Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 152-178 Juli
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2828#0045

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Hndtibtrgrr Ztilung.

163« Mm-,«

Bestellmigen nuf die „Heidelberger
Zeirung" nebst Beilage „Heidelber-
ger Fainllieudlätter" für das mit 1.
Juli 1884 bego inene 3. Quartal
werden fortwäiirend angenommen.

Die Expcditivn

* Politische Umschau.

Die „Zeidler'sche Correspoiidenz'' meldel, daß
in Karlsdad dei oer Anwcsenheit dcs Ministers
deS Ziiilern endgillig bcschlossen wnrde, znnächst
den Landtag nicht zn bernfen und die Krage
wegen späterer Berufung bis zur Mchkehr des
'KönigS zu vertagen. Dcr König geht von
Karlsdad direct nach Gastein; od er sich anch
nach Wien begeben wird, wird vvn den Um-
ständcn abhängen.

Der Plan mit ganz Dänemark in dcn Dent-
schen Bund zn trctcn, hat zu Paris ganz de-
souders mißfatlen. Jn Wirklichkeit handelt eS
sich sür Deutschland gar nicht darnm; es ist
ein Prvject, welches nnr in einigen Köpfen
ausgehcckt wurde, nm dem König Christian,
wenn möglich die Herrschast auch über die Her-
zvgthümer zu verschaffen.

Dem „Pays" znfolge ist der Ministerivechsel
in Kopenhagcn das Rcsultat der mehrfach be-
sprochenen Reise des Herrn v. Plessen. Das
neue Cabinct wäre sehr antiscandinavisch. Das-
setbe wird von der Majorität dcr Bcvölkcrnng
yöchst übel ausgenommen wcrden.

„Dailh Rews" bemerkt, das Stimmergebniß
im UnterhauS beweise, daß das englische Lolk
nichts von einer Zntervention wissen wolle.
„Timcs" Lußert sich in glcichem Sinne. „illkorn.
Post" sagt, die Kabinetsänderuug in Kopen-
hagen deute an, daß der König den Frieden
durch den Anschluß Däneniarks an den Deut-
schen Bund zn machen suchc. Frankreich werde
dies nicht gestatten, und damit beginne der
zweite Act der dänijchen Frage.

Ziir LchlcSwlg-Hoifteili'scheil
Lache.

Zn Augustcnburg ist cin sehr reich auSge-
stattctes Lazareth von 800 Betten in Besitz der
Prcnßen gekommen, mit eincm Personal von
104 Acrzten und Lazarethwärtern. Es waren
dort augcnblicklich nnr noch 11k> Kranke vor-
handen. Nach Anssagc des dortigcn Chesarztes
sind seit dem Beginn deS Krieges über 8000
Verwnndete und Kranke dnrch die Lazarethe
gcgangen.

D-nnerstag, L». Juli

Als wahrscheinliches Programm des neuen
dänischen Ministeriums wird bezeichnet: Auf-
rechthaltung des Londoner TraktateS mit Unter-
stützung RußlandS, Frankreichs und EnglandS,
eventuell Eintritt in den deutschen
Bund, administratives Schleswig-Holstein mit
einigen gemeinsamen Znstilutionen, Personal-
Union beidcr Herzogthümcr für sich mit dem
Königreiche.

Unter den gcmcinsamcn Jnstitutionen sür
Däncmark und die Herzogthümer sollen Zoll-
wesen und Kriegsweseu gcmeint sein. Wie cS
heißt, handelt es sich um einen ncirnmonatlichen
Wäffenstillstand, wozu Rußlands Unterstützung
in erster Reihe, die Untcrstützung Frankreichs
und Englands in zweiter Reihe zugesichert
sein soll.

Vom Kriegsschauplatz nichts Neues; als daß
die dänischen Schiffe die Küsten von SchleSwig
fortwährend beunruhigen. Es ist daher die
strengste Wachsamkeit überall befohlen und müssen
die Truppen genau auf die Flaggen der Schiffe
achten und darüber berichten. Man erwartet
tiglich österreichische Schiffe.

Berlin. Ucber Vorgänge auf dem Kriegs-
schauplatze empfing der „StaatSanz." die nach-
folgenden Mittheilungen: Der commandirende
General Hcrwarth von Bittenfeld meldet aus
Gravcnstein Sr. Majestät dem Kinige, daß
am 4. d. Mts. durch Zufall etwa 30 See-
ininen entdeckt worden seien, welche dic Dänen
im Alsensundc und zwar in der NLHe der ab-
getragencn Schanzen 10, längs des Sundewit-
ter Ufers, gelegt hatten. Die Pulverladung
lag in einer Glaskugel, welche von cinem Holz-
kasten umgeben war, und schwamm unter dcm
Wasser. Ein GlaScilinder ragte aus demfelben
hcrvor und sollte dic Zündung durch Zertrüm-
mcrung desselben erfolgcn. Sie wurden durch
ein Tau, welches man über dem Wasser fort-
zog, gezündet, und hierdnrch Ungljicksfälle ver-
hindert. Ein Amerikauer hatte diese Mincn
konstruirt nnd seine Arbeit in Augnstenburg
bei verjchloffenen Thüren auSgeführt. Zn sei-
nem Laboratvrium fand man cine Mcnge gal-
vanischer Zündapparate, deren Gebrauch hicr im
Speziellcn unbekannt ist.

Bon der Eider, 10. Zuli. Die Nat.-Z.
schreibt: Karl Moltke Minister! Keiner,
der je in Kopenhagcn mit einem Ministerpor-
tefeuille betraut war, selbst Herr v. Scheele
kaum, ist so verhaßt in bciden Herzogthümern,
wic der Graf Karl Moltke. Und er, das Haupt-
werkzeug der Danisirung Schleswigs, er, von
dem dic tyrannischen Maßregel in Rechtspflege,
Kirche und Schule hauptsächlich ausgingen,

AnserlionSgrbübre- Mr die Sspaltige Vetit- M M

,eile werden mit S Ir. berechnet.

ist jetzt wieder auf den Ministerstuhl gehoben I
Er wird jetzt zu allen Concessionen bereit sein,
durch wclche er die Wiedervereinigung der Her-
zogfhümer mit Dänemark, unter wclcher Form
cs iminer sei, zu erlangen hoffen könnte. Ge-
sammtstaat mit vier Kammern, Personalunion,
abwechselnde Residenz des Königs in Däneniark
und den Herzogthümern — Alles wird ihm recht
sein. Graf Karl Moltke und Dr. Heinrich Leo
könnensich also dieHände reichen! SeineFreunde
wird das neue Ministerium nicht sowohl in
Kopenhagen, als in Petersburg und uttter den
preußischen Feudalen zu jnchen haben. Wir
Schleswig-Holstciner aber leben der festen Uebcr-
zeugung, daß die Unabhängigkeit der Herzog-
thümer, für welche die Ehre Deutschlands ver-
pfändet ist, nicht mehr gesährdet werden kann.
Die neue Jntriguc kann uns nur eine Mahnung
mehr sein, die Constituirung unseres Staates
dringendcr zu fordern, zugleich abcr unS immer
mchr vorzubereiten, den Kampf gegen den Erb-
seind auf uns sclbst zu stcllen.

Dresden, 12. Juli. Zn der gestrigen
Sitzuug der Dcputirtenkammer sprach der Präsi-
dent Hrn. v. Beust die unbedingteste Anerken-
nung sür scin Wirken auf der Konferenz und
ferner die Forderung aus, derselbe mvge fort-
fahren imJntercssederUnthcilbarteit dcr Herzog-
thümer und sür die Anerkennung des Nugusten-
burgers thätig zu sein. Er sagt basür die Untcr-
stützung der Kainmer init allen Mitlcln zu,
und lritt die Kammer diescr Erklärung durch Er-
hebung von den Sitzen bei.

Deutschland.

Karlsruhe, 12. Zuli. Se. Königl. Hoh.
der Großherzog haben am Samstag, den 9.
d. M., auf Tchloß Mainau Se. Großh. Hoh.
den Prinzen Hermann von Sachsen-Weimar
in besonderer Audienz zu empsangen und das
Schreiben cntgegenzunehmen geruht, wodurch
Se. Majestät der König von Würtemberg dem
großherzoglichen Hose seine Thronbesteigung
notificirt.

Die „Karlsr. Ztg." erklart sich in ihrer
neuesten Nummer entschieden gegen die An-
sprüche des Großherzogs von Oldenburg aus
die Elbherzogthümer. Die deutsche Collectiv-
Erklarung vom 28. Mai und die Bundesbe-
statigung vom 2. Juni hättcn der Rechtsüber-
zeugung von der Berufung des Herzogs Fried-
rich einen förmlichen und feierlichen Ausdruck
gegeben. Das Blatt ist darum auch über den
Bundesbeschluß vom 7. d. (Aufsorderung Olden-
burgs, seine Ansprüche zu begründen) überrascht.

Ein Saltomortale.
Anekdote, erzählt von Elise Polko.
(Fortsetzung.)

Dicht neben der Kirche lag die Cantorwohnung.
Das bescheidene Stübchen deS alten CantorS empfing
gar oft etnen hohen Gast. Der Prinz liebte ks,
mit dem schlichten Manne über Musik zu plaudern
und seine ziemlich rrichc Sammlung von altrn Kir-
chenmufiken durchzusehen. Da saß er denn wohl
stundenlang vor dem alten Sptnett und spielte
Bach'sche Fugen und seincn Lieblingschoral, das
markerschütternde

O Haupt voll Blut und Wunden —
daß der Cantor die Hände faltete und seine Augen
überfiteßen fühlte. Oder er ließ sich von dem wür-
digen Mann von Christian Bach erzählen, ber
drüben in Bückeburg als Cantor des Fürsten Wil-
helm gelebt und dessen fich der Alte noch dunkel
erinnerte. Nicht selten geschah «S, daß er nur um
dieser Plauderstunde wtUen tn Regen und Stnrm
heranbrauste und dann wieder heimritt. Er war

merischen Blick in dem Lantorstübchen bei der Ma-
rienkirche, und der Held mit den blitzrnden Feuer-
augen, der am Morgen vor der Front auf- und
ntederritt. Aber wo er auch sein mochte, überall
gewann er fich dte Herzen, und wte wunderlich die
Geschichten auch lauteten, die man von ihm er-
zählte, — man erzählte fie doch immer mit einem
Lächeln stolzer Freude und mit dem Refrain: „Es
gibt keinen wie unsern Prinzen Louis! Gott segne
ihn!"

Und die Fraurn sagten daS auch, freilich nicht
laut, heimlich abcr mit noch größerem Entzücken:
drnn ritterlicher und kühner war keiner, und mit
jrder neuen tollen Grschichte vergoldete fich für dte
Frauenaugen mehr und mehr jener Nimbus, der
sich um sein Haupt zog. Louis Kerdtnand war
und blieb eben für die Bewohnerinnen bcr „Rothen
Erde" jener letbhaftige Märchenprinz auf dem ver-
wünschten Schloß mit Namen „HauS Himmekreich".
Wie manche mochte eben dirse Benennung für die
tinzig paffende jener Stätte halten, die er zu sei-
nem Aufenthalt sich erwählt hatte! (Forts. s.)

Das dritte Odenwätdcr Gesangfest.

Weinheim, baS freundliche Stäbtchen! an der
Bergstraße, war am letzten Sonntag Zeuge eines
sehr heiteren KestcS. Aus allen Theilen ber be-
nachbarten Rheinebene und des hessischen Oden-
waldeS waren Sängerschaaren herbeigeeilt; von
größeren Städten waren nur Heidelberg und Mann-
hetm, und zwar durch je zwei Vereine, ersteres
durch den Ltederkranz und die Ltedertafel, letzteres
durch den Liederkranz und den Sängerbund ver-
treten. Es mochten gegen 1000 Sänger mitgewirkt
haben. Dieselben wurden jedeS Mal mit Mufik
am Eingang der Stadt empfangen und auf das
Rathhaus geleitet, wo dte Abzeichen auSgetheilt
wurden. Um 10 Uhr begann die Hauptprobe, die
von Herrn Bürgermetster Weisbrod durch eine An-
sprache an die Sänger eröffnet wurde. Er hieß
dteselben im Namen der Stadt auf's Herzlichste
willkommen und brachte dem Beschützer alles Schö-
nen und Guten, Großherzog Friedrich, ein Hoch
auS, das von allen Anwesenden degeistert erwidert
wurde. Die Probe, welche ungefähr I^Stunden
dauerte, nahm einen guten Verlauf.
 
Annotationen