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Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

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Nr. 231-256 Oktober
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https://doi.org/10.11588/diglit.2828#0333

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Hndtlbergkr Itilmig.

N» 233. Dpnnerstag, 6. October s 18VL.

Bestellungen auf die „Heidelberger
Zeirung" nebst Beilage „Heidelber-
ger Kamilieilblätter" fur das mit l
Lctober L8l»L begoanene L. Quartal
werden fortwährend angenominen.

Die Expedition.

Das Gesetz über die Gerichts-
vcrfaffung

bestinimt, dast die Äcrichldbarkeit in bürger-
liche» Rcchls>acheii uiid iu Slralsacheir über-
lragcii jci: oeii ÄmlSgcrichleii, deir dtreiSgerichtcii
uud beu Obcrhdsgcrichtrii. ütußcrdcin wcrdeu
Haiidcwgcrichte sur diejeiiigeu Lladle oder Bc-
zirkc, m wclchcu dad Bcdiirjiiig dcS BerlehrS
es crfordcrl, crrichtcl. Wir haben nunnieyr
vom 1. d. M. an im Lanbc 11 Krcisgcrichle,
woruulcr füiif uiit APycltaliousscnaleii, welche
dcn Raiiicu dtrcis- uuo Hofgerichle sichren. Jn
dicscii sind zuglcich die bisycr bejlcyeiidcn vier
Hofgcrichte aufgcgaugen; iiiil dicfeii KreiS-und
Hdsgerichten yiu oldiisiaiiz, Krcibllrg, Ojsenburg,
Äarisruyc uuo L)kauiiyciuiy sigo iicbcn oeu Ay-
pellalioiissciialeii die Schmurgcrichte, die Straf-
kauiiueru, die llkalys- uuo Auklagekainincrn sür
die belrcsjcudeu Bezirke vcrbuudeu.

Lic üvrigcn klcmcrcu scchs otreisgcrichte (zu
Villiugeu, Waldsyul, Lörrach, Labeii, Hciocl-
berg uuo Mosbachy habcu ciiicu doyycllen
Wiikuugokreis: Sie sino 1) Eollegialgerichle
crsicr Zuslauz in bürgcrtichcu ükcchlsstreiligkci-
tcn, dereu Slrcilgcgeiislauo übcr 2M st. auS-
macht, uiid 2) dkccursgcrichle sür oie von
Aiiiisgcrichtcu crlasscucu Slrafcrkeniiluisse.

Die btrciögcrichle veryandclu uud enischeidcn
iu Bersauuiiluug von 3 Üiichlcrn in erstcr Ju-
stauz augcr jeucu üicchtsstrciligkeitcn übcr 200 fl.
uoch ubcr alle Siaiidcsklagcu und Klagcn auf
Treuuung oocr Ikngitligkcil ciucr Ehe. Ferner
gcyöreu vor die okrcisgcrichte dic BeriuögcuS-
absoudcruiigSklagcn uud dic ÜkcchlSslrcillgkeiten
übcr Eiilschadiguiigsklagen aus Diciistvcrgeheii
oder Dieusivcrscyeu oer öjseiillicheii Diener 'oes
Slaats. Die Ayycllatioussumiiie bcträgt 00 st.,
dic ApyeUatiou uiag uuu gcgcu das Urlycil
eincS Auiisgcrichls, eines KreisgcrichlS oder
eiucS HaudelsgcrichlS ergristcu wcrden. Die
Appellallouö-Jiiflauzcii sind die süuf größcren
Seualc dcr ödrciS- uud Hojgerichlc. Der Ap-
pellalionSscuat erkeunl in Bcrsauiinluug von
ö llkichtcrn übcr die RechtSmittcl uno Bcschwcr-
den gegcu die Urlheilc uud Bcrfilguugeii der
Amlsgerichtc, HandclSgcrichtc und Krciogcrichtc
in dürgerlichcn Rechlöstreitigkeiteu. Er erkennt

aber auch über die Beschwerden gegen dic Ver-
sügungen der AnitSgerichte in RechlSpolizei-
sachen. Als Strafkammer habcn die Kreis- und
Hofgerichte in besondcren Senalen zuglcich die-
jenigen Slrafsachen zu erledigen, Ivelche weder
zu dcn AmlSgerichten noch zu den Schwurge-
richlen gehören. Zu jedem Falle dürscn ste
aber Zucht- uud ArbeitShausstrafe nur bis zu
6 Zahren erkenneu. (Lerdrechen, die eine grö-
hcre Ltrafe nach sich ziehen, gehören vor daS
Schiviirgericht.) Bei jcdcmKreis- uno Hofgcricht
sind ständige Uulersuchuiigs-lliichtcr fiir Füyruiig
der Uutersuchilng-u iu jchwierigcn Krcis- uuo
fchwurgcrichtlichen Strasjachcn aufgcstcllt.

WaS die Amlsgerichte betrifst, jo sind sie
berufcn: 1) Zn Slreitsällcn untcr 200 fl. rc. die
Civiljustiz zu vejorgen, jodaun haben jic 2) oic
Gejchäste der freiwilligen Gerichlsbarkcil (RcchlS-
Polizei) iu bcstiinuilcn Fällcu zu sührcn unb zu
lcilen, uud 3) haben sie Untkrjuchungcn in ge-
wisscn, miudcr bcdcutcnocn Strafsachcn zu süy-
rcn und in bestiuimten Fällen diejc auch zu
eutschciden. Ohue Rücksicht auf dic Gröjje deS
StreilwerthS gehörcn vor dic Amtsgerichle dic
Gauten, die Gesuche UNI bedingte Zahlungs-
befehle und die Anträge auf öffentliche Aufforoe-
rüng uubekaunter Personen. (vgl. llieue Proceß-
vrduuug § 882 biS 883.)

Sobanu hat der Kläger die Wahl, vb er
die Klage beim Auitsgcrichtcii anbriugen will:
bei Wauvelklagen gegen Biehmängcl, bci Klagen
zwijcheu Dieuslherrn uno Diciistbotcn, bci Kla-
gen zwijchen Handwerköuieistciu und Gejellcn
ober Lehrlingeu, bci Klagen zwijchen Geiverbs-
uuternehinern und ihren Arbcilern, bei Klagen
auf Räumuug vder Uebcrlassuug einerWohuuiig
zwischen Vcrmiether uud Mkicther, envlich bei
Wechseljachcn. Auch die Haudelsstreitigkeiten
gehören vor das Amtsgericht, weil selbst da,
wo küuflig HaudelSgerichte errichtet wcrdcn,
dicse nur an die Stelle der jonst angeordnetcii
KrciSgcrichte trctcn. (Schluß folgt.)

* Politische ttmscha».

Die Bevollmächtigtcu bei der Prager Zoll-
conserenz, ScctionSches von Hock und Geheim-
ralh von Hasselbach sind am 1. Oct. AbendS,
der Einc nach Wien, der Anoere nach Berlin
abgercist. Sie nahmen die mit einander ver-
cinbarte Punctalion mit, um sie iyreu Regie-
rungen zur Gcnehmignng vorzulegcn und wer-
den in 8 Tagcn ihre Conferenzen fortsetzen.

Die „Ojtd. Post" schreibt: Der Zollvcrein
ist in jeiucin ganzen Umfauge reconstiluirt und
die Prager Zvllconferenz volljiändig gejcheitcrt.

Das sind die neuesten Lorbceren, die unsere
Politik auf handeispolitischcm Gebicte errungen.
Die beiden Bevollmächligte» Geheimrath von
Hock und Oberfinanzralh Hasselbach verlassen,
wie wir hören, hcule Prag vder haben es be-
reilS gestern verlassen, angcbüch uui »eue Zn-
ftructionen einzuhvlen, thalsächlich abcr um
nicht wieder dahin znrückziikchreii. Denii ob-
jchon ste, wie unS glcichzcitig gemelvet wird,
ihre Wohnungen daseidjt behailen und die ihnen
beigcgebciien HllsSorgane dvrt zurückgclassen
haben, jo sind wir doch scst üdcrzeugt: Keiner
vvn den bciden Herrcn yege auch nur cnlfernt
bie Hvfsnung, zur Bollcndnng ses bcgonncnen
WerkeS zurückkehrcn zu köuuc».

Eln Wiener Teiegramui des Pcsther Llohd
meldet, daß der geyeime Vcrlrag zwischeu Frauk-
reich uud Ztaiicn nicht Benclien bcdrvhl, son-
dcrn dic Eventuaiiläl veS AbledenS des Papstes
vor deur Avlauj der für die RLnmuug llkoms
festgcsetzlcu zivci Zayre.

Jn Folge der Verlcgnug der ilalienischen
Haupiftaol follen die LerlycivigungSivcrke von
Bvlogna vedeiiteiib erweiterl wrroeii. Es jvllen
zn oicjcui Bchufc bcreiis 20 Millivnen Krcs.
destiuimt sein.

Der Redactcur dcs „Kladderadatsch", Herr
Dohm, ist ivegeu der dekaiiiitcn Hymne, in
wetcher er die Priiizejstuuen-Steucr im Lande
Reuß feierte, vvm Oderiribniiat zu eincr Ge-
säligiiißjtrafc vvn 1 Bivnal unv 1 Woche ver-
urtyeitt worden.

Z»r iLchlestvig-yolsteiii'schen
Lnche.

Kopenhngen, 30. Septbr. Nach einem
Telegramm der „Neuen sreien Presse" propo-
nirl Danemark heule m Wien die Keststetlnng
der an Schteswig-Holstem zu zahlenden Pau-
schalsumme durch rujsischeu ooer engtijchen
Schiedörichtcrspruch. Fraukreich lehnte eS ab,
sür Dänemark Fürjprache eiuzulegen, weit der
Premiermmister Btuhme die diationatitätssrage
eigenmächlig mit Deuljchtand vereinbart habe.

BZien, 3. Oct., 'Abenos. Die „Ncue sreie
Presse" metdet, dasz in der Samstagssitzuug der
Conferenz daö Project, die Liquwatlvusjache
durch emeu Schiedsrichterspruch entscheiden zu
lassen, vou deutschcr Seile ats unauuehmbar
erktärt und zugteich Däuemark ein Uttimalum
dahin gcsteltt worden sei, sich bezügtich der Li»
quioalionssache bcstimmt auszusprechen. Die
däuischen Bevollmächtigten haben ihre Negie-
ruug davou iu Kenulniß gesetzt, und mau er-
wartet heute die Eutjcheidung, nach deren Em-

Dic Huifcder. *)
(Ein Bild aus Tirol.)

DaS einfache und derb^Mittagsmahl wurde heute
rascher als sonst abgewickelt, denn im nachbarlichen
Dorfe Obertutz war Kirchtag, und der Tiroter ver.
säumt ein solches Fesl nicht gern. Da gibts für
Alt und Zung der Freuden so viele: bie lange
schmate Kegetvahn, die Schttßstätte, ber Tanzplatz,
die Marktbuden mit den tausenb und tausend Ver-
lockungen, der Comödiant in seincm grellfarbigen
phantastiichen Aufzuge, und oas lebendige Ge-
plauder über daS und jenes; was gesunde Beine
hat, muß da auch dabei sein, und seit Wochen hat
man für diesen Einen Tag vorsorglich und wacker
gespart,

Um zwöls Uhr war man also beim „Altbauer"
mit dem Mittagsessen zu Ende; man schlug tn
alter frommer Wetse sein Kreuz, und „gesegnete
Mahlzcit" tönte eS binüber und herüber. Der
Bauer, die Bäuerin, der Bua und die Dtrn waren
tn dcr Stube giblieben, um dte letzte Hand an

*) AuS der „Presse".

ihren Staat zu legcn; da neigte sich dcr BauerS-
sohn zu seiner Schwester nieder und flüsterte ihr
einige Worte inS -Ohr. Eine Erschütterung fuhr
durch den drallen Körper des blühenden Mädchens,
aber nur für einen Augenblick; so kurz jedoch die
Bewegung auch gedauert hatte, dem Alten war fie
nicht entgangen. Er warf einen scharfen Blick auf
das Kinderpaar, das iu jugendlicher Pracht und
Herrlichkeit da vor ihm stand, wiegte leise, wie in
Erinnerung längst rntschwundener Zeit, den grauen
Kopf, und: „Mach fertig, Evi," rief er, „steck
dem Hanns rinen Buschen auf dcn Hut, die Buben
werden sckon auf ihn warten."

Ein Blick deS VerständnisseS schoß hin und her,
und dte Gcschwister verließen die Stube.

Bald darauf bewegte sick ein Zug von jungen
Burschcn durchS Dorf nach Oberlutz zu. Es warcn
ihrer wohl zwanzig; hochstämmige Tiroler, in ihrer
uralten kleidsamen Tracht, den Spitzhut keck auss
linke Ohr gestellt, dte Jacke bequem über eine
Schultcr geworsen. Einen Büchsenschuß vor Ober-
lutz machtrn sie Halt, und Hanns, des Altbauers
Sohn, strckte eine steife, gradlinige Adlerfeder,
die ihm Evi sast weinend und heimlich in die

Brusttasche geschoben hatte, auf seinen Hut. Keiner
dcr anderen Burschen hatte den Hut mtt Federn
geschmückt; nur der Gemsbart war daran.

Das erste Haus in Oberlutz war das Wirths-
haus, und dahinein traten die Bursche.

„Die Bubeu von Walddörfel, grüß Gott!"
scholls ihnen fröhlich entgegen; aber ein Sturm
folgte diesem freundlichen Willkomm, alS HannS

— A Huifkder! Wirst's obi thuan!

— Die Feder? fragte Hanns. SollS an Anderer
obi thuan.

— Gut is, gut is; wir kumma gleich.

(Fortsetzung folgt.)

Srirfstil-Muster.

Dieser Tage wurde tn Berlin in einrr heiteren
Gesellschaft folgender Brief vorgclesen, den eine
Köchtn an ihren Verehrer geschrieben hat und der
durch etnen Zufall in die Hände des VorleserS ge-
kommen war. Derselbe erregte die größte Heiterkeit
uno dürfle vullcicht auch dem gencigten Leser ein
 
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