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Wingenroth, Max; Kraus, Franz Xaver [Hrsg.]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 7): Die Kunstdenkmäler des Kreises Offenburg — Tübingen, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.1370#0770

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626 KREIS OFFENBURG.

des Kinzigtäler Adels wie der Gemeinen. So kam 1347 der Kirchensatz von Weitingen
durch Volz Neuneck ans Kloster, 1352 der von Hohenmössingen, 1357 der von
Hierlingen mit dem Zehnten in Frommenhausen. Besonders ausgedehnt war der Besitz
in Rottweil. Hier wie in Hohenmössingen, Horb, Gengenbach, Lahr, Straßburg, Villingen
und Brugg (jährlicher Ertrag 4500 fl.) waren besondere Schaffneien. Auch an Privilegien
fehlte es von Anfang an nicht. 1330 wurde durch eine Ablaß Verleihung die Bedeutung des
Gotteshauses erhöht; 1336 die Hintersassen und das Gesinde des Klosters von der kirch-
lichen Zuständigkeit in Reinerzau gelöst und nach Wittichen gewiesen; 1339 wurde der
Kirche das Begräbnisprivileg verliehen bezüglich aller, die sich dort bestatten lassen
wollten.1) Der Vorsteherin wurde durch eine Verfügung Gregors XL (1376) der Titel
einer Äbtissin bewilligt und der Personalstand des Klosters auf 50 festgelegt. Im 14. Jh.
vollzog sich nach der Klostertradition auch die Umwandlung des Tertiarierinnen-
konvents in ein Klarissinnenkloster. Wann das geschah, wissen wir nicht; wir haben
nur die nachträgliche päpstliche Bestätigung von 1402. Aber da schon 1331 »von
Wittgenstein St. Clären-Ordens« die Rede ist, wäre es denkbar, daß das Klösterchen von
vornherein eine Klarissinnenstiftung war und daß gerade der Wechsel der Regel mit dem
Preisgeben des Wolfacher Klosters zusammenhängt.

Das 14. Jh. ist unverkennbar die Blütezeit des weltverlorenen Schwarzwaldklöster-
chens; die Selige selbst sah es noch in voller Entfaltung, da sie erst 1347 oder 1348
starb. Wenig nur ist aus dem folgenden Jahrhundert bekannt; und das Wenige
beschränkt sich auf einen Schutzbrief des Kaisers Sigismund (1417) und auf eine
Bestätigung des Vogteirechts für Diebolt und Gangolf von Geroldseck (1473). 1500 aber
geht dieses Recht zugleich mit der käuflichen Erwerbung der Herrschaft Schenkenzell
zufolge kaiserlicher Verfügung an Graf Wolfgang von Fürstenberg über. Diese Ver-
bindung brachte in der Folge das Kloster mit der Kinzigtäler Herrschaft in die Wirren
der Reformation. Graf Wilhelm, der Nachfolger, versuchte auch hier 1540 die neue Lehre
einzuführen: die Klosterfrauen wurden verjagt oder zum Heiraten angehalten, die Kloster-
urkunden weggenommen, die Pfarre Roßberg beseitigt und die Glocken in Straßburg
zu Geschützen umgegossen. Der Pfarrer von Roßberg, der jetzt ein Prädikant war, sollte
laut »Befelchzedel« von 1542 im Kloster selbst amtieren und die noch gebliebenen
(zuletzt nur noch zwei) Nonnen der neuen Lehre gewinnen. Noch ist das Verzeichnis
aller Wertgegenstände erhalten, die in den J. 1546 und 1547 auf Befehl des Grafen
dem Kloster weggenommen wurden. Es sind meistens wertvolle Paramente, die an
Bekannte und Verwandte des Grafen Wilhelm verschenkt wurden; an Dreikönig 1547
alle »briefe« über Schaffneien, 18 silberne Becher von 20 im Inventar von 1542 ver-
zeichneten, 6 silberne Kelche von 7, 2 Sakramentsbüchslein.2) So war tatsächlich die
Säkularisation über dieses Frauenkloster verhängt. Als Prädikant von Wittichen wird
der bejahrte Jakob Gyr, von Schenkenzeil Georg Häner genannt. Nach Einführung des
Interims und nach dem Tode des Grafen Wilhelm nahm die Gegenreformation wieder
ihren Einzug; aber die sittliche Verwilderung, eine Folge des glänzenden Wohlstandes
und der durch die Reformation hervorgerufenen Ungebundenheit, beschäftigte fast ein
Jahrhundert lang die weltlichen und geistlichen Behörden unablässig mit den abstoßendsten

*) Regg- der Bischöfe von Konstanz II, Nr. 4528 und 4575.
2) Mitteilungen aus dem Fürsten!). Archiv I, S. 415.
 
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