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Wingenroth, Max; Kraus, Franz Xaver [Hrsg.]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 7): Die Kunstdenkmäler des Kreises Offenburg — Tübingen, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.1370#0137

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AMT LAHR. — LAHR.

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orten wohnen, hatten aber bürgerliche Rechte und genossen in Kriegszeiten den Schutz
der Stadt. Wie schon Stein bemerkt, ergiebt sich daraus, dass keine einzige Familie
zahlreich war, die Mannigfaltigkeit der Namen daher gross war, dass alle vor mehr oder
minder kurzer Zeit eingewandert sind.

Kurz ehe dies Bürgerbuch begonnen wurde, hatte die Stadt die beiden gewaltigen
Ereignisse durchzumachen, die ganz Deutschland und mehr oder minder ganz Mittel-
europa erschütterten, das Erdbeben von 1348 und die grosse Pest. Wie allerwärts, so
schrieb man auch hier die Schuld daran den Juden zu und beschloss über diese auf
einem Landtag zu Benfelden (s. Einleitung), dem auch Walther IV. von Lare nebst
seinen Vettern beiwohnte. Die Folge davon war eine schreckliche Judenverfolgung, die
in Lahr mit deren vollständiger Ausrottung und Austreibung geendigt zu haben scheint,
denn in dem Bürgerbuche von 1356 geschieht ihrer keinerlei Erwähnung mehr. Die
Stadt, die sich immer mehr emporhebt, konnte 1362 daran denken, ihr Ohmgeld um
ein Dritttheil zu erhöhen, allerdings ohne grossen Nutzen davon zu haben, denn die
Geroldsecker nahmen nun häufig ihre pekuniäre Zuflucht zu ihren Mitteln, wofür sie
denn manche Privilegien gewähren mussten, so den erwähnten grossen Freiheitsbrief von
1377. — 1426 starb ihr Mannesstamm aus und nun kam die Stadt mit der Herrschaft
an Johann Grafen von Mors und Saarwerden, der in schwerem Kampfe gegen die Erb-
ansprüche der Hohengeroldsecker das Erbe seiner Gattin zu vertheidigen hatte. Ganz
besonders litt unter diesen Kämpfen die Stadt, da auch ihr Markt von den Hohengerolds-
eckern durch Errichtung eines neuen Marktes in Seibach schwer geschädigt wurde.
1444 wurde endlich Friede geschlossen; die Grafen aber waren derartig in Schulden
gekommen, dass sie 1442 die Hälfte der Herrschaft zum Mitbesitz an Markgraf Jakob
von Baden verkauften. Dieser verkaufte wieder die Hälfte seines Antheils um 15000
Gulden 1462 an die Stadt Strassburg, löste ihn aber schon 1480 wieder ein. Auch der
Mörs-Saarwerden'sche Mannesstamm starb bald aus — der letzte Erbe endigte in geistiger
Umnachtung 1527—, da kam der Schwiegersohn Johanns III., Johann Ludwig von
Nassau-Saarbrücken in den Gemeinbesitz mit Baden. Stadt und Herrschaft machten
nun, wie so manche deutsche Länder, jenes ewige Hin und Her von Verpfändungen,
Rückgabe, Uebergang durch Vererbung an andere Häuser mit, welches die deutsche
Geschichte im 16. bis 18. Jh. so unerquicklich macht. In der Einleitung ist geschildert,
wie auf die Nassau-Saarbrücken die Nassau-Weilburg und die Nassau-Usingen folgten,
wie die Herrschaft bisher im Gemeinbesitz von Nassau und Baden-Baden 1549.-zwischen
diesen getheilt wurde, wesentlich auf Grund konfessioneller Bedenken des badischen
Markgrafen.- Lahr kam dabei an Nassau und blieb somit protestantisch. 1654 bis 1727
war es pfandweise im Besitz des Markgrafen von Baden-Durlach; endlich kam es 1803
definitiv an Baden. Seit 1527 wird wohl kaum einer der Herren mehr länger in Lahr
residirt haben, ihre Interesse an der Entwickelung der Stadt mag unter derartigen
Wechselfällen nicht sehr gross gewesen sein und Lahr' verlor mit dem Erlöschen des
Geschlechts seiner Gründer immer mehr an Bedeutung, es scheint selbst vor dem
dreissigjährigen Krieg kaum mehr Bewohner gehabt zu haben als im Mittelalter, etwa
100 Jahre nach seiner Gründung. Selbstverständlich nahmen diese dann in den Zeiten
des grossen Krieges rapid ab, es hatte an dessen Ende drei Viertel seiner Bewohner
verloren und fing gerade an, sich zu erholen, als die Kriege Ludwigs XIV. über die
Gegend herein brachen. 1677 wurde, wie andere Orte, auch die Stadt Lahr verbrannt
 
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