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Wingenroth, Max; Kraus, Franz Xaver [Hrsg.]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 7): Die Kunstdenkmäler des Kreises Offenburg — Tübingen, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.1370#0577

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AMT OFFENBURG. — NORDRACH. 455

NORDRACH

Schreibweisen: Norderaha 1139; vallis Norderahe 1289; Nordrach 1373; Norde-
rach 1426; die gemeinde des tales zu Nordrach 1372. (Nordwasser.)

Ortsgeschichte: Nordrach ist eine Talgemeinde, bestehend aus Dorf Nordrach mit Ortsgeschichte
Schanzbach und den Zinken Hacken, Hintertal, Schottenhöfen und Untertal. Das Tal
gehörte bis 1803 zum Gebiet der Reichsstadt Zell und machte also deren Geschicke mit,
weshalb Eingehenderes in dem Artikel über Zell nachzulesen wäre. Indes bestand neben
dem reichsstädtischen Gebiet noch das freie Mönchsgut Schottenhöfen und Lindach und
die heute Fabrik Nordrach genannte Gegend (s. unten) als Eigentum des Klosters Gengen-
bach. Im Nordracher Tal amtierte ein Zwölfergericht mit. zwölf Räten, welche u. a.
auch die Befugnis hatten, Todesurteile fällen und vollstrecken zu dürfen; außerdem
besaß Nordrach einen eigenen Vogt. Da aber die Leute des Tales nicht als Bürger,
sondern nur als Untertanen der Stadt Zell galten, konnten sie nicht in den Rat gewählt
werden. Der Selbstähdigkeitstrieb, der die Bauern des Harmersbachtales beseelte, war
aber auch hier lebendig. Die Talbewohner erklärten sich i. J. 1655 auf eigene Hand als
unabhängiges Reichstal, und es wäre fast zu offenen Kämpfen gekommen. 13 Jahre
dauerte der Prozeß beim Kammergericht, bis dieses den Anspruch auf Reichsunmittel-
barkeit abwies; das Tal sollte dem Rat von Zell als seiner Obrigkeit in Civil- und
Kriminalsachen gehorsam sein. Der Nordracher Rat aber blieb bestehen.J) — Schon im
Mittelalter wurde hier Erzbau getrieben, und noch 1838 bestanden einige Stollen. Eine
»relicta quondam Wernheri de Nordera 1299, ein Johannes Sneiter von Nordrach 1356«
erwähnt.

Kath. Pfarrkirche (ad S. Udalricum). Schon 1289 hören wir von ecclesia vallis Kath.Pfarrkirche
Norderahe, in der ersten Hälfte des 15. Jhs. von Nordreich ob der Kirchen, im Anfange
des 16. Jhs. von »sant Ulrich in der Norderach«; doch scheint die Seelsorge von Zell
aus besorgt worden zu sein; erst 1608 wurde eine eigene Pfarrei errichtet und Jakob
Khuon zum Pfarrer gemacht; in der Folge wechselten Weltpriester und Mönche von
Gengenbach ab.2) 1666 wird von der parrochialis ecclesia berichtet. Patronat und
Zehnt besaß das Kloster Gengenbach (schon 1289).

Der heutige Bau stammt aus dem 18. Jh., das Langhaus laut Inschrift an der Ecke
von 1725. Es ist durchaus schlicht und zeigt ein rundbogiges Portal (älter?) mit Hohl-
kehle und Ansatz zu einem kleinen Volutenablauf. Der Turm ist 1747 errichtet.

Innenausstattung: Hochaltar im üblichen Säulen- und Volutenaufbau mit den Innenausstattung
Statuen der Heiligen Ulrich und Sebastian sowie einem Gemälde, die h. Jungfrau dar-
stellend, etwa aus der Mitte des 18. Jhs. Entsprechend und aus der gleichen Zeit die
zwei Seitenaltäre und die Kanzel. Am Triumphbogen Kruzifix des 18. Jhs.; an einer
der Langhauswände lebensgroße Holzstatue der Madonna mit Kind auf einer Stuck-
konsole, gute Durchschnittsarbeit aus der Mitte des 18. Jhs.

Kirchengeräte: Sonnenmonstranz, zur Zeit meines Besuches nicht zu sehen; Kelch, Kirchengeräte

p
silbervergoldet, mit eingraviertem Wappen am Fuß und . . .

*) Gothein a. a. O. S. 304/305.

2) Kolb II, S. 334-

Band VII. 3°
 
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