AMT OBERKIRCH. — LIERBACH. (KLOSTER ALLERHEILIGEN.) 2 I 5
monasterii Omnium Sanctorum Tomi I et II), fortgesetzt unter dem Titel »Schriftliche
Dokumente des Gotteshauses Allerheiligen« (Karlsruhe, Generallandesarchiv), sowie auf
den völlig verschollenen Anfang einer Klosterchronik von P. Georg Hempfer (•{• 1648)
und auf gleichfalls verschwundene Annalen von Propst Hodapp und Abt Kistner
(17. Jh.). Im 19. Jh. sind Dekan Haid und Ruppert über die Sammlung von
Materialien nicht hinausgekommen. Das geschichtliche Bild ist infolge dieses Mangels
an reicher fließenden Quellen wie an Bearbeitungen in vielen, namentlich mittelalter-
lichen Partien sehr lückenhaft und wenig plastisch.
Als Gründerin ist die Herzogin Uta von Schauenburg ') bezeugt. Tochter des
Pfalzgrafen Gotfrid von Calw-Schauenburg, des Vertrauten Heinrichs V., und der Tochter
des Herzogs Berthold II. von Zähringen, Luitgard, war sie in erster Ehe mit Berthold
von Eberstein, in zweiter mit Weif VI., Grafen von Altdorf, Herzog der Reichslehen
Spoleto und Tuscien, verheiratet. Nach dem frühen Tode eines Söhnchens über-
ließ sich der in seiner Hoffnung auf Nachkommenschaft enttäuschte Herzog einem zügel-
losen Leben, indes Uta die einsamen Jahre in Sindelfingen und auf der Schauenburg ver-
trauerte. Alter und die Folgen seines Lebens führten Weif wieder zur Frau zurück.
Eine Frucht dieser inneren Umkehr ist die Stiftung des Klosters Allerheiligen, die Uta nach
dem Tode Welfs (1191) ausführte. Über den genauen Zeitpunkt sind wir nicht unterrichtet,
da der Stiftungsbrief nur in der undatierten Bestätigungsurkunde Kaiser Heinrichs VI.
v. J. 11962) enthalten ist; doch ist nur ein Spielraum zwischen 1191 und 1196 denkbar.
Ausgestellt ist die Gründungsurkunde in Sindelfingen, wo die Herzogin, abwechselnd mit
der Schauenburg, sich aufzuhalten pflegte. Dieser Ort und die Herkunft des Herzogs
Weif bieten uns genügende Anhaltspunkte zur Beantwortung der Frage, aus welchem
Grunde gerade Chorherren vom Prämonstratenserorden berufen wurden, die im süd-
westlichen Deutschland damals so selten zu treffen waren wie später. In der Diözese
Straßburg kam nur noch ein Hagenauer Kloster (gegründet n 98) in Betracht, mit dem
Allerheiligen auch für die ganze Folgezeit nahe Beziehungen unterhielt. Aber zur Zeit
der Gründung bestand jenes noch nicht. Aus dem Stiftungsbrief hat auch ein Filiations-
verhältnis zu einem Würzburger Kloster schließen wollen. Aber die betreffenden Worte
der Urkunde: ad Argentinensem quoque ecclesiam et episcopatum Claustrum spectare,
sicut cella Erbipoldi, unde plantatum est, constituimus, sprechen somit von einem uns
bisher nicht bekannten Kloster wohl in der Straßburger Diözese. Andererseits wissen
wir, daß auch in Sindelfingen ein Kloster des gleichen Ordens bestand, und aus den
Annalen des kurz zuvor (1171) gegründeten Prämonstratenserklosters Marchthal, daß
dieses Stift ein Paternitätsrecht (ius paternitatis) über Allerheiligen hatte. Worin dieses
bestand, wird uns nicht gesagt; schon Propst Dietrich von Wittenhausen (1242 bis 1251)
verzichtet aber wegen der Schwierigkeit der Wege auf Ausübung dieses Rechtes, quod
ecclesia ista in cella omnium Sanctorum se recognovit habere.3) Das Marchthaler Kloster
war eine Stiftung des Pfalzgrafen Hugo von Tübingen und seiner Gemahlin Elisabeth,
einer Nichte des Herzogs Weif. Dadurch wird auch die Wahl des Ordens bei den
*) Vgl. Jos. Bader, Frau Uta Herzogin zu Schauenburg, Badenia I (1839), S. 114—118.
2) Veröffentlicht bei Petrus, Suevia ecclesiastica, S. 651. Schöpflin, Alsatia diplom. I,
S. 306. Grandidier, Oeuvres ined. III, S. 229. Vgl. dazu Ruppert, Oberrh. Ztschr. XXXIX,
S. 105.
8) Annal. Marchthalenses, FDA. IV, S. 186.
monasterii Omnium Sanctorum Tomi I et II), fortgesetzt unter dem Titel »Schriftliche
Dokumente des Gotteshauses Allerheiligen« (Karlsruhe, Generallandesarchiv), sowie auf
den völlig verschollenen Anfang einer Klosterchronik von P. Georg Hempfer (•{• 1648)
und auf gleichfalls verschwundene Annalen von Propst Hodapp und Abt Kistner
(17. Jh.). Im 19. Jh. sind Dekan Haid und Ruppert über die Sammlung von
Materialien nicht hinausgekommen. Das geschichtliche Bild ist infolge dieses Mangels
an reicher fließenden Quellen wie an Bearbeitungen in vielen, namentlich mittelalter-
lichen Partien sehr lückenhaft und wenig plastisch.
Als Gründerin ist die Herzogin Uta von Schauenburg ') bezeugt. Tochter des
Pfalzgrafen Gotfrid von Calw-Schauenburg, des Vertrauten Heinrichs V., und der Tochter
des Herzogs Berthold II. von Zähringen, Luitgard, war sie in erster Ehe mit Berthold
von Eberstein, in zweiter mit Weif VI., Grafen von Altdorf, Herzog der Reichslehen
Spoleto und Tuscien, verheiratet. Nach dem frühen Tode eines Söhnchens über-
ließ sich der in seiner Hoffnung auf Nachkommenschaft enttäuschte Herzog einem zügel-
losen Leben, indes Uta die einsamen Jahre in Sindelfingen und auf der Schauenburg ver-
trauerte. Alter und die Folgen seines Lebens führten Weif wieder zur Frau zurück.
Eine Frucht dieser inneren Umkehr ist die Stiftung des Klosters Allerheiligen, die Uta nach
dem Tode Welfs (1191) ausführte. Über den genauen Zeitpunkt sind wir nicht unterrichtet,
da der Stiftungsbrief nur in der undatierten Bestätigungsurkunde Kaiser Heinrichs VI.
v. J. 11962) enthalten ist; doch ist nur ein Spielraum zwischen 1191 und 1196 denkbar.
Ausgestellt ist die Gründungsurkunde in Sindelfingen, wo die Herzogin, abwechselnd mit
der Schauenburg, sich aufzuhalten pflegte. Dieser Ort und die Herkunft des Herzogs
Weif bieten uns genügende Anhaltspunkte zur Beantwortung der Frage, aus welchem
Grunde gerade Chorherren vom Prämonstratenserorden berufen wurden, die im süd-
westlichen Deutschland damals so selten zu treffen waren wie später. In der Diözese
Straßburg kam nur noch ein Hagenauer Kloster (gegründet n 98) in Betracht, mit dem
Allerheiligen auch für die ganze Folgezeit nahe Beziehungen unterhielt. Aber zur Zeit
der Gründung bestand jenes noch nicht. Aus dem Stiftungsbrief hat auch ein Filiations-
verhältnis zu einem Würzburger Kloster schließen wollen. Aber die betreffenden Worte
der Urkunde: ad Argentinensem quoque ecclesiam et episcopatum Claustrum spectare,
sicut cella Erbipoldi, unde plantatum est, constituimus, sprechen somit von einem uns
bisher nicht bekannten Kloster wohl in der Straßburger Diözese. Andererseits wissen
wir, daß auch in Sindelfingen ein Kloster des gleichen Ordens bestand, und aus den
Annalen des kurz zuvor (1171) gegründeten Prämonstratenserklosters Marchthal, daß
dieses Stift ein Paternitätsrecht (ius paternitatis) über Allerheiligen hatte. Worin dieses
bestand, wird uns nicht gesagt; schon Propst Dietrich von Wittenhausen (1242 bis 1251)
verzichtet aber wegen der Schwierigkeit der Wege auf Ausübung dieses Rechtes, quod
ecclesia ista in cella omnium Sanctorum se recognovit habere.3) Das Marchthaler Kloster
war eine Stiftung des Pfalzgrafen Hugo von Tübingen und seiner Gemahlin Elisabeth,
einer Nichte des Herzogs Weif. Dadurch wird auch die Wahl des Ordens bei den
*) Vgl. Jos. Bader, Frau Uta Herzogin zu Schauenburg, Badenia I (1839), S. 114—118.
2) Veröffentlicht bei Petrus, Suevia ecclesiastica, S. 651. Schöpflin, Alsatia diplom. I,
S. 306. Grandidier, Oeuvres ined. III, S. 229. Vgl. dazu Ruppert, Oberrh. Ztschr. XXXIX,
S. 105.
8) Annal. Marchthalenses, FDA. IV, S. 186.