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Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

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Nr. 231-256 Oktober
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https://doi.org/10.11588/diglit.2828#0419

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Z»r Tchleswig-Holsteii-'sche»

Sache.

Jtzehoe, 25. Octbr. Die aus Schleswig-
Holstein heimkehrenden Oesterreicher werden
22,000 Mann stark über Rendsburg hierher
marschiren; ob sie von hier ebenfaUs der Heer-
straße nach auf Hamburg sich ziehen iverden,
ist noch unbekannt. Jeden Tag sollen 1000
Mann durchkommen, beziehungSmeise einquar-
tiert werden. Die hier einquartierlen Hanno-
veraner müssen vorerst, und zwar 48 Stunden
nach Abschluß des Friedens, sich zur Seite
ziehen. Daß alle Oesterreicher und Bundes-
truppen die Herzogthümer verlassen, davou ist
nichts bekannt, ist auch nach der gegenwärtigen
politischen Lage nicht anzunehmen.

D e u t s ch l a n d.

Karlsruhe, 27. Oct. ^Wie die „F. Z."
hört, hat heute Vormittag iL>e. Königl. Hoheit
der Großherzog die sämmtlichen Mitglieder des
hiesigen Krei.s- und Hofgerichts in oorpoie
empsangen und nächdem er sich mit dem Präsi-
deuten und den eiuzelnen Mitgliedern längere
Zeit unterhalten hatte, an die Gesammtheit
eine von Herzen kommende und zu Herzen
dringeude Ansprache gehalten, worin cr die zu-
versichtliche Erwarlung aussprach, däß sie alle
das Ihrige thuu würden, um die ncue Or-
ganisation dem Volke lieb und werlh zu machen.

Karlsruhe, 28. Octbr. (Die Wahlen in
den Ortsschulrath.) Seit unserem letzten Be-
richt vom Ä. Oct. sind die osficiellen Angaben
eingelaufen über weitere 101 giltige Wahlen
(77 kathol., 21 evangel., 2 israel.) Hiernach
sind nun im Ganzen 1266 Wahlen (799 kath.,
429 evang. und 28 israel.) mit 48,478 Wäh-
lern gebildet worden. Einige weitere katholische
Schulen sind hiebei einstweilen noch nicht ein-
gerechnet, weil die Zahl der Wahlberechtigten
nicht zuglcich angegeben war.

Schciden wir wicderum die neuen 2 städti«
schen Wahlen (Breisach, katholische Schule 82
Wählcr, Villingen kathol. Schule 59 Wähler)
von den kleineren Orten ab und den 51 in
unserem letzten Bericht genannten (32 kathol.
ynd 19 evaug.) Schulen in Dtädten mit 2000
und mehr Einwohnern zu, so ergibt sich sür die
Orte mit unter 2000 Einwohnern zur Zeit fol-
gendes Resultat ihrcr verhältnißmäßigen Be-
theiligung:

775 kath. Schulen mit 87,437 Wahlberech-
tigten und 25,231 oder fast 30 Proc. Wählern,
410 evang. Schulen mit 47,400 Wahlberechtig-

ten und 19,238 oder über 40Proc. Wählern,
28 israel. Schulen mit 1246 Wahlberechtigten
nnd 639 oder über 51 Proc. Wählern, im
Ganzen 1213 Schulen mit 136,082 Wahlbe-
rechtigten und 45,108 oder über 33 Procent
Wählern.

Die im Ganzen als giltig vollzogen ange-
meldeten 1266 Wahlen enthaltcn nun schou
eine ziemliche Auzahl aus dem letzten Drittheil
aller Ortsschulrathswahlen.

-ch- Vom Neckar, 24. Oct. Die Lage
Bayerns im deutschen Staatenbunde ift eine
auf dcn ersten Blick sehr günstige. Es ist der
bedeutendste der Mittelstaaten, der über eine
achtungswerthe Armee gebietet; seine Stellung
zu den zwei Großmächten scheint ihm in klaren
Umrissen vorgezeichncl. Der Gegensatz zwischen
Oesterreich und Preußen, der nun einmal vor-
handen ist, scheint Bayern in die glückliche Lage
zu versetzen, das temperirende Element sein zu
können, welches den Gegensatz nicht zum Con-
flict werden läßt, oder wenn die eine der Groß-
mächte zu viel Macht zu gewinuen droht, durch
den Anschluß an die andcre das Gleichgewicht
herzuftellen weiß. Es ist aber noch ein dritter
Fall möglich, daß nämlich die zwei Großmächte
eine dualistische Hegcmonie in Deutsch-
land aufrichten uud die andern Staaten von
der Theilnahme an der großen Politik aus-
schließen. WaS ist da Bayerns Rolle? (Lcine
eigene Macht reicht i.icht hiu, jeneu Dualismus
zu hindern. sich geltend zu machen. Da wäre
das uatürlichste, daß Bayern mit den andern
Mittel- und Kleinstaaten in eine Gruppe zu-
sammeuträte und ihr die politische Selbststän-
digkeit wahrte. Das scheint freilich daS natür-
lichfte; allein Bayern als Haupt der dritten
Gruppe wäre dieser dritten Gruppe bald ebenso
unaugenehm als Preußen an der Spitze eines
BundeSstaats für Bayern unbehaglich ist. Eine
dritte Gruppe ohne bundesstaatliche Einrich-
tung und einheitliche Führung durch
Bayern wärc ein Messer ohne Klinge, an dem
der Stiel fehlt. Die bundesstaatliche Einrich-
tung im Kleinen scheitert an denselben Klippen
wie im Großen. Das hat sich klar gezeigt im
Frühling dieses Jahres im dänischen Kriege.
Trotz alles Redens und Verhandelns in Würz-
burg blieb die dritte Gruppe ein haltloses
und kraftloses Phantom, ein Nebelbild, und
gerade Bayern spielte die seiuen politischüi An-
sprüchen am wenigsten entsprechende Nolle. Es
wurde klar, daß, wenn Oesterreich und Preußen
einig sind, Bayern so schwach ist wie jeder an-
dere Mittelstaat.

Das Schlimmste aber in der Politik des

kürzlich zurückgetrctenen Hrn. von Schrenck'
war, daß, während Oesterreich Bayern in der
allgemcinen politischen Frage auf das empfind-/
lichste verletzte, der Minister des Hauses E-
telsbach in der handelspolitischen Frage sich
von demselben Oesterreich führen uud anführen
ließ. Man wird von Bayern nicht verlangen,
daß es für den Bundesstaat mit preußischer
Führung sich erwärme und begeistere; aber sein
Jnteresse ist noch weit weniger gewahrt, wenn
es in solcher Abhängigkeit von Oesterreich wie
bisher verharrt. Daß der Hauptträger dieser
Anhänglichkeit an und Abhängigkeit von Oester-
reich von den Geschäften zurückgetreten ist,
dürfte wohl als ein Beweis zu deuten sein,
daß der Nachfolgcr die Jnteressen Bayerns in
anderem Sinne auffaßt; uns scheint, er will
sich nicht leiten und beeinflussen lassen von einer
Partei, die für Oesierreich und seine habsbur-
gischen Hausinteressen in. Bayern und ander-
wärts thätig ist.

Bretten, 28. Oct. Der am 30. d. MtS.
stattfindenden Feier der Enthüllung des Me«
lanchthon-Denkmals wird S.K.H. der Groß-
herzog beiwohnen. Nach der ausgegebenen Fest-
ordnung wird dieselbe in folgender Weise statt-
finden: 1) Empfang «D.K.H. des Großherzogs
am Bahnhofe. 2) Bildung von Spalieren vom
Eingang der Stadt bis zum Amthause. 3)
Vorstellung der besonders Eingeladenen bei
S. K. H. dem Großherzog. 4) Festzug vom
Amthause auf den Festplatz. 5) S. K. H- mit
Gefolge nimmt Platz im Pavillon. 6) Absing-
ung des Chorals „Ein' seste Burg" durch den
Sängcrchor. 7) Festrede durch Decan Sauer.
8) Enthüllung des Denkmals, Absingung des
Chorals „Nun danket Alle Gott". 9) Ueber-
gabe des DenkmalS Seitens des Comite'S an
die Stadl, und 10) Uebernahme desselben durch
den Bürgermeister der Stadt. 11) Beleuchtung
des Monuments Abends 6 Uhr. Nach der
Enthüllung des Denkmals ist große Tafel im
Gasthaus zur Krone, welcher S. K. H. der
Großherzog beiwohnen wird.

Frankfurt, 28. Oct. Officielle Mitthei-
lung über die BundestagSsitzung vom 27. Oct.
Von Seiten Oesterrcichs und Preußens wur-
den die Anzeigen erstattet, daß der kais. königl.
Generalmajor Schulz zum Commandanten von
Nastatt, Se. Königl. Hoh. der Prinz Karl von
Preußen zum Gouverncur von Mainz, der
königl. preuß. Generallieutcnant Prinz Wolde-
mar von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augu-
stenburg, seitheriger Obercommandant der Bun-
destruppen in Frankfurt a. M. zum Vicegou-
verneur, und an dessen Stelle der kgl. preuß.

Aeber den Glogauer Vorfall.

(Amtl. Bericht des Divis.-Audit. Splittgerber.) (Forts.) !

hatte — eS war verabredet, daß die Mädchen um !
halb 9 Uhr wieder nach Hause geführt werden !
sollten —, mußte der Lieutenant Krause hrftiger j
Kopfschmerzen wegen in das nur durch einc Tar- !
dine von der Wohnstube getrennte Neoenzimmer
gehen, um kalte Wasserumschläge zu machen; dte
Agnes Sander folgte ihm dahin, um ihm bei den
ümschlägen behülstich zu sein; Lieutenant Krause
bekam sofort, waS dte Antonie Drogand ebenfaUS
gerichtlich bestätigt hat, Krampfanfälle. Antonie
Drogand wollte deßhalb nach Hause gehen, blteb
aber auf dringende Bitten der AgneS Sander zu-
rück, die bald darauf, wahrend sie dem Lieutenant
Krause Wafferumschläge machte — die dazu ge-
brauchte Binde tst bei der Leichenschau vorgefunden
worden — ebenfalls heftiges Kopfweh u d Uebel-
keiten bekam, so daß fie sich in völlig geordnetem
Anzuge auf daS Bett legen mußte, während Lieute-
nant Krause mit verbundenem Kopfe neben thr auf !

! geblirben. Es kann noch ntckt 8 Uhr gewesen sein,
j als sämmtliche Personen in dieser Situation tn
! einen schlafähnlichen Zustand geriethen. Damtt
stimmen auch die eidllchen Aussagen deS Droschken-
! besitzers Keßner und seiner Tockter überetn, welche

> schon gegen 9 Uhr AbendS in ihrer Nähe — die
! Lieutenant Krause'sche Wohnung befindet sich unter

j Stöhnen gehört haben, aber der Meinung gewesen
sind, daß dies von einer in Geburtswehen tm Hause
j liegenden Frau herrühre; die Zeugin Keßner hat
j dieses Stöhnen bald schwächer, bald stärker so lange
j gehört, btS sie nach 11 ühr eingeschlafen tst. Hier-
! nach ist die Angabe aller betheiligten vier Personen
völlig glaubhaft, daß fie in bewußtem, willens- ,
fähigem Zustande kaum eine Stunde lang zusam-
j mrn gewesen sind, und es kann bei der Berück-
l sicktigung der damaligen Situation und der ob-
! waltendcn Verhältniffe keinem begründeten Zwetfel
j unterltegrn, daß die Gesellschaft während dteser
j Zeit sich von jedem unfittlichrn Erceß fern gehalten

> hat. Der Lieuteuant Krause ist zuerst auS dem

seiner Betäubung Herr zu werden, mit Zusammen-
raffung aller seiner Kräste statt deS inzwischen aus-
gebrannten Lichtes ein neues Licht anzuzünden und
setnen auf dem Sopha betäubt liegenden Freuvb
v. Richthofen mühsam aufzurütteln. Wer sich die
darauf folgende Sttuation der beiden jungen un-
erfahrenen, fur den Ruf der beiden Mädchen be-
sorgten rathlosei, Officiere vergrgenwärtigen kann
und will, wird ihnen ein herzliches Beiletd ntcht
versagen können. AgneS Sander todt, Antonte
Drogand in Krämpfen stöhnend und wtmmernd,
sie selbst im Zustande äußerster Körperschwäche und
geistiger Unklarheit, ratblos, was zu thun, ohne
ihren eigenen und den Ruf der Mädchen zu ge-
fäbrden. Erst um 3 Uhr vermochte v. Richthofen
sich so weit aufzuraffen, um nach dem Arzte seines
Bataillons, Dr. Herzberg, taumelnd zu suchen.
Nach vergeblichen Versuchen, dtesen Arzt aufzufin-
den, kam er ins Luzareth, und erst um 4 ühr traf
 
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