. Nur wenig jünger dürfte
das westlich anschließende Stallgebäude in einer
Fachwerkkonstruktion auf Ziegelunterbau sein.
Das kleine, reetgedeckte Ziegelhaus Dorfstr. 69
am südlichen Ortsausgang geht möglicherweise
auf einen um 1800 enstandenen Bau zurück, ist
jedoch durch Eingriffe des späteren 19.Jh. ge-
prägt.

Im Süden Pedingworths, das sich rechts der Me-
dem erstreckt und in dem die Ziegelindustrie zu
Beginn des 19.Jh. eine bedeutende Rolle spielte,
wurde 1875 über die vom Osterbrucher Süderteil





kommende Auswettern etwa 30 Meter vor ihrem
Einfluß in die Medem eine Ziegelgewölbebrücke
errichtet, die heute Denkmalwert als technisches
Kulturdenkmal besitzt.

NEUHAUS

Der Flecken Neuhaus entwickelte sich am linken
Osteufer wenige Kilometer südlich des Osteein-
gangs in den breiten Mündungstrichter der Elbe.
Im Westen wird er von den engen Flußschleifen
der von Süden kommenden Aue tangiert, die das
Marschland der Neuhauser Gemarkung in nord-
Östlicher Richtung durchzieht. Inmitten des von
der nördlichsten Aueschleife dreiseitig umflosse-
nen Areals ließ Erzbischof Otto von Bremen 1404
einen Verwaltungssitz, das „Nygehus“, errichten,
das der Siedlung ihren Namen gab. Der ur-
sprüngliche OstezufluB der Aue im Süden des
Ortes ist heute nicht mehr erhalten; seit der Anla-
ge zweier Auearme und eines Hafens nördlich
der Siedlung (1478) verkümmerte dieser östlich-
ste Teil der Aue zu einem toten Gewässer, dem
nord-südlich zwischen Burg und Flecken verlau-
fenden Poggenauenarm und dem südlichen
Bassin anstelle der alten Osteeinmündung.
Während letztgenannter Bereich in jüngster Zeit
aufgeschüttet, begrünt und mit einem Sportplatz
überbaut wurde, kam der Poggenaue neue Be-
deutung zu, als hier der Richtung Südosten ge-
führte Neuhaus-Bülkauer-Kanal (erb. 1852-54)
durchgestoßen wurde. Einen letzten Eingriff in die
Ortsstruktur markiert die 1959-63 angelegte,
Aue, Poggenaue und Bassin überquerende Um-
gehungsstraße B73.

Obwohl die nordwestlich anliegenden Blockflu-
ren eine bereits vormittelalteriche Besiedlung
des hohen Flußufers vermuten lassen, liegen
schriftliche Nachrichten für Neuhaus und seine
Umgebung erst mit der urkundlichen Nennung
(1371 bis 1389) der in der Nähe lokalisierten erz-
bischöflichen „slickborch“ vor, deren Burgstelle
jedoch nicht sicher einzugrenzen ist. Möglicher-
weise bestand bereits im 14.Jh. eine größere Fi-
scherniederlassung im Bereich der heutigen
Deichstraße, doch fehlen auch hier eindeutige ar-
chivalische Belege. Gesichert ist dagegen die
Burgstelle des namengebenden Nachfolgebaus
(„Nygehus“), deren Anlage das gesamte von der
Aue umfaßte Terrain bis zu einer südlichen Quer-
aufschüttung im Verlauf der heutigen Bülsdorfer
Straße eingenommen haben soll. Hier wird im An-
schluß eine zweite frühe Kernsiedlung der Hand-
werker und Kaufleute angenommen, wie dies
auch die auf der Kurhannoverschen (1767) und
Preußischen Landesaufnahme (1878) verzeich-
nete Parzellenballung an der heutigen oberen
Bahnhofstraße und der Dammstraße nahelegt.

Das heute noch das Ortsbild prägende Parallel-
straßensystem (Deich-, Poststraße) mit Markt-
platz und Hafen im Bereich des „Fischerquar-
tiers“ entstammt spätestens der für das Jahr
1478 überlieferten Baumaßnahme der Oste-
deich-Aufschüttung und Anlage der nördlichen
Aueschleusen, mit der die Ausdehnung des
Fleckens wie auch die heutige Deichstraßen-
führung in etwa vorgegeben waren. Nachdem
beide Ortsteile im 17. Jh. zusammengewachsen
waren, wurde im verbleibenden Freibereich süd-
lich der Fischer- und nordöstlich der Kaufleute-
siedlung die erste Kapelle von Neuhaus erbaut.



252
 
Annotationen