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Böker, Doris [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 19): Landkreis Cuxhaven — Braunschweig, 1997

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https://doi.org/10.11588/diglit.44259#0332

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schen Imsum und Wremen entlang der Landes-
straße 129, beherrschen Scheune und Wohnwirt-
schaftsgebäude des Hofes Wurster Landstr. 29
mit ihren schlichten Backsteingiebeln aus der
Mitte des 19.Jh. Die dem Verlauf der Straße fol-
gend gestaffelt angeordneten Gebäude, beide
mit Zweiständer-Innengerüst, zeigen Verände-
rungen des späten 19. bzw. 20.Jh., die jedoch
das Erscheinungsbild nicht wesentlich beein-
trächtigen.

WULSBÜTTEL

Die Lage Wulsbüttels am Rande einer Geest-
platte in 20 Metern über NN nahe der südlichen
Kreisgrenze ist heute durch eine insbesondere im
Norden und Westen waldreiche Umgebung
gekennzeichnet. Auch im Dorf selbst gibt es
einen beachtlichen Baumbestand. Noch auf der
Preußischen Landesaufnahme von 1898 findet
sich der abgeschiedene Ort, sieht man vom Hee-
sener Holz im Westen ab, inmitten einer unkulti-
vierten Heidelandschaft, welche die Schafhal-
tung als Grundlage der Landwirtschaft vorgab.



Lindenstr. 6, Diele, Gefügeknoten

Die Umwandlung in Ackerflächen seit Beginn un-
seres Jahrhunderts erforderte aufgrund der
schwer beladenen Fuhrwerke eine Befestigung
der Durchgangsstraße von Uthlede nach Lübber-
stedt (1899 bis nach dem Ersten Weltkrieg) und
brachte dadurch die verkehrsmäßige Anbindung
Wulsbüttels mit sich.

Die Höfe des 1072 erstmals urkundlich nachge-
wiesenen Haufendorfs, in dem 1901 20 Wohnge-
bäude gezählt wurden, gruppierten sich um die
Jahrhundertwende hauptsächlich um das Drei-
eck, das von der Durchgangsstraße, der Linden-
straße, sowie den von ihr nach Süden abzwei-
genden Straßen Loge und An den Höfen gebildet
wird. Neuere Baugebiete im Südwesten des alten
Ortskerns reichen bis in die Niederung der in
Nord-Süd-Richtung fließenden Drepte.

Ev. Kirche St. Lucia

Am nordöstlichen Dorfrand liegt zurückgesetzt
an der Lindenstraße auf einer leichten Anhöhe
die ev. Kirche, umgeben von dem mit Findlingen







Lindenstr. 6, Knagge am Luchtbalken

eingefaßten Friedhof. Dem auf Granitfindlingen
um 1200 aus Feldsteinen erbauten Saal mit ein-
gezogenem Rechteckchor ist am Westgiebel ein
gedrungener hölzerner Glockenturm des 17.Jh.
vorgelegt, der ein bemerkenswertes Geläut aus
drei Glocken der Zeit um 1300 aufnimmt.

Die von den Grafen von Stotel als Grundherren in
Wulsbüttel oder ihren Vasallen, den Herren von
Wersebe, um 1200 gegründete Parochialkirche
wurde, so wies eine archäologische Untersu-
chung während der Renovierungsphase 1970/72
nach, in den Jahren zwischen 1211 und 1217
oder um 1230 bei kriegerischen Auseinanderset-
zungen durch Brand zerstört. Der Wiederaufbau
des Gebäudes, dessen Mauern größtenteils bis
auf zwei Meter Höhe abgerissen worden waren,
erfolgte um 1240 wahrscheinlich durch das Klo-
ster Lilienthal, das 1238 Wulsbüttel käuflich er-
worben hatte. Als Material wurde wiederum Feld-
stein unter Verwendung von Muschelkalk und
Backsteinen zur Füllung von Lücken verarbeitet.
Die Mauerecken nehmen kantig behauene Gra-
nit- ozw. Sandsteinquader ein. Das von jeweils
drei kleinen Rundbogenfenstern in den Traufsei-
ten belichtete Innere besitzt eine schlichte Bret-
terdecke. Den Übergang zwischen Schiff und
Chor markiert ein flacher Rundbogen. Von den
Ausstattungsstücken sind die Kanzel aus dem
Jahre 1555 mit ihrem 1695 datierten Schalldeckel
sowie die 1614 in schlichten Renaissanceformen
angefertigte Prieche der Familie von Wersebe zu
erwähnen.

Ein in bezug auf Erhaltungszustand und Doku-
mentationswert außergewöhnliches Beispiel ei-
nes Zweiständerhallenhauses, hier mit dreifachi-
ger Diele, Flett und Kammerfach, stellt das heute
unbewohnte Wohnwirtschaftsgebäude Linden-
str. 6 dar. Am Wirtschaftsgiebel mit dem auf pro-
filierten Knaggen vorkragenden Giebeltrapez,
das durch geschwungene Fußbänder auffällt, ist
es aufgrund der Inschrift am Torholm als 1673 er-
richtetes Haus des Bernhard Martinius ausgewie-
sen, der zu dieser Zeit Pfarrer in Wulsbüttel war.
Der nördliche Giebel am Kammerfach - im Ge-
gensatz zu der übrigen Ziegelausfachung sind
hier noch einige Gefache mit Lehmstakung ge-
füllt — besitzt hingegen einen Vollwalm auf
schlichten gekehlten Knaggen. Auffallend sind
die altertümlich wirkenden, taubandgeschmück-
ten Knaggen am westlichen Luchtbalken. Selten-
heitswert besitzt die mit Kieselbelag und Feu-
errähm erhaltene Herdstelle.

WULSBÜTTEL - HEESEN

Der Ortsteil Heesen westlich von Wulsbüttel be-
steht lediglich aus dem gleichnamigen, schon
1718 erwähnten Hof am linken Ufer der Drepte,
der zwischen den Wiesen der Niederung und
dem Heesener Holz im Osten eingebettet ist (Lin-
denstr. 20). Bereits im Mittelalter existierte hier
ein Adelssitz, der 1243 in den Besitz des Klosters
Lilienthal gelangte.

Die heutige Hofanlage wird von dem 1881 in re-
gelmäßigem Fachwerk mit Ziegelausfachung er-
richteten Vierständerhallenhaus beherrscht, das
wohl zu Beginn des 20.Jh. nach Westen einen
Scheunenanbau erhielt. Ältestes Gebäude der
Parzelle nordöstlich des Haupthauses ist ein reet-
gedeckter Kübbungsschafstall unter Vollwalm-



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