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Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

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Nr. 179-204 August
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https://doi.org/10.11588/diglit.2828#0181

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Wdelbkrger Zeitllng.

H EHMY «rschkiat. MontagS auSgenommea, täglich. 25i AltilllK' SasertiollSgebührell für die Sspaltige Pettt-

. PrriS vierteljahrlich St kr. ,eilewerdellmit zkr. berechllkk. W.^RWWc»

* Politische Umschau.

Die Excesse prcußischer Offiziere in deu
Garnisonsorten fcheinen epidcmisch geworden zu
sein. Zn Treptow (Reg.-Bez. Stcttin) hat am
18. August cin Licntenant den HauSknecht in
cinem dortigen Gasthause, weil dicser auf das
spät in der Nacht erfolgte Klopfen nicht rasch
genug geöfsnet hatte, geprügelt und den hinzu
gckommenen Wirth inif Säbelstichcn traktirt,
die dcm letzteren mehrere nicht nnerheblichc Arm-
'wunden verursachten. Der Wirth ist klagbar
gcworden.

Die „Kreuzzeitung" vcrnimmt, daß eine
EabinctSordre ergangen sei, wclche anf dem
Kricgsschauplatze Truppcnrcductionen anordncti
die Reserven werden sämmtlich cntlassen und
nur thcilweise auS den Erfatztruppen ergänzt.

Die Unruhen in Zrland breitcn sich Iveitcr
aus. An mehreren Orten sollcn Unordnungcn
vorgekommen sein. So hat nämentlich einc ün-
geheurePöbelmenge zuDundalk das Bildniß
deS KönigS Wilhelm von Oranien verbrännt,
und dann die Fenster der von Protestanten be-
wohnten Hänscr eiügcworfcn. Zn Belfast selbst
sollen die Katholiken auf den Lcichenzug eineS
zu Anfäng der Woche getödtcteü Proiestanten
geschosfen haben.

Jn der Provinz Oran ist cin ncuer Auf-
stand ausgebrochen. Sidi Mohammcd hat die
Stämme der LarbaS und mehrere andere im
Kreise Bogharar fortgcrissen. Die Rebcllen be-
gannen mit Mord und Brand, sie zerstörten die
Telegraphen und plünderten mehrere Karavan-
screien. Die Provinzen Algier und Constantiue
sind ruhig.

Zur Schleslvig-Holsteiit'schen
Sache.

Eine von den zu Schleswig cntlassenen Be-
amten abgehaltene Versaminlung beschloß bei
dem Reichsrathe zu beantragen: die Regierung
lolle sich zum FriedenSschlnsse bestimmt vorbe-
halten, zum Schutze der Bevölkemng in Lchles-
wig eine districtsweise allgemeine Abstiminung
vorznnehmen, zur möglichsten Wahrnng der
Nationalität. „Flhveposten" crklärt sich gegen
diesen Antrag.

Aus Schleswig, 18. August. Ans ver-
schiedenen Städten deS LandeS werden Beschlnsse
der dortigen Vereine bcrichtet, welche sich gegen
dic Gtfahren deS ZnteriMS wenden. — Zn
Sonderburg ist einc mit zahlrcichen llnter-
schriften bedcckte Petition wegen Einführung
der deutfchen Schulsprache in Umlauf gcjctzt.

Hamburg, 20. Aug. Die Kopenhagener
„Bcrl. Tid." vom Donnerstag meldet: Von der
Mannschaft der aufgebrachten Hamburger Brigg
„Eudora", welchc dic Prifcnmannschaft übcr-
rnmpeln wolltc, wurde der Eapitän und dcr
Stcuermanu zu je einem Zahr Gefängniß und
der Koch zu 18 Monatcn Zuchthaus vcrnr-
theilt.

Hamburg, 20. Augnst. Einc Bckannt-
machung des SenatS publicirt die mit den
BundcscoiiimissärcnabgejchlossencnTclcgraphcn-
verträge.

Hamburg, 20. August. Zusolge einer
Bcrtiner Corrcspondenz der „Hamb. Nachr."
wäre den Senaten von Hainburg und Lnbeck
bezüglich der mit den BundeScommissären ab-
gcschlosscnen Tclegraphcuverträge eine preußischc
ülote überreicht worden, worin für den Fall
der Veröfsentlichung gedachterPerträge dieNoth-
wendigkeit dargclegt würde, prcnßischer Seiks
einen Antrag aus Richtigkeitserkläiung am
Bunde cinzubringen.

Hamdurg, 20«Äng. „Flyvepostcn" vom
Frcitag bringt folgende Nachrichtcn: Vieun voll-
ftandig auSgefertigte Znstrnctionen wurden dem
Köüig Christian gestern (Donnerstag) in ciner
gehcimeil Staatsrathssitzuiig vorgelegt. Män
nimmt an, Capitän Bille wcrde dieselben heute
(Frcitag) nach Wien überbringen.

Zn der Folkethingsitzung vom Donnerstag
theilten die Minister der Finanzen und Marine
mit, daß sür früher bcwilligte 800,000 Thlr.
auf französischcn Werstcn ein ncneS, aber kleineS
Pgnzcrschiff bestellt worden und in Arbeit sei.
Der Prinz Oskar von Schweden und seine
Gemahlin sind am Donnerstag in Kopenhagen
eingetroffen.

Altona, 20. Aug. Einer aus Wicn hier
eingetroffenen Depesche zufolge wird die erste
Conferenzsitzung, zu der auch der Baron von
Scheel-Plessen zugezogen werden soll, LM näch-
sten Möntag Mittag stattfinden. Hr. v. Schecl-
Pleffen wurde vorgestern in besonderer Audienz
vvm Kaiser cmpsangen. — Mit dem gestrigen
Abendzuge sind der Prinz Friedrich Karl und
der F.-Mi-L. v. Gablenz hier eingetroffen nnd
nach Hamburg weitergesahren.

Altona, 21. Aug. Dte „SchleSw.-Holft.
Zeitung" theilt mit, daß der Prinz Friedrich
Karl und der F.-M.-L. v. Gablenz letzte Nacht
nach Cnrhafen weiter gefahren sind. Der Letz-
tere wird morgen zurückerwartet, der Erstere
kchrt zu Wasser in's Hauptqnartier zürück.

Deutschland.

Karlsruhe, 20. Aug. Gestern Abend 8
Uhr wurden die irdischen Uebcrrcste des ver-
stvrbenen StaatSmiiiisters a. D. Dr. Franz
Anton Rcgenauer zur Erde bcstgttet. Ein
großer Leichenzug aus allen Ständen gab dem
Dahingeschicdenen das letzte Ehrengeleite. Dcr
Veistorbene war eine hervorragende Finanzgröße
unseres LandeS, und dauernde Einrichtungen
haben ihm ein bleibcndcs Denkmal gesttftet. Zn
kirchlicher nnd politischcr Beziehung gehörtc er
zwar nicht dcr sreieren Richtung an, gleichwohl
war cr aber weit cntfernt von der fanatischen
Schroffheit so mancher seiner Parteigenossen.
So hattc er als Abgeordnctcr seiner Zeit sür
das Konkordat gestimmt, später aber dennoch
dem Oktobcrgesctze von 1880 seine Zustimmung
ertheilcn kömien, weil, wenn auch auf andcrem
Wege, dic Bestimmuiigcn dcs KonkordatS ihrcn
berechtigten Äusdrnck in demselben gcsunden
hatten. Doch setzte er dainals für seine poli-
tisch-kirchlichen Neigungen bezcichnend hinzn:
Es frage sich, ob diejer ::euc Wcg der richtige
sen Auch auf literarischem Gebiete hatte sich
Regenauer mit Erfolg bewegt, und «enn auch
in einzelnen Punkten, wie z. B. der Bankfrage,
der Vergesellschaftung des Kapitals mit der Ar-
beit rc. , nicht von der Anschauung der Noth-
wendigkelt und Bercchtigung voller freiheitlicher
Bewegnng ausgehend, dennoch viclsach Gutes
gewirkt. Seine letzte große Arbeit, die Finanz-
statistik Badens, wird vvn Fachmännern als ein
hervvrragcndes Werk »on musterhaster Geschäfts-
kenntniß bezeichnct. Der Entschlafene schloß scin
reichbewegtes Leben im noch Nicht »vllendeten
67. Lebensfahre. Versöhni am Gräbe ehren
auch die Gegner fein Vcrdienst iü dauerndem
Gedächtniß. (B. L.-Z.)

Karlsruhe, 19. Aug. Das heute crschie-
nene RegierungSblatt Nr. 37 enthält noch Fol-
gendes:

V. TodeSfälle. Gestorben stnd: Am 21.
März d». Js. der pensionirte Obereinnehmer
Fischer in Mannheim; am 30. Zuni der kath.
Psarrer K. Weltin von Mainwangen; am 2.
Znli der kath. Stadtpfarrer Dr.'Z: N. Müller
von lleberlingen; LIN 27. Juli Gemrällicute-
nant vom ArmeecorpS, ». Röder; in Lichtenthal.

Aus Baden, 17. Aug., wird dem „Schw'
M." geschricben: Von Freiburg aüs ist durch
das erzbischöstiche Ordinariai än die Eurat-
geistlichkeit die Weisnng ergangen, den Hirtm-
brief vom 19. Zuli gegen daS Schulgesetz so
viel als möglich nnter daS Volk zu verbreiten.
Zn diesem Zwccke soll in jedev Pfarrei ein

Aas A l e i n o L.
lFortsetznng.)

Das bcjahrte Fräulrin zog etn wclßes Batisttuch
aus thnm Bcutrl, trocknete fich dle Äugen, mur-
inrltr clnigc Wortc und ctlte nach einer nndrren
Scite deS DammeS, um eincn mindrr indlScrcten
Zuschauer zu brsragen. Doch, wie e» nberall Leute
gibt, welche Alles erfahren müffen, so wußte man
bald, daß die bejahrte Damc Fräuletn v. Bonnalrc
hicß, von Paris gekommcn und fehr reich war.
Sir war in etner eigenen Postchaise tn Oullleboens
eingetroffen, gefvlgt von -inem Diener nnd «iner
Kammcrfrail, nnd bcwohnte dcn crstcn Gasthof.
Man wußte ferner, daß fie all' thr Linnenzcug
und Stldergrschirr mit gebracht, Dtnge, «ic man
wohl in cincm gutcn Gasthof findct, dercn fich
abcr etnc Fran «on saft in'S Kleinliche gchender
Accuratrffc nicht grrn bcdient, wenn fic vorher
fchon von Andern g-braucht wordrn. Augenschein.
lich war es cin wichttgeS Zntcreffc, wclches das
bcjahrtc Fräulrin nach Qnillebocus gefnhrt. —
Plte Damen ltebcn dte Glücksspiele, wollte fi«

viellcicht, jetzl, wo die Lottcricn vcrdoten, daS
verführcrische Spicl der Aktien versnchen?

Abcr die Mlirn stirgcn und Fräulein v. Bonnaire
kaufte nicht. AlS cin Zcitgenoffc deS Schiffsbruchs
drS Telrmaque battc fic viclleicht besondcre Kundc
oon den versunkenen Schätzen; vielleicht auch hatten
Lndwig XVI. und die Königin nicht allein dem
Schiffe ihre Schätze anvertraut, und daS Fränlein
befaß gültigc Anfprüche auf einen Theil dcr La-
dnng. So hatten die Spcculanten, die Akttcnver-
käufcr Uttd allc Welt ein iJntcrefsk, dicscm Ge-
chcimniffc anf die Spur zn kommcn; daS Jntereffe
abcr gleicht dcr Liebe, cs macht empfindsam und
scharsblickend. Dcr altr Dicner deS FränleinS
v. Bonnaire widerstand rinmal, zweimal und schlug
baS ihm ailgebotcne Gcld auS; er war cineS jener
nun selten gcwordenen, treuen HauStnventare, dtc
stets aus der Placr rvyale gewohnt haben. Aber
der Schrriber fetzte thm erst etnc, dann noch eine
Klasche alten Bnrgundcr» vor; da theilte ihm drr-
ftlbe in dcr Trunkenheit daS Leben selnes Fräu-
lrtns mit, dessrn Geschichte folgcnde war:

Jm Iahrc 1781 oder 1792 war Fräulein v. Bon-
naire fiinszchi, Iahre alt und wohnte b-i ihrem

Bater auf drr Place royale. Herr v. Bonnairr,
von riner reichrn und angesehencn Familie, führte
mit f-incr etnzigen Tochter Emtlic ein rnhigeS,
zurückgezogeneS Lcben. MitMonteSquieu verwandt,
Marmontcl vcrbündet und dic Anfichtcn der Ency-
clopädisten theilend, sah er die Bewegungen, wclche
Frankreich rrschnttcrn mußlen, lange voraus, und
fein einziges Berlangcn war, Emilien für die viel-
letcht nicht mehr cntfrrnte Zeit, wo er nicht mehr
srin werde, einen Bcschützer zu geben. Die Ver-
heirathung cincr Tochter errcgt d-m Bater stets
ängstliche Besorgnlsse, -r adoptirt -inen nrnen
Sohn, deffrn Charaktcr und Nrigungen «r crrathcn,
dcm cr das Glück und was mchr ist, die Ehre ftincS
KindeS anvertrauen muß. ES gab aber etnigr Fa-
millcn, «elchc -ine Brrbindnng mit ihm wönschtrn
und deren Ehrbarkett fichcrc Bürgen warcn. Dieser
schvne Königsplatz. wo jetzt -in- ununterbrochenc
Stille herrscht nnd der ein Iahrhundert frührr so
glänzrnd, hattc damals noch elnen Schimmrr selnes
alten GlanzeS, und wrnn anch der Hos nicht mrhr
thronte, so wohntc dort die höhrre Beamtenwelt in
ihrcn schönen HotelS. (Forts. f.)
 
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