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Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

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Nr. 231-256 Oktober
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https://doi.org/10.11588/diglit.2828#0365

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Vtidkibtrgtr Ztilung.


Bestellunge» auf die „Heidelberger
Zeirung" nebst Beilage „Hcidetber-
ger Faiiiilieiiblätter" für das mit I.
Lctober 18K4 begoanene 4. Quartal
Iverden fvrtwäbrend angeuommen.

Die Expeditivn

* Politische Nmschau.

Der „Unpartiiische Correspon-
dent" stellt die Nachricht eincs Hamburger
Blattcs. daß Hamburg und Lübeck wegcn des
am BundeStag gestellten Antrages von den
Telegraphenverträgen nnt Holstein zurnckzutrc-
ten beabsichtigen, in Abrede.

Wie die „AugSb. Allg. Ztg." ans München
schreibt, ist iin Anstrag Sr. Heiligkeit von Car-
dinal Altieri, d. Z. Präfcct der Zndexcongre-
gation, an sämmtliche Bischöfc dcs Erdtrcises
am 24. Aug. d. Z. ein Rundschreiben erlassen
wordcn, in welchem die Bijchöfe auf ein Man-
dat Lco's X., erlassen am 2V. März 1825,
aufmerksam gemacht werden, wonach sie befugl
scin jollten, verderbliche Bücher, welche in ihren
Sprciigeln hcrausgegeben oder vcrbreiiet wer-
den, zu proscribiren und zu unterdrücken, weil
e» dikrchaus unmöglich sei, alle in vcrschicdenen
Theilen des ErdkreiseS erscheinenden gcfährlichen
Bücher unverweilt auf den Zndex zn sctzen.

Rach cinem Telegramm der „Börsenzcitung"
auö Flcnsburg, welchcs jedoch noch sehr der
Bcstätigung bcdarf, habcn die östcrreichischen
Truppen in Jnttand am 9. d. M. Bejchi zum
Rückmarsch erhaltcn nnd Prcußen und Oestcr-
reich sich darüber vcrständigt, daß Rcndsburg
einseilig von Preußen, Ulm und Rastatt eiu-
seitig von Ocstcrreich besetzt werdcn. s?) Bc-
hufs Bildung einer schlcswig-holstcinischen Ar-
mce sollen dic ersorderlichen prcußijchen Offi-
ziere bereits designirt sein.

Die osficiisen Pariser Blätter sind angewie-
scn, Abraham Lincoln's Eandidatur nicht allzu
sehr anzugreiscn. Man liebe zwar den Norden
nicht, abcr auch für Mac Clellans's Ersolge
wollc nian nichts thun. Jn politischcn Krcijen
der frankösiichen Hauptstadt wird die Wahl
Lincoln's als wahrscheinlich bctrachtct.

Die Pariser Bank hat ihren DiSconto aus
8 Procent erhöht.

Das britische Kricgsschiss „Bulldvgg" ist zu
Grunde gcgangen, und zwar zwischen Bermiida
und Halifax. Die gesammtc iMannjchaft, mit
AuSnahme von sieben, kam um das Leden.

Die „Patrie" enthält ein Schreiben aus
Peterburg deS Jnhalts, dic russische Rkgierung

pflichte der französischen Politik bezüglich Roms
bei. Die Zournale betrachten es als sicher, daß
dcr Czar seiue Gemahlin nach Nizza begleiten
werdc.

Aus New-Dork vom 1. Oct. wird gemeldet:
Eine vom Präsidenten dcS Sondcrbunds, Jef-
fcrson Davis, gehaltene Redc ermuthigt zum
Widerstandc und vcrheißt Unabhangigkeit.

Jn New-Nork hat einc Massenversammlung
zur llntcrstützung Lincolns ftattgefundcn.

,-j»r Schleswig-Hoisteiii'schen
Tache.

Kiel, 10. Oct. Die „Kieler Z." schreibt:
Die Räthe des Herzogs haben erst kürzlich ein
längcres Verbleiden in ihrer neuen Stellung
zugesagt, und sie haben dies mit derselben
Hingebung gethan, mit der sie im November
in ihre Stellung einlraten.

London, 10. Oct. Der Berliner Correspon-
dent des „Hcrald" schreibt unter dem 7. Oct.
bezüglich der Abreise des Hrn. v. Ahlefeldt aus
Berlin: „Jch erfahre aus verlässiger Quelle,
daß er durch die Summe der preußischen For-
derungen so erschreckt war, daß er schon nach
seiner ersten Besprechung mit Hrn. v. BiSmarck
alle serneren Versuche zur Erziclung eines
Uebereinkommens aufgegebcn hat. Und fcrner
hörc ich, daß Hr. v. Bismarck entschlossen sei,
keinen einzigen unter dem halben Dutzend für
Lauenburg erschiencner Candidaten anzuerken-
nen, jondern dieses Herzogthum einfach als
erobertes Land festzuhalten l" Das stimmt aber
nicht mit anderweitigen Angaben, sei aber er-
wähnt, weil man logischer Weise doch anneh-
mcn muß, daß der Berichterstatter des conser-
vativen „Herald" in Berlin auS confervativer
Qllelle schöpft.

D e u t s <h l a rr d.

K.rrlsruhe, 13. Oct. Laut Allerhöchster
Ordre vom 11. d. M. treten im Sanitätsper-
sonal des großh. Armeecorps nachstehende Ver-
setzungen ein: Negimentsarzt Dr. Weber und
Oberarzt Minet vom 4. Jnfantcrieregiment
zum 1. Füsilierbataillou, Negimentsarzl Pan-
ther und Oberarzt Dr. Müller vom 1. Füsi-
lierbataillon zum 4. Jnfanterieregiment, Ober-
arzt Feldbausch vom 4. Jnfanterieregiment zum
2. Füsilierbataillon, Oberarzt Maier vom 2.
Füsilierbataillon zum 4. Jnfantcrieregiment,
Oberarzt Picot vom Jägerbataillon zum 5.
Jnfanterieregiment, und Oberarzt Hildebrandt
vom 5. Jnsanterieregiment zum Jägerbataillon.

Diefe Versetzungen sind mit dem durch Aller
höchsten Befehl vom 27.'Juni d. I., Nr. 28,
bekannt gegebenen Garnisonswechsel zu voü-
ziehen. Regimentsquartiermeister Neßler vom
4. Jnfanterieregiment wird zum 1. Füsilier-
bataillon und Stabsquartiermeister Reich vom
1. Füsilierbataillon zum 4. Jnfantcrieregiment
versetzt. 'Diese Versetzungen haben mit dem
durch Allerhöchsten Befehl vom 27. Juni d. I.,
Nr. 28, bekannt gegebenen Garnisonswechsel in
Vollzug zu treten. Hauptmann Otto Hoff-
mann im 3. Jnfanterieregiment wird aus dem
Armeecorps entlassen.

Karlsruhe, 13. Oct Nach so eben erhal-
tener Nachricht ist Seine Königliche Hoheit der
Erbgroßherzog, sowie die Großherzogliche Prin-
zessin gestern in Baden eingetroffen, nachdem
Seine Königliche Hoheit der Großherzog die
Absicht ausgegeben hatten, nach der Mainau
zurückzukehren. Die höchsten Herrschaften ge-
denken im Ansang der nächsten Woche zu blei-
bendem Aufenthalt in die hicsige Nesidenz zu-
rückzukehren. Z )

— Vom Nheine, 13. Oct. Wer eine
freie Prefse will, muß auch ein freies Wort
vertragen können, und wenn er auch etwaS
unsanft dadurch berührt würde. Es wird noch
lange dauern, bis unser Geschlccht sich daran
gewöhnt haben wird; denn unter der Herr-
schaft der Censur und der Knebelung der Presse
ging es ihm wie einem. wirklichen oder einge-
bildeten Patienten, der, längere Zeit in das
verschlossene Zimmer gebannt, sich ängstlich
gegen jede frische Luftftrömung verwahrt. So
dachten wir, als wir die Verhandlungcn der
Diöcese Boxberg lasen und den Antrag des
Pfarrers Müller vernahmen, welcher das
großh. Staatsminifterium durch die Oberkirchen-
behörde erfucht haben wollte, daß gegen dic
Angriffe, welche die Geistlichkeit in
der öffentlichen Presse erfahre, ein-
geschritlen werde. Wer angegriffen wird,
der vertheidige sich, denn es stehen ihm ja die-
selben Waffen zu Gebote wie seinem Gegner.
Wird er boshafter und verläumderischer Weise
an seiner Ehre gekränkt, so kanu er sich Ge-
nugthuung bei den Gerichten verschaffen, und
durch die Veröffentlichung des Urtheils wird
die Verläumdung auf das Haupt ihres Ur-
hebers zurückfallen. Jst es aber Wahrheit,
was ihn unangenehm berührte, und hat er die
Züchtigung durch die Presse verdient, so trage
er es geduldig und bessere sich. Durch Ver-
schweigung der Fehler werden dieselbcn nicht
in Tugenden verwandelt, und die Person steigt
dadurch nicht in ihrem sittlichen Werthe. Was

A g'sessene Frau.

„'s Kroatendörfel" in der Nähe Wiens btldet
das äußerste Ende des sogenannten Bründelfeldes
und zählt zu seinen Bewohnern jenr Kroaten bei-
derlei Gcschleckts, welche dte Wicner täglich mit
dem-Morgenrufe: „Schöne Ubst gnädige Herrschaft"
begrüßen. Die den Greislern und insbesondere den
Oebstlerinnen hierdurck gebildete gefährlicke unb
verderbliche Concurrcnz führt nicht selten zu kleinen
Reibungen. Doch insolange die den Kroaten und
Kroattnnen erklärte Fehde nicht fichtliche Spuren
riner erlittenen Verletzung zurückläßt, hat es nichts
weiter auf sich. — Erst wenn, wie dies in dem
vorlicgenden F«lle sich ergab, der „Beschimpfte"
auch zugleich als der „Geschlagene" vom Platze
gcht, wird die Intervention dcr Gerichte in An-
spruch genommen. Anna Berticck, eine 22jährige
Kroatin, hat, gleich ihren übrigcn sich bicr auf-
haltenden Landslcuten, ein klcineä Terrain für
ihr Gcschäft occupirt und hausirte früh Morgens
mtt Obst und Gemüse bei den Bewohnern der
Langen-, B^riten- unb Herrengaffe. — Die in die-

scm Stadttheile refidirende Oebstlerin Rosalie Wög-
ler, auch ^Husaren-Rosel" genannt, erlitt dmch den
Flciß und vielleicht auch durch die guten Kormen
ver Kroatin rinen bedeutenden Abbruch an ihrem
Geschäfte. Am 7. d. M. hatte die Kroatin freudr-
strahlend über ein gutes Geschäft eben die Einfahrt
eines Hausrs vrrlaffen, als die Oebstlerin auf dte-
selbe loSstürzte, sie mit Schimpfworten aller Art
und schließlich noch mit „Watschen" tractirte. Die
Mißhandrlte setzte sich wohl zur Wehre, sie war
jedoch zu schwach für die Kingerfertigkeit der stäm-
migen „Husarn-Rosel", und so wurde sie denn
jämmerlich zerkratzt. — Ein zerkratztes Gesicht ist
aber selbst für eine Kroatin rine Sache von Bc-
deutung, und so sehen wir heute denn Anna Ber-
ticek als Klägertn — einen Advocaturs-Eoncipien-
ten, drr ihr alS Kunde die Sache unentgeltlich führt,
als Vcrtreter ihr zur Srite, — während dic „Rosel"
als Beklagte bloS ihre Suada und ihr Gewtffen
zu ihrer Verthetdigung hat. Die Verhandlung
nimmt folgenden Verlauf: Richter (nach Ver-
lesung der Klage): Sie»haben gehört, daß Sie
einer Uebertretung der lrichtcn körperlichen Bcschä- !
digung angeklagt smd. Was habrn Sie hicrauf

zu erwidern? Angeklagte: I bitt', döS gibt'S
nit, daß dö mi klogen därf. I bin a g'seffc e
Frau, t zohl mei Steuer und mei Armenkasse und
dös is nur a zug'rastes G'lumpert. Vurr

Krowotin. Richter: Das Gesetz kennt keinen solchen
Unterschied, und Sie haben sich daher zu verant-'
wortrn, warum Sie am 7ten d. M. in der Früh
dte Frau Berticek, welche ganz arglos ein HauS
vrrließ, mit Schmähworten und Schlägen über-
fallrn haben. Angeklagte: Euer Gnoden, t
glaub', won Sö mei Geschäft hätten, eS wurd'
Jhna a der Kamm steigen, wonn's seg'n tbäten,

wie dö Krowotin. Richter (einfallend):

Lassen Sie alle Scdimpferei bei Sette. Ictzt sprechen
Ste writer. Angeklagte: Ia t bitt, wonn i,
a Wcib, allani, allaweil oüs'n Concept brocht wir,
und dö (auf die Klägcrin zeigrnd) no an Advo-
katen hot, do wir i frctli nir ausrichten'. — Rich-
ter: Es stand Ihnen frei, fich einen Vertheidigrr
mitzubringen. Jm Uebrigen erinnere ich Sie zum
lehten Male, sicb anständig zu benehmen, sonst
laffe ich Sir abtrcten, und die Verhandlung wird
 
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