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Wingenroth, Max; Kraus, Franz Xaver [Editor]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 7): Die Kunstdenkmäler des Kreises Offenburg — Tübingen, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.1370#0197

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102 KREIS OFFENBURG.

Ablösung einer Gült von »der alten kirchen in Ottenheim«. 1419 erfahren wir von
Johans Bromber, Kircherre zu Altenotenheim, 1452 von den »kylichherren der zweyer
Pfarrkirchen zuo Otenheim« oder auch von den »herren Thoman und herren Johannes«
kilchherren und lutpriester der zweier Pfarrkirchen zu Ottenheim. Am Anfange des
16. Jhs. aber ging die alte Kirche ein, auf die Gründe deutet die Notiz: »Wilhelmus
episcopus Arg. ius parochiale apud ecclesiam vetus Ottenheim nuncupatam, quia timetur
propediem eandem ecclesiam ex vi fluminis Rheni demoliri, ad ecclesiam Ottenheim
nova dictam transferimus 1509«.l) Mit der ehemaligen Existens zweier Kirchen hängt
es wohl zusammen, dass 1692 als »patronus coeli S. Johannes Baptista« genannt wird,
1699 S. Dionysius Ep. et mart. und später im 18. Jh. der h. Gallus.2) Das Patronat
stand dem Kloster Schuttern zu; wie gewöhnlich ward dann auch Ottenheim inkorporirt,
was 1401 durch Papst Bonifaz bestätigt wurde. Schuttern besetzte nun die (eine?) Pfarrei
mit ständigen Vikaren. — Auch hier fand die Reformation bald Eingang und in jener
Notiz von 1692 (s. o.), in der auch als collator et decimator domnus marchio Badensis
genannt wird, heisst es: »animas habet ca 50, reliqui sunt haeretici«. Da die Herrschaft
aber katholisch war, so blieb die Kirche den Katholiken, bis sie 1765 zum Simultan-
gebrauch bestimmt wurde.

Der heutige Bau stammt in den Untertheilen des als Chor dienenden Thurmes
aus älterer Zeit, im Langhaus von 1771. Der Thurm weist unten Spitzbogenfenster aut
mit theils noch vorhandenem, theils herausgebrochenem Masswerk, welches ebenso
wie die Profilirung der Laibungen schon auf das späte 16. wenn nicht 17. Jh. deutet, im
zweiten Geschoss Lichtluken, im dritten Rundbogenfenster, die er einer Restauration
i. J. 1791 zu verdanken hat. Sein Mauerwerk besteht aus Bruchsteinen mit Sandstein-
quadern an den Ecken. Das schlichte Langhaus weist Rundbogenfenster auf und ein
einfaches Barockportal mit dem Datum 1771.

Im Innern hat der Thurm unten ein Sterngewölbe mit trocken profilirten Rippen
ohne Konsolen und unverziertem Schlussstein. Eine Thür mit geradem Sturz, sich
kreuzendem Stabwerk auf steilen kleinen Basen führt zur Sakristei, die mit zwei
Kreuzrippgewölben (ohne Konsolen) mit geradem Scheitel bedeckt ist. — Das Langhaus
zeigt ein Spiegelgewölbe mit einschneidenden Kappen auf schlanken Pilastern. An der
Decke ein Gemälde der Himmelfahrt des seeligen Bernhard, gut-dekorative Malerei
von Morathi, in kleineren Bildern die Sinnbilder Christi, dann die Weihe eines Bildes
durch den Markgraf Georg August und endlich die Seeligsprechung Bernhards, die
eben damals geschehen war.
Altäre In der Kirche drei Altäre mit Altarbildern, eine Kanzel und Orgel, von 1773

\äiSteinr in dem üblichen, wirksamen Rocaillegeschmack. Ein Tauf stein, verziert mit Beschläg-
ornament von 1630, renovirt 1771.
Glocken Die vier Glocken stammen aus der Edel'schen Giesserei in Strassburg und zwar

die grösste von 1777, dem h. Gallus geweiht, eine von 1750, eine kleine von 1791
(h. Sebastian) und die vierte, deren Jahreszahl ich nicht beikommen konnte.
Kirchengeräthe Kirchengeräte: Silber getriebener vergoldeter Rocaillekelch ohne Zeichen, des-

gleichen gravirt und getrieben im Uebergang zum Zopfstyl, wohl nach 1771, und ganz

*) Krieger II S. 451. — Ruppert S. 403 meint, die Rechte der einen Pfarrei seien 1509
auf die neu errichtete Kirche in Almersweiler transferirt worden; also wohl die der neuen Kirche.
2) Stocker a. a. O. S. 162.
 
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