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Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

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Nr. 205-230 September
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https://doi.org/10.11588/diglit.2828#0270

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Stuttgart, 12. Sept. Man schreibt der
„Kln. Ztg ": „Unser FmLNzminister spll sehr
auf den Beitritt zum ncuen Zollverein vor dem
1. Oktober drängen. PrivLtim hut auch der
König bereits geäußert, daß die Annahme deS
Handelsvertrags mit Frankreich nicht zu um-
gchen sein werde. — Jn Bayern soll Hr. v.
Schrenck zwar gesagt haben, er werdc nie jeinen
Nauieu unter den Bertrag setzen. Da er aber
gleichzeitig auch Minister bleiben will, so erzählt
man sich von solgeudein AuskunstSmittel. Jm
Budget sür 1861 — 67 (Bayern hal bis jetzt
bekauntlich sechsjährige Finanzperioden) ist der
Gehalt für einen besonderen HandelSminister
bcreits vorgesehen uud cs bestcht kein Hindcr-
niß, einen solchen sosort zu ernennen. Das
wird denn nun auch geschehen, die Ernennung
wird in Bälde erfolgen, dieser unterschrcibl dcu
HandelSvertrag und Hr. v. Schrenck bleibt Mi-
nisterpräjident. AlS dcn neuen Handelsminister
bezeichnet man mit viel Bestimmtheit deu Hrn.
Staatsrath v. Hermann, den National - Oeko-
nomen.

Berlin, 12. Sepr. Die Staatscommission
deS Nachiveisungsburcaus für AuSwanderude
in Rottcrdam sah sich vor Kurzem veranlaßt,
dem preußischen Consulatc daselbst mitzutheilen,
daß von Zeit zu Zeit klcine TruppS von ä bis
10 Mädchcn, im Alter von 15 — 20 Zahren
aus Deulschland ohne Eltern oder Familie nach
Rotterdam kamen, einzig bcgleitct von eiuer ge-
ivissen Frau Brchin, dercn Mann cinen Gast-
hof in Rotlerdam bcsitze, der nichi ini besteii
Rufe stehe. Zugleich war angegeben, daß die
MLbchcn geivöhulich folgenden Tages iu Gcsell-
schaft bcjagler Frau weiter nach England rci-
sten. DaS preußijchc Consulat hat in Folge
dessen an das Ministerium iu Berlin berichtct,
wclcheS, wic die „Rh. Ztg." vernoininkn, bc-
reits die nöthigen L-chritte in dieser Angelegen-
hcil bei dcr holländischcn lltegierung gethan hal.
— Der Kaiscr vou Rußland wird am 20. d.
hiehcr koinmcn und 5 Tagc in Polsdam ver-
weilen.

Derli«, 13. Sept. Der kathol. Militär-
geistliche, Hr. Simon, welchcr sich sür seiu
lapfercs Verhaltcn bei deni Sturme auf die
Düppeler Schanzen eincr Ordensauszeichuung,
wie besonderer ehrcnder AuSzeichnungen von
Seitcn Zhrer Maj. der Königiu und Sr- Kgl.
Hoheit deS Kronprinzen zu erfreueu hatte, hat
jetzt auch von dem Kaiser von Oesterrcich, mit
drci anderen katholischcn Militärgeistlicheu, den
Orden piis meritiu erhalten.

Düsscldorf, 12. Scpt. Die Ortspolizei-
behörde hat einen von den hiesigcn Mitgliedern
dcs Allgeineineii deutschen Arbeitervcreius uud
ben Freuuden Lassalle'S bcabsichtigtcn feierlichen
Leichenzug, falls die irdische Hülle Lassalle's,
welche morgen Vvrmiltag ll Uhr hier erwarkt
wird, mit dem Dampfbvol eintrcssen sollte, in
Folge höhcrer Weisuug uutcrsagt.

^ ... (Düss- Ztg.)

Rvln, 12. Sept. Heute Morgen ist der
Cardmal und Erzbischof Johannes v. Geissel
im Dom beigesetzt worden, und zwar in einem
Grabe, welcheS im Jahr 1587 angelegt wurde;
für welchen Geistlichen damals, ist unbekannt.

Alles zu Ende, unb die Menge, enttüstet über
den reuelosen Tod des Gcfürchteten, aber auch

vernahm. Von 5 Uhr an hatte sich ein starker
Regen über Foir ergossen, aber Niemand licß sich
dadurch bestimmen, fich des Anblickes des blutigen
Schauspiels zu berauben.

Schwalbach, 11. Sept Ueber den Besuch des
Königs von Preußen bei der Kaiserin Eugenie
meldet man der „Mitt. Ztg.": Nachmittags um
3 Uhr kam der König von Preußen mit dem Grafen
Bernstorff und einem Hofcavalier hier an. Der
König bezog bas „Hotel de Nassau", welches mit
schwarz-weißen Fahnen, einem Adler und einer
Krone aus Eichenblättern verziert wurde. Bei sei-
nem Eintrcffen wurde der König von der Kur-
kapelle mit der preußischen Volkshymne begrüßt.
Um dieselbe Stunde verließen die Kaiserin Eugenie
und die Königin von Holland ihre Villa und gingen
beim Weinbrunnen vorbei vurch die Anlagen nach
dem Paulinenbrunnen spazieren. Dtese Promenade
dauerte etwa eine halbe Stunde. Da kamen die

Jn dem imposanten Leichenzugc, welcher sich
voin erzbischöfiichen Palastc nach dcm Dome
bewegle, schaute man die Bischöfe vvn Münster
und Paderborn, dereu Weihbijchöfc, viele Dvm-
capilularc, vas hiesige Domcapitel und viele
andere Geistliche; feriicr den preußischen Bun-
oestagsgesandten v. Savigny, den besehligenden
Gencral des 8. Heerkörpers v. Boniu, den
Oberpräsideuteii der Rheinprovinz v. Pommer-
Esche. Prosessor Dieringer von Bonn hielt die
Trauerrede. Die Leiche deS Cardinals WLI 2
Tage lang auf dem Paradebett anSgestellt nnd
dem Publikum der Besuch gestattet; aber es
war bei dem ungcheuren Ändrang nicht mög-
lich, Alle verzulassen. Verjammelten sich doch
allein gestern im Laufe des TagS etwa 70,000
Personen vor dem Stcrbehause, darunter meh-
rere Taschendiebe, weiche äußerst fleißig arbci-
tetcn.

Wie«, 12. Sept. Dic „Reue freic Presse"
schrcidt: „Nicht nach Berlin, wic es lange hieß,
sondern nach Ungarii,wird sich der Kaijer im
Laufe der nächsten Woche begeben. Zunächst
sind allerdings nur militärische Zwecke, Bcjich-
tigung neuer FcstungSwerke und Theilnahme
an niilitärischen Ucbungen, das Motiv der
Kaiserreisc; aber wer vermag zu sagen, welche
Folgen jolch ein Bejuch durch Zwischenfälle er-
langen kann! Die Ungarn, Ivelche bci ihrer
heftigstcn Opposition gegen die ministerielle
Politik stets ihre monarchischc Loyalität ver-
sichern, iverden nach den alten Vorgängen das
Erscheinen deS KönigS in ihrem Lande nicht
vorübergchen lassen, ohne dem Monarchcn rhre
Huldigungen darzubringen, und cS gehvrt nur
cin haldwegs glücklicher Zufall dazu, damit
die Berührung Sr. Maj. mit einigen politi-
jchcn Nolabilikäten ungarischer Nation eine An-
gelegcnheit wicder in Fluß bringe, die zum
Unheil des ganzcn Reichs nur allzu lange
schon einer vcrderblicheu Stockung anheimgc-
sallen ist."

Wicn, 13. Septbr. Scit einigcn Tagcn
wird in prcußischcir Blättcrn das Klagelied ge-
sungen, daß Ocstcrrcich scinem Bundcsgenossen,
Preußen, kcine Tcrritorial- Erwerbung in den
nordalbingischen Herzogthümern — „nicht ein-
mal daS kleine Lauciiburg" — zugestchen wollc.
Zn hiesigen politischen Kreisen glaubt man nun,
daß dic diesfällige Haltuug Oestcrreichs fol-
gcndc sei: Oesterreich gcdenke nicht, Abmachun-
gcn zu dcgünstigcu, welchc -- abgeseheu davon,
daß sie die Militär - Orgaiiijation deS Bundes
durchbrcchen — den Begrisf eines souveräuen
Fürstcn, die erstc und nothwendigstc Voraus-
setzung der Mitgliedfchaft des deutschcn Bun-
des, nahczu ausheben. Ader es gäbe jür Preußcn
ein anderes, ein zugleich durchauS bundcSmäßi-
ges uud der Souvcränetät des Landcsfürsten
nicht zu nahe tretcndeS Mittel, sich im Nvrden
militärisch und maritiin zu stärken, und daS
Iväre die Erhebung Rendsdurgs zur Bundes-
festung, und Kiels und viellcicht noch eines
andcren SeeplatzcS zum Bundeskriegshasen;
diejer Hafcn, der tziatur der Dinge gemäß,
wescntlich, weiin auch nicht ausjchlicßlich, dem
mächtigsten deutschen Ostseestaate dienen, diese
Festung, etwa ncben einem Contingent von

hohcn Fraucn mit ihrcm Gcfolge wiedcr zurück.
Dic Königin, welckc scit dcm Tvdc ihrcs VaterS,
des Königs von Württemberg, tn ticfe Trauer
gekicldet war, ging rcchts an dcm Arme dcr Kai-
serin. Lctztere trug wiedcr ein schwarzes cinfaches
Obcr- und llnterklcid, cine dnnkctbtauc Iacke mit
gclben Knöpfen und eincm schwarzcn Hut, darauf
«tn kleiner schwarzcr Schleicr und einc weiße lange
Feder bcsestigt war. Der unvermcidlichc Stock, den
die Kaiserin mlt settcner Anmuth und Grazie trägt,
f-hltc nicht. llm 3-/, llhr bestieg dic Konigin von
Holland ihren Relsewagcn, mit Postpfcrden be-
spannt. Dic Katserin und daS glsammte katscrliche
Gesolge, die Herrcn tn schwarzen Kracks mit ihrcn
Ordcn, beglcitetcn die Königtn an den Wagen.
Dcr Abschikd schien cin herzlicher zu sein. Dic Kö-
nigin küßte dtc Kaisertn mehrmals, welche in der
li-b-nSwürdtgsten Sinfachheit die tiefste Lhrfurcht
ihrcm königlichen Gaste b-wi-s. Di- Kaiftrin ver-
steht Icdermann für fich zu gcwinnen; fie ist, was
Aumuth, Grazi, nnd Robleffe betrifft, eine d-r
s-ltenstcn Kraueiicrsch-inungcn, und zu Allem ihre
licbenSwürdige Einsachheit, wie fic gar zu ftlten
dte Kran cines schitchtcn BürgcrS bcfitzt. - Rach

Landestruppen, mit einer prenßischen Bundes-
garnison bclegt. Das scien Ziele, wclche glcich-
mißig Preußen und Deutfchland zu Gute kom-
men ivürden, und diesen Ziclen würdc Oester-
reich keinen Grund habcn, hiudernd in den Wcg
zu lreten, zumal'wenn etwa eine billige Aus-
gleichung iu der Weise vereinbart würde, daß
Rastatt wic früher, wiederum cine ausschließ-
lich badische und österreichische Bundesbesatzung
erhielte.

z r a u kr e i ch

Paris, 12. Scpt. Die Aufmerksamkeit des
Königs von Preußen, daß er die Kaiserin zu
Schwalbach besuchie, hat hier einen guten Ein-
druck gemacht. Nicht Wenige wollen hintcr
diejem Besuche auch Politik wittern, und sie
lverden iu ihrcr Meinung bestätigt durch das
Gerücht, daß der Admiral Zurien dc la Gra-
viere, der sich bekanntlich in dem Gefolge der
Kaiscrin befindet, gestern Abend in besonderer
Missioii hierhcr gckommeii sei, um, nachdem er
mit dem Kaiser Rückjprache gepflogen, noch
heule nach Deutschlaud zurückzukehren.

Marseille, 14. Sept. Briese auS Tunis
vom 9. melden, daß die Admirale, wclche die
drei Geschwader befehligcn, dem außerordent-
lichen Commisjär des Sullans die Aufforde-
rung haben zugehen lassen, sogleich mit der
türkischen Flotte wieder abzugehen. Die Ad-
mirale haben sclbst Befehl erhalten, TnniS zn
verlassen, und nur jeder ein einziges Fahrzeug
zum Schutzc ihrer Laudsleute zurückzulasseii.
DaS französische Geschwader wird sich nach
dem Golfe von Billafranca, uufcrn Nizza, be-
geben.

Eng l a nd

London, 12. Sept. Ein von der milita-
rischen SanitLts - Commission veröffentlichtes
Blaubuch enthält einige Details über den Bil-
dungSgrad der in die britische Armee eintre-
tenden Recruten nebst einem Hinblick auf die
BildungsverhLltniffe der sranzösischen Armee.
Unter 1000 Recruten waren in England 239
die weder lesen noch schreiben konnten, 37 die
nur lesen konnten, und 724, die sowohl zu
lesen als zu schreiben verstanden. Bei der.
französischen Armee stand es in den 5 Jahren
von 1855 — 59 folgendermaßen: unter 1000
Recrulen konnten 318 weder lesen noch schrei-
ben, 32 konnten nur lesen, 650 lesen uud
schreiben. Die britische Armee hat also einen
Vorsprung. Mit der preußischen Armec , zu
welcher unter 1000 Recruten nur 37 lesenS-
und schreibensunfLhige eintreten, hat die Com-
mission keinen Vergleich gezogen.

Southampton, 13. Sept., Abends. Der
„Tasmanian" kommt soeben mit der Post vom
stillen Ocean und Westindien an. Er bringt
2,191,047 Dollars mit. Nachrichten von Peru
zeigen an, daß das Ministerium stch vor der
Volksaufregung zurückgezogen hat, so wie der
Haltung der BlLtter, welche es beschuldigtcn,
Spanien gegenüber es an Energie fehlen ge-
laffen zu haben. Ein neues Cabinet ist ge-
bildet worden.

4 Uhr machte der Köntg von Preußcn der Kaiserin
von Frankreich einen Besuch. Der König war in
schwarzen Civilkleidern; auf der weißen Weste trug
er das breite rothe Band vom Großkreuz der Ehren-
legion. Der Besuch währte bis nach 5Vr Uhr, also
etwa eine und eine halbe Stunde. Die Kaiserin
emvfing den König in der HauSflur vor dem Trev-
pengang auf das herzlichste. Bet der Abfahrt, alS
der König seinen Wagen bestieg, öffneten sich die

ein mehrfaches Handwinken und Kopfnicken zu
grüßen. Der König fuhr in sein Hotel zurück,
dinirte da noch und fuhr gegen 7 Uhr nach Wies-
baden zurück.

Ein irländischer Bierbrauer empfiehlt in den
Zeitungen sein Fabrikat, vierfaches Pale-Ale, mit
dem unrigennützigen Anerbieten, alle Gäste, welche
davon vier Gläser nacheinander bei ihm trinken,
auf etnem Schiebkarren nach ihren Wohnungen zu
schaffen.
 
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