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Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

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Nr. 257-282 November
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https://doi.org/10.11588/diglit.2828#0436

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Seite, die politische Haltuiig des Blattes inncr^
halb der durch Stalm und Programm over
sonstige Beschlüsse des Nercins vorgezeichnelen
Nichtung zu übcrwachen. 3) Zuglcich wird dem
Ausschusse zur Pftichl gemachl, euie Einrichlung
zu lreffeu und die nölhigen Kräfte zu gcwinnen,
um durch eine lilhographirle Correspondenz in
geeigneten Fällen auch durch Flugbläller uud
Broschüren, sür die Zwecke deS Bereins zu
wirken. 4) Die Ausführung diejeS Beschlusses
wird dem neu zu erwählcnden Ausschusse üder-
tragen." (S. M.)

Chemnitz, 29. Octbr. Auch iu unserer
Stadt hat die Baumwollkrisis ihr Opser gc-
sordcrt. Ein auch in weitern Kreisen bekannter,
allgemein geachteter Spinnereibesitzer hier hat
seine Zahlungen einzustellen sich genöthigt ge-
sehen. Ebenso haben in Werdau und Crim-
mitzschau einige bedeutendere Fabrikfirmen in
Folge des schnellen Sinkens der Baumwollpreise
sich gezwungen gesehen, ihre Zahlungen zu
suspendiren. (Dtsch. Allg. Ztg.)

Köln, 29. Oct. Bor dem Correctionellge-
richt wurde heute eine Berleumdungsklage des
Oberbürgermeisters Fauter in Freiburg im
Breisgau gegen die „Köluischen Blätter" ver-
handelt. Ju einer Correipondenz aus Freiburg
(„Kölu. Blätter" Nr. 167 vom 9. Zuni), den
Schulstreit in Baden belressend, war dem Hrn.
Oberbürgermeister vorgeworsen worden, er wisse
„durch seine verschweuderischeu Stadtverschöne-
rungen nicht blos seine Eisenwaaren trefslich
zu verwerthen, sondern auch die ohuehin pascha-
mästig bcvormuudelen ärmeren Bürger und
Handwerksleute selbst in Frageu der Religion
und des Gewissens zu Hclolen zu machen."
Der Bcleidigte hatte sowohl den Redacteur der
„Köln. Blätler", Hrn. Fr. Hosfmann, als auch
den Verleger, Hrn. Bachem, belangen lassen.
Der Anwalt derselben, Hr. Advocat Grommes,
war der Meinung, daß der erwähnte incrimi-
nirte Passus iu der breiten und aussührlichen
Corrcspondenz sehr leicht dem Auge des Redac-
teurs hätte entgehen können. Jm Uebrigen
versuchte er hauptsächlich nachzuweisen, daß,
weil man dcn Redacteur belaugt habe, der
Verleger der Zeitung jedeusalls straslos auö-
gehen müsse. Der Anwalt des Klägers, Herr
Advocat Böker, entgcgnete auf dic erste Einrede,
daß die boshastc und verleumderische Polemik
des geuannten ArtikelS mit Absicht und deshalb
gegen den Kläger gerichtet worden sei, weil
diescr als Gegncr der clericalen Partei, deren
Organ die „Külu. Bl." scicn, die Umtriebe dcr
Ullramontanen gegcn das badische frcisinnige
Schulgesetz nicht geduldet habe. Der StaatS-
procurator beantragte, die Verklagten zu zehn
Thalern Geldbuße uuo in die Kosten zu ver-
urtheilen. Nach längercr Bcrathung verkündete
der Präsident das Urtheil, welches für den
Verleger, Hrn. Bachem, aus Freisprcchuug und
sür den Nedacteur, Hru. Fr. Hossmann, aus
50 Thaler Geldbuße (eventuell 1 Monat Ge-
fägniß) und 25 Thaler Civilcnlschädigung nebst
Tragung dcr Koslcn lautete. Die Kosten, welche
durch den Proceß gcgcn den Verlcger entstan-
den, sind dcm Klägcr zur Last gelegt, uno ist
derjelbe ermächtigt woroeu, das Urtheilsdispo-

auch jetzt ruhig, währenb das Geheul der beiden
Frauenzimmer überauS heftig wird.

Einer der ergebensten Anhänger Napoleon's war
der König Friedrich August von Sachsen. Nach der
Schlacht bei Leipzig, in der seine Truppen, beutscher
gesinnt, als ihr König, zu ben Verbündeten über-
gingen, wurde er in dcr erstürmten Stadt gefangen
geuommen. Man brachte ihn nach Fricdrichsfelbe
bei Berlin. Die Regierung Sachsens übcrnahm die
sogenannte Centralverwaltung, an deren Spitze
der große Minister Freiherr v. Stein stand. Na-
türlick wurben der Ceutralverwaltung auch die Lan-
deskasien überwiesen. Der General-Steuerkassen-
Rendant B . . ., der an tas sächsische Königshaus
eine große Anhänglickkeit hatte, glaubte .seinen

daß er mrhrere Millionen aus seiner Kasse bei
Serte brachte. Jn der damals allgemein herrschen-
den Verwirrung wurde das nickt bemerkt. Als nun
der König Frievrich August I8lb in sein verklei-
nertes Land zurückkehren durfte, da ließ B ... bei

sitiv auf Kosten des Hrn. Hoffmann zu ver-
öffcntlichcn. (Nh. Z.)

Glogau, 28. Octvr. Wegen mehrerer in
der vielbcsprochenen Angelegeuheit im „Nieder-
schlcsischeu Anzeiger" enthaltenen Artikel hat
die Staatsanwaltschaft die Voruntersuchung ge-
gen die vctreffende Nedacliou beantragt und
yaben deßhalb gestern die verantwortlichen Ver-
nchmungen statlgefunden. Die Redacteure be-
strillen die §§ 101 und 156 des St.-G.-B.
vcrlctzt zu haben und behielten sich die Beweis-
sührung vor. Der Proceß dürfte voraussicht-
lich ein sehr interessanter werden, weil die An-
geklagten Gutachten von juristijchen und medi-
cinischen Capacitäten provociren werden.

Wien, 27. Oct. Ueber den Rücklritt des
Grascn Rechberg spricht sich die „N. fr. Pr."
wie solgt, aus: „Gras Nechberg ist ein welt-
gewandler Cavalier, ein Mann von Geist und
ein leutseliger Minister; aber die Eigenschaften,
die den Staatsmann bilden, die Klarheit des
Wollcns, die unerschütterliche Festigkeit irgend
einer Ueberzeuguug und die Energie, das als
richtig Erkannte ohne Rücksicht durchzuführen,
gingen ihm ab. Cr sagte zwar einmal imAb-
geordnetenhause, daß er zn den Diplomaten der
neuen Schule gehöre, abcr die Leistungen seiner
Politik lassen die Welt im Zweifel, ob er als
Diplomat überhaupl irgend eiuer Schule ange-
hörte. Graf Rechberg ift als Staatsmann ein
Ekleliker im eigentlichen Sinne des WorteS,
und immer glaubte er ein Problem gelöst zu
haben, wcnn er sich mit irgend cinem geist-
reichen Eiufalle über die Schwierigkeiten des
AugenblickS hinweggeholsen hatte. Für ihu
existirte immer nur das Heute, wegen des
Morgen machle er sich keine Sorgen. Sein
staatsmännischer Blick rcichte nicht über den
Horizont eines TageS hinaus, und mit einem
momentanen Ersolge, den seine jcde encrgische
Jnitiative sorgsältig vermeideude Polilik er-
raug, glaubte er schon die Partie sür alle Zeit
gewounen zu haben. Er vergaß, daß am
Schachbrctte der curopäischen Diplomatie Spie-
ler ersteu Rangcs sitzeu, und bildcte stch ein,
Meister in der Kunst, wie Louis Napoleon und
Palmerstou, die jeden seiner kleinen Züge
durchschauten, mit Kniffen gewöhnlicher Art
überlistcn zu könneu. Als nun schließlich auch
in Preußen mit Bismarck eine Persönlichkeit
die Leitung der auswärtigen Geschäsle über-
nahm. war es sür Jeden, der die Verhältnisse
nur einigermaßen zu taxircn wußle, entschieden,
daß solchcn diplomatischen Ningern gegenüber
das so schwächlich verlrclene Oesterrcich den
Kürzeren ziehen werde. Einen einzigen Mo-
menl gab es, in welchem die Politik deö Grafen
Nechbcrg einen Aufschwung zu nehmen schien,
es war oer mit dem deulscheu Fürstentage ge-
nommene Anlaus. Aber was kühn begonnen
wordcn, cndigte resultatlos; die imposaute Zni-
tiative zur Bundesreform verlies im Sande,
weil die Bedinguugeu des Erfolges nicht staats-
männijch vorausgeschcn und combinirt waren.
Vkit seinem gewöhnlichen SanguinismuS rech-
nete Graf Rechberg auf die Milwirkung Preu-
ßens, war sich aber nicht klar darüber, was zu
thun sei, wenn eben diese Mitwirkung sehlte.

demselben um eine Audienz bitten; er habe, er-

sprechen, der ntcht wenigstenS MajorSrang hatte,
und B . . .'s Stclle hatte keinen so bohcn Rang.
Die Audienz konnte also nickt bewilligt werden.

beten hatte, und er sich weigerte, einem Anderen
Mittheilung zu machen, so wurde der Minister
von Zeschwitz für diesen besonderen Fall alö Stcll-
vertreter des Königs bevollmächtigt. B... erjcdien
vor thm, theilte ihm mit, wie er 1813 das Geld
sür seinen königlichen Herrn bei Seite geschaffl und
wo er es angelegt habe. Der Minister war natür-
lich sehr erfreut und berichtete dte Sacke sofort dem
Könige. Friedrich August sagte darauf: „Ei, das
ist ja sehr sckön, mein lieber Zeschwitz; aber wie
kommen wir um den Dank?" Der Minister erwi-
derte schnrll gefaßt: „Majestät, wir geben ihm
eirien VerweiS." — Und so geschah es. B ... rrhielt
ein Sckreiben, in dem seine gute Gesinnung zwar

Er hatte sich für diesen Fall in keiner Weise
den Rücken gedeckt, uud als derselbe wirklich
eintrat und auf dem eingcschlagenen Wcgc das
Ziel consequent verfolgt werdeu sollte, verlor
er den Muth. Aber nur iudem Oesterreich das
nichtpreußische Dcutschland entschlossen vorwärts
führle, nur, indem es sich für diesen Fall den
Rücken gedeckt hatte, war die Niederlage in
Sachen der BundeSreform zu vermeiden. Als
nun die Rcchberg'sche Politik mit einem Kopf-
sprunge aus der Richtung des Fürstentages in
die entgegengesetzte der preuß. Alliauz hinüber-
schlug, da war der Proceß Oesterreichs in
Deutschland verloren. Der Abfall Oesterrcichs
von seinen cigenen Traditionen in der polni-
schen, das Uebergewicht Preußens in der schles-
wig-holsteinischen, endlich die Niederlage in der
handelspolitischen Frage waren die naturge-
mäßeu Folgen dieses ersten Fiasco's. Wie in
aüen deutschen Fragen, so legte die Rechberg'sche
Politik auch in den italienischen Angelegenheiten
eine mit Eigensinn gepaarte Kurzsichtigkeit an
den Tag. Jede Mahnung daran, daß mit einer
blos abwartenden Waffenstillstandspolitik nicht
auszukommen sei, und daß Oesterreich ganz
allein unter allen Großmächten nicht in Wider-
spruch gegen unwiedcrruftich vollzogene That-
sachen verharren dürfe, wurde vornehm ignorirt
und in den Wind geschlagen. Als aber die
Kunde vom Abschluß der L-eptemberconvention
die Rechberg'sche Politik vor die Alternative
stelllc, den Züricher Friedensschluß mit den
Waffen in der Hand zur Wahrheil zu machen
oder Jtalien anzuerkennen, da sah unser aus-
wärtiges Amt vornehm über Turin hinweg
nach Paris, und glaubte mit dem Anerbieten
eines sormellen Berzichts auf den materiell
unwirksam gewordenen Züricher Bertrag das
frvnzösische Einverständniß gegen Ztalien ge-
winnen und die Nothwendigkeit eiuer Anerken-
nung des Staates Victor Emanuels vermeiden
zu können. Diese Halbheit konute nalürlich
nichl vom geringsten Ersolge begleitet sein, und
die höflich ablehncnde Haltung Frankreichs ver-
decktc nur schwach das neuefte FiaSco einer
gruudsatzlojen Politik, die eben wieder im Be-
griffe war, eiue Schwenkung hinüber zu Frank-
reich und zu den deutschen Mittelstaaten zu
fingireu. Auf solcher Höhe angeluugt, war es
kein Wunder, wenn stch der Rechberg'schen
Polilik nirgendS mehr offene Wege, sondern
überall nur. Sackgassen zeigten. Sie war
buchstäblich aus den Grund gerannt, sie ver-
mochle nach keincr Richtung hin mehr slott zu
werden. Die Worte, welche Gras Rechberg in
der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 4.
Decembcr v. Z. gesprochen: „Eine Regicrung,
die in Berlcgenheit ist, verliert an Achtung in
den Augen des Auölandes; eine Regierung,
die sich die Achtuug der Welt bewahren will,
kann uud dars nicht in Verlegeuhcit sein" —
diese merkwürdigen Worte warcn an seiner
eigenen Politik in Erfüllung gegangen. Der
Rücklritt des Grafen Rechberg war eiue un-
umgängliche Nothwendigkeit geworden."

WLen, 30. Oct. Die laugersehnte Unter-
zeichnuug des Friedens sand heuke eudlich statt.
Um 1 Uhr traten die Bevollmächtigtcn der drei

anerkannt, baS Geld auch angenommen, ivm abcr
doch bedeutet wurde, daß seine Handlungsweise eine
sebr eigenmäcktige gewesen und nur dieses Mal aus
besonderer Huld^v^ Sr. Majesta^verziehen werden

sch-n?8I8^ ^ daruber zu gramrn. Lr starb

Die illustrirte Äuster- und Mode-Zei-
tung „Dictoria", welcke im Verlage von A.
Haack in Berlin erscheint und nur 1 fl. 12 kr.
vierteljährlich kostet, zeichnet sich durch oie große
Mannichfaltigkeit und saubere Ausführung der
Jlliistrationen, durch die trefflichen Schnittmuster
für die Namen- und Ktnder-Garderobe, durch eine
reiche Auswahl aller erdenklichen Handarbeiten, so
wie durch die Sckilderungen geschmackvoUer Damen-
toilettcn vortheilhaft aus. Dcr literarische Thetl
enthält eine namentlich für die Damen äußerst an-
ziehende Lectüre, welche sowohl in Beüehung auf
den Stoff als auch auf d»e Form der Behandlung
nichts zu wünschen übrig läßt. Monatlich rrscheinen
4 Nummern dersrlben. Wir halten es für unsere
Pflicbt, imsere Leserinnen auf oiese Modezeitung
aufmerksam zu machen, und find überzengt, daß
dieselven nack gemackter Bekanntschaft dirser Zeitung
sich uns hiefür zum Danke verpstichtet wiffen werden.
 
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