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Böker, Doris [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 19): Landkreis Cuxhaven — Braunschweig, 1997

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https://doi.org/10.11588/diglit.44259#0294

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platzes das um 1640 als Dielenhaus errichtete
Gebäude Reichenstr. 2 verblieben. Der im 18.
und 19.Jh. veränderte Wandständerbau von sie-
ben Fach Länge besitzt eine Ankerbalkenkon-
struktion mit einer nur geringen Ständerüber-
höhung. Leicht gekehlte Winkelhölzer im Längs-
verband und kurze Kopfbänder im Querverband
steifen das Gerüst aus. Von der ursprünglichen
Ostfassade hat sich der zweifach über reich pro-
filierten Knaggen vorkragende Giebel erhalten,
während der Erdgeschoßbereich mit dem mitti-
gen Dielentor bei der 1995 erfolgten Sanierung
rekonstruiert werden mußte. Einer Bauphase des
18.Jh. gehören im Innern des Gebäudes eine
Treppe und eine Deckenbemalung im Oberge-
schoß an.

DIE BEBAUUNG
DER MARKTSTRASSENSIEDLUNG

Als ältestes Fachwerkhaus Otterndorfs galt bis in
jüngste Zeit der südlich der Marktstraße liegende
und mit ihr durch einen schmalen Stichweg
verbundene ehemalige Zweiständerbau Markt-
str. 28, der am Torbalken inschriftlich 1606 da-

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tiert ist. Im Äußeren fast vollständig durch Zie-
gelmauern ersetzt, läßt sich die ursprüngliche
Konstruktion mit den vortretenden Rähmköpfen
über den Hauptständern lediglich am Nordgiebel
nachvollziehen. Fast vollständig ist hingegen das
vier Fach lange Gerüst des zweigeschossigen
Wandständerbaus Rathausplatz 10 erhalten, für
den nach einer 1994 vorgenommenen dendro-
Chronologischen Untersuchung sicher das Bau-
jahr 1564 angegeben werden kann. 1645 wurde
ihm im Rahmen einer leichten Verlängerung nach
Westen ein neuer Giebel vorgelegt, später folgten
seitliche Erweiterungen in Massivboauweise. Der
östliche Giebel mit den leicht gekehlten Knaggen
gehört hingegen dem Fachwerkbau des 16.Jh.
an. Er wurde über einer Grundfläche von etwa 4
mal 7,5 Metern als zweigeschossiger Wandstän-
derbau mit einem Kehlbalkendach errichtet, wo-
bei die Kehlbalken angeblattet sind. Leicht ge-
kehlte Kopfoänder dienen in beiden Geschossen
zur Queraussteifung, im Obergeschoß zusätzlich
zur Längsaussteifung. Das Gebäude wurde ver-
mutlich als Speicher genutzt und war nach dem
Befund zu schließen von Beginn an mit Backstei-
nen ausgefacht.



Im westlichen, breiteren Abschnitt der Markt-
straße repräsentieren an der Nordseite die Häu-
ser Nrn. 7, 9, 11, 13 einen Querschnitt un-
terschiedlicher giebelständiger Wohnhaustypen
verschiedener Jahrhunderte, die trotz moderni-
sierender Fassadeneingriffe mit ihrer Kubatur
das historisch gewachsene Straßenbild noch er-
leobar machen und darüber hinaus z.T. architek-
tonisch wertvolle Bausubstanz bergen. So han-
delt es sich z.B. bei dem schmalen, unscheinba-
ren Gebäude Marktstr. 11 um einen wohl in der
2. Hälfte des 17.Jh. in Geschoßbauweise aufge-
führten Wandständerbau, dessen in Fachwerk
erhaltener Rückgiebel reich profilierte Knaggen
und eine gemusterte Ziegelausfachung zeigt. In
die Zeit um 1800 dürfte das stattliche Nachbar-
haus Marktstr. 9, zweigeschossig in Stockwerk-
bauweise abgezimmert, zurückreichen, dessen
vierachsige Südfassade mit einem Krüppelwalm
abschließt. Westlich daneben folgt Marktstr. 7,
ein bis auf einen vielleicht dem 18.Jh. angehören-
den Fachwerkrest auf der östlichen Traufseite in
der 2. Hälfte des 19.Jh. entstandener Backstein-
bau mit kleinem Drempel. Seine vierachsige
Putzfassade überzieht entsprechend spätklassi-
zistischen Vorstellungen ein quaderimitierender
Fugenschnitt. Die Gruppe wird östlich durch den
mit neuen Ziegeln verblendeten Südgiebel des
Hauses Sackstr. 1 begrenzt, das mit seiner lang-
gestreckten Traufseite den Beginn der Sack-
straße begleitet. Den durch ein mittiges, leicht
vorkragendes Zwerchhaus ausgezeichneten
Fachwerkbau, wohl Ende des 18.Jh. errichtet,
schließt in seiner Südhälfte ein Mansarddach, in
der nachträglich massiv verlängerten Nordhälfte
ein Satteldach ab. Den Abschluß der mit giebel-
ständigen Wohnhäusern bescheidenen Zu-
schnitts besetzten Westseite der Sackstraße bil-
det am Nordende das Gebäude Sackstr. 17
(erb. wohl Ende 18.Jh.), das mit vorkragendem
Giebeldreieck über geschweiften Knaggen und
zweiachsiger Auslucht einen geläufigen Haustyp
vertritt, in seiner Substanz allerdings durch eine
grundlegende Sanierung geprägt wird. Die der
zuvor genannten Gruppe auf der Südseite ge-
genüberstehenden Häuser Marktstr. 12 und
Nr. 14 geben mit den großvolumigen Bauk6ör-
pern, der jeweils fünfachsigen, mittig erschlosse-
nen Giebelfassade und den die vorgelegten
Freitteppen einfassenden ornamentierten Bei-
schlagwangen in Volutenform ein Beispiel für die
Bürgerhausarchitektur gehobenen Anspruchs
aus der Zeit des Spätbarocks. Bei Marktstr. 12
ist lediglich das Giebeldreieck, vom Erdgeschoß
durch ein reich profiliertes Gesims abgesetzt, in
Fachwerk mit Zierknaggen an der oberen leich-
ten Vorkragung konstruiert. Das Nachbarhaus
Nr. 14, an der Beischlagwange 1782 datiert,
zeigt am holzverschalten Nordgiebel eine dreifa-
che Vorkragung unter einem Mansarddach. Der
Bau ruht auf einem Ziegelsockel und ist an den
Ecken mit Schwelle-Ständer-Streben über zwei
der drei Gefache hohen Wände versteift. Zum
baukünstlerischen Wert trägt die Innenausstat-
tung mit Stuckdecken, Treppenhaus und Türen
aus der Erbauungszeit bei.

Weit stärker als der westliche Teil ist der schmale-
re Ostabschnitt der Marktstraße durch erneuerte
Bausubstanz der giebelständigen Häuser ge-
prägt. Als einziges Baudenkmal ragt auf der
Nordseite das mit seiner siebenachsigen Trauf-
seite das Straßenbild dominierende Gebäude
Marktstr. 21 heraus. Seit einer 1980-83 durch-



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